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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 257 · D ienstag, 5. November 2019 13 *<br />
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Berlin<br />
Visa<br />
und<br />
Touristennepp<br />
Checkpoint Charlie: Keine<br />
falschen Soldaten mehr<br />
Soldaten-Darsteller, die von Touristen<br />
Geld für Fotos verlangen –<br />
am berühmten <strong>Berliner</strong> Checkpoint<br />
Charlie soll es das nicht länger geben.<br />
Wegen vieler Beschwerden von<br />
Bürgern und Touristen habe man<br />
entschieden, gegen das bisher geduldete<br />
Treiben am früheren Grenzkontrollpunkt<br />
vorzugehen, teilte das<br />
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg<br />
am Montag auf Anfrage mit.<br />
„Dem Betreiber wurde mitgeteilt,<br />
dass die Duldung ab sofortaufgehoben<br />
ist und er mit Verfolgung einer<br />
Zuwiderhandlung rechnen muss.“<br />
Passanten seien gedrängt beziehungsweise<br />
„regelrecht genötigt“<br />
worden, am Kontrollhäuschen für<br />
ein Foto mit den Schaustellern zu<br />
zahlen, begründete der Bezirk den<br />
Schritt. Demnach fiel die Entscheidung<br />
bereits im August. Sollten die<br />
Schausteller ihre Tätigkeit wieder<br />
aufnehmen, werde das Ordnungsamt<br />
im Rahmen seiner Personalkapazitäten<br />
das Verbot durchsetzen –<br />
gegebenenfalls mit Unterstützung<br />
der Polizei, hieß es.<br />
Angeblich kassierten falsche Soldaten<br />
für Fotos vier Euro, die Tageseinnahmen<br />
hätten bei 1500 bis<br />
5000 Euro gelegen. Auch Scheinvisa<br />
mit falschen Stempeln sollen verkauft<br />
worden sein. DerBetreiber reagierte<br />
mit Unverständnis. Der<br />
Checkpoint Charlie war während der<br />
Teilung Berlins Grenzübergang für<br />
Diplomaten und Ausländer. Nach<br />
dem Mauerbau 1961 standen sich<br />
hier amerikanische und sowjetische<br />
Panzer gegenüber. Der heutige Mix<br />
aus Geschichtsvermittlung, Touristennepp<br />
und Kommerz rief in der<br />
Vergangenheit immer wieder Kritik<br />
hervor. (dpa)<br />
Die Zeit der falschen Soldaten am Checkpoint<br />
Charlie geht zu Ende. IMAGO IMAGES<br />
In der Willy-Brandt-Oberschule in Wedding will man es nicht hinnehmen, dass Schüler es nicht schaffen. Dazu gehören auch Regeln und Grenzen.<br />
Gegen den Trend<br />
Wieeine Brennpunktschule in Wedding trotz schwierigen Milieus die Fehlzeiten der Schüler halbiert hat<br />
VonMelanie Reinsch<br />
Die Willy-Brandt-Oberschule<br />
liegt mitten im<br />
Gesundbrunnenkiez in<br />
Wedding –einem Brennpunktviertel.<br />
87 Prozent der Kinder<br />
und Jugendlichen der Integrierten<br />
Sekundarschule (ISS) sprechen zu<br />
Hause eine andere Sprache als<br />
Deutsch. Schulen wie die Willy-<br />
Brandt-Oberschule kämpfen mit<br />
Problemen: Schüler schwänzen den<br />
Unterricht, es gibt viele Fehlzeiten,<br />
Schulabbrecher. Eltern sind schwer<br />
erreichbar. Schulleiterin Andrea<br />
Franke will das nicht hinnehmen.<br />
Mithilfe des <strong>Berliner</strong> Indikatorenmodells,<br />
das Bildungssenatorin<br />
Sandra Scheeres (SPD) vor drei Jahren<br />
auf den Wegbrachte, hat Franke<br />
geschafft, wovon viele andere Schulen<br />
nur träumen.<br />
Das Indikatorenmodell ist eine<br />
Art Programm, mit dem die Schulen<br />
möglichst viele Daten sammeln,<br />
protokollieren und auswerten können,<br />
um sich zu verbessern. So soll<br />
die Entwicklung der Schule verfolgt<br />
werden können. Über das Instrument<br />
sollen die verschiedenen Qualitätsindikatoren<br />
für eine Schule<br />
über eine längere Zeit verfolgbar<br />
sein. Für die ISS sind zum Beispiel<br />
Quoten zur Erstwunschanmeldung<br />
an der Schule, zuAbgängern ohne<br />
Abschluss,zuVertretungsleistungen,<br />
unentschuldigten Fehltagen oder<br />
Übergriffen, auf das Schulpersonal<br />
relevant. Auf Grundlage des Modells<br />
wird dann gemeinsam mit der<br />
Schulaufsicht ein Schulvertrag aufgesetzt,<br />
der Ziele enthält, damit die<br />
Schule zum Beispiel ihre Schulabbrecher-Quote<br />
verbessern kann<br />
oder keine Lehrkräfte mehr angegriffen<br />
werden. Franke sagt, dass sie seit<br />
Einführung des Modells 2016 die<br />
Fehlzeiten an der Schule halbiert<br />
habe. So musste die Schulleiterin<br />
2015 noch 500 Schulversäumnissanzeigen<br />
schreiben, in diesem Jahr nur<br />
100. Zu einer Versäumnisanzeige<br />
kommt es, wenn Schüler fünf Tage<br />
unentschuldigt fehlen. Auch die<br />
Schul-Abgänger-Quote soll 2015<br />
fünfmal so hoch gewesen sein.<br />
So wurde an der Weddinger<br />
Schule unter anderem ein Leseunterricht<br />
eingeführt, jedes Jahr wird<br />
der Lernstand und der Fortschritt<br />
der Schüler erhoben, es gibt einheitliche<br />
Klassenarbeiten, um eine bessere<br />
Vergleichbarkeit zu schaffen,<br />
eine Stunde mehr Deutsch- und Matheunterricht<br />
wurde eingeführt, es<br />
finden Antidiskriminierungsveran-<br />
„An der Willy-Brandt-Oberschule<br />
kann man gut sehen, wie sich eine Schule<br />
auf den Weggemacht hat.“<br />
Sandra Scheeres, Senatorin für Bildung, Jugend und Familie (SPD)<br />
staltungen statt, ein Schulsozialarbeiter<br />
wurde extra für die Elternarbeit<br />
engagiert. „Das Indikatorenmodell<br />
hat uns dabei geholfen, entsprechende<br />
Ziele für den Schulvertrag zu<br />
generieren“, erklärtFranke.<br />
Scheeres sagte, dass es nicht<br />
darum gehe, Schulen miteinander<br />
zu vergleichen. Stattdessen gehe es<br />
darum, dass jede Schule sich mit ihren<br />
eigenen Daten befassen solle,<br />
um positive sowie negative Tendenzen<br />
zu erkennen. „An der Willy-<br />
Brandt-Oberschule kann man gut<br />
sehen, wie sich eine Schule auf den<br />
FLORIAN BOILLOT<br />
Weg gemacht“, sagte Scheeres. So<br />
habe es auch keine Angriffe mehr auf<br />
Lehrkräfte gegeben. Das sei ein<br />
Punkt gewesen, den sich diese<br />
Schule vorgenommen habe.<br />
350 Schulverträge zwischen<br />
Schulen und Schulaufsicht wurden<br />
auf dieser Grundlage in Berlin schon<br />
abgeschlossen. Bisher haben 121<br />
Schulen der Integrierten Gesamtschulen/Gemeinschaftsschulen<br />
und<br />
221 Grundschulen Zugang zu dem<br />
Instrument des Indikatorenmodells.<br />
Die Gymnasien und Berufsschulen<br />
sollen bis 2021 ebenfalls damit arbeiten<br />
können.<br />
Jörg Nolte, Geschäftsführer Wirtschaft<br />
und Politik der Industrie- und<br />
Handelskammer (IHK) Berlin, lobte<br />
das Indikatorenmodell. Berlin dürfe<br />
nicht nachlassen, möglichst viele Jugendliche<br />
zu einem erfolgreichen<br />
Schulabschluss zu führen. „Es ist ein<br />
richtiger Schritt, um die Schulqualität<br />
an den <strong>Berliner</strong> Schulen zu steigern.<br />
Für viele Unternehmen gehören<br />
Indikatoren zum betrieblichen<br />
Alltag, um den eigenen Unternehmenserfolg<br />
realistisch zu bewerten“,<br />
so Nolte. Objektive Indikatoren<br />
könnten auch Schulen bei der Evaluation<br />
ihrer Entwicklungsprozesse<br />
unterstützen. Wichtige Voraussetzung<br />
sei allerdings, dass sich alle<br />
Schulen beteiligten und die Daten<br />
auch nutzen.<br />
POLIZEIREPORT<br />
Tankstelle überfallen.<br />
EinUnbekannter hat am Sonntagabend<br />
am Sachsendamm in Schönebergeine<br />
Tankstelle überfallen. Der<br />
Räuber betrat gegen 22 Uhrden Verkaufsraum<br />
und bedrohte die beiden<br />
Angestellten mit einem Messer.<br />
Dann verlangte er das Geld aus der<br />
Kasse.Mit dem Geld und einigen<br />
Schachteln Zigaretten flüchtete der<br />
Mann über den Tempelhofer Damm<br />
in Richtung Bahnhof Südkreuz. Die<br />
beiden Angestellten der Tankstelle<br />
blieben unverletzt.<br />
Dealer gestellt.<br />
Zivilfahnder haben am Sonntagabend<br />
in Hakenfelde in Spandau einen<br />
22 Jahrealten Mann in einem<br />
Wald festgenommen. Er hatte zuvor<br />
versucht, vorden Beamten in einem<br />
Smartzuflüchten. In der Umhängetasche<br />
des Mannes,die er zuvor weggeworfen<br />
hatte,fanden die Fahnder<br />
insgesamt rund 500 Gramm Marihuana,<br />
drei Mobiltelefone und mehrere<br />
HundertEuro. DerDealer war<br />
den Beamten wegen seiner riskanten<br />
Fahrweise aufgefallen.<br />
Taxifahrer ausgeraubt.<br />
In Neukölln haben zwei Männer am<br />
Sonntagabend einen Taxifahrer ausgeraubt.<br />
Siewaren gegen 19.40 Uhr<br />
am Kottbusser Torindas Auto des<br />
64-Jährigen eingestiegen. Aufdem<br />
Wegzudem vereinbarten Fahrziel in<br />
der Bornsdorfer Straße sollte der<br />
Fahrer anhalten. Derhinter ihm sitzende<br />
Täter soll ihn dann unvermittelt<br />
vonhinten gewürgt und Geld geforderthaben,<br />
während der zweite<br />
Täter zusätzlich mit einem Messer<br />
drohte.Die Täter nutzten das anschließende<br />
Gerangel, um mit dem<br />
Geld aus der Börse zu entkommen.<br />
DerTaxifahrer blieb unverletzt.<br />
Polizisten geschlagen.<br />
In der Nacht zum Montag hat ein 26-<br />
Jähriger auf dem Bahnsteig des U-<br />
Bahnhofs Hermannstraße in Neukölln<br />
randaliert. Sicherheitsmitarbeiter<br />
der BVGhielten ihn fest und<br />
riefen die Polizei. Als zwei Polizisten<br />
des Polizeiabschnitts 55 eintrafen,<br />
ging der Randalierer unvermittelt<br />
auf die Beamten los und schlug ihnen<br />
ins Gesicht. Dabei wurden die<br />
Beamten leicht verletzt. DieStreife<br />
überwältigte den Mann. Anschließend<br />
wurde er gefesselt. Dabei wurden<br />
sie anhaltend vondem 26-Jährigen<br />
beleidigt. DerFestgenommene<br />
kam in Gewahrsam, wo er nach einer<br />
erkennungsdienstlichen Behandlung<br />
und Blutentnahme wieder entlassen<br />
wurde.Gegen ihn wirdwegen<br />
Widerstands und Körperverletzung<br />
ermittelt. (ls.)<br />
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