urbanLab Magazin 2017 - Die Stadt der Zukunft
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sundheit gibt (Umweltbundesamt <strong>2017</strong>). Bei Menschen mit<br />
geringem Einkommen und niedrigem Sozialstatus besteht<br />
eine Tendenz zur stärkeren gesundheitlichen Beeinträchtigung<br />
durch negative Umwelteinflüsse – u.a. Herzkreislaufund<br />
Atemwegserkrankungen, Schlafstörungen. <strong>Die</strong> Diagnose<br />
lautet also: „Armut ist ein Gesundheitsrisiko“. Und das<br />
ist nicht gerecht! Unser Ziel muss es sein, gesundheitsrelevante<br />
Umweltbelastungen zu minimieren und die sozial bedingte<br />
Ungleichheit von Gesundheitschancen aufzuheben.<br />
<strong>Die</strong>ser Prozess wird mit dem Begriff <strong>der</strong> Umweltgerechtigkeit<br />
beschrieben. Bedeutung haben dabei aber nicht nur<br />
Belange des Umweltschutzes, son<strong>der</strong>n es geht um die integrierte<br />
Betrachtung komplexer Zusammenhänge von Umweltqualität,<br />
sozialer Lage und Gesundheit.<br />
Vor dem Hintergrund des räumlichen Zusammenhangs von<br />
niedrigem Sozialstatus, geringer Umweltqualität und höheren<br />
Gesundheitsrisiken ist es zwingend notwendig, die Schnittstellen<br />
von <strong>Stadt</strong>entwicklung, Sozial-, Umwelt- und Gesundheitspolitik<br />
noch stärker als bisher in den Blick zu nehmen.<br />
För<strong>der</strong>programme als ein Ansatz<br />
Gleichwohl ist Umweltgerechtigkeit als Ziel <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
und als Grundlage für kommunales Handeln bislang<br />
noch wenig etabliert. Aber es gibt hierfür gute Unterstützungsangebote<br />
durch För<strong>der</strong>programme des Bundes,<br />
die es vielen Kommunen oftmals überhaupt erst ermöglichen,<br />
belastete Quartiere konkret zu verbessern. Zu nennen<br />
sind hier die Integrierten Städtebauliche Entwicklungskonzepte<br />
(ISEK) und das Städtebauför<strong>der</strong>ungsprogramm<br />
Soziale <strong>Stadt</strong>.<br />
Ein ISEK schafft konkrete, langfristig wirksame und vor<br />
allem lokal abgestimmte Lösungen für zum Beispiel städtebauliche,<br />
funktionale o<strong>der</strong> sozialräumliche Defizite (Bundesministerium<br />
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit<br />
2016). Ein ISEK zeigt diese Problembereiche<br />
für einen konkreten Teilraum auf und bearbeitet sie ergebnisorientiert.<br />
Dabei berücksichtigt es regionale und gesamtstädtische<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Mit dem Städtebauför<strong>der</strong>ungsprogramm „Soziale <strong>Stadt</strong>“<br />
unterstützt <strong>der</strong> Bund seit 1999 die Stabilisierung und Aufwertung<br />
städtebaulich, wirtschaftlich und sozial benachteiligter<br />
und strukturschwacher <strong>Stadt</strong>- und Ortsteile (BMUB<br />
<strong>2017</strong>). Städtebauliche Investitionen in das Wohnumfeld, in<br />
die Infrastrukturausstattung und in die Qualität des Wohnens<br />
sorgen für mehr Generationengerechtigkeit sowie<br />
Familienfreundlichkeit im Quartier und verbessern die<br />
Chancen <strong>der</strong> dort Lebenden auf Teilhabe und Integration.<br />
Ziel ist es, vor allem lebendige Nachbarschaften zu beför<strong>der</strong>n<br />
und den sozialen Zusammenhalt zu stärken.<br />
Masterplan Umwelt und Gesundheit<br />
turen und Prozesse geschaffen und/ o<strong>der</strong> weiterentwickelt<br />
werden, die zu einer Verbesserung des umweltbezogenen<br />
Gesundheitsschutzes erfor<strong>der</strong>lich sind.<br />
Der Fokus des Masterplans Umwelt und Gesundheit liegt<br />
insbeson<strong>der</strong>e auf <strong>der</strong> Unterstützung von Kommunen bei<br />
<strong>der</strong> Verknüpfung von Umwelt- und Gesundheitsthemen<br />
und <strong>der</strong> Umsetzung in praktische Maßnahmen und Projekte.<br />
So gab es im Zuge <strong>der</strong> Erstellung des Masterplans<br />
ein Planspiel „Lärmaktionsplanung“ (MKULNV 2015). Hieran<br />
hat neben den Städten Aachen, Bochum, Bottrop und<br />
Köln auch die <strong>Stadt</strong> Bielefeld mit Vertreter/innen aus Verwaltungsressorts<br />
für Umwelt, Gesundheit, Bauen, Verkehr,<br />
Geoinformation und Soziales teilgenommen.<br />
Nicht ganz überraschend, aber eben in diesem Falle durch<br />
entsprechende Daten deutlich belegbar, zeigte sich für Bielefeld,<br />
dass in Gebieten, die durch soziale Problemlagen<br />
und ungünstige Lebensverhältnisse gekennzeichnet sind,<br />
gleichzeitig auch hohe Umgebungslärmbelastungen vorliegen<br />
(siehe Abb. 2). Durch das Planspiel wurde deutlich,<br />
dass im Ergebnis ein Mehrwert und Informationsgewinn<br />
durch integrierte Datenverknüpfung entsteht, <strong>der</strong> für die<br />
verschiedenen Fachdisziplinen hilfreich ist. <strong>Die</strong>se Art <strong>der</strong><br />
Zusammenarbeit gilt es nun zu verstetigen.<br />
Dabei kann die Fachkompetenz <strong>der</strong> Hochschulen und an<strong>der</strong>er<br />
Institutionen hilfreich sein. Denn inzwischen gibt es<br />
schon eine Vielzahl von Studien zum Thema Umweltgerechtigkeit.<br />
Exemplarisch sei <strong>der</strong> Leitfaden „Umweltgerechtigkeit<br />
im städtischen Raum – Expertise „Instrumente zur<br />
Erhaltung und Schaffung von Umweltgerechtigkeit“ des<br />
Deutschen Instituts für Urbanistik DIfU genannt (Böhme,<br />
Ch.; Bunzel, A. DIfU 2014). Das DIfU untersuchte in dem<br />
Forschungsprojekt, wie die Kommunen in ihrer Arbeit für<br />
mehr lokale Umweltgerechtigkeit unterstützt werden können.<br />
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau<br />
und Reaktorsicherheit (BMUB) und das Umweltbundesamt<br />
(UBA) haben dieses Projekt geför<strong>der</strong>t.<br />
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Gesunde <strong>Stadt</strong> - AUS DER REGION<br />
Auch das Land NRW hat den Zusammenhang zwischen<br />
Umwelt und Gesundheit schon früh aufgegriffen. Bereits<br />
im Jahr 2000 wurde das erste Aktionsprogramm Umwelt<br />
und Gesundheit (APUG) veröffentlicht (MKULNV 2016).<br />
2016 wurde daran anknüpfend <strong>der</strong> „Masterplan Umwelt<br />
und Gesundheit NRW“ verabschiedet (MKULNV II 2016).<br />
Er versteht sich als integriertes Handlungskonzept zum<br />
Schutz von Mensch und Umwelt und enthält Handlungsempfehlungen<br />
o<strong>der</strong> reißt sie zumindest an. Es sollen Struk-<br />
Abb.2 Ausschnitt aus <strong>der</strong> „Lärmkartierung 2012 nach 34.<br />
BImSchV für Gesamtstraßenverkehr“ (Quelle: <strong>Stadt</strong> Bielefeld<br />
(2015), Zweiter Lärmaktionsplan, Anlage 7. Bielefeld)