TASSILO - Das Magazin rund um Weilheim und die Seen, Ausgabe März/April 2020
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Murnau / <strong>Weilheim</strong> | Er schult angehende<br />
Journalisten, schreibt<br />
Texte für BR24, spricht Kurzbeiträge<br />
fürs Radio <strong>und</strong> filmt eigens<br />
geführte Fernsehinterviews: Lui<br />
Knoll, 59, „zuagroast“ aus der<br />
Pfalz, arbeitet als selbstständiger<br />
Me<strong>die</strong>ncoach <strong>und</strong> BR-Korrespondent<br />
fürs Oberland. Dreh- <strong>und</strong><br />
Angelpunkt seiner trimedialen<br />
Redakteurs-Arbeit: <strong>Das</strong> BR-Studio<br />
am Untermarkt in Murnau, von<br />
wo aus der rasende Reporter sich<br />
tagein tagaus auf den Weg macht,<br />
<strong>um</strong> Land <strong>und</strong> Leute aus der Region<br />
ins Rampenlicht zu rücken. Wir<br />
haben den in <strong>Weilheim</strong> lebenden<br />
Vater von vier erwachsenen Kindern<br />
hinter Flachbildschirmen,<br />
Kameras <strong>und</strong> Mikrofonen besucht.<br />
Im großen Interview auf der Roten<br />
Couch spricht der stu<strong>die</strong>rte Sozialpädagoge<br />
<strong>und</strong> leidenschaftliche<br />
Liedermacher über seinen peinlichsten<br />
Interviewauftritt, seinen<br />
ersten Toten <strong>und</strong> <strong>die</strong> größten Probleme<br />
im Tassiloland. Außerdem<br />
verrät der ehemalige Redaktionsleiter<br />
der Evangelischen Funk-<br />
Agentur (efa) in München, war<strong>um</strong><br />
er einen hiesigen Radiosender<br />
lange Zeit als sein „fünftes Kind“<br />
bezeichnete.<br />
Herr Knoll, Ihr peinlichster „Versprecher“?<br />
Der passierte mir lange vor meiner<br />
Zeit hier in Bayern. Bei einer<br />
Begegnung mit dem damaligen<br />
Außenminister Hans-Dietrich Genscher.<br />
Der war mit seinem gelben<br />
Pull<strong>und</strong>er auf Wahlkampf in<br />
Baden-Württemberg unterwegs,<br />
während der damalige B<strong>und</strong>espräsident<br />
Richard von Weizsäcker<br />
in Afrika war. Ich als junger Reporter<br />
habe dann den klassischen<br />
Anfänger-Fehler gemacht, <strong>die</strong> falsche,<br />
kritischste Frage als erstes<br />
zu stellen. Sie lautete: Herr Genscher,<br />
was halten Sie davon, dass<br />
der B<strong>und</strong>espräsident in Afrika Ihre<br />
Aufgaben wahrnimmt? Darauf<br />
sagte Genscher: Junger Kollege,<br />
<strong>die</strong>ses Gespräch ist beendet!<br />
10 | tassilo<br />
<strong>Das</strong> war eine Live-Schalte?<br />
Gott sei Dank nicht. Trotzdem habe<br />
ich daraus sehr viel gelernt.<br />
Letzteres gilt sicherlich auch für den<br />
Fauxpas Ihrer ersten Live-Sendung<br />
bei Radio Oberland, stattgef<strong>und</strong>en<br />
auf der Zugspitze?<br />
(lacht) Michaela May habe ich gefragt,<br />
ob man sie kennen muss.<br />
Sie war damals zwar noch sehr<br />
jung <strong>und</strong> nicht ganz so bekannt<br />
wie heute, was mir aber trotzdem<br />
peinlich war. Manchmal wünsche<br />
ich mir heute noch, sie wieder zu<br />
treffen, <strong>um</strong> mich bei ihr zu entschuldigen<br />
<strong>und</strong> zu sagen: Du bist<br />
jetzt ein Star, ich nur ein kleiner<br />
Reporter.<br />
Ein kleiner Reporter für einen mittlerweile<br />
großen Sender. Wer nach<br />
Ihnen googelt, fi ndet Sie allerdings<br />
nicht nur im BR-Studio Murnau,<br />
sondern auch bei Lui Knoll Media<br />
in <strong>Weilheim</strong>. Klären Sie uns auf:<br />
In Rahmen meiner Selbstständigkeit<br />
habe ich eine eigene Agentur<br />
aufgebaut als Coach für Kommunikation,<br />
Me<strong>die</strong>ntraining <strong>und</strong> Moderation,<br />
was ich nebenbei nach wie<br />
vor mache. Neulich habe ich z<strong>um</strong><br />
Beispiel <strong>die</strong> Bürgermeisterkandidaten<br />
für <strong>Weilheim</strong> über <strong>die</strong>sen<br />
Berufszweig vorgestellt. Meine<br />
Hauptaufgabe aber ist ganz klar<br />
mein Job als Korrespondent für<br />
den Bayerischen R<strong>und</strong>funk, für<br />
den ich als Pauschalist im kompletten<br />
Oberland unterwegs bin.<br />
Sozusagen als rasender Reporter.<br />
Im G<strong>r<strong>und</strong></strong>e schon. Ein gutes Beispiel<br />
hierfür ist das Schneechaos<br />
vor einem Jahr, als hinterm Silvensteinspeicher<br />
ein Rä<strong>um</strong>fahrzeug in<br />
<strong>die</strong> Isar gestürzt ist. <strong>Das</strong> war leider<br />
mein erster Toter, den ich in meinem<br />
Job beim BR hatte. <strong>Das</strong> sind<br />
<strong>die</strong> Geschichten, bei denen man<br />
schnell vor Ort sein <strong>und</strong> schnell<br />
funktionieren muss. Und es sind<br />
<strong>die</strong> tragischen Geschichten, mit<br />
denen man als Reporter leben<br />
muss.<br />
Ton <strong>und</strong> Bild zu einer Einheit formen: Lui Knoll (vorne) in seiner neuen Arbeitskleidung, dem blauen BR-<br />
Poloshirt. Hier zeigt er „tassilo“-Redakteur Johannes Schelle wie trimediales Arbeiten funktioniert.<br />
Sind sie schon oft geblitzt worden<br />
mit ihrem weiß-blauen „Flitzer“<br />
vom BR?<br />
Hier in der Region ehrlich gesagt<br />
noch gar nicht. Dafür aber in Baden-Württemberg,<br />
was noch gar<br />
nicht so lange her ist. Allerdings<br />
war das Tempo noch einigermaßen<br />
im Rahmen. Ohne Führerschein<br />
nämlich müsste ich meinen<br />
Job an den Nagel hängen. Insofern:<br />
Zügig unterwegs sein, aber<br />
immer im Bereich des Erlaubten.<br />
Sie sprachen vom „kompletten<br />
Oberland“. Heißt genau?<br />
Mein Kollege Martin Breitkopf <strong>und</strong><br />
ich decken <strong>die</strong> drei Landkreise Bad<br />
Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-<br />
Partenkirchen <strong>und</strong> <strong>Weilheim</strong>-<br />
Schongau ab. Ich sag immer: Vom<br />
Achenpass bis z<strong>um</strong> Auerberg, von<br />
der Zugspitze bis z<strong>um</strong> Starnberger<br />
See.<br />
Wie sieht ein „normaler“ Arbeitstag<br />
bei Ihnen aus?<br />
Ich fange in der Regel <strong>um</strong> 9 Uhr<br />
an, wenn Termine früh angesetzt<br />
sind, kann es aber auch schon<br />
<strong>um</strong> 7 Uhr losgehen. Erst Mails<br />
checken. Infos sortieren. Dann <strong>die</strong><br />
tagesaktuellen Termine <strong>und</strong> mein<br />
recht <strong>um</strong>fangreiches Equipment<br />
vorbereiten.<br />
Was zählt z<strong>um</strong> Korrespondenten-<br />
Equipment?<br />
Laptop, So<strong>und</strong>karte, Mikrofon,<br />
Kopfhörer, mehrere Bildschirme<br />
sowie ein schalloptimierter Ra<strong>um</strong>,<br />
den ich übrigens auch bei mir zuhause<br />
eingerichtet habe. Darüber<br />
hinaus ein zuverlässiger Betriebswagen,<br />
ein tragbares Mikrofon<br />
sowie eine Kamera mit eigenem<br />
Mikrofon <strong>und</strong> Stativ, womit ich<br />
letztlich losziehe, <strong>um</strong> Bilder <strong>und</strong><br />
Stimmen aus der Region einzufangen.<br />
In einem derart großen Gebiet<br />
ist es sicherlich schwierig, an <strong>die</strong><br />
wirklich berichtenswerten Themen<br />
zu kommen?<br />
Wir haben einen BR-internen Terminkalender,<br />
in dem fortlaufend<br />
drei, vier interessante Termine pro<br />
Woche drinstehen. Ansonsten gibt<br />
es große Themen, <strong>die</strong> uns länger<br />
begleiten. Z<strong>um</strong> Beispiel das Seilbahnunglück<br />
an der Zugspitze, als<br />
eine Wartungsgondel in <strong>die</strong> neue<br />
Eibseeseilbahn gekracht ist. Darüber<br />
hinaus gibt es Themen, <strong>die</strong><br />
mich persönlich sehr interessieren,<br />
mir am Herzen liegen, <strong>und</strong> ich<br />
auch oft auf eigene Faust angehe<br />
<strong>und</strong> aufbereite für Fernsehen, Radio<br />
<strong>und</strong> als Online-Text für BR24.<br />
Vor allem wenn’s <strong>um</strong> Bergthemen<br />
<strong>und</strong> Naturschutz, <strong>um</strong> Winter <strong>und</strong><br />
Skisport geht. Nicht zu vergessen<br />
sind natürlich schwere Unfälle. Ein<br />
Toter, so <strong>die</strong> Regel, muss bei uns<br />
immer gemeldet werden.<br />
Und wer entscheidet letztlich,<br />
welches Thema tatsächlich ausgestrahlt<br />
wird im Fernsehen, Radio<br />
oder als Text auf BR24?<br />
Die Programme vom BR sind sehr<br />
gut durchgeplant. In meiner Heimatredaktion,<br />
der Oberbayern-Redaktion<br />
von Bayern 1, gibt’s einen<br />
Chef vom Dienst, kurz CvD, der als<br />
Planer <strong>und</strong> Vorplaner für Ereignisse<br />
der kommenden Woche zuständig<br />
ist. Diese Struktur zieht sich<br />
durch fast alle BR-Redaktionen.