SPORTaktiv Winterguide 2019
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Foto: Nordica/Pentaphoto<br />
Die Skifans lieben ihn, weil er<br />
auf den Abfahrten den „wilden<br />
Hund“ gibt, der sich ständig im<br />
Grenzbereich bewegt. Die Medien<br />
lieben ihn, weil er bei den Interviews<br />
sein Herz ganz spontan auf der Zunge<br />
trägt. Aber beim Treffen von <strong>SPORTaktiv</strong><br />
mit Dominik Paris bei seinem Ausrüster<br />
Nordica entpuppte sich der Südtiroler als<br />
ruhiger, ausgeglichener und sogar nachdenklicher<br />
Mensch. Einer, der es offenbar<br />
gelernt hat, beim Skifahren und im Leben<br />
die Balance zu halten.<br />
Dominik, du wirkst so „geerdet“.<br />
Täuscht dieser Eindruck oder gibst du<br />
den „wilden Hund“ wirklich nur mehr<br />
bei den Rennen?<br />
Na ja, ganz so ist es nicht, es kann ab und<br />
zu schon auch abseits der Abfahrtspisten<br />
passieren, dass es bei mir rundgeht. Aber<br />
die Zeiten aus jungen Jahren, in denen ich<br />
praktisch keine Party ausgelassen hab, die<br />
sind endgültig vorbei.<br />
Für solche Veränderungen braucht es ja<br />
meist ein Schlüsselerlebnis. Was ist da<br />
bei dir passiert?<br />
Es war die Erkenntnis, dass Talent allein<br />
bei Weitem nicht ausreicht, um im Skisport<br />
vorn mit dabei zu sein.<br />
Diese Erkenntnis kam von einem Tag auf<br />
den anderen?<br />
Nein, eigentlich hat dieser Prozess 100<br />
Tage gedauert. Denn so lange hab ich nach<br />
einer schlechten Saison als Hirte auf einer<br />
Alm gearbeitet. Ich war ziemlich fertig mit<br />
der Welt und dem Skisport.<br />
Was genau ist da mit dir passiert?<br />
Ich glaub, ich bin in dieser einsamen Zeit<br />
auf der Alm erwachsen geworden. Ich habe<br />
plötzlich verstanden, dass ich für meine<br />
Ziele auch hart arbeiten muss und mich<br />
nicht nur auf mein Talent verlassen kann.<br />
Diese „Auszeit“ ist zwar ein Jahrzehnt<br />
her, aber hilft sie dir heute noch, dein<br />
inneres Gleichgewicht zu halten?<br />
Diese Zeit war zwar ein entscheidender<br />
Knackpunkt in meinem Leben, aber mittlerweile<br />
habe ich viele andere Sachen, die<br />
mich im Gleichgewicht halten. Man könnte<br />
sagen, ich fühl mich sehr gut ausbalanciert.<br />
Aber wenn man auf zwei wackligen<br />
Brettern mit 140 km/h ins Tal schießt –<br />
steht dir da diese innere Balance manchmal<br />
nicht im Weg? Weil sie dich einbremst,<br />
weil du vielleicht an deine Frau<br />
und an euer kleines Kind denkst …<br />
Nein, ich denke beim Training und bei den<br />
Rennen eigentlich nicht darüber nach, was<br />
alles sein könnte. Aber klar, es gibt auch bei<br />
mir Tage, an denen man nicht ganz bei der<br />
Sache ist. Und dann bewegt man sich auch<br />
nicht so am Limit, wie es für den Erfolg<br />
notwendig wäre.<br />
Es wird erzählt, dass du bei deinem ersten<br />
Auftritt auf der Streif in Kitzbühel vor<br />
der Mausefalle zwei Bremsschwünge<br />
eingelegt hättest. War das tatsächlich so<br />
– Dominik Paris und zittrige Knie?<br />
Ja, das stimmt! Beim ersten Runterfahren<br />
auf der Streif war ich nicht überzeugt, dass<br />
das tatsächlich gut gehen kann. Ich hab mir<br />
gedacht, lieber mal bremsen und probieren,<br />
anstatt gleich alles zu riskieren.<br />
Heuer im Jänner hast du die Abfahrt auf<br />
der Streif gewonnen, hattest deine<br />
erfolgreichste Saison im Weltcup. Man<br />
hat den Eindruck: Egal, wie wild es auf<br />
der Piste zugeht – den Paris haut so<br />
schnell nichts um.<br />
Schön, wenn das so rüberkommt. Das ist<br />
wie im Leben: Wenn man sich topfit fühlt,<br />
wenn alles rundherum passt, dann hat<br />
man auch eine gute Balance. Und im<br />
speziellen Fall steht man dann eben auch<br />
viel sicherer am Ski.<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
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