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SERIE<br />
Immer mehr<br />
Rentner<br />
zieht es in<br />
den Süden<br />
So viele Deutsche wie nie<br />
zuvor verbringen ihren<br />
Lebensabend im Ausland.<br />
Immer beliebter sind Länder<br />
im Süden Europas. Die vergleichsweise<br />
günstigen Staaten<br />
Südosteuropas entwickeln<br />
für deutsche Rentner zunehmend<br />
Charme. In Ländern wie<br />
Ungarn, Rumänien, Kroatien,<br />
Bulgarien und Griechenland<br />
leben nach Angaben der Deutschen<br />
Rentenversicherung inzwischen<br />
deutlich mehr als<br />
10 000 Rentner. Das sind etwa<br />
doppelt so viele wie vor zehn<br />
Jahren.<br />
Generell haben noch nie so<br />
viele deutsche Rentner ihren<br />
Lebensabend im Ausland verbracht.<br />
Die Rentenversicherung<br />
hat zuletzt rund 240 000<br />
Renten an Deutsche mit ausländischem<br />
Wohnsitz überwiesen.<br />
„Dies ist ein neuer Rekord“,<br />
sagt Dirk Manthey von<br />
der Rentenversicherung Bund<br />
in Berlin.<br />
In Bulgarien sind nach Angaben<br />
des Statistischen Bundesamtes<br />
die Lebenshaltungskosten<br />
europaweit am günstigsten.<br />
Hier müssen Verbraucher<br />
für die üblichen Produkte und<br />
Dienstleistungen nur rund<br />
halb so viel zahlen wie im<br />
Schnitt aller EU-Mitgliedstaaten.<br />
So kostet ein Kilogramm<br />
Äpfel umgerechnet 0,60 Euro.<br />
Beim Friseur reichen umgerechnet<br />
15 Euro für einen Damenhaarschnitt<br />
samt Föhnen.<br />
Importwaren wie Pasta, Käse,<br />
Bekleidung oder Schuhe sind<br />
allerdings oft viel teurer als in<br />
Deutschland. Laut Eurostat<br />
kosten Lebensmittel auch in<br />
Rumänien und Ungarn teils<br />
deutlich weniger als hierzulande<br />
oder gar in Hochpreisländern<br />
wie Dänemark und<br />
Österreich. In Griechenland<br />
wiederum sind Lebensmittel<br />
laut Statistik in etwa so teuer<br />
wie in Deutschlnd.<br />
lan<br />
Einsam,<br />
zweisam,<br />
gemeinsam<br />
Wieman Wohnen im Alter organisieren<br />
kann. Welche Alternativen es gibt<br />
Von<br />
MECHTHILD HENNEKE<br />
Einsam und alleine zu<br />
Hause? Die Familie<br />
wohnt weit weg, die<br />
Freunde sind nicht mehr da.<br />
Viele graut es im Alter vor dem<br />
Leben alleine, ohne Hilfe. Doch<br />
es gibt Alternativen.<br />
Hausder Generationen<br />
Wer wünscht sich das nicht?<br />
Unabhängig wohnen und die<br />
Kinder ganz in der Nähe haben.<br />
Mitten in der Stadt leben und<br />
doch genau so, wie man es sich<br />
selbst vorstellt. Walter Bühler<br />
hat sich diesen Traum erfüllt.<br />
In seinem Haus in der Kirchstraße<br />
22 in Moabit ist alles so,<br />
wie er es sich vorstellt. Genau<br />
genommen, wie seine Miteigentümer<br />
und er es wollten,<br />
insgesamt zwölf Personen, die<br />
aus einer Adresse ein Zuhause<br />
gemacht haben.<br />
Das begann 1984. Damals<br />
kaufte die Gruppe, zu der Bühler<br />
gehört, das Haus. „Wir<br />
kannten uns aus der benachbarten<br />
Friedensinitiative“, berichtet<br />
er. Nach dem Kauf kam die<br />
Sanierung und dann ein halbes<br />
Der perfekte<br />
Ruhestand<br />
Serie Teil 3<br />
Walter Bühler in der Kirchstraße 22.<br />
Leben. 35 Jahre später sitzt der<br />
pensionierte Lehrer in seiner<br />
Wohnung im 5. Stock am Stubentisch.<br />
An den Wänden hängen<br />
Familienfotos, in den Regalen<br />
stehen Schulbücher, Nachschlagewerkeund<br />
Romane.<br />
Die erste Generation der Käufer<br />
ist grau geworden. Die Kinder<br />
sind ausgezogen, doch nach<br />
einigen Jahren kehrten nicht<br />
wenige von ihnen zurück. Die<br />
Tochter der Bühlers lebt mit ihrem<br />
Kind im Haus. Und im Erdgeschoss<br />
gibt es weiter den Kinderladen,<br />
den die Bewohner<br />
vor 35 Jahren gegründet haben.<br />
Aber es gab auch Krankheit und<br />
Tod. Bühler wird still, wenn die<br />
Sprache darauf kommt.<br />
Die Menschen im Haus stehen<br />
ihm nah. Auf Socken geht<br />
er einen Stock tiefer zu seinem<br />
Freund Günter Hiddo<br />
Hidden, (71). Als die Ehefrauen<br />
der beiden Männer und<br />
ein Nachbar aus dem Hinterhaus<br />
vorbeikommen, wird gelacht<br />
und gefrotzelt. „Wenn ich<br />
die Wohnung verlasse, finde<br />
ich immer jemanden, zu dem<br />
ich gehen kann. Das ist das<br />
Wichtigste.“. Weihnachten<br />
wird zusammen gefeiert, Geburtstage<br />
sowieso. „Wenn<br />
Menschen Altersdepressionen<br />
bekommen, entstehen die<br />
meist durch Einsamkeit“, sagt<br />
er. Die Kirchstraße 22 lässt das<br />
nicht zu.<br />
Freiwillig ins Altenheim<br />
Die Sanierung ihrer Wohnung<br />
gab den Ausschlag: Damals,<br />
vor zwei Jahren, entschied<br />
sich Gisela Ballauf (71,<br />
Ein neues Zuhause im Seniorenstift.<br />
Name geändert)<br />
in ein<br />
Seniorenstift zu ziehen.<br />
„Ich habe immer versucht,<br />
selbstbestimmt zu leben.<br />
Jetzt konnte ich den Umzug aus<br />
der Kraft heraus machen, nicht<br />
aus der Schwäche“, sagt sie.<br />
Die ehemalige Bibliothekarin<br />
konnte im vertrauten Kiez bleiben,<br />
wo sie seit 50 Jahren zuhause<br />
ist. Sie wohnt in zwei<br />
Zimmern, auf 53 Quadratmetern,<br />
mit Balkon. Das Wohnmodell<br />
heißt Service-Wohnen und<br />
schließt Dienstleistungen ein:<br />
Mahlzeiten, Waschen von Kleidung,<br />
Wohnungsputz, Hausmeister-Dienste,<br />
kulturelle<br />
Veranstaltungen.<br />
Ballauf lebt selbstbestimmt,<br />
ohne Pflege, mit freundlichen<br />
Nachbarn. Wer ihre Wohnung<br />
betritt, vergisst, dass er sich in<br />
einem Seniorenheim befindet:<br />
Designer-Sessel, die vom Bauhaus<br />
inspiriert sind, weiße Bücherregale,<br />
Kunst an den Wänden.<br />
Die bodenhohen Fenster<br />
machen die Räume groß. „Der<br />
Umzug war für mich eine Mög-