26.03.2019 Aufrufe

Die Malteser-Zeitung 1/2019

Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.

Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

RUNDSCHAU<br />

DER DRUCK DER<br />

MÄNNLICHKEIT<br />

Das Männergesundheitszentrum MEN in Wien arbeitet beim Thema Flüchtlingshilfe eng mit den MALTESERN zusammen.<br />

Dazu haben wir bereits für unsere Ausgabe 2/2018 mit MEN-Leiter Romeo Bissuti gesprochen. Anlass für das aktuelle<br />

Interview: <strong>Die</strong> Betreuungsmöglichkeiten für Männer in Not sind längst noch nicht dort, wo sie sein sollten.<br />

Von Katharina Stögner<br />

In Zeiten steigender Gewalttaten gegenüber Frauen<br />

reden wir hier über Hilfe für Männer. Übersehen<br />

wir etwas in der Diskussion?<br />

Ganz im Gegenteil. Gerade Männer mit Fluchthintergrund<br />

schleppen viele unbearbeitete Themen mit sich herum,<br />

die sich eben aus dem Kontext Flucht oder Kriegstraumatisierung<br />

ergeben. <strong>Die</strong>se Männer sind durch<br />

äußerst ungewisse Zukunftsperspektiven stark belastet.<br />

Psychische Erkrankungen sind von außen meist nicht<br />

sichtbar, behindern die Menschen aber oft in gleicher<br />

Weise wie schwere Verletzungen oder schmerzhafte chronische<br />

körperliche Erkrankungen. Oft muss darüber hinaus<br />

erst ein Bewusstsein für das Vorhandensein einer<br />

psychischen Erkrankung bei den Betroffenen erzeugt<br />

werden. Hier sind Scham und Unwissenheit die größten<br />

Hürden.<br />

Generell scheinen Männer eher seltener psychologische<br />

Hilfe in Anspruch zu nehmen als Frauen. Woran<br />

könnte das liegen?<br />

Ich denke, dass dies am Männlichkeitsbild liegt. In bestimmten<br />

Gesellschaften und sozialen Schichten herrscht<br />

immer noch die Idealvorstellung einer sehr dominanten<br />

Männlichkeit. Viele Männer leiden unter dem Druck, so<br />

einem Männlichkeitsbild entsprechen zu müssen. <strong>Die</strong><br />

meisten unserer männlichen Klienten sind von Gewalt<br />

betroffen und verarbeiten dieses Gewalterlebnis wiederum<br />

in Gewaltausübung, um nie wieder in die Opferrolle<br />

zu gelangen. <strong>Die</strong>se Männer landen dann aber eher bei der<br />

Polizei als beim Therapeuten.<br />

Wie viele Klienten betreut MEN durchschnittlich<br />

pro Jahr?<br />

Wir können etwa 300 bis 400 Therapiestunden pro Jahr<br />

dank der Unterstützung durch die <strong>Malteser</strong> ermöglichen.<br />

Das bedeutet eine enorme Hilfe für die Männer, gerade<br />

weil die muttersprachliche psychologische Hilfe rar ist.<br />

Damit ist aber oft auch nur das Notwendigste getan. Der<br />

Bedarf und die Anfragen liegen um ein Vielfaches höher.<br />

Wie viele Männer würden Hilfe brauchen, können<br />

aber aufgrund der fehlenden Ressourcen nicht behandelt<br />

werden?<br />

Wir machen die Erfahrung, dass die Nachfrage mit dem<br />

Angebot steigt und es auch bei einem Ausbau der Angebote<br />

zu einer gleich bleibend langen Warteliste kommt.<br />

Wir gehen davon aus, dass der Bedarf an psychologischer<br />

Hilfe auf Grund der prekären Lebenssituation der Zielgruppe<br />

auch noch in den kommenden Jahren sehr hoch<br />

sein wird.<br />

Wie groß ist die Chance, dass Klienten von MEN<br />

eine Arbeitsstelle finden?<br />

Damit die Integration am Arbeitsplatz gelingt, ist zuerst<br />

der erfolgreiche Besuch eines Deutschkurses oder<br />

einer Bildungsmaßnahme erforderlich. Für Menschen<br />

mit Panikattacken, Angststörungen, Depressionen oder<br />

posttraumatischen Belastungsstörungen ist das kaum<br />

möglich. Sie müssen zuerst ihre Geschichte bearbeiten,<br />

bevor sie in der Lage sind, zu lernen und einen Kurs positiv<br />

abzuschließen. Wenn das aber gelingt, eröffnen sich<br />

54<br />

DIE MALTESER 1/<strong>2019</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!