urbanLab Magazin 2017 - Die Stadt der Zukunft
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ligenz.<br />
Steuern vs Verhandeln<br />
Der Glaube an beste Lösungen, an die eine Wahrheit,<br />
an vollständige Information und an die Vorhersagbarkeit<br />
<strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong> ist beson<strong>der</strong>s wichtig für diejenigen,<br />
die die Welt – und die Menschen in ihr – kontrollieren<br />
und steuern wollen.<br />
Grob lassen sich <strong>der</strong>zeitige Smart City Konzepte in zwei<br />
Kategorien einteilen: in technikgetriebene und in bürgergetriebene.<br />
Songdo in Südkorea soll als Beispiel für<br />
eine technikgetriebene <strong>Stadt</strong> mit vielen Sensoren im<br />
öffentlichen, halböffentlichen und privaten Raum dienen.<br />
Wien als Beispiel für die bürgergetriebene <strong>Stadt</strong>.<br />
<strong>Die</strong> eine – Songdo – entsteht neu auf freiem Feld und<br />
kann damit die zum Bauzeitpunkt neueste Technologie<br />
verwenden. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>e – Wien – existiert seit hun<strong>der</strong>ten<br />
von Jahren und zwingt zur Auseinan<strong>der</strong>setzung mit<br />
Vorhandenem.<br />
In Songdo plant ein Unternehmen eine überwachende<br />
<strong>Stadt</strong>, in Wien streiten sich die Leute um jede Verän<strong>der</strong>ung.<br />
Während <strong>der</strong> technisch orientierte Ansatz objektiv<br />
beste Lösungen verfolgt, schafft <strong>der</strong> bürgerorientierte<br />
Ansatz die beste Integration von Interessen. Irgendjemand<br />
steuert o<strong>der</strong> alle verhandeln. Es geht immer um<br />
unser Bestes.<br />
Panoptikum vs Autonomie<br />
Auch die Vertreter von Smart City Konzepten wie Songdo<br />
streben eine Erhöhung <strong>der</strong> Lebensqualität <strong>der</strong> Bewohnerinnen<br />
und Bewohner an. In Wien und vergleichbaren Städten<br />
geht man davon aus, dass Lebensqualität erst durch<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung verschiedener Interessen erzeugt<br />
wird und nicht objektiv definierbar ist.<br />
Beson<strong>der</strong>s Modelle, die von <strong>der</strong> demokratischen Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
leben, müssen sich mit <strong>der</strong> Frage nach dem<br />
Umgang mit Daten beschäftigen. Datenschutz, Datensicherheit<br />
und Datenhoheit sind die Stichworte.<br />
Informationen über mich, von denen ich nicht will, dass sie<br />
jemand an<strong>der</strong>es erfährt, müssen geschützt werden. Daten,<br />
die ich besitze, müssen vor Verän<strong>der</strong>ung und <strong>Die</strong>bstahl<br />
geschützt werden. Daten, die <strong>der</strong> Allgemeinheit gehören,<br />
dürfen nicht von Privaten beschlagnahmt werden.<br />
Datenschutz, Datensicherheit und Datenhoheit. <strong>Die</strong>se drei<br />
Aspekte des Umgangs mit Daten, die überall entstehen,<br />
seitdem wir unser Leben für Computer lesbar und ver-<br />
stehbar gemacht haben, sind Voraussetzung für Demokratie.<br />
Ohne die Kontrolle über die Daten, die mein Leben<br />
im Virtuellen abbilden, verliere ich meine Autonomie. Ohne<br />
Autonomie ist keine echte Demokratie möglich.<br />
)) Bestehen Sie auf Ihrer<br />
Autonomie. Es sind ihre Daten.<br />
Es ist ihr Leben. ((<br />
Lebensqualität lieber ohne Großen Bru<strong>der</strong><br />
Wir treiben die Digitalisierung unseres Lebens massiv<br />
voran. Mein Nachbar schaltet seine Steckdosen über<br />
eine App an und aus. Im Sommer fliegt eine Drohne über<br />
den Campingplatz und streamt Bil<strong>der</strong> in die Cloud. <strong>Die</strong><br />
Navigationsfunktion meines Handys weist mir den Weg.<br />
Wer muss sich darum kümmern, dass mit diesen Daten<br />
kein Unsinn passiert? Wir alle. Ja, auch Sie. Ja, auch <strong>der</strong><br />
Gesetzgeber. Aber auch wir alle.<br />
Was müssen wir tun? Zum einen müssen wir uns schlau<br />
machen, damit wir verstehen, was Datenschutz bedeutet<br />
und wofür er gut ist. Dann müssen wir ihn selbst einhalten.<br />
Wir müssen unsere Daten sicher verwahren und sie nicht<br />
einfach so irgendeinem dahergelaufenen Unternehmen<br />
schenken. Zum an<strong>der</strong>en müssen wir uns für Gesetze einsetzen,<br />
die unsere Daten schützen und sichern.<br />
Dipl.-Geogr. Michael Lobeck<br />
promediare.de<br />
arbeitet als freiberuflicher Mo<strong>der</strong>ator und Berater in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>entwicklung.<br />
Er plädiert für die Abwägung von Chancen und Risiken <strong>der</strong><br />
Digitalisierung für eine gute <strong>Stadt</strong>entwicklung. In Vorträgen, Workshops<br />
und <strong>der</strong> Begleitung von Kommunen bringt er seine Erfahrungen<br />
aus Praxis und Theorie zusammen.<br />
9<br />
Digitale <strong>Stadt</strong> - KEYNOTE<br />
Empfohlene Literatur:<br />
BOYD, Danah (2014): It‘s Complicated. The Social Lives of Networked Teens.<br />
DANIELZYK, Rainer und LOBECK, Michael (2015): <strong>Die</strong> digitale <strong>Stadt</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong>. Düsseldorf. (SGK-Schriftenreihe, Bd. 34).<br />
HACKENBERG, Katharina u.a. (2015): Deutschlands Städte werden digital. Düsseldorf. Online verfügbar: http://bit.ly/unibonn_pwc<br />
HÜLSMANN, Werner (2015): Contra VDS: Überwachung gefährdet die Demokratie. Online verfügbar unter: https://www.bpb.de/dialog/netzdebatte/202175/contra-vds-ueberwachung-gefaehrdet-die-demokratie<br />
LOBECK, Michael (2016): Big Data, Datenschutz, Datensicherheit – Chancen und Risiken für Smart Cities. in: Arbeiterkammer Wien: WIEN<br />
WÄCHST – SMART CITY. Neues Konzept, offene Fragen. (<strong>Stadt</strong>punkte 22). Online Verfügbar: https://media.arbeiterkammer.at/wien/PDF/<br />
studien/<strong>Stadt</strong>punkte_22.pdf<br />
MAGISTRAT DER STADT WIEN (2014): Smart City Wien. Rahmenstrategie | Überblick. Online verfügbar: https://smartcity.wien.gv.at/site/<br />
files/2014/10/140924_KF_SCW_gesamt_DE.pdf<br />
MOROZOV, Evgeny (2014): Smarte neue Welt