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*<br />
SPORT<br />
Aller guten<br />
eisernen Dinge<br />
sind drei<br />
Läuft alles nach<br />
Plan, jubeln die<br />
Unioner am<br />
Sonnabend so<br />
schön wie beim<br />
Sieg gegen<br />
Freiburg.<br />
Union-Experte Baingo glaubt an denDerbysieg undgehtdafür auf seinen persönlichenPilgerweg des Erfolgs<br />
J<br />
etzt mal tatsächlich<br />
Butter bei die<br />
Fische! Wer kneifen<br />
will, nee, das<br />
gilt nicht, das war<br />
mal, das ist spätestens<br />
am Sonnabend ab<br />
18.30 Uhr vorbei. Da heißt es,<br />
Farbe zu bekennen. Für jeden<br />
Fußballfan in der Stadt, wirklich<br />
für jeden.<br />
Es ist wie bei einer Schwangerschaft.<br />
Ein bisschen Rot-<br />
Weiß und ein klein wenig das<br />
Andere, das geht nicht, es<br />
muss schon mit Haut und<br />
Haar sein. Deshalb, aber das<br />
wissen mittlerweile alle, die<br />
sich dafür interessieren: Für<br />
mich kann es nur einen Sieger<br />
geben im Derby der Köpenicker<br />
gegen die Charlottenburger,<br />
das ist der Aufsteiger, das<br />
ist der 1. FC Union.<br />
Es gibt genügend Gründe<br />
dafür, glaube ich. Trotzdem<br />
könnte es sein, dass das Phrasenschwein<br />
meint, über den<br />
einen oder anderen nur zu<br />
grunzen, denn seriös vorhersehbar<br />
ist bei diesem Match<br />
voller Emotionen reineweg<br />
nichts.<br />
Also: Derbys haben wie Pokalspiele<br />
ihre eigenen Gesetze.<br />
Warum das so ist? Weil die<br />
Rollen –hier krasser Außenseiter,<br />
da haushoher Favorit –<br />
zumeist klar vergeben sind,<br />
der Außenseiter nichts zu<br />
verlieren hat und er dadurch<br />
locker aufspielen kann.<br />
Lockerer zumindest als der<br />
Gegner. Wie sonst hätte Dänemark<br />
1992 als Nachrücker<br />
der EM, die eigentlich schon<br />
begonnen hatte, den Titel holen<br />
können? Wie sonst hätte<br />
Deutschland<br />
1954<br />
Weltmeister<br />
werden können<br />
gegen die<br />
„Goldene Elf“<br />
der Ungarn, die zuvor in 32<br />
Spielen ungeschlagen geblieben<br />
war? Wie sonst, um vor<br />
der eigenen Haustür zu bleiben,<br />
hätte der 1. FC Union<br />
1968 FDGB-Pokalsieger werden<br />
können gegen ein Team,<br />
das Tage zuvor Meister geworden<br />
und in allen Belangen<br />
überlegen war?<br />
Zugegeben, das sind keine<br />
Derbys. Aber gewonnen<br />
haben, allein das ist wichtig,<br />
diejenigen, die eigentlich gar<br />
keine Chance hatten.<br />
Was wirklich zählt, ist der<br />
zwölfte Mann. Selten war er<br />
für die Eisernen so wichtig<br />
wie in diesem Match. Na gut,<br />
die Blau-Weißen haben ihre<br />
Ost-Kurve. Aber die ist gefühlt<br />
100 Meter weg vom Geschehen.<br />
Warum nur möchten<br />
die Herthaner lieber früher<br />
als später ihre Heimspiele<br />
in einem reinen Fußballstadion<br />
austragen? Klar, weil nach<br />
ihren Berechnungen und den<br />
Erfahrungen aller die Fans<br />
für fünf bis sechs Punkte<br />
mehr pro Saison gut sind. Nur<br />
zu, Unioner, lasst diesen<br />
Mehrwert sprudeln!<br />
Der dritte Grund<br />
steht gewollt genau<br />
an dieser Stelle: Aller<br />
guten eisernen<br />
Dinge sind nämlich<br />
drei. In den Zweitliga-Derbys<br />
hat es in<br />
der Alten Försterei in<br />
beiden bisherigen<br />
Spielen keinen Sieg<br />
der Rot-Weißen gegeben.<br />
Im dritten Versuch<br />
ist die Zeit reif<br />
für den ersten Dreier,<br />
wenigstens die Wahrscheinlichkeit<br />
dafür<br />
wird immer größer.<br />
Zugleich wäre ein Triumph<br />
über den Ortsrivalen<br />
der dritte eiserne<br />
Sieg in der Bundesliga.<br />
Und wenn alles<br />
andere auch noch wie<br />
am Schnürchen läuft<br />
an diesem 10. Spieltag,<br />
könnten die Männer<br />
von Trainer Urs Fischer<br />
in der Tabelle –genau! –<br />
drei Plätze nach oben klettern.<br />
Wer glaubt, all das sei ein<br />
bisschen mau, ich selbst<br />
könnte ein wenig nachhelfen.<br />
Schon am 28. Mai, beim Relegationsrückspiel<br />
gegen den<br />
VfB Stuttgart, hat es geklappt.<br />
An alte Zeiten habe ich mich<br />
erinnert, als ich selbst gespielt<br />
habe für den 1. FC Union,<br />
als „Bulle“ Sigusch, „Potti“<br />
Matthies, „Kulla“ Heine,<br />
„Meter“ Hendel und all die<br />
Die eisernen Fans verschaffen ihren<br />
Lieblingen immer noch Extra-Energie.<br />
anderen meine Mitspieler<br />
waren (na ja, eher war ich ihr<br />
Mitspieler), ich von meiner<br />
damaligen Arbeitsstelle, dem<br />
Fernsehen der DDR in Adlershof,<br />
zum Training musste<br />
und reichlich Zeit hatte: Zu<br />
Fuß bin ich gegangen, die<br />
Dörpfeldstraße nach Spindlersfeld,<br />
rechts über die Lange<br />
Brücke und gleich links am<br />
Ufer durch den Luisenhain,<br />
über die Dammbrücke die<br />
Lindenstraße entlang bis zum<br />
Stadion. Eine knappe Stunde<br />
hat es gedauert und es<br />
hat was gebracht. Wir<br />
sind damals, es war in<br />
der Saison 1975/76, in<br />
die DDR-Oberliga aufgestiegen<br />
und 43 Jahre<br />
später, der Weg<br />
kam mir allerdings<br />
viel beschwerlicher<br />
vor, in die Bundesliga.<br />
Nicht dass Fußballer<br />
am Ende abergläubisch<br />
wären und ich<br />
schon gar nicht. Aber<br />
um ganz sicher – in<br />
doppelter Wortbedeutung<br />
–zugehen: Am<br />
besten werde ich den<br />
Weg, es hat durchaus<br />
was von Pilgern, am<br />
Sonnabend erneut so<br />
nehmen.<br />
Andreas Baingo<br />
Fotos: dpa, Koch