Berliner Zeitung 13.12.2018
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 291 · D onnerstag, 13. Dezember 2018 3<br />
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Film/Kinoprogramm<br />
Von einem guten Schauspieler<br />
erwarten wir, dass<br />
er zur Wahrheit seiner Figur<br />
findet. Vielleicht trägt<br />
er sie bereits in sich, was sein Talent<br />
nicht schmälernmuss.Natürlich gehören<br />
auch Täuschung und Verstellung<br />
zu den Grundbedingungen dieses<br />
Berufs. Aber auch in sie will der<br />
Zuschauer eingeweiht sein, weshalb<br />
sie letztlich nur der Klärung dienen.<br />
Vincent Lindon ist gleichsam die<br />
fleischgewordene Aufrichtigkeit.<br />
Seine gedrungene, einst durchaus<br />
athletische Gestalt verrät augenblicklich,<br />
was diesem Menschen an<br />
Wohlleben und Glück, an Enttäuschungen<br />
und Verletzungen widerfahren<br />
ist. Auch seinen Augen gelingt<br />
es nicht, zu lügen; sie sind groß, liegen<br />
unter schweren Lidernund über<br />
inzwischen tiefen Ringen. Sein Blick<br />
mag nach wie vortreuherzig wirken,<br />
aber mittlerweile ist ihm eine Wachsamkeit<br />
zugewachsen, der es nicht<br />
an Wehmut fehlt.<br />
Allein schon dank seiner Präsenz<br />
empfiehlt sich dieser Darsteller also<br />
für das filmische Mandat der Befragung<br />
der Welt. In seinem neuen Film<br />
spielt Lindon den Kriegsberichterstatter<br />
Jacques Mayano,der traumatisiert<br />
anKörper und Seele von einem<br />
Einsatz zurückgekehrt. Eines<br />
Abends erreicht ihn ein geheimnisvoller<br />
Anruf aus dem Vatikan: Auf<br />
Geheiß eines Erzbischofs, der seine<br />
Arbeit schätzt, soll er Teil einer Kommission<br />
werden, die das Phänomen<br />
einer Marienerscheinung im französischen<br />
Südwesten untersucht. Der<br />
Heilige Stuhl hat Grund zu größter<br />
Vorsicht, denn die junge Novizin hat<br />
ihr Erlebnis einem abtrünnigen Pater<br />
anvertraut; mittlerweile lockt die<br />
Kunde des angeblichen Wunders Pilgern<br />
aus allen Kontinenten an. Sie<br />
droht, ein Opfer ihrer Berühmtheit<br />
zu werden, muss nach Gottesdiensten<br />
unbemerkt durch den Hintereingang<br />
fortgebracht werden.<br />
Mayano ist kein praktizierender<br />
Katholik, steht aber der Welt des<br />
Glaubens, von der er dachte, nichts<br />
mehr mit ihr zu tun zuhaben, nicht<br />
feindselig gegenüber. Der Reporter<br />
bildet, zusammen mit einer Psychia-<br />
Ein Mysterienspiel<br />
In seinem kriminalistischen Drama „Die Erscheinung“ erzählt Xavier Giannoli von<br />
einem Glaubensrätsel, das wundersame Kreise zieht<br />
TraumatisiertanKörper und Seele: Der Kriegsberichterstatter Jacques Mayano (Vincent Lindon) soll das Geheimnis um eine Marienerscheinung lösen.<br />
terin, den laizistischen Flügel der<br />
Prüfungskommission und dient als<br />
Garant dafür, dass die Ermittlungen<br />
noch in andere, unvorhergesehene<br />
Richtungen gehen. Xavier Giannoli<br />
erzählt dies vor allem als die Begegnung<br />
zweier Gesichter.<br />
Was aber verrät uns das Antlitz<br />
der blutjungen Galatéa Bellugi, die<br />
die verschlossene Anna spielt? Ihre<br />
Behauptung lässt sie vorerst zur Gegenspielerin<br />
des Skeptikers Mayano<br />
werden. Auch ihre Augen sind groß<br />
und ausdrucksstark, auch ihr Blick<br />
VonGerhard Midding<br />
vermag tief in ein Gegenüber eindringen;<br />
Wehmut ist ihnen ebenfalls<br />
nicht fremd. Längst liegt nicht mehr<br />
allein Erwartung in diesen Augen,<br />
sondern ein Wissen, von dem man<br />
Antworten erhoffen mag, das aber<br />
nur Fragen aufwirft.<br />
FILMPERLEN<br />
Giannoli hat das Thema der Lebenslüge<br />
und Hochstapelei bereits<br />
in Filmen wie „Chanson d’ amour“<br />
und „Marguerite“ auf unterschiedliche<br />
Weise, jedoch stets fasziniert<br />
durchdekliniert. Seine Inszenierung<br />
legt argwöhnisch Fährten aus.<br />
Warum etwa schneidet sein Cutter<br />
Cyril Nakache während der ersten<br />
Anhörung Annas ständig zu Pater<br />
Borrodine (Patrick d’ Assumcao), der<br />
die Novizin vor aller Welt abschirmen<br />
will? Wasführt der dubiose Internet-Missionar<br />
(Anatole Taubman)<br />
im Schilde,der ihreGeschichte<br />
in den USA verbreiten will? Werverdient<br />
am rasenden Absatz der T-<br />
Shirts und Schneekugeln, die Annas<br />
Gesicht ziert? Undwas hat es mit ihren<br />
regelmäßigen Besuchen in einer<br />
Shopping Mall auf sich, einem anderen<br />
Tempel, der dem Konsum geweiht<br />
ist?<br />
Giannolis Argwohn ist freilich ergebnisoffen.<br />
Behutsam umkreist er<br />
die Fragen, die ihr Fall aufwirft. Eric<br />
Gautiers Kamera tut es ihm gleich:<br />
Sieumfängt die Charakteremit einer<br />
ruhigen Agilität, die ihnen nicht auf<br />
den Leib rückt, sondernsie davor bewahren<br />
will, verloren zu gehen; vorerst<br />
respektiert sie die Vieldeutigkeit<br />
der Beweggründe aller Beteiligten.<br />
Mayanos Recherchen führen ihn zurück<br />
bis in Annas Kindheit, die sie,<br />
anonym geboren, in Heimen und bei<br />
Pflegefamilien verbrachte. Sie nehmen<br />
Züge einer tatsächlich spannenden,<br />
kriminalistischen Ermittlung<br />
an. Er befragt Zeugen ihres Lebensweges<br />
und versucht, die räumlichen<br />
und zeitlichen Umstände des<br />
angeblichen Wunders akribisch zu<br />
rekonstruieren.<br />
In dieser achtsamen Zusammenführung<br />
vonBiografie und schicksalhafter<br />
Begegnung ist die Handschrift<br />
von Giannolis Co-Autor Jacques Fieschi<br />
zu spüren, dem versierten Szenaristen<br />
vonClaude Sautet, Nicole Garcia<br />
und anderen. Seine Drehbücher<br />
sind stets Annäherungen an Charaktere,<br />
die erst in der körperlichen Vertrautheit<br />
einen Halt und vielleicht gar<br />
Erlösung finden. Mayano entlarvt<br />
keine Hochstaplerin, sondernkommt<br />
einer Lüge auf die Spur, die eine verblüffendeWahrheit<br />
offenbart.<br />
DieErscheinung Frankreich/Belgien/ Jordanien<br />
2018. Regieund Co-Drehbuch: Xavier Giannoli;<br />
Kamera: Eric Gautier; Darsteller:VincentLindon,<br />
GalatéaBellugi, Patrick d’Assumcao u. a.,<br />
137 Minuten, Farbe. FSK: ab 16 Jahren<br />
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