Stahlreport 2020.04
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Messen<br />
und Märkte<br />
Bericht<br />
Deutschland vor Rezession – umfangreicher Schutzschirm für die Wirtschaft<br />
„Wir lassen niemanden alleine“<br />
„Corona“ hat zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieser <strong>Stahlreport</strong>-<br />
Ausgabe (Ende März 2020) nicht nur den Alltag in Deutschland,<br />
Europa und vielen Ländern und Regionen weltweit weitgehend still<br />
gelegt, sondern auch die Wirtschaft. Niemand kann derzeit verlässlich<br />
prognostizieren, welche Auswirkungen diese Krise tatsächlich<br />
hat. Klar ist aber, dass die Folgen schon jetzt gravierend sind. Viele<br />
Wirtschaftsforscher rechnen für dieses Jahr mit einer tiefen Rezession.<br />
Um die Auswirkungen abzufedern und angesichts dieser außergewöhnlichen<br />
Situation haben die Bundesregierung sowie die administrativen<br />
Institutionen der EU wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen auf den<br />
Weg gebracht, die ohne Beispiel sind. Ein Überblick.<br />
Was sagen die Wirtschaftsforscher?<br />
Derzeit sind Wirtschaftsforschungsinstitute damit beschäftigt,<br />
die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Wirtschaft<br />
zu prognostizieren und geeignete Maßnahmen zu empfehlen<br />
– unter anderen das ifo Institut – Leibniz-Institut<br />
für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.<br />
V. und das IfW Kiel.<br />
ifo Institut: Corona wird Deutschland Hunderte<br />
von Milliarden Euro kosten<br />
Das Coronavirus wird Deutschlands Wirtschaft Hunderte<br />
von Milliarden Euro Produktionsausfälle bescheren, Kurzarbeit<br />
und Arbeitslosigkeit in die Höhe schießen lassen<br />
und den Staatshaushalt erheblich belasten. Zu diesem<br />
Schluss kamen die Forscher des ifo Instituts Ende März.<br />
„Die Kosten werden voraussichtlich alles übersteigen,<br />
was aus Wirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen der<br />
letzten Jahrzehnte in Deutschland bekannt ist“, sagte ifo-<br />
Präsident Clemens Fuest. „Je nach Szenario schrumpft<br />
die Wirtschaft um 7,2 bis 20,6 %. Das entspricht Kosten<br />
von 255 bis 729 Mrd. €.“<br />
Ziel müsse es sein, die Teilschließung der Wirtschaft<br />
zu verkürzen, ohne die Bekämpfung der Epidemie zu<br />
beeinträchtigen. Es seien Strategien erforderlich, um eine<br />
Wiederaufnahme der Produktion mit einer weiteren Eindämmung<br />
der Epidemie zu verbinden.<br />
Maßnahmen<br />
ifo-Präsident Fuest formulierte mehrere Maßnahmen, um<br />
den negativen Auswirkungen etwas entgegenzusetzen.<br />
z selbstständige sowie kleine und mittlere Unternehmen<br />
sollten einige Monate keine Steuern zahlen müssen<br />
z Zusätzliche Hilfen für Beschäftigte, die ihr Einkommen<br />
verlieren<br />
z Liquiditätshilfen und staatliche Garantien<br />
z Regeln des Insolvenzrechts vorübergehend lockern<br />
z Bankenaufsicht sollte Spielräume der Banken vorüber-<br />
gehend erweitern, um Dominoeffekt durch Kreditausfälle<br />
zu vermeiden<br />
z hoch verschuldete Länder konsequent stützen<br />
IfW Kiel: Deutsches BIP dürfte 2020<br />
zwischen 4,5 und 9 % einbrechen<br />
Das IfW Kiel geht in seinen Konjunkturberechnungen<br />
von zwei Szenarien aus: einen „Lockdown“ der deutschen<br />
Wirtschaft einmal bis Ende April, einmal bis Ende Juli,<br />
mit anschließender Erholung der Wirtschaft zurück auf<br />
das vorherige Niveau.<br />
Demzufolge fällt das deutsche Bruttoinlandsprodukt<br />
(BIP) in diesem Jahr um 4,5 %, sofern die derzeitige Stresssituation<br />
bis Ende April andauert und sich dann ab Mai<br />
allmählich entspannt. Dies wäre ein Rückgang der Wertschöpfung<br />
von 150 Mrd. €. Setzt die Erholung erst drei<br />
Monate später im August ein, würde das deutsche BIP<br />
um 8,7 % fallen, prognostiziert das Institut.<br />
Wie sich die Krise tatsächlich auswirkt sei davon<br />
abhängig, ob die dämpfenden Maßnahmen ab Mai allmählich<br />
nachlassen, und die Corona-bedingten Produktionsausfälle<br />
binnen sechs Monaten abklingen, oder ob<br />
die Erholung erst später im August einsetzt und die Produktion<br />
in den verschiedenen Branchen erst zu Beginn<br />
des kommenden Jahres auf das Vor-Corona-Niveau zurückkehre.<br />
Aufgrund der weltweiten Belastung der Konjunktur<br />
sei mit keinen nennenswerten Nachholeffekten im weiteren<br />
Jahresverlauf zu rechnen, so das Institut – auch wenn<br />
dafür freie Kapazitäten verfügbar wären.<br />
Schutzschirm für Unternehmen<br />
Die Bundesregierung mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz<br />
und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat angesichts<br />
der außergewöhnlichen Situation eine Reihe von<br />
Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die wirtschaftlichen<br />
Auswirkungen der Corona-Krise abzufedern. Ein klares<br />
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