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1059<br />
Hermann tom Ring,<br />
1521 Münster – 1596<br />
MARIA MIT DEM KIND UND IHREN ELTERN<br />
ANNA UND JOACHIM<br />
Öl auf Eichenholz. Parkettiert.<br />
86 x 127 cm.<br />
Mit Ring auf dem Tisch signiert.<br />
Das religiöse Bildthema ist in einem zeitgenössischen<br />
Innenraum vorgestellt, was dem Gemälde nahezu den<br />
Charakter eines Genrebildes verleiht. Die Heiligkeit der<br />
Personen durch keinerlei Attribute wie etwa Nimben gekennzeichnet,<br />
einzig die traditionelle Körperhaltung<br />
von Maria mit dem Kind verrät augenblicklich das religiöse<br />
Thema, nicht zuletzt zusammen mit der Darstellung<br />
einer von rechts hereinschwebenden Engelsgestalt<br />
mit dunklen Flügeln. Die Hauptfigur, Maria mit<br />
dem Kind, im Darstellungszentrum. Ihre beigesellten<br />
Eltern, Anna links und Joachim am Haupt eines Tisches,<br />
der mit Brot, Weinkanne, Früchten und Käse<br />
gedeckt ist, wie zur Bewirtung. Maria ist sitzend gezeigt,<br />
einzig sie ist dem Betrachter zugewandt, mit<br />
leicht nachdenklich geneigtem Haupt, während sie<br />
das nackte Kind mit ihrer rechten Hand stützt, das einen<br />
Löffelstiel zum Mund führt, in ihren Fingern das<br />
links hochgezogene weiße Laken. Mit der rechten<br />
Hand hält sie einen korallenfarbenen Rosenkranz,<br />
ähnlich der Halskette des Kindes. Mutter Anna, in rotem<br />
Gewand mit weißem Haubentuch, streckt beide<br />
Hände in nahezu segnender Geste dem Kind entgegen,<br />
mit der linken die Schulter berührend, was die<br />
Heiligkeit des Kindes betont. Dagegen ist Joachim<br />
mit Lesebrille gezeigt, in einem Buch, d. h. dem Alten<br />
Testament, zu lesen, eine Bildmetapher, die ausdrücken<br />
soll, dass er die auf den Messias zu deutenden<br />
Stellen der Propheten liest, in Bezug auf das Jesuskind.<br />
Die große dunkle Traube in der Hand des in den<br />
Raum hereinschwebenden Engels sind als Verweis<br />
auf den Wein des Abendmals und damit den künftigen<br />
Opfertod Christi zu verstehen, wohingegen sich unter<br />
den im Korb rechts, sowie auf dem Tisch, noch keine<br />
Trauben finden. Auch diese dort gezeigten Früchte<br />
wären der nachmittelalterlichen Bildikonographie gemäß<br />
zu deuten, ebenso die weißen Rosen in der Vase<br />
in der rechten unteren Ecke. Im Grunde ist die Gesamtdarstellung<br />
ikonographisch auch als „Anna Selbdritt“<br />
-Thema zu sehen, mit Zufügung von Joachim und dem<br />
Engel, dessen Dunkelfärbung der Flügel – im Gegensatz<br />
zum Verkündigungsthema – wohl als Vorbedeutung<br />
des Todes Jesu zu verstehen ist.<br />
Von zusätzlichem Interesse und besonderem Reiz<br />
sind die feinmalerisch dargestellten Gegenstände der<br />
Raumausstattung: ein Hohlspiegel links oben, wie wir<br />
in etwa in Van Eycks Bildern finden, Pilgerflasche, Kerzenleuchter,<br />
ein Kleinkind-Flaschenbeutel an der Wand,<br />
sowie ein Vogelkäfig. Dies alles vermittelt den authentischen<br />
Eindruck einer Stube des 16. Jahrhunderts. Die<br />
Wandaufschrift über dem Käfig „ECCE VIRGO OCCI<br />
PIET ET PARIET FILIUM“ („Sehet, die Jungfrau wird<br />
wird empfangen und einen Sohn gebären“) entstammt<br />
der Prophetie Jesaias (Kap. 7) und bezieht sich auf die<br />
Lektüre des Joachim, wie natürlich auch auf den Bildinhalt<br />
selbst. Auffallend ist der auf der Tischplatte liegende<br />
goldene Ring als Signatur des Malers ‘Ring!<br />
Trifft die o. g. Zuschreibung zu, so handelt es sich um<br />
den Maler der münsterländischen Künstlerfamile tom<br />
Ring, Sohn des Ludger tom Ring und Bruder des Ludger<br />
II. Herrmann war Geselle in den Niederlanden,<br />
kehrte spätestens 1544 nach Münster zurück; nach<br />
seinem Erstlingswerk, einem Selbstbildnis (um 1544)<br />
schuf er ausnahmslos für katholische Kirchen seiner<br />
Heimatstadt, in der er ab 1569 die Leitung der Malervereinigung<br />
übertragen bekam. In jedem Falle jedoch<br />
handelt es sich hier um ein hochrangiges, museales<br />
Werk des 16. Jahrhunderts.<br />
Technische Untersuchung:<br />
Univ. Hamburg, Fakultät f. Mathematik, Informatik<br />
und Naturwissenschaften, Zentrum Holzwirtschaft,<br />
Prof. Dr. Peter Klein (7.8.2018): Technischer Bericht<br />
der dendrochronologischen Analyse für die Holztafel <br />
partien des Bildes mit dem Ergebnis des Holzwachstums<br />
der Zeit: spätestens 1549, daher der Bemalung<br />
(nach Trocknung) ab ca. 1565.<br />
Literatur:<br />
Theodor Riewerts und Paul Pieper, Die Maler tom Ring,<br />
Ludger der Ältere – Hermann – Ludger der Jüngere.<br />
Deutscher Buchverlag 1960. (1161451) (2) (11)<br />
Hermann tom Ring,<br />
1521 Münster – 1596<br />
MARY WITH THE CHILD AND HER PARENTS<br />
ANNA AND JOACHIM<br />
Oil on oak panel. Parquetted.<br />
86 x 127 cm.<br />
The religious subject is shown in a contemporary<br />
interior giving the painting almost the character of a<br />
genre painting. The saints are not characterized by any<br />
attributes such as halos, just the traditional postures<br />
by Mary with the Child immediately reveal the religious<br />
topic, not least in conjunction with a depiction<br />
of an angel with dark wings floating in from the right.<br />
The large dark grape in the hand is a reference to the<br />
Last Supper and therefore Christ's future martyrdom.<br />
Essentially the whole depiction's iconography can<br />
also be seen as an Anna Selbdritt subject, with the<br />
addition of Joachim and the angel whose dark wings<br />
- in contrast to the annunciation subject - is probably<br />
to be understood as an omen to the death of Jesus.<br />
The objects of the interior furnishings are executed in<br />
fine painting and are therefore of additional interest<br />
and especially charming, for example a concave mirror<br />
in the top left, as can also be found in paintings by<br />
van Eyck. The wall inscription above the cage “ECCE<br />
VIRGO OCCIPIET ET PARIET FILIUM“ (Behold, the<br />
virgin will be with child and will give birth to a son)<br />
originates from the prophecy of Isaiah (chapter 7) and<br />
refers to the readings of Saint Joachim, as of course<br />
the subject of the painting itself. If the above mentioned<br />
attribution is correct, the painting was created<br />
by the painter Hermann tom Ring, member of the famous<br />
Münster artist family, son of Ludger tom Ring<br />
and brother of Ludger II. Hermann was a journeyman<br />
in the Netherlands and returned to Münster in 1544 at<br />
the latest. After his first work, a self-portrait (ca. 1544)<br />
he only painted for the catholic churches in his hometown,<br />
where he was voted head of the painter's association<br />
from 1569 onwards. In any case this is a<br />
high-ranking 16th century painting of museum quality.<br />
Technical testing:<br />
Univ. Hamburg, Faculty for Mathematics, computer<br />
and natural sciences, centre for wood science, professor<br />
Dr Peter Klein (7 August 2018): Technical report<br />
of the dendrochronological analysis of the wood panel<br />
parts of the painting with the result of the wood<br />
growth of the time: not later than 1549, therefore<br />
painted (after drying) from ca. 1565.<br />
Literature:<br />
T. Riewerts/ P. Pieper, Die Maler tom Ring, Ludger<br />
der Ältere - Hermann - Ludger der Jüngere,<br />
Deutscher Buchverlag 1960.<br />
€ 70.000 - € 90.000<br />
Sistrix<br />
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