altlandkreis - das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel, Ausgabe März/April 2020
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Es ist wesentlich schwieriger zu<br />
steuern als ein herkömmliches<br />
Auto von der Stange. Man braucht<br />
enorm viel Gespür, <strong>das</strong> Auto ans<br />
Limit bewegen zu können, ohne<br />
dabei zu sehr ins Rutschen zu<br />
kommen und die Kontrolle zu verlieren.<br />
Und es gibt keine automatischen<br />
Fahrhilfen. Die modernen<br />
Autos heute haben derart viele<br />
Extras verbaut, wovon die meisten<br />
Autofahrer ohnehin nie Gebrauch<br />
machen, weil sie nie in Situationen<br />
kommen, wo beispielsweise<br />
ABS oder ESP zum Tragen kommen.<br />
Wenn doch, gleicht es Fahrfehler<br />
aus, was bei einem Rallye-<br />
Auto eben nicht der Fall ist.<br />
Wie schwer ist Rallye-Sport generell?<br />
Allein aus dem Grund, <strong>das</strong>s Rallye-Strecken<br />
über oft 30, 40 Kilometer<br />
wesentlich länger sind<br />
und nach dem zehnten Fahrer oft<br />
aussehen wie ein Schlachtfeld,<br />
sich viele tiefe Spuren, Rillen und<br />
große Schlaglöcher bil<strong>den</strong>, kann<br />
man eine Rallye nicht ansatzweise<br />
mit Motorsport auf asphaltierten<br />
Rundkursen vergleichen. Es gibt<br />
auch keine Absagen bei schlechtem<br />
Wetter. Auch dann nicht, wenn<br />
es tagelang durchregnet, schneit<br />
oder staubtrocken ist und man vor<br />
lauter Staub nichts mehr sieht.<br />
Heißt: Rennserien wie Formel 1,<br />
DTM oder GT4-Cups sind tatsächlich<br />
einfacher zu fahren?<br />
Meiner Meinung nach, auch wenn<br />
es sich im Grunde um zwei verschie<strong>den</strong>e<br />
Sportarten handelt,<br />
sogar wesentlich einfacher. Bei<br />
kurzen Rundkursen lernt man sehr<br />
schnell je<strong>den</strong> Streckenabschnitt<br />
in- und auswendig kennen, kann<br />
<strong>den</strong> Kurs quasi im Schlaf bewältigen.<br />
Beim Rallye-Fahren gibt es<br />
<strong>das</strong> nicht, darüber hinaus sind die<br />
Wege oft schmal, extrem kurvig,<br />
der Untergrund lose und es gibt<br />
am Streckenrand in <strong>den</strong> seltensten<br />
Fällen Ausläufe, um im Falle<br />
eines Unfalls Zusammenstöße mit<br />
12 | <strong>altlandkreis</strong><br />
Bäumen, Masten oder Abstürze in<br />
Böschungen verhindern zu können.<br />
Außerdem können wir auf Schotter,<br />
Sand, Schnee oder Eis wesentlich<br />
weniger auf Zug fahren, müssen<br />
viel mehr driften, was die Sache<br />
auch bei niedrigeren Spitzengeschwindigkeiten<br />
von gut 170 Stun<strong>den</strong>kilometern<br />
deutlich erschwert.<br />
Ihre Lieblingsstrecke?<br />
Ganz klar die Strecken in Neuseeland,<br />
der Rallye-Himmel schlechthin.<br />
Endlose Schotterstrecken mit<br />
leichten Steilkurven. Der Start<br />
oft unten am Meer, <strong>das</strong> Ziel, 40<br />
Kilometer weiter, durch Palmen<br />
hindurch auf einem Berg mit fast<br />
2 000 Metern Höhe. Speziell im<br />
Rahmen des Trainings bin ich einer<br />
der wenigen Fahrer, der dann<br />
gerne mal rechts ranfährt, aussteigt,<br />
innehält und diese sensationell<br />
schöne Landschaft genießt.<br />
Ob Training oder Wettkampf. Wie<br />
groß sind die Sorgenfalten Ihrer<br />
Frau und Kinder, auch wenn Sie<br />
mittlerweile nur noch selten an <strong>den</strong><br />
Start einer Rallye gehen?<br />
Meine Familie steht nach wie vor<br />
voll hinter mir und dem Motorsport.<br />
Wir sind sogar nach der Geburt<br />
von Sohn Johannes <strong>für</strong> einige<br />
Zeit fest nach Australien gezogen,<br />
wo ich <strong>für</strong> ein Team gearbeitet<br />
habe.<br />
Seither sind viele Jahre ins Land gegangen.<br />
Wie arg ruiniert ist der Ruf<br />
des Motosports in Zeiten des offensichtlichen<br />
Klimawandels?<br />
Natürlich macht man sich Gedanken<br />
und wird bei einem Sprit-Verbrauch<br />
von rund 50 Litern auf 100<br />
Kilometern von mehreren Seiten<br />
auch kritisch beäugt. Ich persönlich<br />
aber verbrauche sicherlich<br />
wesentlich weniger Sprit, als der<br />
durchschnittliche deutsche Autofahrer,<br />
da ich im Alltag nahezu<br />
alles mit dem Fahrrad erledige.<br />
Selbst größere Supermarkteinkäufe<br />
sind mit großem Rucksack kein<br />
Problem, per Radl zu erledigen.<br />
Und da es ohnehin nur noch wenige<br />
Rallyes im Jahr gibt, die Autos<br />
selbst am Rennwochenende nur<br />
wenige Fahrten im Einsatz sind,<br />
hält sich die Umweltbelastung<br />
insgesamt dann doch in Grenzen.<br />
Sie haben die Wahl zwischen Elektro,<br />
Wasserstoff, Benzin oder Diesel:<br />
Wir haben neulich E-Autos am<br />
Großen Arber getestet, wo sich<br />
<strong>das</strong> dichteste La<strong>den</strong>etz <strong>für</strong> E-Autos<br />
in ganz Bayern befindet. Als eine<br />
Kollegin von mir dann mit einem<br />
E-Up von VW von dort nach München<br />
gefahren ist, hat sie es nicht<br />
geschafft, weil es an ausreichend<br />
Ladestationen fehlt. Momentan<br />
bringt mir ein E-Auto also nichts.<br />
Wasserstoff ist technisch gesehen<br />
eine tolle Lösung, aber noch viel<br />
zu wenig ausgereift. Die nächste<br />
Tankstelle aus unserer Sicht gibt es<br />
hier<strong>für</strong> in München, eine weitere<br />
in Innsbruck, in ganz Italien sogar<br />
nur eine einzige, die sich in Bozen<br />
befindet. Bringt also auch nichts.<br />
Insofern ist aktuell <strong>für</strong> Menschen,<br />
die regelmäßig längere Strecken<br />
mit dem Auto zurücklegen müssen,<br />
ein Dieselmotor, der durchschnittlich<br />
rund fünf Liter auf 100<br />
Kilometer verbraucht, ganz klar die<br />
sinnvollste Lösung in Sachen Autoverkehr.<br />
Wie sieht die Zukunft der Oberland-<br />
Rallye aus?<br />
Sie findet heuer statt und ist sogar<br />
wieder in die Deutsche Rallye-<br />
Meisterschaft integriert wor<strong>den</strong>,<br />
worüber ich absolut happy bin.<br />
Vielleicht fahre ich sogar mit. Im<br />
Optimalfall in der größten Kategorie<br />
mit einem Auto, <strong>das</strong> mir<br />
Siegchancen ermöglichen könnte<br />
– da<strong>für</strong> brauche ich allerdings<br />
noch <strong>den</strong> einen oder anderen zusätzlichen<br />
Sponsor.<br />
Abgesehen von der Oberland-Rallye<br />
ist im Schongauer Altlandkreis<br />
dahingehend nichts geboten. Nie<br />
überlegt, die Heimat <strong>für</strong> ein Rallyeaffi<br />
neres Land zu verlassen?