TASSILO - Das Magazin rund um Weilheim und die Seen, Ausgabe März/April 2020
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Unterwegs mit Milchprüferin Maria Singer<br />
Leistungsdaten über jede Kuh<br />
Tassiloland | Es ist ein kalter, nebliger<br />
Tag im späten Januar, als Maria<br />
Singer auf den Hof von Familie<br />
Heger, hoch über Peißenberg gelegen,<br />
einbiegt. <strong>Das</strong> Wetter macht<br />
ihr allerdings nicht zu schaffen:<br />
32 | tassilo<br />
Maria Singer tourt von Hof zu Hof, <strong>um</strong> Milchproben zu entnehmen.<br />
„Thermo-Unterwäsche“, sagt<br />
sie grinsend <strong>und</strong> klopft sich auf<br />
<strong>die</strong> Oberschenkel. Sie öffnet <strong>die</strong><br />
Heckklappe ihres Geländewagens<br />
<strong>und</strong> beginnt, <strong>die</strong> Arbeitsutensilien<br />
auszuladen. Heute holt sie <strong>die</strong><br />
Milchproben ab, <strong>die</strong> über Nacht<br />
gesammelt wurden. Auf ihrer<br />
Co<strong>die</strong>rungsliste ist jede Kuh vermerkt,<br />
deren Milch geprüft wird.<br />
Hier bei den Hegers haben <strong>die</strong><br />
Tiere N<strong>um</strong>mern, woanders haben<br />
sie Namen.<br />
Maria Singer kennt <strong>die</strong> Örtlichkeiten<br />
<strong>und</strong> geht schnurstracks<br />
in einen Ra<strong>um</strong> neben dem Stall,<br />
wo der große Milchtank steht.<br />
Zwischen dem Tank <strong>und</strong> dem<br />
Melkroboter hat sie gestern ihr<br />
sogenanntes „Shuttle“ angeschlossen:<br />
Der Sammelbehälter,<br />
in dem sich <strong>die</strong> kleinen Röhrchen<br />
für <strong>die</strong> Proben befinden, <strong>die</strong><br />
über Nacht automatisch gefüllt<br />
wurden <strong>und</strong> jeder einzelnen Kuh<br />
zuzuordnen sind. Diese muss sie<br />
nun verschließen, verpacken <strong>und</strong><br />
dann anonymisiert ins Labor nach<br />
Wolnzach im oberbayerischen<br />
Landkreis Pfaffenhofen schicken.<br />
Der gesamte Vorgang nennt sich<br />
„Milchleistungsprüfung“.<br />
Die 50-Jährige ist eine von 70<br />
Probenehmern im Verwaltungsbereich<br />
<strong>Weilheim</strong>. Sie betreut<br />
insgesamt 32 Milchbauern, denen<br />
sie jeweils elfmal im Jahr einen<br />
Besuch abstattet. „Im Monat fahre<br />
ich gut <strong>und</strong> gerne tausend Kilometer“,<br />
erklärt sie. Seit einem<br />
Jahr macht <strong>die</strong> gelernte Hauswirtschafterin<br />
<strong>die</strong>se Arbeit. Auf dem<br />
eigenen Hof in Großweil ist sie nur<br />
noch halbtags eingespannt: „Wir<br />
hatten 25 Milchkühe, aber heute<br />
haben wir nur noch ein paar<br />
Jungtiere. Ich habe eine Weile in<br />
einem Café gearbeitet <strong>und</strong> hatte<br />
keinen Sonntag frei. Ich kannte<br />
<strong>die</strong> Probenehmerin in <strong>die</strong>sem Bezirk<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> hat mich immer wieder<br />
gefragt, ob ich ihren Job nicht<br />
übernehmen möchte, <strong>und</strong> nach<br />
dem dritten Mal habe ich schließlich<br />
Ja gesagt.“ Nach einer Einarbeitungszeit<br />
von einigen Wochen,<br />
war sie schließlich selbst für ihre<br />
Tour verantwortlich <strong>und</strong> konnte<br />
<strong>die</strong> Tätigkeit im Café an den Nagel<br />
hängen.<br />
Erste Messungen<br />
im Jahre 1860<br />
Ihr Arbeitgeber ist das „Landeskuratori<strong>um</strong><br />
der Erzeugerringe für<br />
tierische Veredelung in Bayern<br />
e.V.“, kurz LKV. Leistungsoberprüfer<br />
(LOP) Johann Raili koordiniert<br />
Maria Singers Einsätze. Raili, seit<br />
16 Jahren auf seinem Posten, erklärt:<br />
„Ein LOP betreut <strong>r<strong>und</strong></strong> h<strong>und</strong>ert<br />
Betriebe mit circa 4 000 bis<br />
5 000 Kühen. Die Mitgliedschaft im<br />
LKV ist freiwillig, aber <strong>die</strong> Landwirte<br />
sind natürlich froh, wenn sie<br />
bedarfsgerecht füttern können. Die<br />
Tierges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Qualität der<br />
Milch stehen an erster Stelle.“<br />
Bereits 1860 begannen einige<br />
Staatsgüter <strong>und</strong> Großbetriebe damit,<br />
<strong>die</strong> Milchleistung ihrer Kühe<br />
täglich zu messen <strong>und</strong> aufzuzeichnen.<br />
Ziel <strong>die</strong>ser Maßnahme war<br />
es, <strong>die</strong> Wirtschaftlichkeit jedes<br />
Tieres zu überprüfen. Heute <strong>um</strong>fasst<br />
<strong>die</strong> Milchleistungsprüfung<br />
neben der Messung der Milchmenge<br />
auch <strong>die</strong> Bestimmung des<br />
Fett-, Eiweiß-, Laktose- <strong>und</strong> Harnstoffgehalts<br />
der Milch, <strong>die</strong> Kontrolle<br />
der Euterges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Stoffwechselstabilität,<br />
<strong>die</strong> Bewertung<br />
der Melkbarkeit <strong>und</strong> <strong>die</strong> Erfassung<br />
der biologischen Daten.<br />
Wenn Maria Singer <strong>die</strong> Proben<br />
ans Labor Wolnzach geschickt hat,<br />
werden <strong>die</strong> Daten nach der Analyse<br />
in <strong>die</strong> LKV-Zentrale in München<br />
geschickt, wo ein sogenannter<br />
„Zwischenbericht“ erstellt wird,<br />
den <strong>die</strong> Landwirte online einsehen<br />
oder auf <strong>die</strong> Zustellung per<br />
Post warten können. Detailliert erhalten<br />
sie Auskunft über <strong>die</strong> Daten<br />
für jede einzelne Milchkuh.<br />
Umfassende<br />
Beratungsangebote<br />
Landwirt Benedikt Heger in Peißenberg<br />
begrüßt <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />
mit dem LKV <strong>und</strong> ist für<br />
<strong>die</strong> genauen Werte dankbar: „Ich<br />
möchte Top-Qualität produzieren,<br />
weil Qualität bezahlt wird.<br />
<strong>Das</strong> kann ich nur, wenn ich <strong>die</strong><br />
Inhaltsstoffe <strong>und</strong> Daten meiner