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Die Malteser-Zeitung 1/2019

Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.

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GELESENEMPFOHLEN<br />

DIE SEHNSUCHT NACH<br />

EINER GEGENWELT<br />

Prof. Heinz Nußbaumer fand auf dem Hl. Berg Athos Stille und Zeitlosigkeit. <strong>Die</strong><br />

erfolgreiche Suche nach dem Ich ist nun durch eine Neuauflage seines Buches<br />

„Der Mönch in mir“ neu zu entdecken oder wieder nachzulesen. Ein Gespräch<br />

mit dem Autor bringt das Wesentliche auf den Punkt<br />

Das Gespräch führte Georg Reichlin-Meldegg<br />

Du fährst schon seit vielen Jahren als Pilger auf den<br />

Berg Athos. Was war Dein Beweggrund?<br />

Heinz Nußbaumer: Zunächst war es Flucht aus dem Alltag<br />

– und ein Stück Überlebens-Strategie. Als langjähriger<br />

weltreisender Journalist und später Sprecher zweier<br />

Bundespräsidenten war ich auf dauernde Erreichbarkeit<br />

programmiert. Mit bösen gesundheitlichen Folgen. Also<br />

habe ich einen Platz gesucht, der mir zumindest kurzzeitig<br />

erlaubt hat, nicht erreichbar zu sein. Es macht nämlich<br />

einen gewaltigen Unterschied, ob schon ein Anruf<br />

genügt, um den Tag zum Entgleisen zu bringen oder ob<br />

man sich auf Stille und Zeitlosigkeit einlassen kann.<br />

<strong>Die</strong> eigentliche Faszination kam für mich erst später: <strong>Die</strong><br />

wunderbare Athos-Landschaft, die gewaltigen Klosterbauten,<br />

das ruhige Gleichmaß des Mönchslebens – und<br />

dann die Freundschaft mit „meinen“ Mönchen. Seit nunmehr<br />

32 Jahren ist dort mein „Ruheplatz am Wasser“.<br />

Welche Erfahrungen und Erlebnisse sind es, die diese<br />

Pilgerreisen zu einem so wesentlichen Bestandteil<br />

Deines Lebens gemacht haben?<br />

Gibt es da eine Antwort in der notwendigen Kürze? Wohl<br />

kaum. Ich habe darüber ein ganzes Buch geschrieben –<br />

und auch das beleuchtet bestenfalls die „Außenseite der<br />

Innenseite“. Hier also nur Stichworte, was ich am Athos<br />

unter anderem kennengelernt habe: <strong>Die</strong> „Heimkehr in die<br />

Stille“. Das „Aus-der-Zeit-Treten“. Das „Ganz-im-Hierund-Jetzt-leben“.<br />

<strong>Die</strong> Entzauberung des aufgeblähten<br />

Ichs. Das „Alles-mit-dem-ganzen-Ich-Tun“. <strong>Die</strong> Dankbarkeit<br />

für Schöpfung, Leben und Glauben. Den Wert<br />

des Gebets, der festen Bräuche und Riten. Den Vorrang<br />

des Herzens vor dem Kopf und vieles mehr. Alles wichtige<br />

Wegweiser hin zu einem erfüllten Leben – und eine<br />

ständige Erinnerung daran, wie klein „Der Mönch in mir“<br />

noch immer ist.<br />

Dein Buch ist soeben wieder einmal neu aufgelegt<br />

und in viele Fremdsprachen übersetzt worden. Wie<br />

ist diese Faszination erklärbar?<br />

Schwierige Frage. Zunächst glaube ich, dass es den<br />

„Mönch“, die „Nonne“ in jedem von uns gibt – als eine<br />

tiefe Sehnsucht nach Staunen, Freude und Dankbarkeit<br />

in einer Gegenwelt der Orientierung und Vereinfachung.<br />

<strong>Die</strong>se Suche nach krisensicheren Haltegriffen bleibt in<br />

unserer unübersichtlich gewordenen Lebenswirklichkeit<br />

trotz der vielfach diagnostizierten „Verdunstung des Religiösen“<br />

weitgehend unberührt.<br />

Natürlich faszinieren auch die Abgeschiedenheit und<br />

Fremdartigkeit des Athos. Alles, was kaum erreichbar ist,<br />

findet bei uns besondere Aufmerksamkeit. Allein, dass<br />

dort mehr als 2.000 Männer für ihren Glauben leben, die<br />

alle keine schrägen Typen oder religiösen Spinner sind,<br />

macht neugierig.<br />

Noch etwas: Viele Menschen suchen heute nach Antworten,<br />

aber sie scheuen die großen sinnstiftenden Institutionen<br />

– in der Angst, überfordert zu werden. Das erklärt<br />

möglicherweise, wieso Pilger wie ich mit der ganzen Einfachheit<br />

ihrer Erfahrungen manchen Lesern näher sind<br />

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DIE MALTESER 1/<strong>2019</strong>

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