altlandkreis - das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel, Ausgabe März/April 2020
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Welche Auswirkungen hatten die<br />
Unfälle auf Sie persönlich?<br />
Natürlich habe ich heute mit körperlichen<br />
Abnutzungserscheinungen<br />
zu kämpfen. Allen voran<br />
im Wirbelsäulen-Bereich. Aber<br />
in Summe habe ich echt großes<br />
Glück gehabt, <strong>das</strong>s mir nie was<br />
richtig Schlimmes passiert ist.<br />
Entgegen einiger Kollegen?<br />
Freud und Leid liegen im Rallye-<br />
Sport sehr oft nah beieinander.<br />
Zum Bespiel 1997, als es auch um<br />
die Deutsche Meisterschaft ging<br />
und ich ebenfalls mit einem zweitklassigen<br />
Auto bei <strong>den</strong> Großen<br />
ganz weit vorne mitgefahren bin.<br />
An einem Tag konnte ich sogar die<br />
Führung in der Gesamtwertung<br />
übernehmen, <strong>den</strong> Erfolg aber weder<br />
feiern noch genießen.<br />
Warum nicht?<br />
Der Fahrer vor mir baute einen<br />
extrem schweren Unfall, bei dem<br />
sein Beifahrer verbrannt ist. In<br />
solchen Momenten zweifelt man<br />
schon, ob <strong>das</strong>, was man hier<br />
macht, wirklich sinnvoll ist.<br />
Der Wagen krachte damals mit hoher<br />
Geschwindigkeit gegen einen<br />
Baum…<br />
Ja. Was mir und meinen Beifahrern<br />
auch schon mehrfach passiert<br />
ist. Ein richtig schlimmer, ähnlicher<br />
Unfall, <strong>den</strong> ich nie vergessen<br />
werde, ist mir mal auf Schotter<br />
in Thüringen passiert. Wir haben<br />
die Kontrolle über unseren Wagen<br />
verloren, erst einen, dann einen<br />
zweiten Telegraphenmasten mitgenommen,<br />
dabei hat es uns drei<br />
Reifen rausgerissen, die Nockenwelle<br />
und <strong>den</strong> Motor komplett zerstört,<br />
dann mehrfach überschlagen<br />
und schließlich sind wir auf<br />
der Motorhaube dahingerutscht,<br />
ehe unser Wagen auch angefangen<br />
hat zu brennen. Irgendwie<br />
konnten wir uns beide noch rechtzeitig<br />
aus dem Wagen retten. Danach<br />
fühlst du dich allerdings so,<br />
als hätten dich fünf Hooligans mit<br />
einem Baseballschläger bearbeitet<br />
– du kannst keinen Meter mehr<br />
geradeaus gehen.<br />
Umso wichtiger <strong>für</strong> <strong>den</strong> Rallye-<br />
Sport: Körperlich topfi t zu sein.<br />
Ich fahre extrem viel Mountainbike.<br />
Bis zu 6 000 Kilometer im Jahr. Dazu<br />
gehört auch meine obligatorische<br />
Alpenüberquerung, in drei Tagen<br />
von Böbing nach Jesolo, wo wir<br />
dann mit der Familie, die mit dem<br />
Auto hinfährt, Urlaub machen. Im<br />
Winter gehe ich gern Skitouren. Oft<br />
gleich vor der Haustüre auf Kolben<br />
oder Hörnle, auch gerne mal zweioder<br />
dreimal hintereinander.<br />
Ende 2001 haben Sie ihre eigene<br />
Firma „Recce Rent GmbH“ gegründet.<br />
Was bietet die?<br />
Damals, als ich <strong>für</strong> Suzuki Rallye<br />
gefahren bin, hat man jeman<strong>den</strong><br />
<strong>für</strong> Trainingsautos gesucht. Diesen<br />
Bereich habe ich dann mit Gründung<br />
meiner Firma übernommen –<br />
es ging um Trainingsservice mit<br />
drei, vier Autos. Später habe ich<br />
<strong>für</strong> Suzuki Deutschland über meine<br />
Firma einen eigenen Rallye-<br />
Cup veranstaltet, wo alle Starter<br />
mit einem baugleichen Suzuki<br />
Swift an <strong>den</strong> Start gegangen sind.<br />
Das Kerngeschäft <strong>für</strong> mich aber<br />
war immer: Für externe Fahrer,<br />
die sich bei mir eingekauft haben,<br />
ein komplettes, professionelles<br />
Rallye-Team mit Autos, Training<br />
und Service zur Verfügung zu stellen.<br />
Der Kunde kam quasi nur mit<br />
Anzug und Helm zu mir. Um <strong>den</strong><br />
Rest habe ich mich mit meinen<br />
Mitarbeitern gekümmert.<br />
Worin unterscheidet sich <strong>den</strong>n ein<br />
„normales“ Auto von einem „Rallye-Auto“?<br />
Das Innenleben wie Dämmmaterial<br />
und Verkleidung fehlt komplett.<br />
Da<strong>für</strong> stechen handgeschweißte<br />
Überrollbügel aus Stahl umso<br />
mehr ins Auge – insgesamt wer<strong>den</strong><br />
da<strong>für</strong> fast 30 Meter Rohr gebraucht.<br />
Ein weiteres Sicherheitsmerkmal<br />
sind Hosenträgergurte<br />
an topsportlichen, ergonomisch<br />
geformten Schalensitzen. Und natürlich<br />
haben wir heute wesentlich<br />
mehr PS in einem Rallye-Auto<br />
unter der Haube als es zu Beginn<br />
meiner Laufbahn der Fall war. Oft<br />
bis zu 300 oder mehr, dazu passend<br />
ein größeres Fahrwerk sowie<br />
eine größere Bremsanlage. Und<br />
die Schaltung funktioniert sequenziell,<br />
im Grunde wie die Fußschaltung<br />
bei einem Motorrad. Letztlich<br />
muss man sich innerhalb der vorgegebenen<br />
Regularien bewegen,<br />
die unter anderem vorschreiben,<br />
<strong>das</strong>s ein Auto nicht weniger als<br />
1 000 Kilogramm wiegen darf.<br />
Warum sollte der Laie die Finger<br />
von einem Rallye-Auto lassen?