SPORTaktiv Winterguide 2019
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E<br />
ster, bist du Snowboarderin<br />
oder Skifahrerin?<br />
Mal so, mal so! Kommt<br />
ganz darauf an, was ich gerade unter den<br />
Füßen habe.<br />
Fotos: Red Pull Contentpool/Erich Spieß, Getty Images<br />
Du hast mit zwei Jahren das Skifahren<br />
begonnen, mit fünf das Snowboarden.<br />
Als du 14 Jahre alt warst, prophezeiten<br />
dir deine Trainer eine Profi-Karriere,<br />
wenn du dich auf eine der Sportarten<br />
konzentrierst. Du sagtest: Ich will<br />
in beiden Weltklasse werden. Ist das<br />
richtig?<br />
Als ich klein war, hat der Ski-Verband<br />
immer wieder seine Spielchen mit der<br />
Nominierung von Athleten betrieben.<br />
Ich durfte nicht bei allen Rennen dabei<br />
sein, an denen ich teilnehmen wollte.<br />
Also bin ich an solchen Tagen Snowboard-Rennen<br />
gefahren. So musste<br />
ich wenigstens nicht traurig zu Hause<br />
sitzen. Irgendwann war ich auf einmal<br />
Tschechiens beste Athletin in beiden<br />
Sportarten.<br />
Wie konntest du als 14-jähriges Mädchen<br />
überzeugt davon sein, dass du in<br />
zwei Sportarten bis in die Weltspitze<br />
vordringen würdest?<br />
Ich hatte den Traum, eines Tages an den<br />
Olympischen Spielen sowohl auf Ski<br />
als auch auf dem Snowboard teilzunehmen.<br />
Also scherte ich mich nicht um<br />
die Tipps von Experten. Ich hatte einen<br />
Plan, habe diesen Plan verfolgt und war<br />
mir sicher, dass ich das Richtige tue.<br />
Woher kommt dein Ur-Vertrauen? Haben<br />
dir das deine Eltern mitgegeben?<br />
Ich denke, so wurde ich geboren. Und<br />
dann habe ich viel mit meinem Großvater<br />
gesprochen. Er war Eishockey-Spieler,<br />
wurde Weltmeister, gewann Silber<br />
und Bronze bei Olympia. Mit seinen<br />
Geschichten hat er die Liebe zum Sport<br />
in mir geweckt. Er erzählte mir, wie<br />
lustig es mit seinen Kameraden in der<br />
Kabine war. Ich wollte genau so sein wie<br />
er. Ich wollte ebenso viel Spaß haben,<br />
wollte solch intensive Momente erleben,<br />
wollte tun, was ich liebe und damit meinen<br />
Lebensunterhalt verdienen.<br />
Nicht nur dein Großvater war erfolgreich.<br />
Dein Vater ist Pop-Star in Tschechien,<br />
deine Mutter war Eiskunstläuferin,<br />
dein Bruder ist bekannter<br />
Künstler und Designer. Was ist da los<br />
bei euch in der Familie?<br />
Wir alle tun einfach das, was wir gerne<br />
tun. Auch ich kann nur erfolgreich sein,<br />
weil ich liebe, was ich tue. Ich bin wie<br />
ein Haifisch, ich muss immerzu in Bewegung<br />
sein. Ich liebe es, zu trainieren.<br />
Und ich liebe es von ganzem Herzen,<br />
Rennen zu fahren und mein Bestes zu<br />
geben.<br />
In Pyeongchang 2018 hast du genau<br />
das gezeigt: Du bist überraschend<br />
Olympiasiegerin im Super-G geworden.<br />
Hast du vorher daran geglaubt,<br />
dass Gold im Skifahren möglich wäre?<br />
Ja, das habe ich. Wenn ich antrete, dann<br />
tue ich das, um zu gewinnen. Mit dieser<br />
Einstellung gehe ich in jedes Rennen.<br />
Die Szene im Ziel ist legendär. Auf<br />
der Anzeigetafel leuchtet die Bestzeit<br />
auf, das Stadion tobt, und du stehst da,<br />
sprachlos, beinahe konsterniert. Was<br />
ging da in dir vor?<br />
Ehrlich gesagt bin ich nach jedem Rennen<br />
ein bisschen geistesabwesend. Ich<br />
bin den Lauf in Gedanken noch einmal<br />
durchgegangen, habe mich gefragt, ob<br />
ich alles so umsetzen konnte, wie mein<br />
Coach es geplant hatte, ob die Kanten<br />
durch meinen Servicemann richtig geschliffen<br />
waren, weil mir die Ski in einigen<br />
Kurven etwas instabil vorkamen. Es<br />
war aber ein gutes Gefühl, ich träumte<br />
mich zurück auf die Piste, hätte diesen<br />
genialen Ride am liebsten noch einmal<br />
erlebt. Plötzlich sagte der Kameramann:<br />
‚Du hast gewonnen.’ Und ich dachte<br />
mir nur: ‚Ok, aber da sind doch noch<br />
mindestens 30 Mädels oben am Start ...’<br />
Von denen dann keine mehr schneller<br />
war als du. Wie denkst du heute darüber?<br />
Großes Glück oder verdienter<br />
Lohn?<br />
Meine Großeltern verfolgten das Rennen<br />
im Fernsehen. Meine Oma sagte zu<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
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