TASSILO - Das Magazin rund um Weilheim und die Seen, Ausgabe März/April 2020
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In Ihrer Profi l-Beschreibung auf<br />
der BR-Internetseite steht: „Im<br />
Zweifelsfall lieber nicht berichten<br />
als digitalen Trends <strong>und</strong> Themen<br />
hinterherlaufen.“ Was genau meinen<br />
Sie damit?<br />
Journalismus ist ein Durchlauferhitzer.<br />
Manchmal werden Themen<br />
zu schnell auf <strong>die</strong> Tagesordnung<br />
genommen, es wird nicht richtig<br />
darüber nachgedacht.<br />
Nur ein Beispiel: Neulich habe ich<br />
eine Fortbildung für <strong>die</strong> Evangelische<br />
Jugend gemacht. Die haben<br />
ein Problem mit Missbrauch in<br />
einem Zeltlager gehabt. In so einem<br />
Fall sind nahezu alle Me<strong>die</strong>n<br />
hellhörig <strong>und</strong> wollen sofort <strong>die</strong><br />
Schlagzeile. Ich aber sage an <strong>die</strong>ser<br />
Stelle: Bevor wir <strong>die</strong> Schlagzeile<br />
setzen, sollten wir erstmal<br />
mit Herz <strong>und</strong> Hirn überlegen:<br />
Wer ist betroffen? Wen muss man<br />
schützen? Nur <strong>die</strong> Schlagzeile setzen,<br />
<strong>um</strong> damit fünf sensationsgeile<br />
Menschen medial zu füttern, ist<br />
für mich schlichtweg der falsche<br />
journalistische Weg.<br />
Kann sich der BR <strong>die</strong>sen ehrlichen<br />
Journalismus tatsächlich noch leisten?<br />
Immerhin bringen Klicks auf<br />
den Online-Portalen zunehmend<br />
<strong>die</strong> große „Kohle“.<br />
Der BR ist da noch sehr sorgfältig.<br />
Für Sendebeiträge gilt immer das<br />
Vier-Augen- <strong>und</strong> Vier-Ohren-Prinzip.<br />
Auch dahingehend, dass alles,<br />
was ich an nachrichtlichen Beiträgen<br />
zusammenbastel, durch einen<br />
Filter geht – in jeder Sendung gibt’s<br />
mehrere Redakteure, <strong>die</strong> meine<br />
Arbeit abnehmen <strong>und</strong> schauen, ob<br />
das passt, was wir von draußen in<br />
Wort, Schrift <strong>und</strong> Bild abliefern.<br />
Wie genau entstehen nachrichtliche<br />
Kurzbeiträge fürs Radio <strong>und</strong> Fernsehen?<br />
Es kommt immer aufs Thema an.<br />
Darauf, ob ich einen Gesprächspartner<br />
habe oder nicht. Ob ich<br />
Zeit habe, mich auf ein Thema vorzubereiten,<br />
oder es live vor Ort geschehen<br />
muss. Nur ein Beispiel: In<br />
Hohenpeißenberg gab es vergangenes<br />
Jahr Probleme bei der Beförderung<br />
von Schülern mit dem<br />
Schulbus, was wir multimedial<br />
aufbereitet haben. Hierfür habe<br />
ich erst den Bürgermeister interviewt,<br />
anschließend eine schnelle<br />
Meldung ans BR-interne Redaktionssystem<br />
geschrieben <strong>und</strong> erst<br />
danach ein Nachrichtenstück über<br />
<strong>r<strong>und</strong></strong> eine Minute fürs Radio geschrieben<br />
<strong>und</strong> bei uns im Studio in<br />
Murnau ins Aufnahme-Mikrofon<br />
gesprochen.<br />
Lesen Sie auch viel Zeitung?<br />
Ich habe unter anderem Zugang zu<br />
vier Online-<strong>Ausgabe</strong>n des Münchner<br />
Merkur, deren Lokalteile aus<br />
unserem Zuständigkeitsbereich<br />
ich täglich lese, <strong>um</strong> informiert zu<br />
sein über aktuelle Geschehnisse<br />
<strong>und</strong> Entwicklungen im Oberland.<br />
Will heißen: Ohne unsere Kollegen<br />
der Zeitungen wären wir vom<br />
Fernsehen <strong>und</strong> Radio in vielen Fällen<br />
aufgeschmissen.<br />
Inzwischen sind Sie seit mehr als<br />
30 Jahren Reporter, haben verdammt<br />
viel erlebt. Ihr prägendstes<br />
Erlebnis?<br />
Ähnliche Unglücke wie das am<br />
Silvensteinspeicher gibt es natürlich<br />
viele. Z<strong>um</strong> Beispiel ein<br />
Hochwasser in den 1980er Jahren<br />
an der Donau, das ich nie vergessen<br />
werde. Im G<strong>r<strong>und</strong></strong>e immer <strong>die</strong><br />
Themen, <strong>die</strong> viele Menschen tief<br />
berührt haben. Hinzu kommen<br />
einige Interviews mit berühmten<br />
Menschen, aber auch weniger<br />
berühmten Leuten, <strong>die</strong> etwas Außergewöhnliches<br />
geleistet haben.<br />
Was mich insgesamt sehr stark<br />
geprägt hat, ist <strong>die</strong> vielschichtige<br />
Erfahrung, <strong>die</strong> man in <strong>die</strong>sem<br />
abwechslungsreichen Job täglich<br />
sammelt.<br />
Auch im Positiven?<br />
In jedem Falle. Unglaublich erfüllend<br />
für mich sind Sommer wie<br />
Winter Termine im Gebirge.<br />
Was lieben Sie so sehr am Gebirge?<br />
Die Abwechslung, <strong>die</strong> Herausforderung,<br />
das Erlebnis in freier,<br />
unberührter Natur. Ich gehe in<br />
meiner Freizeit wahnsinnig gerne<br />
Klettern, Skitouren <strong>und</strong> Skifahren,<br />
obwohl ich aufg<strong>r<strong>und</strong></strong> meines Gewichts<br />
eher ungeeignet bin für<br />
<strong>die</strong>se Aktivitäten. Aber es faszinierte<br />
mich schon als Kind, macht<br />
mir nach wie vor ungemein Spaß<br />
<strong>und</strong> hilft mir, vom durchaus stressigen<br />
Alltag abzuschalten.<br />
In den Bergen besonders gut zu beobachten:<br />
Der Klimawandel.<br />
Ein weites Thema, das mir persönlich<br />
nicht so viele Sorgen macht<br />
wie <strong>die</strong> globalen Machtkämpfe<br />
von USA, Russland, China, Türkei<br />
<strong>und</strong> den arabischen Staaten.<br />
märz / april <strong>2020</strong> | 11