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Berliner Zeitung 06.11.2018

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 259 · D ienstag, 6. November 2018 – S eite 26 *<br />

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Panorama<br />

LEUTE<br />

Julie Creffield ist zu fett, um zu rennen.<br />

Dasist jedenfalls,was der Arzt<br />

der 40-jährigen Londonerin in recht<br />

unverblümter Artvor sechs Jahren<br />

ins Gesicht sagte.Dakannte er Creffield<br />

schlecht. DieMutter eines Kindes<br />

begann zu laufen und hält seitdem<br />

irgendwie nicht mehr an: „Ich<br />

bin vielleicht 30 Halbmarathons,<br />

Ultramarathons und Triathlons gelaufen<br />

–alles,was mich herausfordert“.<br />

So auch am Wochenende,wo<br />

die immer noch recht kräftige Creffield<br />

am NewYorker Marathon<br />

mitlief.<br />

Josh Brolin ist Vater geworden und<br />

gemäß des Anlasses im Zustand<br />

fröhlicher Hysterie.„Mama Kathryn<br />

war während dieses Wunders einer<br />

Geburtherausragend, und Bean ist<br />

ein makelloses Prachtstück durch<br />

und durch“, vermeldete Brolin (50)<br />

pflichtschuldig im digitalen Geburtenanzeiger<br />

Instagram. Mutter ist<br />

das Model Kathryn Boyd und der<br />

Nachwuchs trägt den gewöhnungsbedürftigen<br />

Namen Westlyn Reign,<br />

vonden ElternkurzBean, also<br />

Bohne genannt.<br />

Axl Rose ist schlecht zu sprechen<br />

auf den amerikanischen Präsidenten<br />

Donald Trump.Dieser hatte,<br />

wie es so seine Artist, ohne zu fragen<br />

Musik vonGuns n’Roses während<br />

seines Wahlkampfes gespielt.<br />

Es gebe jemanden im Weißen Haus,<br />

der wenig Achtung vorder Wahrheit,<br />

Moraloder Empathie habe,<br />

twitterte Rose entzürnt, um<br />

dann nachzulegen: Es sei<br />

schon eine ArtIronie,<br />

dass Trump-Unterstützerder<br />

„Anti-Trump-Musik“<br />

zuhörten, so der 56-<br />

Jährige.Rose hatte<br />

dazu<br />

aufgerufen,<br />

bei<br />

den Zwischenwahlen<br />

an diesem Dienstag<br />

für die oppositionellen<br />

Demokraten zu<br />

stimmen. (mpw./mit<br />

dpa)<br />

Wermag den Präsidenten<br />

nicht und will nicht, dass der<br />

seine Musik spielt. IMAGO<br />

TIERE<br />

Erich kennt keine falsche Zurückhaltung<br />

und beißt zu. DPA/W. GRUBITZSCH<br />

Alarm: In dem sächsischen, nahe bei<br />

Leipzig gelegenen DorfKaditzsch<br />

geht es seit neuestem hoch her.Denn<br />

hier führen jetzt Erich und Margot ihr<br />

harsches Regime.Neulich zum Beispiel,<br />

auf dem Dorfplatz: Da nahmen<br />

sich die beiden Gänse laut schimpfend<br />

und auch zwickend einen harmlosen<br />

Passanten vor, der mit seiner<br />

Schubkarrevollkommen arglos vorbeigerollt<br />

kam. Kein Zufall: Margot<br />

und Erich werden vonihrem Besitzer<br />

HenryVogel in aller Öffentlichkeit<br />

ausgeführt–ohne Leine! Und: Die<br />

beiden mittlerweile achtmonatigen<br />

Gänse haben die entscheidende Prägephase,nämlich<br />

die ersten 16 Lebensstunden,<br />

gemeinsam mitVogel<br />

auf einer MatratzeimStall verbracht.<br />

Jetzt ist er ein Familienmitglied, das<br />

gegen jeden verteidigt wird, der ihm<br />

zu nahe kommt. (schl.)<br />

Die Brooklyn-Bridge wurdet gesperrt für die Kolonne, die „El Chapo“ zum Gericht fährt(rechts).<br />

Im Ausnahmezustand<br />

In New York hatder Prozess gegen den Drogenboss „El Chapo“ begonnen –die ganze Stadt leidet darunter<br />

VonSebastian Moll, New York<br />

Bei Gerichtsanhörungen<br />

wandertJoaquín Guzmáns<br />

(61) erster Blick immer direkt<br />

zu seiner Frau, sofern<br />

sie denn im Saal sitzt. Auch mit Beginn<br />

seines Strafprozesses kann der<br />

mexikanische Drogenboss, besser<br />

bekannt unter seinem Spitznamen<br />

„El Chapo“, wieder nach<br />

Emma Coronel und den gemeinsamen<br />

Zwillingstöchtern Ausschau<br />

halten. Erstmal müssen allerdings<br />

–unter höchsten Sicherheitsauflagen<br />

–zwölf Geschworene<br />

gefunden werden, die über den<br />

Mann urteilen sollen, der lange als<br />

einer der meistgesuchten Verbrecher<br />

der Welt galt.<br />

Nach rund zwei Jahren im Hochsicherheitsgefängnis<br />

in Manhattan<br />

–das härter sein soll als das Lager<br />

Guantánamo auf Kuba – begann<br />

am Montag für den nur 164 Zentimeter<br />

großen El Chapo („der<br />

Kurze“) der Prozess mit der Auswahl<br />

der zwölf Geschworenen, die<br />

aus Sicherheitsgründen anonym<br />

über Guzmáns Schicksal entscheiden<br />

sollen. Zu groß sei die von ElChapo<br />

ausgehende Gewalt, nachdem er<br />

mutmaßlich Hunderte Menschen ermorden,<br />

angreifen und entführen<br />

ließ, meint Richter Brian Cogan. Der<br />

Auswahlvorgang könnte sich über<br />

mehrereTage hinziehen.<br />

Ganz New York leidet unter dem<br />

Prozess. Die Brooklyn Bridge ist eine<br />

der HauptverkehrsaderninNewYork,<br />

täglich fahren mehr als 120000 Autos<br />

über die Brücke, die den bevölkerungsreichsten<br />

Stadtteil Brooklyn mit<br />

1<br />

Milliarde Dollar soll Joaquín<br />

„El Chapo“ Guzmáns Vermögenlaut<br />

Forbes im Jahre<br />

2012 betragen haben.<br />

SCHWERREICHER SCHWERVERBRECHER<br />

dem Geschäftszentrum in Manhattan<br />

verbindet. Umso ungehaltener<br />

waren die NewYorker, als Ende September<br />

zur Hauptverkehrszeit die<br />

Brücke komplett gesperrt wurde.<br />

Grund für die Sperrung war der<br />

Hochsicherheits-Transport<br />

des gefürchteten Drogenkartell-Bosses<br />

El Chapo<br />

von seinem Gefängnis im<br />

südlichen Manhattan zum<br />

Gericht des EasternDistrict<br />

von New York. Eswar nur<br />

eine Anhörung, zu der Joaquim<br />

Guzmán nach Brooklyn<br />

musste, doch wenn<br />

seine Gerichtsverhandlung<br />

nun beginnt, müssen die<br />

NewYorker mit täglichem Chaos auf<br />

der Brooklyn Bridge rechnen.<br />

DasVerkehrsärgernis könnte Monate<br />

lang andauern, das an Sensationsprozesse<br />

eigentlich gewohnte<br />

NewYorkerwartet eines der längsten<br />

und spektakulärsten Verfahren der<br />

vergangenen Jahrzehnte.ElChapo ist<br />

ein Public Enemy, ein Feind des Staa-<br />

200<br />

Tonnen Kokain soll der<br />

Drogenboss allein in die<br />

Vereinigten Staaten<br />

geschmuggelt haben.<br />

Joaquín „El<br />

Chapo“ Guzmán<br />

33<br />

Morde werden El Chapo im<br />

NewYorker Prozess zur Last<br />

gelegt, begangen hat er sehr<br />

viel mehr.<br />

AFP<br />

tes erster Güte,und die Anklage wird<br />

versuchen, wie es die NewYorkTimes<br />

beschrieb, die „epische Geschichte“<br />

nicht nur des Aufstiegs vonElChapo<br />

zum wichtigsten und größten Drogenboss<br />

der Welt zu erzählen, sondern<br />

gleichzeitig den Juroren<br />

eine Lehrstunde über<br />

die Verflechtungen und die<br />

Geschichte des weltweiten<br />

Drogenhandels zu erteilen.<br />

Für die USA steht viel<br />

auf den Spiel. Seit in den<br />

70er-Jahren Präsident Nixon<br />

der „Drogenseuche“<br />

den Krieg erklärt hat, hat<br />

das Land nach Schätzungen<br />

der Forschungsgruppe<br />

Drug Policy Alliance mehr als eine Billion<br />

Dollar für den Kampfgegen Drogen<br />

ausgegeben. Donald Trump hat<br />

gelobt, diesen Kampf auszuweiten,<br />

obwohl immer lautereStimmen kritisieren,<br />

dass der Kampfnicht nur den<br />

Drogenkonsum und die damit verbundene<br />

Kriminalität nicht zurück<br />

gedrängt hat, sonderndassdie Politik<br />

der Kriminalisierung mit den Folgen<br />

der Masseninhaftierung und der Militarisierung<br />

der Polizei massiven gesellschaftlichen<br />

Schaden anrichtet.<br />

Mit der mutmaßlichen Verurteilung<br />

vonElChapo kann die amerikanische<br />

Anti-Drogenpolitik nun zumindest<br />

einen sichtbaren Triumph<br />

verbuchen. Am Drogenproblem wird<br />

sie freilich nichts ändern. Die Drogenimporte<br />

sind seit El Chapos Verhaftung<br />

nicht zurückgegangen, die<br />

Strukturen des Sinaloa-Kartells sind<br />

weiterhin intakt. Zudem hat sich das<br />

amerikanische Drogenproblem von<br />

Kokain aus Südamerika auf synthetische<br />

Opiate aus der Pharmaindustrie<br />

verlagert.<br />

Dennoch wird die Anklage, wie<br />

aus einem Memo hervorgeht, beim<br />

Prozess hervorheben, welche verheerenden<br />

Folgen das Drogenproblem<br />

für amerikanische Städte wie New<br />

York, Miami und Chicago hat und<br />

hatte. Der Versuch der Regierung, El<br />

Chapo als Sündenbock für Amerikas<br />

soziale Schwierigkeiten hinzustellen,<br />

ist eindeutig.<br />

Daran, dass es zu einer Verurteilung<br />

zu lebenslanger Haft kommt, besteht<br />

indes kaum ein Zweifel. Die<br />

Staatsanwaltschaft wird Tausende<br />

von Seiten an Dokumenten vorbringen,<br />

in denen Chapo Mord oder Beteiligung<br />

am Mord in vermutlich<br />

Hunderten von Fällen nachgewiesen<br />

wird.<br />

Millionen für den Nachlass des Mondfahrers<br />

Sebastian Moll<br />

steht dank El Chapo ebenfalls<br />

in NewYork im Stau.<br />

Neil Armstrong hortete zeit seines Lebens alle möglichen Dinge. 2000 von ihnen kamen nun unter den Hammer<br />

Neil Armstrongs<br />

Pilotenhelm<br />

AP/HERITAGE AUCTIONS<br />

Handgeschriebene Notizen, Anstecknadeln<br />

und eine Fahne,<br />

die mit ins All geflogen war –insgesamt<br />

2000 private Erinnerungsstücke<br />

von Neil Armstrong, dem ersten<br />

Mann auf dem Mond, wurden am<br />

Wochenende bei einer Auktion versteigert.<br />

Raumfahrt-Liebhaber gaben<br />

zusammen gut 6,5 Millionen<br />

Euro (7,45 Millionen Dollar) für die<br />

Memorabilien aus, wie das Auktionshaus<br />

Heritage Auctians in Dallas<br />

(US-Bundesstaat Texas) auf seiner<br />

Webseite mitteilte.Den höchsten Erlös<br />

mit fast 470 000 Dollar erzielte dabei<br />

eine Identifikationsplakette, die<br />

Armstrong (1930-2012) in der Mondlandefähre<br />

„Eagle“ bei<br />

sich hatte.<br />

Armstrong war seinerzeit<br />

Kommandant der<br />

Raumfähre Apollo 11.<br />

Mitihm flogen die Astronauten<br />

Buzz Aldrin und<br />

Michael Collins zum<br />

Mond. Armstrong steuerte<br />

am 20. Juli 1969 die<br />

Landefähre „Eagle“ und<br />

meldete sich mit den<br />

mittlerweile geflügeltenWorten„The<br />

Eagle has landed“ bei der Bodenstation<br />

auf der Erde.<br />

Noch berühmter sind seine<br />

Worte, die er sprach, als er dann einige<br />

Stunden später, am<br />

21. Juli 1969 (MEZ), als<br />

erster Mensch den Mond<br />

betrat: „Das ist ein kleiner<br />

Schritt für den Menschen<br />

…ein …riesiger<br />

Sprung für die Menschheit.“<br />

Armstrong pflegte<br />

zeitlebens seine Sammelleidenschaft<br />

und<br />

hob alles auf. Unter den<br />

mehr als 2000 Stücken, die seine<br />

Söhne versteigern ließen, war auch<br />

ein Raumanzug, den Armstrong<br />

1966 an Bord der Weltraummission<br />

Gemini 8getragen hatte. Erbrachte<br />

AFP/IMOTHY A. CLARY<br />

der Familie immerhin fast 110 000<br />

Dollar.<br />

„Es gibt Stücke, die einen zum<br />

Denken bringen, Stücke, die einen<br />

zum Lachen bringen, und Stücke,<br />

die einen dazu bringen, sich vor<br />

Staunen am Kopf zu kratzen“, sagte<br />

Armstrongs Sohn Mark vor der Versteigerung.<br />

Die Familie hatte bereits zuvor<br />

historische Objekte des Vaters dem<br />

Raumfahrtmuseum (National Air<br />

and Space Museum) in Washington<br />

überlassen. Zwei weitere Auktionen<br />

mit restlichen Stücken aus dem<br />

Nachlass sind für das kommende<br />

Jahr geplant. (dpa)<br />

Sneaker,<br />

Jeans und<br />

Knitterleder<br />

Stilkritik: Heiko Maas zieht<br />

den Anzug aus -warum nur?<br />

VonMarcus Weingärtner<br />

Heiko Maas gilt als Politiker neuer<br />

Prägung, der Außenminister<br />

macht auf dem internationalen Parkett<br />

zumeist eine gute Figur, ist alert<br />

und –für einen deutschen Politiker<br />

seit Gerhard Schröder eher ungewöhnlich<br />

– immer bemerkenswert<br />

gut angezogen. Maas’ Anzüge sitzen,<br />

seine Krawatten zeugen von Stilbewusstsein.<br />

Und wer einmal Gerhard<br />

Schröder in einer Badehose gesehen<br />

hat, der weiß, wie wichtig ein gut geschnittener<br />

Anzug für die Außenwahrnehmung<br />

sein kann.<br />

Waswar passiert? Der Außenminister<br />

kam zur Präsidiumssitzung der<br />

SPD in die Parteizentrale der Partei im<br />

Willy-Brandt-Haus.Der Termin hatte<br />

Maas offenbar daheim auf dem Sofa<br />

überrascht. Der Fahrer wartete wohl<br />

schon, da wirft man halt so über,was<br />

an derGarderobe hängt. Im Falle des<br />

Außenministers waren das eine Lederjacke,<br />

ein sogenannter Herrenschal<br />

und ein paar Sneaker zu einer<br />

dunklen Jeans. Kann man machen.<br />

Danach vielleicht noch ein Abstecher zu<br />

Curry 36? Weit ist’snicht. DPA/GREGOR FISCHER<br />

Bei Heiko Maas ergeben sich nur<br />

zwei Probleme. Erstens ist der Mann<br />

der Außenminister dieses Landes,<br />

man möchte ihn aus den einen oder<br />

anderen Gründen nicht in seiner Privatkleidung<br />

sehen. Auch Guido Westerwelle<br />

ließ sich in legerer Kleidung<br />

ablichten, doch diese bestand zumeist<br />

aus der zwar biederen, aber<br />

durchaus seriös daherkommenden<br />

Kombination Chino,Hemdund Pullover.<br />

Womit wir beim zweiten Problem<br />

wären: Maas’ Lederjacke sieht<br />

billig aus, nach Massenproduktion<br />

vom schwedischen Oberbekleidungsdiscounter,dessenzuglänzendes<br />

Leder,gar Kunstleder knittrig am<br />

Arm hängt und dort auch noch eine<br />

Idee zu lang ist. Das Schälchen des<br />

Außenministers dient offenbar der<br />

reinen Zierde, vor rund zehn Jahren<br />

war diese Art von Tuch en vogue,<br />

warum, das weiß heute kein Mensch<br />

mehr. Als ob das nicht schlimm genug<br />

wäre, trägt Maas dazu ein paar<br />

Hightop-Sneaker, die ihm inder Gesamterscheinung<br />

etwas von einem<br />

sympathischen Känguru verleihen.<br />

Dasist ganz süß.Wenn man 15 ist.<br />

Alldas kann manabtun und für irrelevant<br />

erklären, Maas ist eben nicht<br />

mehr jene Art Politiker, der in Zeiten<br />

nach dem Krieg und später im Kalten<br />

Krieg den Anzug wie eine Rüstung<br />

trug. Bei manchen Politikern dieser<br />

Zeiten hatte man das Gefühl, sie würden<br />

darin schlafen, so wenig konnte<br />

man sich Edmund Stoiber, Helmut<br />

Kohl oder Helmut Schmidt in sogenannter<br />

Leisure Wear, Freizeitkleidung,<br />

vorstellen. Aber will man das<br />

denn überhaupt? Eines muss man<br />

Maas allerdings lassen –sograuenhaft<br />

bekleidet wie sein Kollege von<br />

der CSU, Alexander Dobrindt, ist der<br />

Außenminister nicht einmal am<br />

Sonntagabend. Nicht mal in schwarzemKnitterleder.

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