Scoping-Termin
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Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 1<br />
Regierungspräsidium Darmstadt<br />
Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong><br />
zum beabsichtigten Planfeststellungsverfahren<br />
zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main<br />
(Landebahn Nordwest)<br />
Frankfurt am Main, 10. April 2003<br />
Stenografisches Protokoll
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 2<br />
Tagesordnung:<br />
Seite:<br />
6.1.1.3 Sonstige Auswirkungen (insbesondere Sicherheitsfragen) ..................................... 35<br />
6.1.2 Erholungsfunktion .................................................................................................... 83<br />
6.2 Schutzgut Landschaft .............................................................................................. 106<br />
6.3 Schutzgut Tiere und Pflanzen.................................................................................. 121
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 1<br />
Beginn: 9.02 Uhr<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Meine Damen und Herren, ich begrüße die Anwesenden. Bevor ich in die Tagesordnung<br />
einsteige, möchte ich in Erinnerung rufen, was trivial ist und was wohl jeder weiß, was ich<br />
aber trotzdem noch einmal kurz ansprechen möchte. Wir haben den heutigen und den<br />
morgigen Tag zur Verfügung. Sofern die Anwesenden ein gewisses Bedürfnis verspüren, am<br />
Montag nicht hier erscheinen zu müssen, was impliziert, dass wir morgen fertig werden,<br />
möchte ich, ohne dass sich irgendjemand unter Druck gesetzt fühlt, etwa irgendein Argument<br />
nicht vorbringen zu können, Sie gleichwohl bitten zu überlegen, ob das, was Sie sagen<br />
wollen, nicht bereits gesagt ist und schon im Protokoll ist, sodass wir sehr gedrängt alles,<br />
aber nicht alles mehrfach zur Sprache bringen. Dann können wir es schaffen, bis morgen<br />
Nachmittag fertig zu werden. Denn die großen Schwierigkeiten liegen eigentlich hinter uns.<br />
Ich hoffe, ohne dass ich irgendwie Druck ausüben will, dass wir durch die restliche Tages-<br />
ordnung bis morgen Nachmittag oder morgen Abend durchkommen. Ich werde auch dem-<br />
entsprechend die Verhandlung etwas straffen und steige jetzt zum Thema Luftschadstoffe –<br />
Untersuchungsraum – noch einmal in die Tagesordnung ein.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Guten Morgen! Wir haben gestern schon einmal über den Untersuchungsraum gesprochen.<br />
Ich bin jetzt noch einmal durchgegangen, was Sie in Ihren Stellungnahmen vorgetragen<br />
haben. Da ist mir aufgefallen, dass Sie mehrfach vorgetragen haben, dass die Emissionshö-<br />
he von 600 m ein Problem wäre. Ich schlage vor, dass wir uns über dieses Thema bezüglich<br />
des Untersuchungsraumes noch unterhalten. Ich werde kurz zusammenfassen, was vorge-<br />
tragen wurde.<br />
Zunächst wurde vorgetragen, dass diese 600 m willkürlich erscheinen. Alle Orte, bei denen<br />
die tatsächliche Flughöhe kleiner als 600 m ist, seien in das Gutachten „Flugverkehr –<br />
Ausbreitungsrechnung“ einzubeziehen. Dazu sei eine Durchführung von Flughöhenmessun-<br />
gen erforderlich. Des Weiteren wurde gesagt, dass die Höhenberechnung von 600 m nicht<br />
ausreichend sei, weil dort Besonderheiten wie zum Beispiel Inversion zu berücksichtigen<br />
seien. Ich gebe jetzt die Runde frei, um speziell auf diese Thematik einzugehen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Möchte sich jemand dazu äußern? – Im Augenblick sehe ich dazu im Saal keine Wortmel-<br />
dungen. Möchte Fraport noch nähere Erläuterungen zu diesem Thema geben? Das waren ja<br />
zusammengefasste Punkte, die bereits vom Publikum schriftlich vorgetragen worden sind.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Zur Emissionshöhe von 600 m hätte ich zu sagen, dass üblicherweise Emissionen bis 300 m<br />
Höhe berücksichtigt werden. Wir sind darüber hinaus gegangen, um auf der konservativen
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 2<br />
Seite zu sein. Es gibt Testrechnungen von Dr. Janicke und auch von seinem Vater, die er<br />
schon früher gemacht hat, die sehr eindeutig belegen, dass darüber hinausgehende Emissi-<br />
onshöhen an der bodennahen Immission nichts mehr verändern.<br />
Zur Frage der tatsächlichen Flughöhe möchte ich Folgendes sagen: Die Flughöhen gehen<br />
über repräsentative Steigprofile in die Modellrechnungen ein. Aus diesem Grund hätte eine<br />
Messung der tatsächlichen Flughöhe auch keinen Einfluss auf die Berechnungen.<br />
Dr. Schönegge (Neu-Isenburg):<br />
Zu diesem Thema haben wir folgenden Hinweis von Fachleuten: „In der Vertikalen sollte der<br />
Untersuchungsraum bis zur Tropopause bei rund 1.000 m über Grund gehen, da Emissionen<br />
bis zu dieser Grenzschicht zu Immissionen führen können.“ Das wäre ein Einwand, der<br />
entgegengesetzt zu Ihrer Aussage ist. Könnten Sie dazu noch etwas sagen?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Eine Tropopausenhöhe von 1.000 m erscheint mir ein bisschen niedrig. Das sind eher<br />
Kilometer. Im Übrigen würde ich mich schon auf die Aussage des Spezialisten Dr. Janicke<br />
verlassen, dass seine Modellrechnungen da keine Sensitivität oberhalb von 600 m mehr<br />
haben.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Ich hatte auch die Besonderheit wie zum Beispiel Inversionen genannt. Könnten Sie darauf<br />
bitte noch einmal eingehen?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Im Verlauf von Inversionen sind die Immissionsbeiträge von bodennahen Quellen im Nahbe-<br />
reich dominierend. Das heißt, Emissionen, die oberhalb der Inversionen beitragen, sind<br />
relativ gering. Das heißt, gerade die Inversionslagen sind eigentlich nicht die, bei denen man<br />
höher freigesetzte Emissionen zu berücksichtigen hätte.<br />
Kaller (Offenbach):<br />
Das möchte ich in der Tat unterstreichen. Ich denke, dass die Diskussion um Inversionshö-<br />
hen und Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung eher ein Irrweg ist. Denn eine Inversi-<br />
on ist klassischerweise eine Sperrschicht, die einen Massenfluss von oben nach unten oder<br />
unten nach oben unmöglich macht, sodass immissionsmäßig bei einer Inversionswetterlage<br />
nur die Emissionen zum Tragen kommen, die unterhalb der Inversionsschicht emittiert<br />
werden.<br />
Ich plädiere eher dafür, die Normalwetterlage, also ohne Inversion, zu betrachten und da<br />
aber die Emissionshöhen oberhalb von 600 m zu berücksichtigen, weil nach unserer Ein-<br />
schätzung der Anteil der in der höheren Atmosphäre emittierten Schadstoffe auch einen<br />
Beitrag zur Immissionsbelastung am Boden leistet.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 3<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Welche Höhe würden Sie denn vorschlagen?<br />
Kaller (Offenbach):<br />
Die Aussage, dass die Tropopause in einigen Kilometern Höhe anzusiedeln sei, kann ich<br />
nicht bestätigen. Das ist Anfängerlehrbuch, Seite 33, sage ich jetzt einmal spaßhaft. Die<br />
Tropopause in unserer gemäßigten, mittleren Breite befindet sich, wenn ich es jetzt richtig in<br />
Erinnerung habe, jahreszeitenabhängig zwischen 800 und 1.600 bis 1.800 m Höhe. Das<br />
heißt also, ich würde eine Emissionshöhe von 1.800 bis 2.000 m als angemessen ansehen.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Ist mit der Tropopausenhöhe, die Sie ansprechen, vielleicht die Mischungsschichthöhe<br />
gemeint?<br />
Kaller (Offenbach):<br />
Ich bitte um Entschuldigung. Ich bin jetzt durch den Begriff „Tropopause“ irregeleitet worden.<br />
Wir reden hier von der atmosphärischen Grenzschicht, und die liegt jahreszeitenabhängig,<br />
wie ich es eben gesagt habe, in den genannten Höhen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Dann ist dieser Punkt erledigt.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Dann komme ich zum nächsten Thema: Auswirkungsanalyse und Auswirkungsprognose. Da<br />
haben wir die Stellungnahmen in unterschiedliche Schwerpunkte aufgearbeitet. Der erste<br />
Schwerpunkt wäre Datengrundlagen, der nächste Prognosemethoden, danach „zusätzlich zu<br />
berücksichtigende Flächen, Punkte und Stoffe“ und als letzter Punkt „zusätzliche Untersu-<br />
chungen“. Vielleicht gebe ich Ihnen ein paar Stichworte, damit Sie einordnen können, in<br />
welchem Bereich Ihre Fragen kommen können.<br />
Zu Datengrundlagen wurde speziell auf die Datengrundlagen des A 380 eingegangen.<br />
Bei Prognosemethoden standen in den Vorträgen sehr allgemeine Vorträge. Da würde ich<br />
Mörfelden-Walldorf gegebenenfalls bitten, das noch einmal auszuführen.<br />
Bei „zusätzlich zu berücksichtigenden Flächen, Punkten und Stoffen“ kamen Dinge wie<br />
topografische Besonderheiten, meteorologische Bedingungen und Berücksichtigung speziel-<br />
ler, einzelner Gebiete, die Stoffausbreitung in den Eindreh- und Abflugbereichen, Über-<br />
schneidungsbereiche mit anderen Flughäfen und als Letztes, dass der Luftschadstoff<br />
Ammoniak zu berücksichtigen wäre.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 4<br />
Bei den „zusätzlichen Untersuchungen“ möchte ich unter anderem gerne über die Schad-<br />
stoffauswirkungen der Standläufe, die Berechnung der Depositionen, die Zusatzbelastung<br />
mit bodennahem Ozon, Smog-Situationen, Kombinationswirkungen und Komplexwerte und<br />
als Letztes über das humantoxikologische Gutachten sprechen.<br />
Jetzt haben Sie einen Überblick. Ich schlage vor, dass wir mit den Datengrundlagen anfan-<br />
gen. Da wurde vorgetragen, dass bezüglich des A 380 keine belastbaren Datengrundlagen<br />
vorhanden seien, es seien nur die Herstellerangaben. Ich bitte nun, sich zu diesem Thema<br />
zu äußern.<br />
Christiansen (Kreis Groß-Gerau):<br />
Wir hatten schon über das Thema Verkehr gesprochen. Herr Eck hatte gesagt, dass das<br />
Verkehrsgutachten im Zusammenhang mit den einzelnen Themen erläutert werden sollte.<br />
Der Punkt „Datengrundlage“ bietet Gelegenheit, das Verkehrsgutachten zu erläutern, um<br />
einmal zu sehen, wie da der Untersuchungsraum ist und wie wir die Daten aus dem Verkehr<br />
in der Region jetzt in diese Schadstoffproblematik hinein bekommen.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Das wurde gestern Nachmittag schon einmal kurz angesprochen. Aber vielleicht kann<br />
Fraport das noch einmal stichwortartig darstellen.<br />
Meyer (Vorhabensträgerin):<br />
Wir hatten gestern angesprochen, dass wir die verkehrlichen Erhebungen innerhalb des<br />
57-dB(A)-Untersuchungsraumes erheben. Dort ist die Verkehrsdatenbank Rhein-Main Basis,<br />
aktualisiert über eine Verkehrszählung aus dem Jahre 2000.<br />
RA Baumann:<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Situation bezüglich des Ozons wurde im<br />
Raumordnungsverfahren von Fraport so dargestellt, dass Auswirkungen in 120 km Entfer-<br />
nung, nämlich in Heidelberg, oder darüber hinaus zu erwarten sind. Es würde mich interes-<br />
sieren, wo aus Ihren Unterlagen hervorgeht, welche Untersuchungen diesbezüglich vorge-<br />
sehen sind. Wenn Sie diese Frage beantwortet haben, wäre meine darauf folgende Frage,<br />
welche Untersuchungen insgesamt in einem Bereich vorgesehen sind, der auch Bayern und<br />
Rheinland-Pfalz erfasst.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Wir haben für das Planfeststellungsverfahren vorgesehen, als Anhang zum normalen<br />
toxikologischen Gutachten eine Expertise zum Thema Ozon beizulegen, die den aktuellen<br />
Kenntnisstand auf dem Gebiet wiedergibt und ihn auch im Hinblick auf die Region und im<br />
Hinblick auf die Ergebnisse der Ausbreitungsrechung im Planfeststellungsverfahren interpre-<br />
tiert.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 5<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Die Frage der zusätzlichen Unterlagen und was noch vorgelegt werden soll, kommt zu einem<br />
etwas späteren Zeitpunkt. Mir war nicht so ganz klar, worauf Sie hinaus wollen. Deswegen<br />
habe ich Sie nicht unterbrochen. Aber jetzt, wo ich es gehört habe, wollte ich Sie darauf<br />
hinweisen, dass das noch kommt.<br />
RA‘in Philipp-Gerlach:<br />
Ich habe eine Nachfrage zu den zu erstellenden Verkehrsgutachten oder zu dem, was<br />
erstellt wurde. Sind hier die Hinweise aus der landesplanerischen Beurteilung, Hinweis 3,<br />
beachtet worden? Die Methodik und die Inhalte dieser Verkehrsuntersuchung waren im<br />
Raumordnungsverfahren streitig. Wird es dazu etwas ganz Neues geben?<br />
In Anhang 3.13 ist auf Seite 4 von Straßen- und Verkehrsdaten aus Verkehrssimulationen<br />
des ZIV Darmstadt die Rede. Was ist das? Welche Aussagen enthalten diese Simulationen?<br />
Meyer (Vorhabensträgerin):<br />
Die Hinweise aus der landesplanerischen Beurteilung werden in dem neuen Verkehrsgutach-<br />
ten berücksichtigt. Zum einen sind dies Straßenabschnitte, die seinerzeit im Raumordnungs-<br />
verfahren als realisiert unterstellt waren. Diese wurden auf der Grundlage der landesplaneri-<br />
schen Beurteilung korrigiert.<br />
Das ZIV ist für uns die Institution, die das Verkehrsgutachten erstellt. Die Basis für dieses<br />
Verkehrsgutachten ist aber die Datenbasis Rhein-Main, wie ich gesagt habe, mit einer<br />
Aktualisierung auf die Zählergebnisse aus dem Jahre 2000.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Ich will etwas zum A 380 fragen. Wenn ich es richtig beurteile, setzen Sie ihn in den Unter-<br />
suchungen mit der 747 gleich. Das heißt, das Ding hat das gleiche Steigverhalten wie die<br />
747, macht genauso viel oder sogar weniger Lärm. Auch im Schadstoffbereich sagen Sie,<br />
dass der A 380 ihr vergleichbar ist. Sehe ich das richtig?<br />
(Amann [Vorhabensträgerin] nickt.)<br />
– So. Dann will ich anmerken, dass wir alle wissen, dass der A 380 ein sehr viel größeres<br />
Flugzeug als die 747 ist und dass es in der Physik begründet liegt, dass diese Maschine<br />
auch sehr viel mehr Schub brauchen wird, um das Gleiche zu erreichen, also dieselbe<br />
Steigleistung von Punkt A nach B.<br />
Entsprechend vermute ich, dass er wegen des höheren Schubs auch sehr viel mehr Sprit<br />
brauchen wird. Da sage ich natürlich: Wenn man in eine Maschine oben 1 l Treibstoff<br />
hineinkippt, ist vielleicht effektiv der Schadstoffausstoß geringer oder gleich, aber sie wird<br />
einfach mehr brauchen, um das zu erbringen. Das heißt, der Schadstoffausstoß wird aus
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 6<br />
meiner Sicht höher sein. Deswegen, denke ich, kann man das nicht einfach so vergleichen,<br />
weil dieses Ding viel, viel größer ist und auch mehr Schub brauchen wird. Das sehe ich erst<br />
einmal so.<br />
Brendle (Vorhabensträgerin):<br />
Die Rechnung ist nur so einfach in Bezug auf die Verbrennungsprodukte von Kerosin. Wenn<br />
Sie mehr Kerosin hineinkippen, kommen mehr CO2 und mehr Wasserdampf heraus. Aber es<br />
ist nicht automatisch proportional zu den Luftschadstoffen. Da können Sie nicht sagen, das<br />
große Flugzeug muss mehr emittieren als das kleine. Das kommt dann schon auf den<br />
technischen Stand an.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Da kommen wir wieder auf die Herstellerangaben zurück. Das stimmt, das kann man nicht<br />
direkt vergleichen. Da würde ich Ihnen zustimmen; das ist schon wahr. Aber wie sich das<br />
jetzt entwickeln wird, wissen wir nicht wirklich. Wir wissen nicht, wohin der technische Stand<br />
gehen wird. Das in der Untersuchung einfach gleichzusetzen ist für mich nicht schlüssig, weil<br />
wir nicht wissen, wie das dann werden wird.<br />
Meine Forderung wäre, dass man im Prinzip ein Worst-case-Szenario auf dem Stand der<br />
Technik einsetzt und das nicht einfach gleichsetzt. Man sollte sagen: Wir schauen mal, wie<br />
sich das verhalten wird; dann rechnen wir das aus dem Stand heute hoch.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Wir haben uns vom Hersteller Schätzwerte geben lassen, die speziell für das Triebwerk des<br />
A 380 prognostiziert werden. Insofern setzen wir es nicht direkt mit der B 747 gleich.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Wie liegen die denn? Weiß man das schon? Liegen die höher?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Ich habe es jetzt nicht im Kopf. Aber das wird man den Unterlagen entnehmen können.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Sie haben gehört, dass es nachher in den Unterlagen stehen muss. Das ist unstreitig. Wir<br />
wollen jetzt nicht inhaltlich erörtern, ob das nun mehr oder weniger ist, sondern wir wollen die<br />
Frage stellen, was nachher in den Unterlagen stehen muss. Da haben wir festgestellt: Es<br />
muss in den Unterlagen die tatsächliche Belastung, die sich aus diesem neuen Flugzeugmix<br />
ergibt, stehen. Fertig.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 7<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Herr Vorsitzender, ich kann mich daran erinnern, dass sowohl bei der Vorstellung des<br />
Projektes A 380 als auch beim Thema Fluglärm, als auch beim Thema Flughafenausbau ein<br />
Vorstandsmitglied, nämlich Prof. Schölch, immer wieder behauptet hat, der A 380 sei<br />
weniger schädlich als die B 747. Im Raumordnungsverfahren habe ich gefragt, mit welchen<br />
Daten der A 380 eingestellt wurde. Da wurde gesagt, sie stellen ihn der B 747 gleich. Jetzt<br />
kriege ich von Herrn Brendle die Aussage, sie wüssten noch nicht, welche Wirkungen<br />
kommen; sie hätten sich vom Hersteller Angaben machen lassen, aber es könne auch<br />
anders aussehen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja. Das macht doch nichts. Beim Antrag muss die Sache klar sein. Wir sagen, was in den<br />
Antrag hinein muss. Wir erörtern doch jetzt nicht inhaltlich, ob das mehr oder weniger als bei<br />
der B 747 ist. – Bitte, Herr Baumann.<br />
RA Baumann:<br />
Herr Bickel, mir ist momentan nicht klar, zu welchen Fragen Sie erörtern oder diskutieren<br />
lassen wollen. Ich hatte vorhin eine Frage bezüglich des Untersuchungsrahmens Ozon<br />
stellen wollen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Der kommt noch.<br />
RA Baumann:<br />
Vielleicht können Sie mir auf die Sprünge helfen, was jetzt das Thema ist, wenn das nicht<br />
das Thema war.<br />
Eck (RP Darmstadt):<br />
Herr Baumann, Frau Herold hat es ja gesagt. Wir sind beim Punkt „Auswirkungsanaly-<br />
se/Auswirkungsprognose“. Der erste Punkt, der da besprochen werden sollte, war die Frage<br />
nach den Datengrundlagen. Da war das erste spezielle Problem, dass gesagt worden ist,<br />
bezüglich des A 380 seien die Datengrundlagen nicht ausreichend, weil nur Herstelleranga-<br />
ben für dieses neue Flugzeug vorlägen. Da ist jetzt vorgetragen worden, dass die Hersteller-<br />
angaben nicht allein ausreichend sind.<br />
Wir wollten nachfragen, welche sonstigen Angaben da zugrunde gelegt werden sollen. Der<br />
A 380 ist nun einmal ein neuer Flugzeugtyp, der noch nicht existiert, der in den Planungen<br />
existiert. Was würden Sie denn vorschlagen, neben den Herstellerangaben für Daten<br />
heranzuziehen? Soll man vergleichbare Flugzeugtypen und deren Emissionsdaten nehmen<br />
und dann hochrechnen? Ich glaube, so wird es auch gemacht. Die Herstellerangaben sind<br />
nun einmal die Grundlage, von der man ausgehen muss.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 8<br />
Meine Frage ist konkret: Auf welche Daten soll man sonst bei einem Flugzeugtyp zurückgrei-<br />
fen, der noch nicht existiert? Man kann meines Erachtens bei einer solchen Planung auch<br />
nicht abwarten, wenn man die Auswirkungen berücksichtigen will, bis das ganze Flugzeug<br />
wirklich gebaut ist. Das wäre ja die Konsequenz. Oder Sie haben Vorschläge, welche<br />
sonstigen Grundlagen man nehmen soll.<br />
RA Baumann:<br />
Mir ging es darum, dass das Thema nicht „unterschlagen“ wird, inwieweit die von mir<br />
vertretenen Kommunen durch die verschiedenen Schadstoffe belastet sein werden, die hier<br />
diskutiert werden müssen. Ich stelle meine Fragen diesbezüglich zurück.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Außerdem, Herr Baumann, haben Sie sie auch schriftlich vorgetragen. Die können nicht<br />
„unterschlagen“ werden.<br />
RA Baumann:<br />
Ich hätte auch nicht unterstellen wollen, dass Sie von Ihrer Warte aus das tun würden.<br />
RA Schmitz:<br />
Die Stellungnahme der Stadt Mörfelden war angesprochen worden. Deswegen möchte ich<br />
das kurz erläutern.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Ich habe Ihre Stellungnahme in Bezug auf die Prognosemethoden angesprochen. Ich weiß<br />
nicht, ob das Thema Datengrundlagen hiermit abgeschlossen ist. Wenn das der Fall ist,<br />
können wir gerne zu diesem Thema übergehen, und Sie können weiterreden.<br />
RA Schmitz:<br />
Ich wollte das Thema nicht abschließen, sondern zu zwei Punkten etwas sagen. Wenn wir<br />
über die Auswirkungsprognose sprechen, müssen wir meiner Ansicht nach zunächst einmal<br />
kurz auf die Vorbelastungen zurückkommen, weil im Raumordnungsverfahren – das war ja<br />
unser Problem – gesagt wurde, man wolle den Prognosenullfall mit dem Planfall vergleichen.<br />
Gestern hat es für mich so geklungen, dass es in Bezug auf Luft beibehalten werden soll. Da<br />
wäre meine erste Anmerkung, dass hier das im allgemeinen Teil zugesagte Schema, dass<br />
der Ist-Zustand auch mit dem Planfall verglichen wird, eingehalten werden muss.<br />
Der zweite Punkt ist, dass aufgrund dessen, was gestern insbesondere von Dr. Kühner und<br />
Dr. Büchen festgestellt worden ist, die Vorbelastungen der Anrainerkommunen, die am<br />
Flughafen sind und mit dem induzierten Verkehr am meisten belastet sein werden, durch<br />
Messungen, insbesondere der Feinstäube und der Stickoxide, zunächst einmal festgestellt<br />
werden müssen. Wenn man das gemacht hat, kann man in eine sinnvolle Auswirkungsprog-
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 9<br />
nose eintreten, die ihrem Titel auch gerecht werden kann. Solange das aber nicht geschieht,<br />
weil das, wie wir gestern gehört haben, nicht hinreichend ermittelt wird – –<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Herr Schmitz, darf ich Sie darauf hinweisen, dass gestern Ihr Kollege Haldenwang dazu ein<br />
sehr langes Plädoyer gehalten und beanstandet hat, dass keine Messungen, sondern nur<br />
Berechnungen zugrunde gelegt worden seien. Ihre Forderung ist bei uns schon angekom-<br />
men, dass man einen tatsächlichen Ist-Zustand zu erheben hat.<br />
RA Schmitz:<br />
Das ist schön. Die Wiederholung verstärkt das manchmal. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo<br />
wir Übereinstimmung mit Kollegen Haldenwang und vielleicht auch hoffentlich mit Ihnen<br />
feststellen können, Herr Bickel.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Leider kommt es auf mich nicht an.<br />
RA Schmitz:<br />
Dann Frau Herold.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Auch auf sie nicht. Das wird nachher im Unterrichtungsschreiben als Gesamtwerk erstellt.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Wenn danach gefragt wird, wie man anders herangehen könnte, möchte ich sagen: Der<br />
A 380 hat immerhin ein maximales Startgewicht, das um rund 200 t über dem der B 747<br />
liegt. Das muss man dabei betrachten. Ich schlage Folgendes vor: Man nimmt beispielswei-<br />
se einen A 340, der ein maximales Startgewicht von 250 oder 300 t hat – das schätze ich<br />
einmal; ich habe es im Moment nicht präsent –, und auf der anderen Seite einen<br />
A 319/A 320, der ein Startgewicht von 70 t hat. Dann stellt man fest, welche Unterschiede es<br />
dabei beim Schadstoffausstoß gibt. Das ist ein Vorschlag; schütteln Sie nicht mit dem Kopf,<br />
Herr Bickel.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein, nein.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Die Frage war, was man alles betrachten sollte, solange man keine belastbaren Daten hat.<br />
Was ist das überhaupt? Ist das, wenn die Düse serienreif ist? Wie ist das überhaupt einzu-<br />
stufen?
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 10<br />
Zusätzlich ist auch das Steigverhalten wichtig. Das ist ganz klar, auch für die Lärmberech-<br />
nung. Das sollte auf jeden Fall belastbar da sein. Auch die Wirbelschleppenproblematik ist<br />
wichtig. Reichen die 100 m, die hier bei der Prognose auf- und abgeschlagen werden, für<br />
diese Problematik auch für den A 380? Da müssen belastbare Daten her, oder man muss im<br />
Sinne der UVP-Vorsorge etwas darüber gehen, wenn wir es nicht wissen. Wenn es keine<br />
belastbaren Daten sind, bin ich immer ein Freund davon, auf die sichere Seite zu gehen.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Ich denke, das Thema Datengrundlagen ist damit abgeschlossen, und wir können zum<br />
nächsten Thema übergehen. Das sind die Prognosemethoden. Da würde ich jetzt den<br />
Vertreter der Stadt Mörfelden-Walldorf bitten, Ihre Ausführungen, die Sie schriftlich vorgetra-<br />
gen haben, zu erläutern.<br />
RA Schmitz:<br />
Ich möchte mich nicht wiederholen. Wir hatten gestern – vielleicht waren Sie nicht dabei –<br />
insbesondere das Problem angesprochen, dass der Bezugszeitpunkt der Status-quo-<br />
Prognose das Jahr 2015 ist und dass, wenn das mit dem Planungsfall verglichen wird, ein<br />
Delta entsteht, das nicht mit dem identisch ist, wenn der Ist-Zustand mit dem Planungsfall<br />
verglichen wird. Das war die Kritik an der Prognosemethode, wie sie in den <strong>Scoping</strong>-<br />
Unterlagen vorgeschlagen wurde. Die Stellungnahme ist aber zu den Unterlagen geschrie-<br />
ben worden und nicht zum <strong>Termin</strong>. Da hat sich einiges geklärt.<br />
Gestern hatte ich noch gesagt, dass die Alternativenprognose fehlt; ich meine das, was man<br />
in den Lehrbüchern unter Alternativenprognose versteht. Herr Müller-Pfannenstiel kennt sich<br />
da besser aus – er ist wohl heute nicht da –; er hat das Lehrbuch ja mitgeschrieben. Ihn<br />
können Sie in der Frage zu Rate ziehen, was unter Alternativenprognose zu verstehen ist,<br />
weil er, wie gesagt, Mitautor des Buches ist.<br />
Ich hatte gestern angedeutet, dass für die wesentlichen Alternativen, die zu untersuchen<br />
sind, wie sie auch nach § 6 UVPG darzustellen sind, auch eine Prognose in der UVS<br />
gemacht werden muss, wie die Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter wären. Das muss<br />
dann verglichen werden. Da wird man gegebenenfalls feststellen, dass eine Standortalterna-<br />
tive, die in Betracht kommt, weniger Umweltauswirkungen hat als das hier vorgeschlagene<br />
Vorhaben. Dann muss es in der Abwägung als Belang eingestellt werden und bei der<br />
Abwägung über die Alternativen auch entsprechend gewichtet werden usw. Zu einem noch<br />
engeren Flaschenhals, wenn man das Bild wieder verwenden will, kommt man bei der<br />
Alternativenprüfung im Naturschutzrecht.<br />
Darauf ist dieser Begriff „Prognosemethode“ allgemein zu beziehen. Das gilt natürlich<br />
insbesondere auch für den Bereich der Luftschadstoffe, dass das dort genauer betrachtet<br />
werden muss. In diesem hochgradig vorbelasteten Raum kann es zum Beispiel sein, dass
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 11<br />
man, wenn man Alternativen untersucht, andere Gewichtungen der Belange feststellt oder<br />
dazu kommt.<br />
Dann fordern wir, dass eine ordentliche UVS nach Müller-Pfannenstiel so etwas beinhaltet.<br />
Vielleicht sollte man das auch so machen. Dann wird man am Schluss sehen, was dabei<br />
herauskommt.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Wann erfassen Sie den Flieger schadstoffmäßig, wenn er den Frankfurter Flughafen an-<br />
fliegt? Wie viele Meilen oder Kilometer haben Sie sich als Entfernung gedacht, ab der Sie ihn<br />
rechnerisch einbeziehen? Das Gleiche gilt natürlich auch für die Abflüge. Oder haben Sie<br />
einen durchschnittlichen Treibstoffverbrauch pro Flugbewegung vorgesehen?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Der Flieger wird erfasst, wenn er eine Emissionshöhe von 600 m erreicht, das heißt wegen<br />
der Absenkung der Wirbelschleppe Flughöhe 700 m. Wo das ist, ist im Prinzip über diesen<br />
Anflugleitstrahl von 3° und über die Steigprofile beim Abflug relativ leicht abzuleiten.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Auf dieser Folie sehen Sie, dass ich mit diesen 600 m nicht mehr viel anfangen kann. Denn<br />
das, was Sie hier sehen, ist ein Schadstoffeintrag auf einer Länge von 116 nautischen<br />
Meilen. 200 km fliegt der Flieger. Sie sehen, das ist gar nicht weit weg von Frankfurt. Was<br />
Sie hier an Anfluglinie sehen, ist zwischen 200 und 150 km lang, und zwar in unmittelbarer<br />
Nähe der Stadt Frankfurt über Mainz. Eigentlich wird es über drei Bundesländer überall<br />
hingetragen. Das ist eine Frage, die hier geklärt werden muss. Das heißt, da geht die Reise<br />
erst richtig los. Wenn der Flieger hier in Frankfurt ist – hier sieht man schon den Messeturm<br />
–, fliegen Sie noch 200 km, und zwar in unmittelbarer Nähe des Flughafens. Das ist also<br />
nicht irgendwo, sondern das Weiteste, was Sie hier sehen, ist Ilbenstadt, Vogelsberg, Mainz,<br />
Bad König. So ungefähr müssen Sie das einordnen.<br />
Mit 600 m ist es natürlich eine Frage, die ich hier in den Raum stelle, ob man das nicht<br />
anders untersuchen müsste. Wenn ein Flieger, der in der Region über Frankfurt 200 km mit<br />
einer Leistung, die immerhin 60 bis 70 % beträgt, in einer Höhe fliegt, die leider nicht so groß<br />
ist, wie man es anderswo macht – das gibt es weltweit sonst nirgendwo; da ist Frankfurt<br />
einsame Spitze –, in einer Höhe von maximal 4.000, 5.000 Fuß, dann muss man sich fragen,<br />
ob dieser Schadstoffeintrag noch stimmt. Denn das sind ja enorme Mengen Treibstoff. Wenn<br />
Sie rechnen, dass ein Großraumflugzeug ca. 10 t in der Stunde braucht – ein kleineres<br />
natürlich entsprechend weniger –, wollte ich Frau Schreiber fragen, ob das noch ein reales<br />
Abbild des Schadstoffeintrags ist.<br />
(Heldmaier [Hanau] übergibt dem RP Kartenmaterial.)
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 12<br />
Brendle (Vorhabensträgerin):<br />
Wenn ich das kurz beantworten darf: Herr Heldmaier, Sie müssen hier ganz einfach wieder<br />
zwischen Emission und Immission unterscheiden. Es ist vorhin ausgeführt worden, dass<br />
Emissionen oberhalb einer Höhe von 600 m nicht mehr immissionswirksam sind, nicht mehr<br />
relevant sind. Sie betrachten hier, wo Emissionen entstehen. Wir betrachten, wo Immissio-<br />
nen entstehen.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Ich habe nur eine Frage gestellt und habe nur die Anregung gegeben, sich mit diesen<br />
Dingen zu befassen und zu fragen, ob man da noch auf dem realen Boden ist. Das ist alles,<br />
Herr Brendle. Ich will Ihnen da nicht ins Handwerk pfuschen.<br />
Kaller (Offenbach):<br />
In diesem Zusammenhang möchte ich folgende Fragestellung aufwerfen: Wir staunen immer<br />
darüber, dass die flugzeugspezifischen Emissionen und Immissionen im Vergleich zu<br />
anderen Quellgruppen aus der Quellgruppe Verkehr nicht explizit nachweisbar sind. Wenn<br />
man sich überlegt, was da eigentlich physikalisch passiert, muss man feststellen, dass<br />
offensichtlich das triebwerkspezifische Abgas mit erheblicher Temperatur die Turbine<br />
verlässt und dann mit einer natürlichen thermischen Überhöhung in die Atmosphäre schießt<br />
und offensichtlich die wahre Emissionshöhe nicht identisch ist mit der Emissionshöhe oder<br />
Immissionshöhe, wo dieses Gas letztendlich einem Akzeptor zugeführt wird.<br />
Diese Annahme, dass nur Emissionen bis in eine Höhe von 600 m immissionsrelevant sind,<br />
möchte ich hier in Frage stellen und anregen, dass eine Studie von Fraport angefertigt wird,<br />
die einmal exakt darlegt, wie sich die wahre Abgasausbreitung im Flug unter Realbedingun-<br />
gen darstellt. Denn die These, dass Emissionen in einer Höhe oberhalb von 600 m nicht<br />
immissionsrelevant sind, möchte ich stark bezweifeln. Es gibt Hinweise aus der Literatur, die<br />
in Amerika nach dem 11. September bereits erhebliche Veränderungen der atmosphärischen<br />
Bedingungen nachgewiesen haben, als für einige Tage absolutes Flugverbot herrschte – ich<br />
weiß nicht, ob im gesamten amerikanischen Flugraum, aber zumindest im Umfeld von New<br />
York. Da wurden keine luftfremden Schadstoffe durch den Flugverkehr in die Atmosphäre<br />
eingebracht, und es haben sich bereits nach wenigen Tagen erhebliche Veränderungen der<br />
Albedo und anderes eingestellt.<br />
Ich bitte also, dass Fraport aufgegeben wird, eine Studie zu erstellen, um die Auswirkungen<br />
von Emissionshöhe und thermischen Überhöhungen sowie Ausbreitungsvorgänge darzule-<br />
gen.<br />
RA’in Distler:<br />
Ich möchte anregen, dass auch ein Gutachten auf das Jahr 2006 erstellt wird. Fraport geht<br />
davon aus, dass dies das Jahr der Inbetriebnahme der Landebahn sein wird. Wir haben<br />
zwischen den Jahren 2006 und 2015 ein Delta, in dem sich nach den Unterlagen die
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 13<br />
Schadstoffbelastung in der Region durch verschärfte Vorschriften verringern wird. Aber ich<br />
wüsste gerne, was zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme bis zum Jahr 2015 an Immissionen<br />
und Belastungen zu erwarten ist. Denn das ist einfach kein Zeitraum, den man vernachlässi-<br />
gen kann in der Hoffnung, dass im Jahr 2015 alles besser wird.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Im Nachgang zu den Ausführungen von Herrn Heldmaier würde mich interessieren, inwie-<br />
weit Warteschleifen und Warteverkehre einbezogen sind. Ich denke nicht, dass sie in einer<br />
Höhe unterhalb von 600 m stattfinden werden. Sie würden aber, wenn man 600 m als die<br />
maßgebliche Grenze betrachtet, wegfallen. Wir kennen alle die Situation, wie sie in Frankfurt<br />
und auch an anderen Flughäfen ist, wo Warteverkehren einen erheblichen Umfang ausma-<br />
chen.<br />
Brendle (Vorhabensträgerin):<br />
Frau Fridrich, da gilt das, was ich auch schon zu Herrn Heldmaier gesagt habe. Das ist eine<br />
Frage der Emission, die dann eben auch in der Warteschleife bzw. Schleife entsteht. Aber<br />
wenn das über 600 m ist, ist es logischerweise auch nicht in der Betrachtung enthalten.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das werden wir dann zu untersuchen haben.<br />
RA Baumann:<br />
Auf Seite 79 des <strong>Scoping</strong>-Papiers ist ausgeführt, dass im Rahmen des Schadstoffgutachtens<br />
flächendeckende Ausbreitungsrechnungen vorgenommen werden. Mich würde erstens<br />
interessieren, welche konkreten Methoden im Rahmen der Ausbreitungsrechnung angewen-<br />
det werden. Zweitens interessiert mich, inwieweit sie sich von dem Schadstoffgutachten im<br />
Raumordnungsverfahren unterscheiden.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Im Prinzip handelt es sich um die gleiche Art der Ausbreitungsrechnung wie in der Raumord-<br />
nung. Wir haben die Methode etwas verfeinert und verbessert, insbesondere was die<br />
Anpassung an die Methoden der neuen TA Luft betrifft. Ein wesentlich veränderter Punkt ist<br />
die Übertragung des LASAT-Modells auch auf Umlandquellen. Das hatten wir in der Raum-<br />
ordnung noch nicht. Im Übrigen gab es natürlich eine Aktualisierung der Daten.<br />
RA Baumann:<br />
Können Sie noch einmal darstellen, welche Ausbreitungsrechnungsmethoden Sie letztend-<br />
lich im Ergebnis anwenden wollen?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Das Modell LASAT, wie es in der TA Luft vorgegeben ist.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 14<br />
RA Baumann:<br />
Ist das ein Lagrange-Partikel-Modell?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Ja.<br />
RA Baumann:<br />
Bei der Ausbreitungsrechnung werden – auf jeden Fall war es im Raumordnungsverfahren<br />
so – die weiter entfernten Immissionsbereiche nicht erfasst. Sie machen das nur im Umfeld<br />
des Flughafens. Wie weit ist der Umgriff? Wie kriegen Sie dann die Ozonproblematik und<br />
das PM10-Problem in den Griff? Schwebstaub verhält sich ja quasi wie Luft. Wie kommen<br />
Sie da methodisch heran?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Zunächst zum Untersuchungsraum: Wir haben ein Rechengitter von 40 x 40 km². Innerhalb<br />
dieses Rechengitters werden die Ergebnisse dargestellt. Das heißt, sie gehen bis zum Rand<br />
dieses Gitters. Man wird an den Ergebnissen sehen, dass sich die Auswirkungen in einem<br />
kleineren Bereich im Zentrum dieses Gitters abspielen.<br />
Bei PM10 wird genauso gerechnet wie bei anderen Schadstoffen auch, über die einschlägi-<br />
gen Emissionsfaktoren. Ozon kann mit dieser Art von Modellierung nicht gerechnet werden,<br />
da es nicht primär emittiert wird. Die Analyse zur Ozonproblematik wird deswegen mit<br />
anderen Methoden vorgehen, die ich schon genannt habe. Es wird eine Expertise geben, die<br />
die neueste Fachliteratur auswertet und die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung dahinge-<br />
hend verwendet, dass die potenziellen Vorläufer berücksichtigt werden.<br />
RA Baumann:<br />
Wie berücksichtigen Sie die Anforderungen der UVU an die Wechselwirkungen von Schad-<br />
stoffen?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Dazu wird es Aussagen im humantoxikologischen Gutachten geben.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nicht nur.<br />
RA Baumann:<br />
Es geht auch um die Ausbreitung dieser Stoffe, die sich zunächst einmal im Nahbereich des<br />
Flughafens, aber auch in entfernteren Bereichen entwickeln.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 15<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Jetzt habe ich Ihre Frage nicht ganz verstanden.<br />
RA Baumann:<br />
Die Frage war: Wie berücksichtigen Sie die Ausbreitung? Wie rechnen Sie das, oder wie<br />
modellieren Sie das?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Die Ausbreitung wovon?<br />
RA Baumann:<br />
Die Ausbreitung von durch Wechselwirkung entstandenen Schadstoffen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Meinen Sie Sekundärschadstoffe?<br />
RA Baumann:<br />
Ja.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Sekundärschadstoffe kann man mit dieser Art der Modellierung natürlich nicht berücksichti-<br />
gen.<br />
RA Baumann:<br />
Sie berücksichtigen sie also gar nicht?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Offenbar nicht.<br />
RA Baumann:<br />
Insoweit möchte ich die Anforderung vonseiten der von mir vertretenen Kommunen an die<br />
UVU formulieren, dass die Sekundärschadstoffe und deren Ausbreitung ebenfalls berück-<br />
sichtigt werden. Mir selbst ist jetzt gerade kein Modell geläufig. Ich bin kein Fachmann in<br />
diesem Bereich, aber der Deutsche Wetterdienst ist vielleicht in der Lage, Ihnen das eine<br />
oder andere noch mitzugeben.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Könnten Sie zur Klarheit sagen, welche sekundären Schadstoffe Sie jetzt ausgebreitet haben<br />
möchten?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 16<br />
RA Baumann:<br />
Sie sagten, dass das toxikologische Gutachten ergeben wird, welche Sekundärschad-<br />
stoffe – –<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Da habe ich Sie wohl falsch verstanden. Ich hatte das auf die Wechselwirkungen zwischen<br />
Schadstoffen bezogen.<br />
RA Baumann:<br />
Die Wechselwirkung beim Menschen, sozusagen beim Adressaten der Immission, ist nicht<br />
das Thema. Das Thema ist, dass es in der Atmosphäre durch Wechselwirkungen Schad-<br />
stoffentwicklungen gibt. Die müssten berücksichtigt werden. Ich kann das als Nichtfachmann<br />
nur so formulieren. Wenn ich jetzt einen Sachverständigen dabei hätte, könnte er es Ihnen<br />
vielleicht deutlicher sagen.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Es wäre etwas leichter für uns, wenn Sie eine Komponente angeben würden, auf die Sie<br />
abzielen.<br />
RA Baumann:<br />
Sekundärschadstoffe gehören zu Ihrem Untersuchungsbereich. Es ist eine Forderung, die<br />
ich hier aufwerfen möchte, dass zunächst einmal toxikologisch untersucht wird, welche<br />
Reaktionen da entstehen. Es ist beim Ozon bei Ihnen im Raumordnungsverfahren auch nicht<br />
berücksichtigt worden. Ich spreche das an, weil es bei Ihren Untersuchungen immer ein<br />
wunder Punkt ist. Damals war es kein Thema. Sie sagten, das können wir gar nicht berück-<br />
sichtigen, weil diese Stoffe erst entstehen; wo sie entstehen, wissen Sie nicht. Sie haben<br />
damals mit Nichtwissen reagiert. Das habe ich noch sehr gut in Erinnerung. Deswegen wollte<br />
ich das jetzt angesprochen haben. Es ist keine Forderung, die weit hergeholt ist, weil sie ja<br />
im Gesetz steht.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Ich möchte noch einmal auf die 600 m zurückkommen. Das scheint das alles entscheidende<br />
Kriterium, sprich: der Untersuchungsraum, zu sein. Sie sagen, darüber passiert nichts mehr<br />
– nur für den Flugbereich. Dann würde ich auf eine Darstellung hoffen, die zeigt, wo die<br />
realen Flughöhen sind. Man sollte diesen Raum also einmal abgrenzen und mit realen<br />
Schadstoffmessungen am Boden abgleichen, ob das hinkommt.<br />
Wenn ich einmal hinnehme, dass die 600 m stimmen, frage ich Sie: Wo landet denn ein<br />
Schadstoff, welcher Art auch immer, der auf der Höhe von 600 m abgeblasen wird? Gehen<br />
Sie davon aus, dass er in Basel herunterkommt, für uns also nicht mehr ermittelbar ist, wo er
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 17<br />
herunterkommt? Gehen Sie also davon aus, dass die Strömungsverhältnisse auf 600 m<br />
Höhe so sind, dass sie quasi nicht mehr ermittelbar sind?<br />
Oder wird es so sein, dass ein Schadstoff, der über Mainz auf 600 m Höhe abgeblasen wird,<br />
in Offenbach herunterkommt und anders herum, sodass wir hier eine regionale Komponente<br />
zu betrachten haben, der Schadstoff also in der Region bleibt? Es ist mir egal, ob er aus<br />
600 m direkt über Offenbach herunterkommt – er fällt ja nicht gleich nach unten – oder ob er<br />
in Mainz herunterkommt und anders herum, aber im Prinzip der Region erhalten bleibt. Wie<br />
schätzen Sie da die Strömungsverhältnisse ein, auch unter Berücksichtigung der Tatsache,<br />
dass wir hier Inversionswetterlagen haben? Auf welcher Höhe sind denn diese austausch-<br />
armen Wetterlagen? Ist bei diesen 600 m, die Sie annehmen, tatsächlich davon auszugehen,<br />
dass wir nicht mehr ermitteln können, wo die Schadstoffe hingehen?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Ich mache mal als Nichtfachmann eine Zusammenfassung für Laien. Herr Brendle hat<br />
ausgeführt, dass die Emissionen in dieser Höhe nicht als Immissionen nachweisbar und<br />
deshalb nicht relevant sind. Diesem Satz gibt es wenig hinzuzufügen. Es ist einfach so. Es<br />
ist der Stand der Wissenschaft und der Technik, dass sie über dieser Höhe nicht relevant<br />
sind, weil sie nicht nachweisbar sind.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Herr Amann, diese Diskussion hatten wir im Raumordnungsverfahren schon. Die Immissio-<br />
nen sind relevant, aber sie erreichen den Boden nicht mehr. Das war Ihre Aussage. Die<br />
Emissionen sind auf 600 und 400 m nicht unterschiedlich, aber, so Ihre Aussage, sie<br />
erreichen aus 600 m den Boden nicht mehr. Das stelle ich in Frage.<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Wir haben gerade wiederholt, dass das so ist.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Ja. Aber wo? Meine Frage ist: Wenn er auf 600 m in Mainz abgeblasen wird, kommt er dann<br />
in Offenbach herunter, das auch im Untersuchungsraum ist? Und anders herum? Bleibt er<br />
der Region erhalten, oder ist der Schadstoff unermittelbar, in Basel oder sonstwo anzuneh-<br />
men? Haben Sie sich mal Gedanken über die Strömungsverhältnisse gemacht?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Er ist nicht ermittelbar. Ich wiederhole es jetzt zum dritten Mal. Wenn wir es könnten, würden<br />
wir es ja tun.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Sie sagen, er kommt in Basel oder sonstwo herunter.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 18<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Nein, wir wissen nicht, wo er herunterkommt.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Das war ja eine Antwort.<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Wir würden es gerne wissen, aber wir wissen es nicht.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Eine Anregung ans RP und auch an Fraport, die aufs Engste mit der Anwendbarkeit der<br />
TA Luft und der 22. BImSchV zusammenhängt: Nehmen Sie nicht die grobe Rasterung vor,<br />
wie sie im Exposé des Gutachtens ausgewiesen ist, sondern halten Sie sich – das wird<br />
später zu erörtern sein – an die Vorgabe der neuen TA Luft. Bitte rechnen Sie auf den Punkt.<br />
Dabei ist mir bewusst, dass ein Punkt ein mathematisches Ideal ist und man ihn für eine<br />
physikalische Rechnung zwar nehmen kann. Aber ich bin auch mit einer Annäherung<br />
zufrieden. Ich nehme Bezug auf das sehr kleine Volumen, von dem Dr. Kühner gestern<br />
sprach. Nehmen Sie bitte das kleinstmögliche Volumen, mit dem Sie rechnen können. Wie<br />
klein können Sie die Rechenzelle machen? Das haben wir gestern noch nicht erfahren. Wo<br />
ist Ihrer Schätzung nach Ihre Kapazität beim System LASAT zu Ende?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich glaube, das hat gestern die HLUG schon genannt.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Herrn Dr. Büchen könnte man auch noch fragen, woher er weiß, dass es keine Verzerrung<br />
gibt, wenn man mit 250 x 250 m rechnet. Aber wie klein man es machen kann, das kam<br />
gestern nicht zur Sprache.<br />
Dr. Büchen (HLUG):<br />
Die Antwort ist natürlich theoretisch durchaus gebbar. Man kann natürlich auch im Meterras-<br />
ter rechnen. Es ist eine Frage des Aufwandes. Deswegen ist das Raster 40 x 40 km. Das<br />
heißt, dass man 40 x 40 Messpunkte hat für einen Rechenlauf, der bei der Vielzahl von<br />
Quellen schon mehrere Tage läuft. Wenn man meinetwegen 4 m nimmt, muss man hun-<br />
dertmal den Rechenlauf durchführen. Das sind Größenordnungen, die nicht mehr realisierbar<br />
sind. Das ist das Problem. Man kann so eine Feinauflösung nur für einen kleinen Teilbereich<br />
einmal machen, um zu demonstrieren, wie sich das darstellt, und damit die allgemeine<br />
Aussage, dass die Struktur so aussieht, dann durch eine Rechnung belegt wird.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 19<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Darf ich darauf aufbauend einen konkreten Vorschlag machen: Die unmittelbar an den<br />
Flughafen angrenzenden Gemarkungen in unserer Mandantschaft, insbesondere die<br />
Ortslagen Eddersheim und Okriftel, werden so gerechnet, und man begnügt sich nicht nur<br />
mit zwei Bereichen – einen Bereich 250 x 250 und den Rest noch gröber –, sondern grenzt<br />
einen inneren Bereich ab. Ich will natürlich keineswegs, dass Ihr Rechner Milliarden von<br />
Jahren läuft und Fraport paralysiert wird. Aber ich bitte darum, weiter herunterzugehen,<br />
soweit es wirtschaftlich mit der Rechnerkapazität – die müssen Sie sich beschaffen –<br />
vertretbar ist.<br />
Dr. Büchen (HLUG):<br />
Wir sind nicht das Recheninstitut. Wir sind als Landesamt eher sozusagen seitwärts ange-<br />
siedelt und kontrollieren, ob das, was geliefert wird, aus fachlicher Sicht akzeptabel ist. Es ist<br />
also nicht unser Rechner, der da strapaziert wird.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das haben wir auch so verstanden.<br />
RA Baumann:<br />
Wir haben in der Diskussion das festgestellt, was in solchen Verfahren unausweichlich ist:<br />
Es wird in das Verfahren das eingebracht, was an Emissionen einer konkreten Immission vor<br />
Ort zurechenbar ist. Die Methoden der Zurechnung von Emissionen sind begrenzt. Deswe-<br />
gen – ich greife jetzt diese 600 m auf – haben wir eine Menge von Emissionen, die durch die<br />
Systeme nicht erfasst wird.<br />
Weil dem so ist, ist es aus unserer Sicht erforderlich, bei Flughäfen einen entsprechenden<br />
Immissionszuschlag von 25 % der errechneten Werte vorzunehmen, weil diese so genann-<br />
ten diffusen Immissionen, die nicht bestimmten Ausbreitungsströmen zuzurechnen sind,<br />
einen erheblichen Anteil ausmachen und gerade deswegen besonders schädlich sind, weil<br />
durch die Verweildauer in der Luft Umwandlungsprozesse stattfinden. Das ist ein Spezifikum<br />
bei Flughäfen, das wir im Straßenverkehr und im gewerblichen Bereich nicht haben. Wir<br />
können dort konkrete Zuordnungen vornehmen – wiederum natürlich in gewissen Grenzen,<br />
aber in sehr gut überschaubaren Bereichen. Wir haben Probleme bei den Flughäfen,<br />
einerseits bedingt durch die große räumliche Ausbreitung, andererseits durch die Flugbewe-<br />
gungen, die zu erheblichen Belästigungen durch eine latente Allgemeinbelastung durch<br />
Schadstoffe führen. Deswegen ist unser Petitum, einen 25-prozentigen Aufschlag vorzu-<br />
nehmen, um dem gerecht zu werden.<br />
Das Zweite, das ich ansprechen möchte, ist, dass die Schadstoffbelastungen in den Flugrou-<br />
tenbereichen in die Betrachtung einzubeziehen sind, die in größerer Entfernung vom<br />
Flughafen existieren. Nach der Rechtsprechung der Obergerichte sind die Auswirkungen auf<br />
den Flugrouten dem Flughafen zuzurechnen. Das betrifft zunächst einmal natürlich die
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 20<br />
Lärmauswirkungen. Man kann es vereinfacht darstellen und sagen: Was der Flughafen an<br />
Flugbewegungen generiert, ist wiederum die Belastung, die sich auf den Flugrouten ergibt.<br />
Das betrifft nicht nur die Lärmbelastung, sondern es betrifft auch die Schadstoffbelastung.<br />
Es wäre nun die Forderung zu formulieren, dass unter Berücksichtigung der im Routenplan<br />
sehr konkret festgelegten Flugrouten diese Auswirkungen auf den Flugrouten errechnet<br />
werden und die entsprechenden Belastungen der Bevölkerung durch die Flugrouten bis zu<br />
einem bestimmten Höhenpegel auch konkret festgemacht werden.<br />
Dabei ist dann – das wäre die dritte Forderung – insgesamt festzustellen, welche Erhöhung<br />
der Krankheitsrate in dem jeweiligen Raum auftreten wird, gerade was die krebserregenden<br />
Stoffe angeht, aber auch bei sonstigen toxischen Stoffen, das heißt also, die Erhöhung der<br />
Krebsrate durch bestimmte Stoffe. Sie untersuchen ja die Benzole, Benzoapyren, Ruß,<br />
PM10 und Ozon. Für diese sollte hier eine entsprechende Betrachtung vorgenommen<br />
werden. Diese Zuordnung der Flugrouten ist sicherlich neu. Das ist bisher so nicht ange-<br />
dacht worden. Entscheidend ist aber das, was die Rechtsprechung in den letzten Jahren<br />
formuliert hat. Da ist die Topografie des Geländes natürlich mit zu berücksichtigen; das gilt<br />
vor allen Dingen für den Überflug des Taunus.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das kommt gleich.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Ich denke, der Bereich Untersuchungsraum und Prognosemethoden sind abgeschlossen,<br />
und Sie haben eben schon den Übergang zu den zusätzlich zu berücksichtigenden Flächen,<br />
Punkten und Stoffen gefunden.<br />
Da möchte ich als Erstes topografische Besonderheiten und meteorologische Bedingungen<br />
behandeln. Dazu nenne ich die Stichworte: aktuelle Wetterdaten bzw. Forderung einer<br />
dreijährigen Zeitreihe.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Will sich dazu jemand aus dem Auditorium noch ergänzend äußern? Das sind Dinge, die<br />
schon schriftlich vorgetragen worden sind. Sie brauchen nichts zu wiederholen. Wenn Sie<br />
der Auffassung sind, dass die Anregungen, die Sie schriftlich vorgetragen haben, erschöp-<br />
fend waren, können wir fortfahren.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Bezüglich der meteorologischen Daten machen wir das so, wie es üblich ist, dass wir uns<br />
vom Wetterdienst eine repräsentative Zeitreihe geben lassen, die einen Einjahresumfang<br />
hat, die aber über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren repräsentativ und charakte-<br />
ristisch ist.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 21<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Zum nächsten Punkt wurde vorgetragen, dass einzelne Gebiete, speziell Schutzflächen, bei<br />
der Prüfung der Umweltverträglichkeit berücksichtigt werden müssten. Das wurde insbeson-<br />
dere von der Stadt Weiterstadt vorgetragen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Offenbar ist das, was die Stadt Weiterstadt vorgetragen hat, schriftlich erschöpfend vorge-<br />
tragen. Wir gehen zum nächsten Punkt.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Der nächste Punkt ist die Erhebung der Luftschadstoffentwicklung des zu erwartenden<br />
Flugverkehrs sowie der Schadstoffausbreitung und -verteilung in den so genannten Eindreh-<br />
und Abflugbereichen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Gibt es dazu noch Ergänzungen? Das ist eine Forderung, die schriftlich vorgetragen wurde,<br />
dass auch die Eindreh- und Abflugbereiche in den Untersuchungsraum einbezogen werden<br />
sollen. Das war, glaube ich, insbesondere vom Landkreis Mainz-Bingen gefordert. – Ich<br />
sehe, es ist allgemeines Einverständnis.<br />
(Heldmaier [Hanau]: Für Hanau auch!)<br />
– Ja, natürlich. Ich habe nur gesagt, wer es vorgetragen hat, nicht, dass es nur auf sie<br />
beschränkt sei.<br />
Ich sehe, es ist allgemeines Einverständnis; es hat niemand etwas dagegen zu sagen.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Der nächste Punkt lautet: Überschneidungsbereiche mit anderen Flughäfen sind einer<br />
gesonderten Betrachtung zu unterziehen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das kam von der Stadt Offenbach.<br />
RA Baumann:<br />
Ich möchte ganz speziell für die von mir vertretenen Kommunen diesen Punkt angesprochen<br />
haben. In die Betrachtung ist der Emissionsbereich des Erzhäuser Flugplatzes einzubezie-<br />
hen. Es ist so, dass dort viele Flugzeuge starten und landen und da natürlich Kumulations-<br />
wirkungen auftreten werden. Die Gemeinde Erzhausen ist deutlich belastet, genauso die<br />
Stadt Weiterstadt, die beide in unmittelbarer Nähe sind, aber auch die umliegenden Kommu-<br />
nen. Hier gibt es deutliche Überschneidungen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 22<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ich möchte das konkretisieren. Unter Flughäfen könnte man möglicherweise Köln/Bonn,<br />
Hahn oder was weiß ich verstehen. Es geht auch um die Verkehrslandeplätze in der Umge-<br />
bung des Flughafens Frankfurt und beispielsweise auch um militärisch genutzte Anlagen,<br />
also Erbenheim.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ging aus dem Schriftlichen auch hervor: beispielshalber Egelsbach, Erbenheim usw.<br />
Das ist so vorgetragen.<br />
Kowol (Wiesbaden):<br />
Ich möchte natürlich auch Erbenheim in diesem Zusammenhang ansprechen. Das ist ja<br />
nahe liegend. Erbenheim ist immer wieder vielfältig in der Diskussion, aber auch bei den<br />
Luftschadstoffen sicherlich relevant. Erbenheim wird zwar nicht ausgebaut, aber derzeit und<br />
wahrscheinlich dauerhaft militärisch genutzt.<br />
Ein Stichwort noch zu den 600 m: In den Unterlagen wird auf Testrechnungen Bezug<br />
genommen, Herr Brendle, die von Ihrem Gutachter als Grundlage für diese 600-m-<br />
Begrenzung genannt werden. Ich bitte darauf zu achten, dass man wirklich einmal schaut,<br />
wie die wissenschaftliche Erkenntnis in diesem Bereich der 600 m aussieht. Ich denke, das<br />
ist ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt. Wenn es nur Testrechnungen sind, wird man<br />
sicherlich noch einmal genauer darüber nachdenken müssen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja. Es ist aufgenommen, dass wir die 600 m auf ihre Tragfähigkeit abklopfen.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Der nächste Punkt, der vorgetragen wurde, war, dass Auswirkungen des geplanten Flugha-<br />
fenausbaus für einzelne besonders exponierte Aufpunkte am Rande der Wohnbebauung in<br />
den dem Flughafen direkt benachbarten Gemeinden ergänzend zu den allgemeinen Ausfüh-<br />
rungen noch einmal aufpunktbezogen erläutert werden sollten.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das kam von der HLUG. Die Forderung ist auch selbsterklärend.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Der letzte Punkt in diesem Bereich ist, dass der Luftschadstoff Ammoniak zu untersuchen<br />
sei.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 23<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Da hätte ich gerne eine Erläuterung von der HLUG oder von Fraport, was es mit dem<br />
Ammoniak auf sich hat.<br />
Dr. Büchen (HLUG):<br />
Ammoniak ist keine für Flughäfen spezifische Komponente, aber eine Komponente, die im<br />
Umweltbereich durchaus große Relevanz hat und für Tierhaltung charakteristisch ist und dort<br />
auch im Umfeld Probleme macht. Es ist so, dass in manchen Gegenden der Stickstoffeintrag<br />
aus der Atmosphäre in den Boden, der dann zu Überdüngung und Ähnlichem führt, in den<br />
Naturschutzgebieten fast schon zur Hälfte auf Ammoniak zurückgeht. Nur die andere Hälfte<br />
sind Stickoxide. Aber für den Flughafen sehe ich da keine Problematik.<br />
RA Baumann:<br />
Ich wollte noch einmal deutlich machen, dass die Bewertung im Hinblick auf Flächen<br />
natürlich die Wohnbebauung der von mir vertretenen Kommunen ganz besonders berück-<br />
sichtigen muss und dass darauf räumlich auch abgestellt werden sollte.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Damit ist mein Bereich „zusätzlich zu berücksichtigende Flächen, Punkte und Stoffe“<br />
abgeschlossen. Dann möchte ich zu den zusätzlichen Untersuchungen übergehen.<br />
Dr. Schönegge (Neu-Isenburg):<br />
Ich sehe das Problem, dass in den Gutachten, die hier aufgeführt worden sind, Ansätze zu<br />
erkennen sind, welche Luftschadstoffe emittiert werden und welche Immissionen dadurch<br />
hier im Raum vorhanden sind. Aber ich habe keinen Ansatzpunkt für die Stoffe gefunden, die<br />
auch wirksam werden, wenn sie in Gewässer oder Boden eindringen. Diese Wirkungen sind<br />
aus der Theorie her sehr vielseitig – einerseits Bodenversauerung, Bodenqualität und<br />
Gefährdung der Waldstandorte, andererseits gerade bei Stickoxid zunehmende Bodenver-<br />
sauerung und Gefährdung des Grundwassers. Das ist ein spezielles Problem unseres<br />
Raumes.<br />
Mich interessiert jetzt: Sind in dem bisherigen Gutachtenschema Untersuchungen zu dieser<br />
Frage vorgesehen? Oder sind sie implizit irgendwo enthalten, sodass man es jetzt noch nicht<br />
erkennen kann? Wenn das nicht der Fall ist, würde ich sagen, dass Untersuchungen zum<br />
Bodenchemismus und natürlich auch zum Wasserchemismus der Stoffe, die über Deposition<br />
zusätzlich in diesen Teil der Umwelt gelangen, dringend notwendig sind.<br />
Ich habe jetzt nur den Bodenchemismus besprochen. Wenn sich diese Eigenschaften des<br />
Bodens verändern, hat das natürlich auch Konsequenzen für die Zusammensetzung des<br />
Artengefüges, und zwar nicht nur botanisch-vegetationsmäßig, sondern auch zoologisch. Es<br />
können also sehr weitreichende Auswirkungen daraus entstehen. Ich denke, dass hierzu
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 24<br />
Aussagen notwendig sind. Deswegen habe ich die Frage: Ist das irgendwo impliziert? Wenn<br />
das nicht der Fall ist, würde ich bitten, so etwas zu prüfen und einzuführen.<br />
Balla (Vorhabensträgerin):<br />
Zu dem Thema Bodenuntersuchungen bzw. Berechnungen von Schadstoffdepositionen<br />
können wir sagen: Es werden Untersuchungen angestellt, und zwar Messungen bzw.<br />
Probenahmen im Boden. Es ist auch eine Schadstoffanalyse der Bodenproben vorgesehen.<br />
Darüber hinaus können wir nach wie vor auf bereits gelaufene Messprogramme zurückgrei-<br />
fen, auch im Zusammenhang mit der Beweissicherung Startbahn 18 West. Es besteht auch<br />
eine Bodendauerbeobachtungsstelle in der Nähe der Startbahn West. Auf der Grundlage<br />
dieser Untersuchungen werden in der UVS Aussagen zum Thema Schadstoffdeposition<br />
getroffen.<br />
Böhm (HGON):<br />
Ich möchte das, was Herr Dr. Schönegge vorgetragen hat, unterstützen, und zwar bezogen<br />
auf die Gewässer überhaupt, weil wir in diesem Einzugsbereich auch Naturschutzgebiete mit<br />
Gewässern haben. Hier steht im Rahmen der UVS mit dieser Problematik, gerade was die<br />
Naturschutzgewässer beinhaltet, ein ganz entscheidender Faktor im Raum.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Ich möchte noch einen ergänzenden Hinweis zu den „critical loads“ und Schadstoffdepositio-<br />
nen geben. Wir haben das Thema im Raumordnungsverfahren schon ausführlich diskutiert.<br />
Da hatte Frau Dr. Dähne für die Zukunft Rhein-Main für die anwesenden Kommunen<br />
Ausführungen gemacht. Ich bitte, dies mit einzubeziehen. Ebenso bitte ich, das, was Fraport<br />
zu den Untersuchungen zugesagt hat und was nicht in den <strong>Scoping</strong>-Unterlagen enthalten ist,<br />
in das Unterrichtungsschreiben einzubeziehen, damit es nicht verloren geht.<br />
Schwarz (Untere Wasserbehörde Frankfurt):<br />
Etwas Ähnliches wie meine beiden Vorredner hatten wir schon schriftlich an den RP ge-<br />
sandt. In Ergänzung möchten wir noch einmal sagen, dass uns diese Dauerbeobachtungs-<br />
fläche viel zu kleinräumig erscheint, weil darum herum maßgebliche Wasserschutzgebiete<br />
der Stadt Isenburg, der Stadt Dreieich und der Stadt Frankfurt am Main sind, die dort einen<br />
großen Prozentsatz ihres Trinkwassers gewinnt. Das heißt, wir haben jetzt schon Versaue-<br />
rungstendenzen im Frankfurter Stadtwald zu verzeichnen. Wir brauchen wirklich eine<br />
Bilanzierung eines Ist und eines Soll. Dazu scheint uns diese Dauerbeobachtungsfläche viel<br />
zu klein zu sein.<br />
Es muss insbesondere auf die NOx-Schadfaktoren Wert gelegt werden, weil sie zu einer<br />
Stickstoffdeposition im Stadtwald führen, a) mit einer Versauerung, b) mit Düngetendenzen.<br />
Wir brauchen da wirklich belastungsfähige Aussagen und Bilanzierungen, inwieweit sich eine<br />
Gefahr für die Trinkwassergewinnung nicht nur in Frankfurt, sondern auch in den umliegen-
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 25<br />
den Trinkwassergewinnungsgebieten ergibt. Es ist für andere Schutzinteressen essenziell,<br />
dass das festgestellt wird.<br />
Uns erscheint das, was an Dauerbeobachtungsflächen und Flächenbilanzierungen aus den<br />
<strong>Scoping</strong>-Unterlagen hervorgeht, zu klein, um Aussagen für einen sehr weiträumigen Unter-<br />
suchungsraum für das Schutzgut Wasser und Boden treffen zu können.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das Schutzgut Wasser und Boden kommt ja noch. Das brauchen wir jetzt nicht zu diskutie-<br />
ren.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Eine kurze Anmerkung zu der in Bezug genommenen Depositionsfläche bzw. Dauerbeo-<br />
bachtungsfläche: Wenn es sich dabei um die handelt, die wir im letzten Jahr besprochen<br />
haben, dann möchte ich den Hinweis geben, dass sie westlich der Startbahn 18 liegt, also<br />
auf der windabgewandten Seite. Das ist merkwürdig und erscheint mir nicht repräsentativ.<br />
Das gehört vielleicht nicht hier zu diesem Punkt, aber ich würde bitten, bei dem entspre-<br />
chenden Punkt Herrn Dr. Büchen zu befragen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das werden wir tun.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Damit sind die Depositionen abgeschlossen. Wir können zu den Schadstoffauswirkungen der<br />
Standläufe übergehen, die problematisiert wurden.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Will sich Fraport dazu äußern, wie die Schadstoffausstöße der Standläufe berücksichtigt<br />
worden sind, oder genügt es, wenn wir aufnehmen, dass sie berücksichtigt werden müssen?<br />
Brendle (Vorhabensträgerin):<br />
Sie werden berücksichtigt.<br />
RA’in Distler:<br />
Herr Haldenwang hat gestern gefragt, ob sie gemessen oder gerechnet werden. Könnten Sie<br />
dazu noch etwas sagen? Wir fordern Messungen.<br />
Brendle (Vorhabensträgerin):<br />
Wir haben vorgesehen, sie zu rechnen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 26<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wir nehmen auf, dass das so vorgesehen ist, und werden uns darüber Gedanken machen.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Wir haben vorhin schon einmal kurz über das bodennahe Ozon gesprochen. Es wurde<br />
zusätzlich gefordert, dass diese Zusatzbelastungen in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen<br />
seien.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Herr Baumann, wenn ich darauf hinweisen darf: Wenn wir das bedenken, bedeutet das nicht,<br />
dass wir der Berechnung zustimmen. Nur, falls Sie betonen wollen, dass Sie damit nicht<br />
einverstanden sind.<br />
RA Baumann:<br />
Herr Vorsitzender, ich wollte nur nachfragen, was Frau Herold damit meint, dass sie in die<br />
Gesamtbetrachtungen mit einzubeziehen sind. Sie sind einzubeziehen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja. Das ist eine Forderung, die sie aus den Einwendungen referiert. Aus den Anregungen<br />
referiert sie und gibt dem Publikum und den Anwesenden Gelegenheit, sich noch einmal<br />
näher damit zu befassen. Wir nehmen keine Bewertung der Forderungen vor.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Als Nächstes wurde angesprochen, dass eine Prognoseentwicklung zur Smogsituation im<br />
Rhein-Main-Gebiet vorgelegt werden müsste.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich stelle fest, das trifft auf allgemeine und ungeteilte Zustimmung im Publikum. Fraport<br />
klammere ich bei diesen Feststellungen aus. Deren Zustimmung oder Nichtzustimmung steht<br />
im Augenblick nicht so sehr zur Debatte. Dann dürfen Sie fortfahren.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Der nächste Punkt – er wurde gestern schon einmal kurz angerissen, aber ich möchte ihn<br />
trotzdem hier noch einmal aufführen, weil es noch eine Erweiterung gibt – ist, dass eine<br />
Kombinationswirkung sämtlicher Schadstoffe oberhalb der Bagatellschwellen sowie eine<br />
gebietsbezogene Interpretation der Auswirkungen gefordert wurde. Hierzu kam noch eine<br />
zusätzliche Forderung, dass Komplexwerte zu ermitteln seien.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich gehe davon aus, dass Herr Baumann sich da wiederfindet, sodass wir fortfahren können.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 27<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Der letzte Punkt bei den zusätzlichen Unterlagen ist das humantoxikologische Gutachten. Da<br />
wurde vorgetragen, es sei zu kurz und zu lückenhaft. Weitere Stichpunkte sind: Auswirkun-<br />
gen nach Besiedlungsdichte, Empfindlichkeit einzelner Gebiete und schützenswerte Einrich-<br />
tungen sind zu berücksichtigen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wenn das so vorgetragen wird, ist das sozusagen eine Bestätigung dessen, dass wir<br />
aufgenommen haben, was Sie schriftlich vorgetragen haben, damit niemand den Eindruck<br />
hat, wir lesen das nicht. Sie können also erkennen, dass das bei uns angekommen ist.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Dann leite ich über zum Bereich „Maßnahmen zu Vermeidung, Minderung, Ausgleich und<br />
Ersatz“. Da wurde in den Stellungnahmen vorgetragen, dass Handlungsstrategien zur<br />
Reduktion von Kohlendioxid vorgenommen werden müssten.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das war insbesondere die Stadt Offenbach. Sie haben eigentlich nichts weiter hinzuzufügen.<br />
Aber Herr Baumann will weitere Reduzierungsstrategien ansprechen, nehme ich an.<br />
RA Baumann:<br />
Herr Heldmaier hat vorhin schon darauf hingewiesen, dass die Flieger in Frankfurt Strecken<br />
bis zu 200 km zurücklegen, bis sie tatsächlich landen. Der Anflug ist im Vergleich zu anderen<br />
Flughäfen in Europa oder eigentlich weltweit so unvergleichbar lange, dass hier Minimierun-<br />
gen dringend geboten erscheinen. Andere Flughäfen kommen mit ca. 30 km aus. Hier<br />
werden Landevorgänge konstruiert, die dem Schadstoffminimierungsgebot in jeglicher<br />
Hinsicht widersprechen. Es ist also eine unverhältnismäßige Belastung, die durch diese<br />
langen Anflüge auf die Bevölkerung zukommt.<br />
Deswegen müsste einerseits im Rahmen von aktiven Planungsmaßnahmen darüber nach-<br />
gedacht werden, wie die Flugbewegungen verändert werden können, und zum anderen<br />
müssten auch die Erfordernisse aus toxikologischer Sicht formuliert werden, die dazu Anlass<br />
geben, diese Reduzierungen vorzunehmen. Es ergeben sich auch juristische Imperative im<br />
Hinblick auf die Minimierung, gerade auch im Hinblick auf die Anpassung und Reduzierung<br />
der Anflugbewegungen.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Ein Zusatz im Zusammenhang mit dem Luftreinhalteplan, den Herr Dr. Büchen angespro-<br />
chen hat: Weil das sowieso kommt, sind diese Reduzierungsgeschichten einfach notwendig.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 28<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das haben wir auch so gesehen.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
In Ergänzung zu Herrn Baumann: Ich habe hier einen Artikel eines ehemaligen Fluglotsen<br />
und heutigen Piloten der Vereinigung Cockpit. Überall hat man die Anflugverfahren verkürzt,<br />
zum Beispiel aus Lärmgründen. Hier in Frankfurt hat man die Anflugverfahren extrem<br />
verlängert, und zwar mit der Begründung der Luftraumkapazität. Andere regeln das besser,<br />
sehen sich in einer ganz anderen Verantwortung.<br />
Wir wollen gar nicht darüber streiten, ob sich die Flugbewegungen verdoppeln. Aber selbst<br />
wenn es nur 650.000 Flugbewegungen werden sollen, muss man bei der Systematik, die<br />
hier in Frankfurt vorherrscht, davon ausgehen, dass die Anflüge noch länger werden, denn<br />
ich brauche mehr Platz, um die Flieger aufzureihen. Dann passiert genau das Gegenteil<br />
dessen, was wir eigentlich im Auge haben. Wie lange werden die Anflüge dann, wenn<br />
ausgebaut ist? Das ist eine wichtige Frage, aber darüber wurde überhaupt nichts gesagt.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wir werden dieser Frage ein besonderes Augenmerk zu widmen haben. Das brauchen wir<br />
jetzt inhaltlich nicht zu erörtern, aber dieser Sache muss nachgegangen werden. Ich habe<br />
jetzt ja auch von Ihnen erfahren, warum die Anflugverfahren so lange sind.<br />
Wir machen jetzt eine Kaffeepause bis kurz vor 11 Uhr.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
(Unterbrechung von 10.34 bis 10.58 Uhr)<br />
Der Main-Kinzig-Kreis fordert eine Betrachtung mit dem Anflugverfahren des Continuous<br />
Descent Approach, weil es mit dieser Anflugtechnik möglich wäre, mehrere Millionen Liter<br />
Treibstoff pro Jahr einzusparen, die eine Kompensation für die zu erwartende Steigerung der<br />
Flugbewegungen erbringen würden, die technisch hier abwickelbar wären. Herr Heldmaier<br />
wird kurz überschlagen, welche Zahlen denkbar wären.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
450 Millionen Liter pro Jahr wären einzusparen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich möchte Fraport Gelegenheit geben, die langen Anflugstrecken zu erläutern oder dazu<br />
Stellung zu nehmen, ob sie sich verkürzen lassen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 29<br />
Brendle (Vorhabensträgerin):<br />
Die Anflugstrecken sind von der DFS geplant. Auch für die Ausbaufälle sind sie von der DFS<br />
geplant. Eine Verkürzung dieser Anflugstrecken ist nach meiner Auffassung in jedermanns<br />
Interesse, im Interesse der Airlines, im Interesse der DFS ebenso. Insofern gehe ich davon<br />
aus: Wenn sie so sind, wie sie sind, und wenn sie auch so bleiben, was die Längenverhält-<br />
nisse anbelangt, dann gibt es einfach Gründe, die einer Verkürzung entgegenstehen, obwohl<br />
sie in jedermanns Interesse wäre. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Da müsste man auf die<br />
DFS verweisen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Dann sollte man der Frage nachgehen, wie es zu diesen langen Anflugstrecken kommt. Sie<br />
müssen das natürlich jetzt nicht beantworten, aber man muss wahrscheinlich in den Unterla-<br />
gen irgendwelche Angaben dazu machen, wie es zu einer solchen Ausnutzung kommt.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Ich habe nicht ohne Grund Herrn Eck dieses Kartenmaterial übergeben. Da sehen Sie die<br />
ganzen Punkte. Die größte Rationalisierungsmaßnahme, die die Deutsche Flugsicherung<br />
jemals durchgeführt hat, steht in enger Verbindung mit diesen langen Anflugstrecken. Kurze<br />
Anflugstrecken sind für den Fluglotsen sehr arbeitsintensiv. Bei kurzen Anflugstrecken<br />
können Sie den Fluglotsen nicht 8 Stunden an den Radarschirm setzen. Er ist da sehr im<br />
Stress. Sie werden bei der Deutschen Flugsicherung keinen stressgeplagten Fluglotsen<br />
mehr sehen, nachdem diese Routen eingeführt worden sind, weil der Fluglotse von seiner<br />
„Führungstätigkeit“ weitestgehend entbunden ist. Er muss nur noch festlegen, wo die Flieger<br />
dann eindrehen. Je länger natürlich die Anflugstrecken sind, umso weniger problematisch ist<br />
es.<br />
Wenn Sie auf einer kurzen Anflugstrecke ein Flugzeug herunterführen, wie zum Beispiel in<br />
London, dann müssen Sie den Lotsen nach einer halben Stunde ablösen. Bevor er abgelöst<br />
wird, wird ein anderer schon wieder an den Tisch geführt und muss sich in die Systematik<br />
eindenken und muss dann reibungslos die Kontrolle übernehmen. Das ist wesentlich<br />
arbeitsintensiver. Das ist der Grund, warum die Anflugstrecken in Frankfurt immer länger<br />
werden und anderswo immer kürzer. Dort sagt man: Das tun wir der Bevölkerung nicht an.<br />
Dann müssen wir eben Personal einstellen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Damit haben wir das einigermaßen plausibel geklärt. Welche Auswirkungen das im Verfah-<br />
ren hat, müssen wir anschauen.<br />
Kaller (Offenbach):<br />
Ich habe heute Nacht über das Unding nachgedacht, was gestern hier abgelaufen ist und<br />
was sich soeben wiederholt hat. Gestern haben Sie die Frage nach den berühmten Stell-
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 30<br />
schrauben, die die Kapazität eines Flughafensystems oder eines Flughafens begrenzen,<br />
gestellt. Da ist von Fraport gar nichts gekommen. Man hat Ausflüchte gebracht: Das sei so<br />
vielfältig, das könne man nicht sagen. Eine Frage nach einem typisch flughafenspezifischen<br />
Charakteristikum ist heute von Fraport auch nicht beantwortet worden, und städtische<br />
Berater müssen Sie hier als Regierungspräsidium und als federführende Behörde beraten.<br />
Ich halte das für ein Unding und konstatiere, dass Fraport überhaupt nicht bereit ist, hier<br />
konstruktiv mitzuarbeiten.<br />
(Vereinzelt Zustimmung)<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Hier sollen uns die Fachbehörden beraten. Fraport kann dazu Stellung nehmen, warum das<br />
eine oder andere nicht geht. Aber was Fraport uns zu sagen hat, haben sie uns entweder<br />
vorher mitgeteilt, oder sie können es uns nachher immer noch mitteilen. Aus dem Stegreif ist<br />
das manchmal möglich, manchmal auch nicht. Ich kann nicht bestätigen, dass keine Mitar-<br />
beit gewünscht ist. Aber ein Zwiegespräch auf dem Podium zwischen uns und Fraport ist<br />
nicht der Zweck dieses <strong>Termin</strong>s. Es ist ein Beratungstermin der Fachbehörden gegenüber<br />
uns, damit wir feststellen können – und nicht nur auf die Angaben von Fraport angewiesen<br />
sind –, welche Themen wir noch aufzuarbeiten haben.<br />
Wir brauchen hier gar nicht inhaltlich zu operieren. Deswegen spielt es gar keine Rolle, dass<br />
Fraport bestimmte Fragen inhaltlich nicht beantworten kann. Das ist irrelevant. Wir müssen<br />
hier nur feststellen: Welche Fragen sind zu beantworten, wenn der Antrag gestellt wird?<br />
Darauf läuft es hier hinaus.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Wir setzen jetzt mit dem Bereich „Bewertung“ fort.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Zu den Bewertungsmaßstäben schreibt die Vorhabensträgerin auf Seite 80 ihres <strong>Scoping</strong>-<br />
Papiers, das Bundesimmissionsschutzgesetz und untergesetzliche Regelwerke auch für<br />
Luftreinhaltung fänden keine Anwendung, wieder bezogen auf § 2 Abs. 2 BImSchG. Hier<br />
haben wir eine andere Rechtsauffassung; es wird den Kollegen Lurz und auch Sie nicht<br />
wundern. In der 22. BImSchV und in der TA Luft sind Vorgaben enthalten, die quellen-<br />
unspezifisch sind. Es geht da gar nicht um den Flughafen und um die Frage, ob diese Werte<br />
und Messmethoden innerhalb Ihres Zauns anzuwenden sind. Das ist also jetzt auch nur von<br />
untergeordnetem Interesse. Es geht hier um die Umgebung und nicht um den Flughafen. Sie<br />
sind also nicht frei, diese Regelwerke nur als Orientierungswerte oder in Analogie heranzu-<br />
ziehen. Diese Regelwerke sind vielmehr unmittelbar anwendbar und zwingend zugrunde zu<br />
legen, mit all ihren Teilen und auch mit dem Teil der Punktbewertung, die Sie, so gut es<br />
irgend möglich ist, vorzunehmen haben.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 31<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Ich möchte noch die Londoner Vorschriften zu den Anflügen ergänzen: Von 23 bis 7 Uhr<br />
morgens sind CDA-Anflüge „obligatory“. Da darf nichts anderes gemacht werden. Sie<br />
werden auch sonst gemacht, nur nebenbei. Ich habe hier eine Liste der Landungen. Es gibt<br />
eine Kapazität von 45 Landungen pro Stunde. Es ist also nicht kapazitätshemmend. Das<br />
wird weltweit gemacht.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist okay. Wir haben ja nicht in Frage gestellt, ob das geht oder nicht.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Aber Fraport.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein, Fraport hat es nicht bestritten, sondern hat auf die DFS verwiesen und hat gesagt, die<br />
werden irgendwelche Gründe haben. Sie haben aber nicht bestritten, dass es geht. Es kann<br />
sein, dass Rationalisierungsmaßnahmen die Gründe sind. Über die Gründe hat sich Fraport<br />
aber nicht geäußert. Sie hat auch nicht qualifiziert, dass das Vorgehen zwingend wäre oder<br />
technisch erforderlich wäre. Sie hat nur gesagt, man muss die DFS fragen.<br />
Sie haben jetzt schon eine gewisse Aufklärung gebracht. Damit ist die Frage vorläufig<br />
beantwortet, bis die DFS vielleicht irgendetwas anderes sagt. Das werden wir sehen. Wenn<br />
es in diesem Verfahren überhaupt erforderlich sein wird, dieser Frage nachzugehen, dann<br />
wird es geschehen. Das ist ganz klar.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Ich würde Sie bitten, eigene Vorschläge bezüglich der Zuordnung der Kriterien zu den<br />
Wertstufen zu machen. Es kann nicht von Fraport gefordert werden, dies in den <strong>Scoping</strong>-<br />
Unterlagen vorzunehmen. Jetzt können Sie diesbezüglich eigene Vorschläge vortragen.<br />
RA Baumann:<br />
Es geht hier um juristische Eckwerte, die für eine Bewertung zugrunde zu legen sind. Wenn<br />
ich Sie richtig verstanden habe, geht es um die Kriterien im Hinblick auf Schadstoffe und dort<br />
einerseits um humanbiologische und andererseits auch um tierbiologische Werte, vielleicht<br />
auch phytotoxiologische Werte, die zugrunde gelegt werden sollten.<br />
Eck (RP Darmstadt):<br />
Die Frage von Frau Herold zielte generell darauf, wie Wertstufen festgelegt werden könnten,<br />
bezogen auf einzelne Schadstoffkategorien. Aber wenn Sie Wertstufen unter Stützung auf<br />
die mehr toxikologischen Aspekte festlegen wollen, geht das natürlich auch. Wir suchen<br />
einfach nach Maßstäben, wie wir eine bestimmte Stufung, Wertung bei den Schadstoffen
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 32<br />
und natürlich auch bei den Auswirkungen vornehmen können, also wie wir Wertkategorien<br />
bilden können, entweder nur auf Schadstoffe reduziert oder auch im Hinblick auf die Kom-<br />
plexwirkungen, die Sie angesprochen haben. Es geht nicht nur um die absolute Obergrenze<br />
oder Untergrenze, sondern um die Frage: Wie kann man da unter Berücksichtigung von<br />
Eckwerten eine Stufung hineinbringen?<br />
RA Baumann:<br />
Ich werde Ihnen heute noch unter fluglärmrelevanten Kriterien Eckwerte übergeben. Dort ist<br />
ein Vorspann, der dem entspricht, was ich verfassungsrechtlich und auch einfachgesetzlich<br />
schon am Dienstag erläutert habe. Die allgemeinen Grundlagen gelten natürlich auch im<br />
Bereich der Toxikologie. Zunächst ist zu differenzieren zwischen krebserregenden und nicht<br />
krebserregenden Stoffen. Die nicht krebserregenden Stoffe sind in chronisch toxische Stoffe<br />
und akut toxische Stoffe aufzusplitten. Die chronisch toxischen Stoffe können zu Langzeit-<br />
schäden führen und beinhalten deswegen eine Problematik, die gerne in den Bereich der<br />
Vorsorge gedrängt wird.<br />
Ich möchte gerade diesbezüglich die Wahrnehmung schärfen, dass die Tatsache, dass man<br />
bestimmte Auswirkungen erst längerfristig feststellen kann, nicht Anlass sein darf, nur von<br />
reinen Belästigungen oder von nicht zuordenbaren Schäden zu sprechen. Da gibt es<br />
entsprechende epidemiologische Studien, die zugrunde gelegt werden können. Ich sage das<br />
jetzt erst mal ganz allgemein. Das sind Langzeituntersuchungen, die in die Überlegungen<br />
eingehen müssen und auch berücksichtigungsbedürftig sind.<br />
Was die akut toxischen Stoffe angeht, wird man hier wahrscheinlich nicht den ganz großen<br />
Schwerpunkt haben. Es wird der Schwerpunkt der Betrachtung auf die langfristig toxischen<br />
Stoffe zu legen sein.<br />
Was die krebserregenden Stoffe angeht, haben wir das „ALARA“-Prinzip, „as low as reaso-<br />
nably achievable“. Hier ist das Minimierungsgebot, das aus der TA Luft und auch aus der<br />
Rechtsprechung zum Bundesimmissionsschutzgesetz bekannt ist, relevant. Das heißt, es<br />
müssten hier natürlich – das ist die Schwierigkeit – bestimmte Bewertungsmaßstäbe entwi-<br />
ckelt werden, ab wann bestimmte krebserregende Stoffe als Bagatellwert nicht berücksichtigt<br />
werden müssen, ab wann sie berücksichtigungsbedürftig sind und dann aber auch schon<br />
Gefahrenabwehrwerte sind. Aus meiner Sicht ist die Grauzone „Gefahrenverdacht“ von<br />
besonderer Bedeutung. Da wird sich die Diskussion auch im Planfeststellungsverfahren<br />
fokussieren.<br />
Die vom LAI zu krebserregenden Stoffen festgelegten Grundsätze sollten hier Eingang<br />
finden und sollten zu konkreten Bewertungen der einzelnen krebserregenden Stoffe führen,<br />
auch unter Berücksichtigung des Gesamtrisikos und der Erhöhung des Risikos für die<br />
Bevölkerungsgruppe im Rhein-Main-Bereich. Die Methoden sind dort ausführlich dargestellt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 33<br />
Sie sind in die Novellierung der 22. BImSchV eingegangen, zwar nur teilweise, müssen aber<br />
dennoch berücksichtigt werden.<br />
Was die UVU angeht, sind die von Kühling/Peters apostrophierten und aufgelisteten Werte<br />
zu berücksichtigen. Das sind keine eigenen gefundenen Werte, sondern die Bewertungen,<br />
die dort vorgenommen worden sind, sind von entscheidender Bedeutung. Dort sind die<br />
Werte zusammengetragen, die international relevant sind. Insoweit müssten sie für die<br />
toxikologische Bewertung auch hier eingehen, soweit nicht gesetzliche Regelungen vorhan-<br />
den sind. Weitestgehend sind diese Werte schon in die neuere Gesetzgebung eingeflossen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Herr Dr. Büchen, ich kenne aus meinem Rechtsgebiet die Begriffe „NOAEL“ und „LOAEL“.<br />
Ich weiß nicht, ob dies für Luftschadstoffe auch bekannt ist. Der erste ist im Bundesanzeiger<br />
161 a veröffentlicht und wird definiert als die niedrigste Konzentration, bei der man noch eine<br />
negative Reaktion des Körpers entdeckt. Der andere Begriff beschreibt den höchsten Wert,<br />
bei dem man noch keine Reaktion entdeckt. Gibt es so etwas auch in der Luftschadstoffwis-<br />
senschaft?<br />
Dr. Büchen (HLUG):<br />
Es gibt bei den Toxikologen im lufthygienischen Bereich natürlich auch dieselben Werte.<br />
Wenn die Diskussion so weit fortgeschritten ist, dass dafür Werte festgelegt sind, ist aber<br />
meistens auch schon eine Empfehlung auf dem Tisch, was man als Grenzwert ansetzen<br />
sollte.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Da hat man also schon bestimmte Definitionen mit Erkenntnissen. Danke.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Frau Herold, ich finde es erstaunlich, dass Sie Wertstufen diskutieren wollen. Ich hatte schon<br />
die allgemeine Kritik geäußert, dass das hier nicht enthalten ist. Es ist sehr schwierig, das<br />
jetzt zu diskutieren. Warum bitten Sie nicht zunächst Fraport, einmal darzustellen, was sie<br />
mit Wertstufen eigentlich vorhat? Entlang dessen könnten wir dann diskutieren.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Es wurde in den letzten Tagen schon diskutiert, dass es von Fraport nicht gefordert werden<br />
kann, im Rahmen des <strong>Scoping</strong>-Papiers solche Wertstufen vorzulegen. Deswegen diskutieren<br />
wir das jetzt abstrakt, und Sie können Ihre Vorschläge einbringen.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Ich erinnere an die Aussage von Frau von Knebel, dass die Unterlagen natürlich eine<br />
Diskussionsgrundlage sein müssen. Für diesen Punkt sind sie das nicht.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 34<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Für Wertstufen brauchen die Unterlagen nichts herzugeben. Die Wertung ist eine hoheitliche<br />
Aufgabe. Ich kann einen Gutachter nicht beauftragen, eine Wertung vorzunehmen. Ich kann<br />
die hoheitliche Aufgabe nicht delegieren; das ist unmöglich. Wenn da Wertstufen vorgege-<br />
ben würden und wir darauf eingehen würden, würde es heißen, wir hätten die Wertstufen<br />
parteiisch übernommen. Das ist ein sehr schwieriger Acker. Je nachdem, wie man es macht,<br />
ist es dann falsch. Ich will auch keine Wertung vornehmen, warum und in welchem Umfang<br />
Wertstufenvorschläge gemacht oder nicht gemacht werden. Wenn sie nicht gefordert werden<br />
können, ist die Diskussion über die Frage, warum sie nicht vorgelegt worden sind, damit<br />
beendet.<br />
RA’in Philipp-Gerlach:<br />
Ich stimme Ihnen insoweit zu, als dass es nicht gefordert werden kann. Aber wir haben die<br />
ganze Zeit gehört, dass eine Bewertung in der UVS ja stattfindet, was auch diversen Tabel-<br />
len und Ausführungen der Unterlagen zu entnehmen ist. Eine Frage an Fraport: Soll diese<br />
Bewertung anhand von Wertstufen stattfinden? Wenn ja, warum sind sie dann nicht hier<br />
vorgestellt worden?<br />
Balla (Vorhabensträgerin):<br />
Wir werden einen Bewertungsvorschlag in der UVS vornehmen, und wir werden die Metho-<br />
dik der Bewertung mit der Humantoxikologin abstimmen. Wir haben extra das humantoxiko-<br />
logische Gutachten mit dem Untersuchungsprogramm, um eine fachlich fundierte Bewertung<br />
abzuliefern. Aber zum jetzigen Zeitpunkt können wir zu den konkreten Wertstufen oder zu<br />
der Frage, ob Wertstufen differenziert werden, noch keine Aussage treffen.<br />
RA Schmitz:<br />
Bezüglich der angesprochenen Frage verweise ich zunächst auf unsere Stellungnahme im<br />
Raumordnungsverfahren. Dort sind über zehn Seiten Bewertungsvorschläge gemacht<br />
worden. Aus unserer Sicht stellt sich die Frage, warum nicht die Bewertungsansätze aus<br />
dem Mediationsverfahren – Gutachten 9, humantoxikologische Bewertung der Emissionen,<br />
Prof. Dr. Kruse – von der Vorhabensträgerin herangezogen werden.<br />
Wir haben zu verschiedenen Werten Ausführungen gemacht. Ich möchte die einzelnen<br />
Werte jetzt nicht nennen; ich verweise diesbezüglich auf unsere Stellungnahme im Raum-<br />
ordnungsverfahren.<br />
Der Vergleich der Emissionen im Basisjahr des Mediationsverfahrens 1998 hat bereits<br />
ergeben, dass Benzol und NO2 die größte Rolle spielen und die Belastungen auf dem<br />
Flughafen und in der Umgebung schon damals höher waren als die formulierten Umwelt-<br />
standards.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 35<br />
RA Baumann:<br />
Ich möchte auf Ihre Äußerung, Herr Bickel, zum „No Adverse Effect Level“ eingehen, der<br />
dem entspricht, was ich als Bagatellgrenze angesehen habe.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja, das habe ich mir gedacht.<br />
RA Baumann:<br />
Ich wiederhole mich da im Hinblick auf Gesundheitsbeeinträchtigungen, auf die ich jetzt<br />
eingehen möchte. Wenn funktionelle oder morphologische Veränderungen vorliegen, liegt<br />
ein Gesundheitsschaden vor, auch dann, wenn langfristig oder bei besonders empfindlichen<br />
Personen diese Effekte auftreten. Es ist absolut unzulässig, beispielsweise 10 % oder 5 %<br />
der Bevölkerung auszugrenzen mit der Argumentation, dass diese besonders empfindlich<br />
seien. Das sollte bei all den Untersuchungen, die hier vorgenommen werden, berücksichtigt<br />
werden.<br />
Es ist ein außerordentlich geringer Promillesatz, bei dem man von Überempfindlichkeiten im<br />
krankhaften Sinne sprechen kann. Ich will es an einem Beispiel deutlich machen: Wenn Sie<br />
hier im Saale eine Geruchsprobe herumreichen würden, kann es passieren, dass 60 % der<br />
Personen nichts riechen, 20 % riechen deutlich etwas, und 10 % sagen: Es ist ätzend. Es ist<br />
sehr, sehr unangenehm. 5 % fallen fast um davon. Solche Dinge haben wir in einem Audito-<br />
rium mal ausprobiert und als Ergebnisse gehabt. Die 5 %, die gerade dies umweht, sitzen<br />
sonst auch ganz normal unter uns, und man kann nicht einfach davon ausgehen, dass dies<br />
extrem empfindliche Personen wären. Ich habe versucht, dies bezüglich des Lärms zu<br />
apostrophieren. Ich möchte es im Hinblick auf die Schadstoffe ebenfalls getan haben.<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Wenn es zum Bereich Luftschadstoffe keine Fragen mehr gibt, könnten wir zu den sonstigen<br />
Auswirkungen übergeben.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist der Fall. Dann kommen wir zu Tagesordnungspunkt:<br />
6.1.1.3 Sonstige Auswirkungen (insbesondere Sicherheitsfragen)<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Im Bereich der sonstigen Auswirkungen wurde die Thematik Geruchsbelästigung angespro-<br />
chen. Ganz allgemein wurde formuliert, dass das Problem der Geruchsbelästigung zu klären<br />
sei. Vielleicht kann Fraport dazu kurz ausführen, welche Untersuchungen sie durchführen<br />
möchte.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 36<br />
Meyer (Vorhabensträgerin):<br />
Wir haben vorgesehen, eine Geruchsprognose zu beauftragen und damit auch bezüglich der<br />
Geruchsbelästigung Aussagen in der UVS machen zu können.<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Wenn Bedarf besteht, kann ich näher erläutern, wie die Methoden bei der Geruchsprognose<br />
sind.<br />
Böhm (HGON):<br />
Wie weit wird diese Geruchsbelästigung einbezogen? Wie ist die Abgrenzung?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Die Geruchsbelästigung wird vor allen Dingen im Nahbereich des Flughafens untersucht,<br />
und zwar stützt man sich da auf die Geruchsbegehung, die schon vom TÜV im Zeitraum<br />
1999/2000 über ein Jahr durchgeführt wurde. Da gibt es Ergebnisse von Geruchsbegehun-<br />
gen, die einer Prognose zugrunde gelegt werden, die sich auf die Ausbreitungsergebnisse<br />
von Kohlenwasserstoffen bezieht. Es gibt also eine Verbindung zwischen Kohlenwasserstof-<br />
fen und Gerüchen. Diese Verbindung wird ausgenutzt, um die Gerüche zu prognostizieren.<br />
Böhm (HGON):<br />
Welche Kommunen werden hier einbezogen?<br />
Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />
Da ist ein Untersuchungsraum im Nahbereich angedacht. Ich kann Ihnen jetzt nicht genau<br />
sagen, wie groß er ist. Es steht aber in den Unterlagen. Er dürfte 10 x 14 km sein.<br />
– 18 x 10.<br />
(Balla [Vorhabensträgerin]: 18 x 10!)<br />
Frau Herold (RP Darmstadt):<br />
Dann gehen wir jetzt auf die Problematik des Kerosinablasses ein. Da wurde gefordert: „Die<br />
Praktiken und gesundheitlichen Auswirkungen des Fuel-Dumpings sind tiefergehend zu<br />
untersuchen.“ Vielleicht kann sich Fraport dazu auch mal kurz äußern, bitte.<br />
Balla (Vorhabensträgerin):<br />
Zum Fuel-Dumping ist vorgesehen, die gleichen Aussagen zu treffen wie im Raumordnungs-<br />
verfahren. Aus unserer Sicht ist das Thema Fuel-Dumping im Planfeststellungsverfahren<br />
nicht entscheidungserheblich, da bisher keine Auswirkungen auf den Naturhaushalt nachge-<br />
wiesen werden konnten.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 37<br />
Mattheß (RP Darmstadt):<br />
Jetzt kommen wir zu den Erschütterungen. Es wurde mehrfach vorgetragen, dass nach dem<br />
<strong>Scoping</strong>-Papier kein Erschütterungsgutachten vorgesehen ist. Es wird in diesem Zusam-<br />
menhang auch auf die landesplanerische Stellungnahme verwiesen, wo mehr oder weniger<br />
geschrieben worden ist, dass ab bestimmten Überflughöhen bestimmte Beeinträchtigungen<br />
zu benennen sind und dass die Auswirkungen auf Bewohner und Beschäftigte darzustellen<br />
sind.<br />
Böhm (HGON):<br />
Ich möchte auf die Erschütterungen und die Vibrationen eingehen. Das ist eine Tatsache, die<br />
nicht von der Hand zu weisen ist. Dies wurde beim ersten <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> von Fraport<br />
abgewiesen. Ich persönlich bin Bürger von Zeppelinheim, und diese Situation kann jeder hier<br />
nachprüfen. Selbst Ihr damaliger Gutachter ist im Anschluss an den <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> auf<br />
mich zugekommen und war bei mir in Zeppelinheim, um sich zu der Sachlage kundig zu<br />
machen. Leider findet man diese Erschütterungen nicht immer vor. Es sind in erster Linie<br />
Überflüge in einer gewissen Art und Weise, bei Ostwetterlage, und es ist sogar teilweise<br />
ganz massiv Bodenlärm, ausgehend von Probeläufen.<br />
Meyer (Vorhabensträgerin):<br />
Mir ist sehr wohl noch bekannt, dass wir im Raumordnungsverfahren dieses Thema bereits<br />
angesprochen haben. Wir haben auch mit unserem Gutachter dieses Thema natürlich<br />
besprochen, mit dem Ergebnis, dass wir nicht zu dem Schluss gekommen sind, dass<br />
relevante Erschütterungen zu erwarten sind. Wir werden den Hinweis aber auch auf der<br />
Grundlage des <strong>Termin</strong>s heute noch einmal aufnehmen und mit unserem Gutachter noch<br />
einmal besprechen.<br />
Mattheß (RP Darmstadt):<br />
Es muss zumindest eine Aussage dazu getroffen werden, wenn Sie der Meinung sind, dass<br />
das nicht relevant ist. Mehr können wir zu dem Thema jetzt nicht sagen.<br />
Eng mit diesem Punkt verbunden sind die Wirbelschleppenbildungen. Dazu könnte jetzt noch<br />
etwas vorgebracht werden.<br />
Dr. Mondré (Main-Taunus-Kreis):<br />
Sie haben in der landesplanerischen Beurteilung angegeben, dass auch die Frage der tiefen<br />
Überflüge gesondert in einem Gutachten zu beurteilen ist. Gerade in diesem Zusammen-<br />
hang spielen natürlich die Erschütterungen eine besondere Rolle. Die Beeinträchtigung<br />
durch die tiefen Überflüge soll entsprechend dargestellt und untersucht werden, hieß es. Ist<br />
es da nicht doch richtig, dass in diesem Zusammenhang die Erschütterungen mit untersucht<br />
werden müssten?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 38<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Wir werden den Gutachter noch einmal darauf ansprechen und auf diese Themenbereiche<br />
eingehen.<br />
RA’in Distler:<br />
Wir hatten das Thema im Raumordnungsverfahren. In der landesplanerischen Beurteilung<br />
hat sich das Regierungspräsidium einfach auf die Aussage der Fraport verlassen, dass es<br />
durch den Ausbau nicht zu erheblichen Veränderungen oder Auswirkungen kommen werde,<br />
was die Wirbelschleppen und die Erschütterungen angehe. Wenn wir uns jetzt wieder<br />
einfach auf eine Aussage des Gutachters der Fraport verlassen, ohne konkrete Untersu-<br />
chungen vorzunehmen – Messungen oder sonstige Beobachtungen vor Ort –, dann werden<br />
wir wieder nicht schlauer sein als nach dem Raumordnungsverfahren.<br />
Ich fordere daher, eine entsprechende Untersuchung im Unterrichtungsschreiben anzuord-<br />
nen. Die Wirbelschleppenthematik ist bekannt; sie liegt vor. Sie wird auch von Fraport nicht<br />
bestritten. Es muss also untersucht werden. Es ist eine erhebliche Umweltauswirkung.<br />
RA’in Fridrich:<br />
In der landesplanerischen Beurteilung war bei den Erschütterungen lediglich festgehalten<br />
worden, dass es keine raumordnerischen Auswirkungen hat. Das ist natürlich unter Umstän-<br />
den im Planfeststellungsverfahren anders zu beurteilen.<br />
Die Problematik der sich lösenden Dachziegel und Erschütterungen gab es meines Wissens<br />
auch im Flughafen Zürich, als die Flugrouten verändert wurden. Dort wurde auch sehr<br />
niedrig über dicht besiedeltes Gebiet eingeflogen. Vielleicht wäre es sinnvoll, mit dem BAZL<br />
in der Schweiz Kontakt aufzunehmen. Das ist die dort zuständige Umweltbehörde. Ich kann<br />
Ihnen die Adresse zukommen lassen. Eventuell gibt es dort auch weitere Informationen oder<br />
Erkenntnisse. Man muss ja das Rad nicht neu erfinden, sondern kann auch mal schauen,<br />
was andere machen.<br />
Dr. Mondré (Main-Taunus-Kreis):<br />
Ich hätte gerne eine Stellungnahme vom Regierungspräsidium: Wie war denn Ihre Darstel-<br />
lung in der landesplanerischen Beurteilung gemeint? Sie sagen: „Die Überflüge in niedrigen<br />
Höhen sind gutachterlich zu untersuchen, und auf die Auswirkungen auf die Bewohner und<br />
Beschäftigten ist einzugehen.“ Hat man gedacht, Erschütterungen spielen da keine Rolle und<br />
sollen außen vor bleiben? Oder war man doch der Ansicht, wenn man diese Sache unter-<br />
sucht und dies entsprechend fordert, dass Auswirkungen wie Erschütterungen und Vibratio-<br />
nen, die durch tiefe Überflüge entstehen, auch berücksichtigt werden müssen?<br />
Mattheß (RP Darmstadt):<br />
Wir werden unsere Erkenntnisse und die, die wir hier noch gewinnen, prüfen und dann<br />
entscheiden, was in unserer Stellungnahme steht.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 39<br />
Eck (RP Darmstadt):<br />
Überflughöhen spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle. Wirbelschleppen und mögliche<br />
Erschütterungen – deshalb haben wir es auch in der landesplanerischen Beurteilung<br />
thematisiert – spielen unter Umständen aber auch bei psychologischen Wirkungen auf die<br />
Bürger und unter Umständen bei Sicherheitsfragen eine Rolle. Dieser Aspekt wird bei den<br />
Themen Sicherheit und psychologische Wirkungen angesprochen werden müssen. Dies nur<br />
zur Begründung dafür, warum wir in der landesplanerischen Beurteilung bei den Maßgaben<br />
etwas zur Überflughöhe gesagt haben.<br />
Ich gehe davon, dass wir sowohl den psychologischen bzw. Sicherheitsaspekt als auch<br />
mögliche Beeinträchtigungen im Hinblick auf Wirbelschleppen und Erschütterungen abde-<br />
cken. Aber wir müssen gucken, ob wir da eine Relevanz sehen. Wenn wir eine Relevanz<br />
sehen, ist der Hinweis auf die Vorgehensweise an anderen Flughäfen, nicht nur in der<br />
Schweiz, sondern auch bei uns, sinnvoll, wie tief da untersucht werden muss. Aber das<br />
Thema Überflughöhen kommt auch noch mal bei der Sicherheit als Aspekt.<br />
Böhm (HGON):<br />
Ich möchte auf die Wirbelschleppenproblematik eingehen. Der Stadtwald Frankfurt nördlich<br />
von Zeppelinheim wird aufgrund dieser Vorgaben von den Bewohnern kaum noch genutzt.<br />
Die Wirbelschleppenproblematik ist bei Westwetterlage, wenn die Maschinen reinkommen,<br />
so extrem, dass das Wort „Naherholung“ für diesen Waldbereich überhaupt nicht mehr zum<br />
Tragen kommen kann. Selbst Kindergartengruppen gehen nicht mehr in den Wald, weil die<br />
Kinder erschrecken. Das kann nicht von der Hand gewiesen werden. Das kann jeder zu<br />
jeder Zeit überprüfen.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Es gab im letzten Jahr in Raunheim einen spektakulären Fall, der in der Öffentlichkeit<br />
bekannt wurde, bezüglich eines abgedeckten Daches oder so etwas Ähnliches. Fraport<br />
müsste in den Unterlagen einiges an Materialien dazu haben. Solche Dinge sind ja nicht nur<br />
einmal vorgekommen.<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Fraport wird den Planfeststellungsunterlagen ein Wirbelschleppengutachten beilegen. Dieses<br />
Gutachten wird bewerten, inwieweit derartige Effekte/Schäden durch Wirbelschleppen<br />
auftreten können, insbesondere bei den niedrigen Überflughöhen. Außerdem wird in diesem<br />
Gutachten die mögliche Gefährdung durch Blue Ice und herabfallende Flugzeugteile behan-<br />
delt, sodass wir wirklich ein breites Spektrum damit abdecken.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Können Sie noch etwas zu Fällen wie dem eines abgedeckten Daches in Raunheim sagen?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 40<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Aber doch nicht hier im <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Nein, aber wir hätten gern, dass den Unterlagen beigefügt wird, welche Schäden – –<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich bitte Sie: Wenn ein Gutachten über dieses Thema gemacht wird, was soll denn begut-<br />
achtet werden, wenn diese Fakten nicht enthalten sind?<br />
Dr. Wetterling (Frankfurt):<br />
Die Stadt Frankfurt hat schon schriftlich darum gebeten, nicht alles untersuchen zu lassen.<br />
Ich höre aus dem Main-Taunus-Kreis, dass die Flughöhen so niedrig sind, dass Erschütte-<br />
rungen auftreten sollen. Für diese Fragen habe ich kein Verständnis. Ich habe Verständnis,<br />
wenn jemand aus Raunheim oder Zeppelinheim bestimmte Fragen stellt. Aber ich möchte<br />
darum bitten, dass man den Untersuchungsraum und diese gesamte Thematik nicht nur<br />
noch ausdehnt.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Die Redebeiträge sind für uns nicht etwa eine Materialsammlung, die wir dann einfach<br />
ungeprüft in einem Riesenwaschkorb an Fraport weitergeben und zu der wir sagen: Bitte<br />
arbeitet ab. Es könnte ja irgendjemand auf die lustige Idee kommen, die Auswirkungen des<br />
Frankfurter Flughafens auf die Tundra untersuchen zu lassen. Das Projekt könnte dann<br />
kaputt gemacht werden, indem man unerfüllbare Aufträge erteilt.<br />
Sie können sich darauf verlassen, dass wir jeden einzelnen Punkt daraufhin prüfen, ob er<br />
entscheidungsrelevant, entscheidungserheblich, abwägungserheblich ist, und nur das<br />
weitergeben, was wir für erforderlich halten, und unter Umständen noch ein paar Dinge<br />
hinzufügen, bei denen wir sagen: Aus politischen und sonstigen Gründen wäre es ganz<br />
nützlich, wenn man dieses oder jenes auch noch bringen würde. Das wird aber dann<br />
besonders gekennzeichnet. Das haben wir beim letzten Mal auch so gemacht.<br />
Dr. Wetterling (Frankfurt):<br />
Herr Bickel, das unterstelle ich. Mein Vortrag galt mehr den Anwesenden, sich zu überlegen,<br />
ob sie bestimmte Beiträge leisten.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Als ich den Beitrag hörte, habe ich mir das auch überlegt. Aber ich habe mir gedacht, die<br />
Diskussion über die Frage, ob das berechtigt ist oder nicht, dauert länger, als wenn ich sage:<br />
Das nehmen wir auf, ist in Ordnung. Ich lasse jetzt auch keine Diskussion darüber zu.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 41<br />
RA Baumann:<br />
Ich möchte für die von mir Vertretenen deutlich machen, dass das Erschütterungsproblem<br />
tatsächlich eines ist. Das gilt auch für die Bürgerinitiative Sachsenhausen. Ich darf feststel-<br />
len, dass die Bürger von Frankfurt die Auffassung der Verwaltung in Frankfurt nicht in dem<br />
Maße leisten und dass die Äußerung von Herrn Dr. Wetterling gerade dort nicht akzeptiert<br />
wird.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja, aber es spielt keine Rolle. Wir müssen von Amts wegen prüfen.<br />
RA Baumann:<br />
Richtig, Sie müssen von Amts wegen prüfen. Die Relevanz für Griesheim, Weiterstadt und<br />
Erzhausen sowie für den südlichen Teil von Frankfurt ist in jedem Fall gegeben. Es ist ein<br />
Untersuchungsgegenstand, den wir auch einfordern.<br />
Dr. Mondré (Main-Taunus-Kreis):<br />
Eigentlich wollte ich dazu nichts mehr sagen, aber nachdem Sie signalisiert haben, Sie<br />
hätten auch Zweifel, ob eine Relevanz besteht – –<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein, ich habe keine Zweifel dazu geäußert. Ich lasse auch keine Diskussion mehr darüber<br />
zu. Es tut mir Leid. Selbst wenn ich Zweifel hätte: Ich bin hier nur Moderator. Es kommt<br />
allenfalls auf die Zweifel derjenigen an, die darüber zu entscheiden haben, und das bin nicht<br />
ich. Deswegen ist diese Diskussion jetzt zu Ende. Wir fangen hier doch nicht an, darüber zu<br />
diskutieren, ob die Zweifel des Moderators berechtigt sind. Ich glaube, es geht los!<br />
Mattheß (RP Darmstadt):<br />
Zu Lichtimmissionen: Vom UVS-Gutachter ist aufgeführt worden, dass Licht berücksichtigt<br />
wird. Dazu, wie das berücksichtigt wird, steht natürlich noch nichts in den <strong>Scoping</strong>-<br />
Unterlagen. Wenn Sie da noch Beiträge hätten, können Sie die jetzt äußern. Ansonsten<br />
muss man abwarten, was der UVS-Gutachter mit hineinnimmt.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Bei den Lichtimmissionen denke ich, dass Fraport sich an die Vorgaben hält, die in der<br />
landesplanerischen Beurteilung enthalten sind. Da hatten Sie schon Ausführungen gemacht,<br />
dass man es damals noch nicht konkret beurteilen konnte, weil die Planung noch nicht<br />
ausreichend konkret ist. Ich denke, wenn Sie Fraport auffordern, entsprechend der landes-<br />
planerischen Beurteilung unter Berücksichtigung des konkreteren Planungsstandes eine<br />
Untersuchung durchzuführen, ist das ausreichend.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 42<br />
Man sollte vielleicht noch überlegen, ob man eine 100-m-Störzone für ausreichend hält, und<br />
Fraport auch hier zu entsprechenden Aussagen in den Unterlagen auffordern.<br />
Böhm (HGON):<br />
Ich habe einen Wunsch in diesem Zusammenhang; ich weiß nicht, ob er zu realisieren ist.<br />
Könnte man Seismografen montieren, die diese Erschütterungen festhalten?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Irgendwelche technischen Möglichkeiten wird es sicher geben.<br />
Böhm (HGON):<br />
Die Erschütterungen sind ja nicht immer gerade dann, wenn zufällig ein Gutachter kommt.<br />
Thiele (RP Darmstadt):<br />
Wir hatten uns im Rahmen dieser Veranstaltung schon einmal ansatzweise mit Sicherheits-<br />
fragen beschäftigt, nämlich mit der Frage, ob das eine oder andere Sicherheitsproblem nicht<br />
sogar ein rechtliches Hindernis für die Landebahn Nordwest darstellen könnte. Darum geht<br />
es jetzt nicht, sondern es geht um Sicherheitsfragen insoweit, als sich daraus Auswirkungen<br />
auf die Schutzgüter des UVP-Gesetzes ergeben. Das hat zwei Wirkungsweisen, die dafür<br />
interessant sind: Zum einen geht es um das Risiko, dass sich für die Menschen außerhalb<br />
des Flughafens aus dem Regelbetrieb des Flughafens wie auch aus möglichen Störungen<br />
ergibt.<br />
Zum anderen ist die Frage, inwieweit sich Risiken oder Auswirkungen auf die genannten<br />
Schützgüter daraus ergeben können, dass der Flugbetrieb mit Anlagen in Wechselwirkung<br />
tritt, die sich außerhalb des Flughafens befinden, das heißt gewerbliche Anlagen, auf denen<br />
gegebenenfalls durch den Flugbetrieb eingewirkt wird, auch wiederum durch den Regelbe-<br />
trieb wie gegebenenfalls durch Abstürze oder sonstige Schadereignisse, die dazu führen,<br />
dass aus diesen gewerblichen Anlagen sich Risiken realisieren.<br />
Insofern würde ich Fraport jetzt bitten, zunächst zu dem vorgesehenen Konzept zur Untersu-<br />
chung dieser Sicherheitsfragen Stellung zu nehmen, um dann die Debatte eröffnen zu<br />
können.<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Aufbauend auf den Erkenntnissen der landesplanerischen Beurteilung und des Raumord-<br />
nungsverfahrens erstellen wir ein neues Gutachten zum externen Risiko. Dieses Risiko<br />
umfasst aufgrund des aktuellen konkreteren Planungsstandes die folgenden Punkte, die ich<br />
Ihnen hier näher erläutern möchte.<br />
Zum einen wird die Analyse des Ist-Zustandes auf der Basis von 460.000 Jahresbewegun-<br />
gen vorgenommen. Des Weiteren wird das externe Risiko für den Planungsnullfall von
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 43<br />
500.000 Jahresbewegungen und Planungsfall Nordwest mit 657.00 Jahresbewegungen<br />
ermittelt. Ermittelt wird das Einzel- und Gruppenrisiko analog zum Gutachten im Raumord-<br />
nungsverfahren.<br />
Zusätzlich zu den drei Berechnungen erfolgt eine Detailanalyse für den Bereich Ticona. Das<br />
ist eine Störfallanlage, wie wir wissen. Wir werden da sehr detaillierte Sicherheitsbetrachtun-<br />
gen vornehmen. Zusätzlich erfolgt die Auswertung nach Arbeitsplätzen. Das heißt, wir<br />
werden nicht nur die Wohnbevölkerungsdemografie den einzelnen Risikozonen hinterlegen,<br />
sondern zusätzlich auch die Arbeitsplatzdemografie, um entsprechende Werte für das<br />
Einzelrisiko zu ermitteln. Dies bezieht sich auf alle drei von mir genannten Szenarien.<br />
Weiterhin werden wir die betrieblichen Interdependenzen von Frankfurt zum Verkehrslande-<br />
platz Egelsbach qualitativ in dem Gutachten beschreiben. Hier wird insbesondere die<br />
Thematik aufgegriffen: Staffelung und Separierung des abfliegenden Verkehrs von der<br />
Startbahn 18 zum Verkehr auf dem Verkehrslandeplatz Egelsbach. Des Weiteren werden in<br />
dem Gutachten der Überflug von Bahnlinien bzw. Autobahnen und damit verbundene<br />
eventuelle Auswirkungen auf das externe Risiko, ebenso die Problematik des Überfluges<br />
und der möglichen Beschädigung von Pipelines und der Transport von Gefahrgut als<br />
Luftfracht berücksichtigt. Sie sehen an dem Untersuchungsumfang, dass es diesmal ein<br />
sehr, sehr vertiefendes Gutachten wird.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Zunächst nimmt das Auge verwundert etwas wahr: Ist es zutreffend und halten Sie von der<br />
Vorhabensträgerin an dem Plan fest, erneut die GfL mit diesem Gutachten zu beauftragen?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Es ist richtig: Die GfL wird dieses Gutachten erstellen.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Es ist die GfL, die bei dem Gutachten zum Raumordnungsverfahren, wo es um die Raumver-<br />
träglichkeit ging, die Ticona, wenn ich mich recht erinnere, glatt übersehen hat. Wir lehnen<br />
dieses Gutachten schon deswegen ab, weil die Quelle fachlich nicht geeignet ist. Ich<br />
ersuche, einen Gutachter, der schon bewiesen hat, dass er Wesentliches nicht sieht, auch<br />
nicht mehr zu beauftragen. Daher die Bitte, die <strong>Scoping</strong>-Unterlagen insoweit abzuändern und<br />
im Unterrichtungsschreiben die GfL auszuschließen.<br />
Zur Sicherheit gehört, insbesondere in gewerblichen Anlagen, die störanfällig sind und<br />
gewaltiges Schadenspotenzial in sich bergen, dass die akustischen Auswirkungen tiefer<br />
Überflüge auf die Arbeitssicherheit und die Sicherheit des Anlagenbetriebs geprüft werden.<br />
Solches ist auch gefordert worden. Wer soll dieses Gutachten fertigen?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 44<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
BeSB Berlin, Dr. Schaffert.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Taucht er in diesem Zusammenhang hier auf? Habe ich es übersehen? – Es macht also<br />
nicht die GfL? Darauf kommt es mir an.<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Ja, es macht nicht die GfL.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Sehr schön, immerhin. – Untersuchen Sie auch die Auswirkungen des Anlagenbetriebs<br />
Ticona auf den Luftverkehr oder nur – so konnte man es jedenfalls verstehen – die Gefah-<br />
ren, die den Anlagen auf dem Betriebsgelände der Ticona aus dem Luftverkehr durch<br />
Absturz drohen?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir untersuchen nur die Folgen eines Absturzes und die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Wenn etwa ein Störfall in der Störfallanlage auftritt – da gibt es ja erhebliche Brandlasten –<br />
gerade ein A 380 darüber fliegt, was passiert dann? Untersuchen Sie das nicht, gewisser-<br />
maßen die umgekehrte Kausalität?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Die Aussage von Herrn Mauel ist insofern richtig, als wir dies nicht untersuchen. Aber es sind<br />
Gutachten und Untersuchungen, die diese Themen betreffen, seitens der Landesregierung in<br />
Auftrag gegeben, und diese Gutachten werden – davon gehe ich aus – auch für Auswertun-<br />
gen in unserem Planfeststellungsverfahren zur Verfügung stehen, sodass diese Gutachten<br />
gemacht werden, aber nicht im Auftrag der Fraport.<br />
RA’in Distler:<br />
Ich bin froh, dass die Ticona gefunden wurde und dass die GfL nicht mit dem Gutachten<br />
beauftragt wird, obwohl sie die Kurzbeschreibung abgeliefert hat. Ich möchte auch gar nichts<br />
zu dem Thema Ticona sagen; damit soll sich Fraport selbst abmühen. Das ist unser schöns-<br />
tes Thema.<br />
In der landesplanerischen Beurteilung hieß es, dass keine abschließende Stellungnahme<br />
zugunsten der Nordwestvariante abgegeben werden könne, solange das Sicherheitsgutach-<br />
ten nicht vorliegt. Da die Fraport nur noch für die Nordwestvariante votiert, keine Alternativen<br />
prüfen möchte, wäre es für den weiteren Fortgang dieses Verfahrens von Bedeutung zu
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 45<br />
wissen, ob das Sicherheitsgutachten vorliegt. Sonst reden wir hier über etwas, das keinen<br />
Belang hat. Liegt es vor?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Belang hat es schon. Aber es liegt noch nicht vor. Es ist in Arbeit, aber es liegt noch nicht<br />
vor.<br />
RA’in Distler:<br />
Ich habe gehört, dass es Gutachten der Landesregierung geben soll.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein, es ist in Auftrag gegeben.<br />
RA’in Distler:<br />
Die Gutachten der Landesregierung sind auch erst in Auftrag gegeben?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Sie liegen noch nicht vor.<br />
RA’in Distler:<br />
Ich bin nicht der Meinung, dass Fraport sich hier auf Gutachten der Landesregierung<br />
verlassen kann. Wir wissen doch gar nicht, was die für einen Gutachterauftrag haben. Oder<br />
wissen Sie das?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Die Gutachten der Landesregierung werden nach dem BImSchG und in diesem Zusammen-<br />
hang der Störfallverordnung abgehandelt und sind deshalb in einem anderen Rechtsgebiet<br />
angesiedelt. Aber wenn es darauf ankommen sollte, warum gerade die Landesregierung das<br />
eine und Fraport das andere macht – – Inhaltlich spielt das keine Rolle. Auch wer es bezahlt,<br />
hat mit dem <strong>Scoping</strong> eigentlich nichts zu tun.<br />
RA’in Distler:<br />
Nein, sicher nicht. Aber die Inhalte des Gutachtens haben schon etwas mit dem <strong>Scoping</strong> zu<br />
tun.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja, ja, die Inhalte schon. Das ist sicher.<br />
RA’in Distler:<br />
Die wüssten wir ja nun gerne. Die sind in den <strong>Scoping</strong>-Unterlagen nicht beschrieben.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 46<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein, das ist richtig. Aber wenn Sie da besondere Inhalte wünschen, dann wird das selbst-<br />
verständlich aufgenommen. Wenn sie noch nicht enthalten sein sollten, werden die Gutach-<br />
ten entsprechend ergänzt werden müssen. Darum warten wir darauf. Deswegen sind sie<br />
auch nicht abgeschlossen. Sie können gar nicht abgeschlossen sein. Sie müssen ja noch<br />
offen für Ihre Vorschläge sein.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Habe ich das Gutachten von der GL, das angesprochen wurde, so zu erwarten, wie wir es im<br />
Raumordnungsverfahren hatten? Da hatten wir eine Karte. Da gab es diese „grüne Suppe“,<br />
die ein gewisses Risiko in Jahren abgestuft hat. Sehr eng um den Flughafen herum ist das<br />
Risiko dann gestiegen. Mich hat dabei sehr erstaunt, dass Störfallanlagen, die direkt unter<br />
den Anflugbahnen liegen, dasselbe Risiko hatten wie irgendwelche, über die nie ein Flug-<br />
zeug fliegt. Das war dieser Untersuchung im Allgemeinen zu entnehmen. Soll das so<br />
bleiben, oder konzentriert man sich tatsächlich auf die Flugrouten und schaut dort genauer?<br />
Denn da ist das Risiko logischerweise höher. Mir geht es darum, im Flugerwartungsgebiet<br />
oder bei den Routen dezidierter zu gucken und dies auch auszuweiten, also nicht den relativ<br />
kleinen Untersuchungsraum aus dem Raumordnungsverfahren so beizubehalten.<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Herr Mauel hat sehr gut und sehr deutlich und sehr ausführlich ausgeführt, dass dieses<br />
Gutachten all diesen Dingen Rechnung trägt, die möglicherweise im ersten Gutachten nicht<br />
zu 100 % Zufriedenheit beitrugen. Das wird im zweiten Gutachten aber jetzt so gemacht.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Wird der so genannte „Level of Safety“ berücksichtigt? Das ist die Staffelungsdichte in einem<br />
vorgegebenen Raum. Das heißt, wenn in einem Raum 100 Flieger gestaffelt werden können,<br />
man aber nur 50 Flieger dort hat, hat man natürlich eine relativ geringe Staffelungsdichte.<br />
Wir sind hier in einer anderen Situation. Die Staffelungsdichte nimmt immer mehr zu.<br />
Von Fraport und von der Deutschen Flugsicherung wird aber allgemein gesagt: Die Staffe-<br />
lungsdichte spielt keine Rolle, denn wenn zwei Flugzeuge zusammenstoßen, betrifft es<br />
Leute, die freiwillig an der Luftfahrt teilnehmen. Dabei wird vergessen, dass beim Zusam-<br />
menstoß zweier Flugzeuge diese irgendwann mal unten ankommen. Das heißt, es wird<br />
ausdrücklich aus der Untersuchung herausgenommen, es sei denn, es wäre bei Ihnen<br />
wieder reingekommen. Wenn nicht, bestehe ich darauf, dass die Staffelungsdichte berück-<br />
sichtigt wird.<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Herr Heldmaier, die Staffelungsdichte hat nichts mit externem Risiko zu tun. Das sind die am<br />
Luftverkehr Beteiligten. Deshalb wird es im Gutachten nicht berücksichtigt. Zweitens haben
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 47<br />
nicht nur wir, sondern auch die DFS große Zweifel an der Berechnungsmethode des LoS –<br />
„Level of Safety“. Auch daher wird sich das nicht in dem Gutachten finden.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Im Gutachten der Raumordnung haben wir gesehen, dass wir zu exorbitanten Werten<br />
kamen. Ich weise darauf hin, dass im RDF die LNR-Vertreter über die Werte sehr erschüttert<br />
waren. Wir haben auch noch in Erinnerung, dass die Starts damals beim Ausbaufall wegge-<br />
lassen wurden. Es wurden auch sämtliche Konfliktpunkte weggelassen, die im Dreidimensi-<br />
onalen passieren, also Kreuzungen, Abflugrouten, Anflugrouten. Wir können uns alle daran<br />
erinnern, dass die Anflüge praktisch senkrecht auf die Anfluggrundlinie gesetzt wurden und<br />
niemals in Konflikt gerieten mit irgendwelchen anderen eintretenden Flugzeugen – ich<br />
spreche hier jetzt speziell von der Situation in Hanau – oder gar mit startenden Flugzeugen.<br />
Dieses gesamte Konfliktpotenzial ist ausgeblendet gewesen. Ist man diesmal bereit, dieses<br />
Konfliktpotenzial hereinzunehmen?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Herr Heldmaier, auch im Raumordnungsverfahren war das Konfliktpotenzial nicht ausge-<br />
blendet. Die Routen waren nur nicht dargestellt. Im Planfeststellungsgutachten sind die<br />
Routen – sei es Gegenanflug, Queranflug, Endanflug und die Abflugrouten – dargestellt.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Ich spreche nicht von der Darstellung.<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Berechnet wurden sie im ROV auch schon. Jetzt sind sie berechnet und dargestellt.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Gut. – Es gibt klare Erkenntnisse in den Niederlanden – die sind natürlich auch durch den<br />
Absturz des Frachters in Amsterdam betroffen gewesen –, dass es einen engen Zusammen-<br />
hang zwischen Lärmkurven und Absturzrisiko gibt. Es ist klar: Da, wo Flieger sind, gibt es<br />
Lärm, und da ist das Risiko auch gegeben. Bei einem Absturzrisiko von 10 -5 hat man dort<br />
schon Absiedlungen vorgenommen. Bei einem Absturzrisiko von 10 -6 muss bis zum Jahr<br />
2005 abgesiedelt sein bzw. dürfen sich keine Betriebe mehr ansiedeln, nur noch Gärtnerei-<br />
en, die eine relativ geringe Beschäftigungsdichte haben. Ist in irgendeiner Weise von Fraport<br />
vorgesehen, ein Risikomanagement in die Unterlagen einzustellen?<br />
Wir haben bisher auch noch kein Lärmmanagement festgestellt. Wird analog zu dem, was im<br />
Planbereich fehlt und hoffentlich nachgeliefert wird, zum Risiko ein Risikomanagement<br />
mitgeliefert? Das wird in den Niederlanden gemacht. Die Bahnbelegungen richten sich nach<br />
dem statistischen Risiko.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 48<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir werden ein Gutachten zum externen Risiko vorlegen. Dieses Gutachten enthält kein<br />
Risikomanagement.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Ich habe hier die letzte Veröffentlichung der Vereinigung Cockpit zum Thema Vogelschlag.<br />
Viele nehmen das vielleicht nicht ernst. Da ist ein Foto, wie ein Flugzeug bei Zusammenstoß<br />
mit einem relativ kleinen Vogel schon aussieht. Ist vorgesehen, den Vogelschlag aufzuneh-<br />
men?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Es gibt ein separates Vogelschlaggutachten.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Ja, aber es muss statistisch auch in das Risikogutachten hinein. Ein separates Gutachten<br />
hilft Ihnen ja nicht. Es muss mit dem anderen verbunden werden.<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Es gibt die beiden Gutachten, die angesprochen worden sind. Damit ist auch eine Gesamt-<br />
bewertung möglich. Aber die Ergebnisse des Vogelschlaggutachtens selbst fließen nicht<br />
unmittelbar in das GfL-Gutachten ein.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Wenn wir die Fragen hier abarbeiten, müssen wir langsam an Alternativen denken – bei den<br />
Werten, die wir in Frankfurt derzeit schon haben, bei 10 -3 in Kelsterbach usw. Das drängt<br />
sich langsam auf, wenn man die Antworten hört.<br />
Ich gebe zu, Herr Amann: Einen sicheren Arbeitsplatz schaffen Sie durch die Nordwestvari-<br />
ante. Ich sage Ihnen auch, welchen: den des zentralen Lichtausmachers bei Ticona. Denn<br />
Sie sind mitten in der Anflugbefeuerung. Wie gedenkt man das Thema Kategorie-3a/3b-<br />
Anflüge, wo Sie mit null Sicht, Vertikalsicht anfliegen, zu lösen? Jeder weiß, wie hell beleuch-<br />
tet Ticona nachts ist. Das muss aus Sicherheitsgründen auch beleuchtet sein. Da stehen Sie<br />
am südlichen Anfang der Anflugbefeuerung. Wie gedenken Sie mit dieser Problematik<br />
umzugehen?<br />
Sie wissen, dass bei Kategorie-3-Anflügen ein enorm hoher Schutzbereich für die Elektronik<br />
erforderlich ist. Was machen Sie, wenn sich bei Ticona Bodenverkehre bewegen? Sehen Sie<br />
irgendeinen Koordinierungsbedarf zwischen dem Werksleiter von Ticona und dem Kapitän,<br />
oder wie machen Sie das?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 49<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist eine inhaltliche Debatte über die Frage, wie es aussieht, aber ich formuliere das<br />
insoweit um, dass Sie erwarten, dass zu diesem Thema in den Gutachten Ausführungen<br />
gemacht werden. Wie das dann im Einzelnen geschieht, wollen wir jetzt nicht erörtern.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Zum Thema Anflugbefeuerung bei Präzisionsanflügen: Ich möchte darauf hinweisen, dass<br />
die gefährlichste Situation gerade durch die Präzisionsanflüge entsteht. Es wird immer so<br />
getan, als ob die Präzisionsanflüge ein Stück Sicherheit darstellen, weil die Hindernisfreiheit<br />
gegeben ist. Es ist gerade umgekehrt: Der Präzisionsanflug ist der Anflug, der am knappsten<br />
über das Ticona-Gelände geht. Bei jedem anderen Anflug haben Sie ein Minimum von 400<br />
Fuß. Dann sehen Sie in 1,5, 2 km Entfernung schon den Flughafen. Dann wissen Sie, wo<br />
Ticona ist, und können sich entsprechend verhalten. Der Präzisionsanflug, wenn man ihn<br />
ernst nimmt, findet mitten in der „Suppe“ statt, und Sie sehen den Flughafen erst, wenn Ihre<br />
Räder praktisch am Boden sind. Da fliegen Sie in geringer Höhe über Ticona hinweg, und<br />
Sie fliegen mit dem Autopiloten. Sie sind gezwungen, mit dem Autopiloten zu fliegen, damit<br />
Sie eine zusätzliche Redundanzschwelle schaffen. Da ist die Frage der Störung der Elektro-<br />
nik eine ganz andere. Ein Pilot, der das Flugzeug in der Hand hat, reagiert natürlich nicht nur<br />
auf die Störung der Elektronik und macht sofort irgendwelche Steuerausschläge. Das ist also<br />
eine Frage, die unbedingt in die Sicherheitsdiskussion aufgenommen werden muss.<br />
Es wäre auch gut, wenn sich der Regierungspräsident mit den Unterlagen zum Allwetterbe-<br />
trieb an Flughäfen in Deutschland befassen würde. Da wird man sehen, wie schwierig das<br />
Problem zu lösen sein wird.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das gilt im Übrigen auch umgekehrt, denn auch in der Ticona gibt es Elektronik, die durch<br />
die Flugzeuge gestört werden kann. Das haben wir auch schon im Hinterkopf.<br />
Löbig (RP Darmstadt):<br />
Meine Frage richtet sich an Fraport: Sie haben im Anhang 3.16 zum <strong>Scoping</strong>-Papier ein<br />
Gutachten zur EMV/EMVU angekündigt. Ich bin kein Techniker, aber ich habe ungefähr<br />
verstanden, worum es geht. Nach der Kurzbeschreibung habe ich es so verstanden, dass<br />
sich das nur auf Menschen bezieht. Es ist nach meinem Verständnis ein gewisser Kreislauf.<br />
Bezieht sich dieses Gutachten auch auf den Funkverkehr des Luftfahrzeugs? Bezieht sich<br />
dieses Gutachten auch auf die Kommunikation bei Ticona? Ich weiß nicht, ob man EMV-<br />
Kommunikation sagen kann. Das ist mittelbar möglicherweise auch wieder das Schutzgut<br />
Mensch, denn wenn der Funkverkehr des Luftfahrzeugs und der Funkverkehr bei Ticona<br />
gestört sind, hat das möglicherweise auch negative Auswirkungen auf Menschen. Ist das mit<br />
angedacht? Ich habe es nur so verstanden, dass es möglicherweise um gesundheitliche<br />
Auswirkungen auf den Menschen geht.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 50<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Beides. Das ist mit drin.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ich weiß nicht, ob ein Vertreter der GfL da ist. Wir hatten im Raumordnungsverfahren das<br />
Einzelfallrisiko Todesfall mit 10 -3 angegeben. Herr Heldmaier hat auf die Niederlande<br />
verwiesen, wann mit Absiedlung begonnen wird. Ich möchte daran erinnern, dass in Berlin-<br />
Schönefeld bei dem Risikogutachten, das auch von der GfL erstellt wurde, das Einzelfallrisi-<br />
ko bei 10 -5 lag und von der Luftverkehrsbehörde oder Planfeststellungsbehörde gleichzeitig<br />
auch dieses Risiko als unzumutbar hoch eingestuft wurde, bei dem die Genehmigungsfähig-<br />
keit des Flughafens in Frage zu stellen sei. Aber hier im Raumordnungsverfahren wird mit<br />
einem Risiko von 10 -3 ohne weiteres fortgefahren und etwas gemacht.<br />
Im Zusammenhang mit der Frage der landesplanerischen Stellungnahme zum Raumord-<br />
nungsverfahren haben wir gesagt, die Geschäftsgrundlage ist entfallen. Wir hatten auch<br />
angedeutet, dass sich hier die Frage nach Vorhabensalternativen stellt. Herr Bickel, ich kann<br />
Ihnen spätestens morgen das Untersuchungsdesign geben. Ich habe da fünf Alternativen<br />
vorgestellt. Ich bitte, zumindest in der Frage der Risikoanalyse die Vorhabensalternativen mit<br />
zu betrachten.<br />
Der Flughafen Frankfurt hat mit dem Flughafen Hahn die Errichtung eines Flughafensystems<br />
beantragt. Dieses Flughafensystem könnte dann so aussehen – – Ich nenne es mal sehr<br />
allgemein ein Untersuchungsdesign, das zu untersuchen wäre, auch in der Risikoanalyse.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Darf ich Sie darauf hinweisen, dass wir die Alternativen schon diskutiert haben?<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Aber sie gehören hier noch mal mit hin. Die haben wir so nicht vollständig diskutiert. Wir<br />
hatten auch gesagt, dass wir sie noch mal diskutieren wollen. Ich will nur unter dem Ge-<br />
sichtspunkt des Risikos, der Gefahren diese Alternative diskutieren.<br />
Man könnte bei der Entwicklung eines solchen Flughafensystems Hahn zum interkontinenta-<br />
len Hub machen. Es wurde dieser Tage anders diskutiert. Ich selbst bin da anderer Auffas-<br />
sung; man kann es aber auch umgekehrt sehen. Man kann den Flughafen Frankfurt zum<br />
regionalen Hub machen. Das würde bedeuten, dass der Flughafen Frankfurt von 460.000<br />
auf etwa 300.000 bis 350.000 Bewegungen abnehmen würde. Das heißt, hier würde eine<br />
ganz andere Risikolage entstehen, wenn ich ein solches Flughafensystem sinnvoll betreibe,<br />
bei dem die Flughäfen mit einer Hochgeschwindigkeitsbahn verbunden sind und damit<br />
vernünftige Umsteigezeiten zwischen interkontinentalen Verkehren und regionalen Verkeh-<br />
ren gewährleistet wären. Das ist eines dieser Flughafensysteme. Das könnte auch in der<br />
umgekehrten Richtung funktionieren.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 51<br />
Wenn ich Interkontinentalverkehre mache, sieht die entsprechende Reduzierung in Frankfurt<br />
wiederum so aus, immer bezogen auf die 660.000 Bewegungen, die in diesem System<br />
gemacht werden und nicht nur in Frankfurt allein. Sie sehen, es führt zu einer Verbesserung<br />
der Sicherheitslage am Flughafen Frankfurt.<br />
Die weitere Alternative ist die Frage eines Standortsuchverfahrens und der Ausbau eines<br />
Satellitenairports ungefähr in der Größenordnung von 80 km um den Flughafen Frankfurt<br />
herum. Da hätte man allerdings nicht zwei getrennte Hubs, sondern einen Hub in Frankfurt,<br />
und der andere Flughafen wäre ein Originärflughafen, der die Originärverkehre und die<br />
Regionalverkehre, die nichts mit Transfer zu tun haben, bedient.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Die Frage, dass sich, wenn ich Verkehr irgendwo anders hinverlagere, automatisch das von<br />
der Dichte des Verkehrs abhängige Risiko vermindert, ist so trivial, dass Sie jetzt nicht<br />
sämtliche Alternativen noch mal aufzählen müssen, die Sie bereits aufgezählt haben.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ich wollte jetzt auch hier Schluss machen; ich hätte die anderen Alternativen nicht mehr<br />
aufgeführt. Ich wollte nur deutlich machen, dass hier die Trivialität greift und dass dies<br />
ebenfalls in dem Risikogutachten zu betrachten ist, dass nämlich die Alternative eines<br />
Satellitenairports ebenfalls zu einer Reduzierung um rund 200.000 Bewegungen im Jahr<br />
führen könnte. Genauso verhält es sich mit der Verlagerung zu anderen Airports. Das ist<br />
auch unter dem Gesichtspunkt des anderen Standorts mit zu untersuchen. Dort treten<br />
Risiken neu auf, die dort auch zu untersuchen sind.<br />
Herr Mauel hat soeben zugesagt, dass die Eindrehbereiche berücksichtigt werden. Aber sie<br />
liegen zum größten Teil nicht im Untersuchungsraum, Herr Mauel. Zumindest im Osten<br />
liegen sie nicht innerhalb des Untersuchungsraums.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wenn er sie berücksichtigt, ist es egal, wo sie sind.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Nein, der Untersuchungsraum ist nach den bisherigen Vorgaben limitiert. Da sagen Sie, das<br />
untersuchen wir, begrenzen aber gleichzeitig den Untersuchungsraum so, dass die Eindreh-<br />
bereiche nicht im Untersuchungsraum liegen. Also werden sie nicht mehr berücksichtigt.<br />
Ich fordere auch, dass Sie die zwölf genehmigungspflichtigen Anlagen in Offenbach berück-<br />
sichtigen, die Sie im Raumordnungsverfahren zuerst vergessen hatten. Das Gleiche gilt für<br />
die atomtechnischen Anlagen in Hanau und Biblis.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 52<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Was er angesprochen hat, sind zum größten Teil Inhalte. Die kommen mit dem Gutachten.<br />
Das kann zwangsläufig noch nicht vorliegen. Wenn Herr Mauel sagt, dass die Eindrehberei-<br />
che darin beinhaltet sind, sind sie mit drin.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Obgleich sie außerhalb des Untersuchungsraums sind?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Die Eindrehbereiche sind nicht außerhalb des Untersuchungsraumes. Es gibt mehrere<br />
Eindrehradien, die je nach Verkehrslast benutzt werden. Die sind drin.<br />
(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Das stimmt nicht, Herr Mauel!<br />
Aschaffenburg!)<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wollen wir mal unterstellen, es gäbe Eindrehbereiche, die nicht drin sind. Unterstellen wir<br />
mal ganz weite. Wenn dort eine Differenz besteht, was setzt sich durch, der Untersuchungs-<br />
raum oder der Eindrehpunkt? Wenn sie alle drin sind, ist die Frage von sich aus beantwortet.<br />
Wenn es differiert, bedarf es der Antwort. Was setzt sich durch?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Durchsetzen tut sich der Untersuchungsraum, weil außerhalb des Untersuchungsraums kein<br />
relevantes Risiko mehr vorherrscht.<br />
RA’in Fridrich:<br />
In einem Punkt stimme ich mit Herrn Dr. Wetterling ausnahmsweise überein: Es sind<br />
sicherlich Dinge weniger relevant und andere sehr relevant. Im Bereich Sicherheit bewegen<br />
wir uns in einem Bereich, der in dem Vorhaben mit der wichtigste ist, neben dem Lärm.<br />
Deshalb wird aus meiner Sicht auf die zu erstellenden Gutachten auch sehr große Sorgfalt<br />
zu verwenden sein, und es werden entsprechende Gutachter einzubeziehen sein.<br />
Ist die GfL eine nach § 29 a BImSchG anerkannte Stelle bzw. ein bekannt gegebener<br />
Sachverständiger?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Das muss sie, glaube ich, nicht sein, weil dieses Gutachten von jemand anderem gemacht<br />
wird. Die GfL macht das externe Risiko, Absturzwahrscheinlichkeit usw.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Im Zusammenhang mit Ticona?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 53<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Nein, im Zusammenhang mit dem Luftverkehr. Das Risiko, das von den Flugzeugen aus-<br />
geht, geht von ihnen aus, ob Ticona darunter ist oder nicht.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Aber speziell der Sachverhalt, was passiert, wenn ein Flugzeug abstürzt und auf dem<br />
Betriebsgelände der Ticona etwas passiert, ist in dem Gutachten mit drin?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Das ist ein anderes Thema, ein anderer Gutachter, ein anderer Bereich.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Und wer macht das Gutachten dann?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Das sind die von mir bereits erwähnten Gutachten, die vom Land Hessen in Auftrag gegeben<br />
worden sind.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Das heißt, es ist bei Ihnen in den Unterlagen momentan nicht drin?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Momentan kann es nicht drin sein, weil es keine Gutachten sind, die von uns in Auftrag<br />
gegeben worden sind.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Wir haben in der landesplanerischen Beurteilung schon mehrere Betriebe, die zu berücksich-<br />
tigen sind. Sie hatten in dem GfL-Kurzstatement den Bebauungsplan Taubengrund drin, und<br />
Sie hatten die Ticona besonders betrachtet. Es war aber im Raumordnungsverfahren auch<br />
seitens des Regierungspräsidiums noch weit mehr an Betrieben einzustellen bzw. Sachver-<br />
halten in ein solches Gutachten einzubeziehen. Ich möchte auf das Thema Caltex verwei-<br />
sen. Das vermisse ich hier. Ich vermisse auch die Auseinandersetzung mit DEA bzw. fordere<br />
das Regierungspräsidium auf, der Fraport aufzugeben, das in den noch zu erstellenden<br />
Unterlagen entsprechend zu berücksichtigen.<br />
Dann fehlt mir noch die Problematik des Güterverkehrszentrums. Das ist auch schon ein<br />
Sachverhalt aus dem Raumordnungsverfahren. Da gilt das Entsprechende.<br />
Sie haben vorhin dargestellt, dass das externe Risiko auf Sachverhalte außerhalb des<br />
Flughafens bezogen wird. Externes Risiko habe ich immer als das externe Risiko für denje-<br />
nigen verstanden, der sich außerhalb des Flugzeugs befindet. Wenn man den Flughafen, wo
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 54<br />
sehr viele Arbeitsplätze vorhanden sind und sehr viele Personen sich dauerhaft aufhalten,<br />
herausnimmt, stellt sich für mich die Frage: Wieso kann man das herausnehmen? Es gibt<br />
das Hotel, den Fernbahnhof. Inwieweit kann man bei der Berechnung des externen Risikos<br />
diese Bereiche aus dem Untersuchungsraum herausnehmen?<br />
Der Untersuchungsraum ist auch für mich nicht ganz nachvollziehbar abgegrenzt. Aber ich<br />
denke, das wird das Regierungspräsidium ohnehin noch einmal prüfen.<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Das externe Risiko ist so definiert, dass da nur die Personen zu ermitteln sind, die nicht mit<br />
dem Luftverkehr direkt zu tun haben. Das sind Leute, die sich nicht am Flughafen oder<br />
außerhalb der Flughafengrenze aufhalten.<br />
(Heldmaier [Hanau]: Wo ist das definiert?)<br />
– Das ist definiert in der Methode GfL und vom Gutachter. NLR definiert es übrigens auch<br />
so.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Diese Aussage wundert mich etwas. Ich bitte das Regierungspräsidium, Folgendes zu<br />
berücksichtigen: Wir haben am Flughafen selbst auch viele andere Nutzungen, den Fern-<br />
bahnhof zum Beispiel oder Gewerbebetriebe, die nicht den eigentlichen Flughafen betreffen.<br />
Das Gleiche gilt für den Süden, der bei der Nordwestvariante aber nicht so brisant ist. Hier<br />
muss man auch bei den Überflughöhen, die wir über dem nördlichen Bereich des bestehen-<br />
den Flughafens haben, eine Betrachtung einfordern.<br />
Ich gehe auch davon aus, dass das Regierungspräsidium der Fraport aufgeben wird, eine<br />
detaillierte Analyse beispielsweise der Eingabeparameter im Bereich Ticona zu machen,<br />
sprich: Leitungen darzustellen, einzelne Bereiche, in denen Schadstoffe gelagert werden. Ich<br />
gehe davon aus, dass das sehr detailliert von Ihnen eingefordert werden wird.<br />
Ich möchte die Forderung meiner Vorredner nach dem Risikomanagement ausdrücklich<br />
unterstützen. Ein Risikomanagement müssen Sie hier mit vorlegen. Das ergibt sich aus § 6<br />
Abs. 3 Nr. 2 UVPG, Minimierung der Auswirkungen. Ich denke, es kann nicht sein, dass Sie<br />
in einem Fall, der bei einem Absturz über Ticona auftritt, einfach sagen können: Wir prüfen<br />
gar nicht, inwieweit man eine Schadensbegrenzung für den Betrieb und ausgehend von dem<br />
Betrieb Ticona machen kann. Ich denke, das ist in diesem Zusammenhang auch angesichts<br />
des hohen Risikopotenzials hier einzufordern und würde auch den gesetzlichen Bestimmun-<br />
gen entsprechen.<br />
Deshalb auch mein Petitum an das Regierungspräsidium, das für die relevanten Anlagen,<br />
die Sie auch schon im Raumordnungsverfahren als relevant angesehen haben, einzufordern.<br />
Das DEA-Tanklager ist natürlich auch problematisch, weil es im unmittelbaren Nahbereich
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 55<br />
zum Main liegt. Man darf sich nicht ausmalen, was passieren kann, wenn da wirklich ein<br />
Flugzeug abstürzt und auch erhebliche Mengen an Kerosin oder Ähnlichem in den Main<br />
gelangen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wir machen jetzt bis 13.30 Uhr Mittagspause.<br />
(Unterbrechung von 12.32 bis 13.38 Uhr)<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wir fahren fort.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Ich habe es jetzt so verstanden, dass die GfL wohl ermittelt, ob Flugzeuge mit welchen<br />
zeitlichen Annahmen irgendwo abstürzen können. Das war auch im Raumordnungsverfahren<br />
so. Und in Berlin ist Herr Dr. Schaffert mit der Kommunikation beschäftigt. Wird auch<br />
geschaut, was im Katastrophenfall – es fliegt ein Flugzeug in die Ticona oder eine andere<br />
Störfallanlage – passiert? Werden Szenarien betrachtet, wie groß das Risiko überhaupt ist?<br />
Wer macht das?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Diese Untersuchungen sind Gegenstand der Gutachten, die nicht von Fraport, sondern vom<br />
Land Hessen in Auftrag gegeben werden.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Das ist also das, was das Land letztendlich macht. Es war mir nicht ganz klar, wo das<br />
hingehört. – Ich finde es erfreulich, dass Sie Ihre Gefahrgutgeschichten offensichtlich mit<br />
einstellen. Dass Sie selber Gefahrguttransporte betreiben, erhöht ja das Risiko, je nachdem,<br />
was da reinknallt. Ist davon auszugehen, dass die Informationen, was Sie an Ihrem Flugha-<br />
fen betreiben, an das Land Hessen gegangen sind, um dieses Risiko richtig zu ermitteln?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Die Gefahrgüter im Luftverkehr, also Gefahrgut als Luftfracht im Flugzeug, werden im<br />
externen Risikogutachten mit berücksichtigt.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Aber nicht bei der Frage, wie das Event dann aussieht, also wenn ein Gefahrgutfrachter auf<br />
die Ticona knallt, wie sich dann das Szenario erweitert.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 56<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wir haben aufgenommen, dass diese Frage untersucht werden muss. Wir werden dann<br />
sehen, wer es untersuchen wird.<br />
Kaller (Offenbach):<br />
Wenn wir es der Presse richtig entnommen haben, ist beabsichtigt, den Fernbahnhof nicht in<br />
der heutigen Form zu belassen, sondern das heute vorhandene Dach wegzunehmen und da<br />
einen Hochbau mit Hotel etc. draufzusetzen. Das ist alles hier nicht wichtig. Das heißt im<br />
Klartext: Sie bauen ein neues Hindernis, möglicherweise unmittelbar in den Anflug von Osten<br />
her, ein. Ist dies in Ihrer Risikoanalyse berücksichtigt? Wenn ja, in welcher Form? Man muss<br />
bedenken, dass so ein Dach selbst thermische Aufheizungen hat, die wiederum zu gewissen<br />
Wirbeln über der Fläche führen. Man kann sich vorstellen, dass darin gewaltige Klimaanla-<br />
gen vorhanden sind, deren Abluft ebenfalls über das Dach abgegeben wird. Ist dieses<br />
Problem erkannt? Wenn ja, wie wird es berücksichtigt?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Die Aufbauten des Fernbahnhofs sind entsprechend der Hindernisrichtlinie in den techni-<br />
schen Planungen berücksichtigt. Sie befinden sich unter den entsprechenden Flächen. Es ist<br />
also kein Problem.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Die Arbeitsteilung in der Bearbeitung der Risikobegutachtung ist nicht ganz einfach. Ich habe<br />
verstanden: Das Luft/Boden-Risiko macht die GfL, das Boden/Luft-Risiko macht das Land<br />
Hessen. Oder liege ich da falsch?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Im Prinzip ist es richtig, aber so ganz kann man es nicht aufteilen.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Auf diese Problemzone dazwischen möchte ich mit meiner ersten Frage hinaus. Sie lassen<br />
im Ausbaufall Flugzeuge über Rollbrücken rollen, die die Autobahn, die auch noch ausge-<br />
baut werden soll, und eine stark befahrene Bahnstrecke überspannen. Wohin zählt dieses<br />
Risiko? Wird es untersucht? Wer untersucht eine Havarie verursacht durch Fahrzeuge auf<br />
der Autobahn oder – man denke an Eschede – durch einen Brückenunfall unter der Rollbrü-<br />
cke?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Ich hatte vorhin ausgeführt, dass der Überflug von Bahnlinien und Autobahnen, das heißt<br />
auch das Rollen darüber, und damit verbundene eventuelle Auswirkungen auf das externe<br />
Risiko untersucht werden.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 57<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Also der Überflug im Sinne Ihrer vorherigen Äußerungen ist auch das Rollen über die<br />
Brücken. Das war nicht ganz klar.<br />
Was das Flugzeug auf dem Boden anrichtet, richtet sich natürlich danach, was das Flugzeug<br />
trifft. Eine Reihe von Anlagen wurden schon genannt. Ticona nennt die GfL im Exposé<br />
selbst. In der landesplanerischen Beurteilung werden Sie auch noch gebeten, die Anlagen<br />
auf dem InfraServ-Gelände zu behandeln. Wo sind sie bearbeitet? Ist die Ticona in Ihrem<br />
Exposé nur pars pro toto – Sie sehen, ich baue Ihnen goldene Brücken –, oder wie machen<br />
Sie das?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Ticona ist ein Störfallbetrieb, beispielhaft genannt. Weitere Störfallbetriebe werden in dem<br />
Gutachten berücksichtigt. Ganz konkret: Auch die Caltex wird berücksichtigt.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Die entsprechende Formulierung in der landesplanerischen Beurteilung lautet: „Die Auswir-<br />
kungen des Vorhabens auf die Sicherheit der westlich der geplanten Landebahn gelegenen<br />
Anlagen der Firmen Ticona und InfraServ Höchst sind näher zu untersuchen.“ Im Exposé<br />
findet man die Detailuntersuchung für Ticona, man vermisst aber die Detailuntersuchung zu<br />
InfraServ.<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Auf dem Ticona-Gelände gibt es zwei Betreiber von Anlagen, einmal InfraServ und einmal<br />
Ticona. Insofern ist das ein Gelände mit verschiedenen Anlagen. Das wird von der GfL in<br />
ihrem Gutachten mit betrachtet.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Im Exposé findet man auch die Aussage, im Rahmen eines Flugsicherheitsgutachtens<br />
müssten einzelne gefährdende Anlagen nicht individuell modelliert werden. Das wird einfach<br />
so hingesetzt, als wäre es ein Gesetz. Wie begründen Sie, dass Sie hier nichts mehr<br />
differenzieren? Was soll man sich da vorstellen? Gibt es dann eine Art Normanlage?<br />
Nehmen Sie ein Gebiet in den Blick, stellen fest, dass dort acht Anlagen sind – die Abgren-<br />
zung ist schwierig –, und dann setzen Sie eine Durchschnittsbrandlast oder Explosivität an?<br />
Ich habe nicht verstanden, was damit gemeint ist und wie Sie da zu einer zutreffenden<br />
Auswirkungsanalyse kommen wollen.<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir erwarten Eingangsdaten von der Ticona, die uns eine nähere Berechnung dazu ermögli-<br />
chen, das heißt ganz konkret die Art des Stoffes, die Menge des Stoffes und die genaue<br />
Verortung des Stoffes, und dann können wir eine entsprechende Detailanalyse durchführen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 58<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Ich ersuche das RP, in das Unterrichtungsschreiben das Begehren aufzunehmen, in den<br />
Bereich des relevanten Risikos – das kann nicht ein geometrischer Raum von 40 x 40 sein –<br />
alle Anlagen mit gegenüber der Durchschnittsbebauung erhöhtem Risiko aufzunehmen. Nur<br />
ein Beispiel, das mir einfällt: Unter anderem und wesentlich wegen des Flughafens gibt es<br />
die Isolierstation. Ich glaube, sie gehört zur Frankfurter Uniklinik. Dort gibt es Umgang mit<br />
pathogenen Keimen. Eine Havarie dort ist natürlich von ganz besonderem Interesse. Solche<br />
Dinge können und sollten Sie nicht ausblenden. Das Exposé ist ja kurz, und die <strong>Scoping</strong>-<br />
Unterlagen sind notwendigerweise lückenhaft; das ist mir klar. Aber wird so etwas mitbe-<br />
dacht?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir haben nur Anlagen und Störfallanlagen betrachtet, keine Krankenhäuser mit Isolierstati-<br />
on.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Der Umgang mit Pesterregern, Typhus und Cholera ist nicht interessant? – Das Ersuchen an<br />
das RP für das Unterrichtungsschreiben liegt auf der Hand.<br />
Zum Untersuchungsbereich stelle ich mir das schlicht so vor: Es gibt im Ausbaufall Verflech-<br />
tungsbereiche für den Luftverkehr, die für das Luft/Boden-Risiko stark erhöhte Werte<br />
ergeben. Andere Bereiche sind bei bestimmungsgemäßem Betrieb und Beflug des Luft-<br />
raums nahezu ohne Bewegung in der Luft. Das heißt, es gibt Bereiche mit erhöhtem Risiko<br />
und Bereiche mit geringerem Risiko, abhängig vom Flugbetriebsmodell. Es wird auch das<br />
Risiko, wenn man etwa ISO-Risikolinien rechnen würde, ähnliche Finger ergeben wie die<br />
Berechnung von Isophonen, sodass ich vor diesem Hintergrund die Bestimmung des<br />
Untersuchungsraums für völlig inadäquat halte und bitte, einen sachgerechten Untersu-<br />
chungsraum zu nehmen und das Flugbetriebsmodell – Sie können es also doppelt verwer-<br />
ten, ein weiterer Grund, es den Unterlagen beizulegen – Ihrer Risikoanalyse zugrunde legen,<br />
und bitte das RP, das auch zu fordern.<br />
Oschinski (Kreis Groß-Gerau):<br />
Ihnen ist sicher bekannt, dass wir in den letzten zehn Jahren drei Tankwagenunglücke im<br />
Zusammenhang mit der DEA-Raffinerie in den Einflugschneisen hatten. Wo und wie wird<br />
dieses Risiko untersucht? Wird es untersucht? Wenn nicht, bitte ich, auch dies in das<br />
Unterrichtungsschreiben für die Fraport aufzunehmen.<br />
Ott (Rüsselsheim):<br />
Es geht von der Firma Ticona auch eine Gefährdung des Luftverkehrs aus. Ich habe vorhin<br />
verstanden, dass das Gutachten dazu von der Hessischen Landesregierung beauftragt wird.<br />
Fraport lässt nur das Absturzrisiko untersuchen. Beispielsweise gibt es in einer Firma wie
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 59<br />
Ticona auch Szenarien für Notfälle, für Katastrophen, wo dann irgendwelche Stoffe abgefa-<br />
ckelt werden müssen. Tief darüber fliegende Flugzeuge wären dadurch auch gefährdet. Wird<br />
das untersucht? Wenn ja, wer untersucht es?<br />
Wäre die Landebahn schon da und Ticona wollte jetzt bauen, müsste selbstverständlich<br />
Ticona dieses Gutachten in Auftrag geben. Davon gehe ich aus. Ich habe es bisher so<br />
verstanden, dass das jetzt die Hessische Landesregierung beauftragt hat. Wer untersucht<br />
konkret die Gefahren, die von dieser Firma für den Luftverkehr ausgehen? Es kann dort zu<br />
Katastrophen kommen, die natürlich ganz konkret den Luftverkehr darüber gefährden.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Manche haben hier die Stirn gerunzelt, wieso das Land Hessen und wieso nicht die Antrag-<br />
stellerin die Ticona-internen Risiken abschätzt. Es sind immerhin Betriebsgeheimnisse zu<br />
verwerten, um ein solches Gutachten ordnungsgemäß zu erstellen. Deswegen ist es wohl<br />
klar, dass eine andere Firma nicht einfach in den Betrieb reingeht und anfängt, dort gutacht-<br />
lich tätig zu werden. Es geht ja nicht nur um die Rezeptur der augenblicklichen Fabrikation,<br />
sondern auch um die Frage: Was wird im Jahre 2015 produziert? Die ganze wirtschaftliche<br />
Planung muss einbezogen werden. Deswegen ist es für mich nachvollziehbar, dass nicht<br />
eine andere Firma, die mit Ticona nichts zu tun hat, dieses Gutachten in Auftrag gibt. Wer<br />
das dann bezahlt, ist nicht Gegenstand dieser Verhandlung.<br />
Aber Sie wollen wissen, wenn bei Ticona eine Katastrophe passiert, welche Auswirkungen<br />
das auf den Luftverkehr hat und wer das begutachtet.<br />
Ott (Rüsselsheim):<br />
Noch eine Frage: Bekommt die Hessische Landesregierung auch ein Unterrichtungsschrei-<br />
ben?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein. Warum? Wir erstellen uns das selbst, unser eigenes Anforderungsprofil. Das ergibt<br />
sich aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz, der Störfallverordnung usw.<br />
Lurz (Vorhabensträgerin):<br />
Wir gehen davon aus, dass dieses Risiko von den Gutachtern, die das Land Hessen beauf-<br />
tragen wird oder schon beauftragt hat, betrachtet wird. Wir betrachten die Risiken aus dem<br />
Flugverkehr.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Noch eine Anmerkung an die Herren der Fraport: Wenn ich heute Morgen gesagt habe, dass<br />
der Präzisionsanflug statistisch gesehen das größere Risiko ist als der Nichtpräzisionsanflug,<br />
dann möchte ich nicht, dass in Ihren Reihen gefeixt wird und mir mitgeteilt wird, es wäre gut,<br />
dass ich nicht mehr fliege, weil ich das verwechsle.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 60<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir private Auseinandersetzungen, die sich draußen beim<br />
Kaffee ergeben, hier nicht weiter erörtern.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Gut. – Mit wie viel Flughäfen wird das statistische Material angereichert, also die Absturzrisi-<br />
ken, die Verkehrsstruktur usw.? Wie viel Flughäfen werden Sie untersuchen lassen, um<br />
einen repräsentativen Verkehrsquerschnitt, sprich: Flugzeugalter, Flugzeuggrößen usw., für<br />
Ihre Untersuchung zu haben? Ich weiß, dass die NLR rund 40 Flughäfen als Grundlage<br />
nimmt, also versucht, weltweit 40 Flughäfen zu finden, die ein ähnliches Verkehrsprofil<br />
haben. Wie viel Flughäfen wählen Sie?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir haben eine statistische Analyse machen lassen, um wirklich vergleichbare Flughäfen zu<br />
finden. Die Antwort ist 44, also ähnlich wie NLR.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Wie oft passiert es bei Ticona, dass diese enormen Dämpfe abgelassen werden? Ich habe<br />
es jetzt des Öfteren gesehen. Das geschieht unterhalb der Kategorie-1-Minima, das heißt,<br />
das Flugzeug ist für eine Sichtverschlechterung an der Stelle natürlich überhaupt nicht<br />
vorbereitet. Man ist unter dem Minimum und kommt plötzlich in eine ganz dicke Dampfwolke<br />
hinein. Wie oft passiert das? Wird berücksichtigt, dass diese technischen Abläufe sich<br />
abspielen, und zwar ungefähr 20 Sekunden vor dem Aufsetzen?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir haben ausgeführt, dass die Gefahren oder Beeinträchtigungen, die von Ticona für den<br />
Luftverkehr ausgehen, in Gutachten des Landes Hessen untersucht werden. Darüber<br />
können wir hier nichts sagen.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Dann sind auch die Kühltürme nicht Gegenstand dieser Untersuchung?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Selbstverständlich.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Dann brauche ich auch die Fackel, die Herrn Fislake das letzte Mal so beschäftigt hat, nicht<br />
weiter anzuführen.<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Ist auch da drin.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 61<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Ein anderer Punkt ist das Durchstartverfahren, insbesondere von der anderen Seite. Ich rede<br />
hier nicht über Hindernisfreiheit. Ich möchte einfach solche Verwechslungen vermeiden.<br />
Sonst kommt es zu Missverständnissen. Wie ist das Durchstartverfahren modelliert?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Das Durchstartverfahren ist im Rahmen des Gutachtens für das externe Risiko modelliert,<br />
indem das Verfahren nach PANS-OPS abgebildet ist. In ICAO-PANS-OPS sind die entspre-<br />
chenden Verfahren definiert, und entsprechend wird es abgebildet.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Das kann man dann nachher auch im Gutachten alles so nachlesen, dass es so gemacht<br />
wird? – Gut.<br />
Wir haben vorhin über das Thema Management gesprochen. Ich habe hier die Unterlagen<br />
der Niederländer. Es ist dort in einem Kartenwerk eingestellt: die Risikokonturen, die ISO-<br />
Konturen, und zwar die ISO-Konturen nach verschiedenen Kriterien, nach Kevin oder nach<br />
dB(A). Sie können beides sozusagen in einem erfassen, und beides ist fast kongruent. Sie<br />
können dann ein Lärmmanagement und ein Risikomanagement zusammenführen.<br />
Deshalb möchte ich noch mal betonen, dass wir beides am Ende des Planverfahrens haben<br />
müssen. Ich glaube, zumindest an dieser Stelle ist eine Win-win-Situation vorhanden. Egal,<br />
ob wir den Flughafen ausbauen oder nicht, wir werden das auf jeden Fall brauchen. Es<br />
vereinfacht die Geschichte erheblich, weil es fast kongruente Footprints sind. Wenn Sie das<br />
noch nicht kennen, stelle ich Ihnen das gerne zur Verfügung, aber eigentlich müssten Sie es<br />
kennen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich denke, dass Managementregelungen, die völlig separat nebeneinander laufen können,<br />
sinnlos sind, denn ein Flugzeug kann ja nur in einer Situation fliegen. Die muss man ja<br />
zusammenführen. Das ist irgendwie trivial.<br />
Löbig (RP Darmstadt):<br />
Sie haben sich bereit erklärt, jetzt auch eine Risikoanalyse für die Beschäftigten zu erstellen.<br />
Damit wir nachvollziehen können, ob die Datengrundlage ausreichend ist, möchte ich<br />
wissen: Welche Daten fließen in diese Risikoanalyse ein?<br />
Vitzthum (Vorhabensträgerin):<br />
Können wir die Frage bitte zurückstellen und nachher beantworten?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 62<br />
Löbig (RP Darmstadt):<br />
Gut. – Sie haben gesagt, Sie prüfen das Risiko von Flugzeugabstürzen. Es gibt aber auch<br />
noch die Blue-Ice-Geschichten oder sonstige Dinge, die Flugzeuge verlieren können,<br />
irgendwelche Ventile usw. Wie beabsichtigen Sie, diese Dinge zu analysieren bzw. Unterla-<br />
gen dazu zu erstellen?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Es gibt Statistiken zu Blue-Ice-Vorfällen und zu herabfallenden Flugzeugteilen. Diese werden<br />
ausgewertet und qualitativ beschrieben. Vor allen Dingen die Verortung der Vorgänge ist<br />
sehr wichtig: Wo passiert was? Daraus kann man Schlüsse ziehen.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
Mir ist bei der Diskussion deutlich geworden, dass wir mit einem Dritten diskutieren, der hier<br />
ein Gutachten vorlegt, dem Land Hessen, das hier gar nicht präsent ist.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Doch.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
Ja, natürlich; Sie sind natürlich Landesbeamter. Aber da würde ich als Erstes darum bitten,<br />
dass die Aufgabenstellung, die Methodik und die Kriterien dieses Gutachtens, das wir jetzt<br />
erläutert bekommen haben, in der gleichen Präzision offen gelegt werden, wie es die<br />
Fraport AG uns offen gelegt hat. Zum Zweiten bitte ich darum, dass ein kompetenter,<br />
aussagefähiger Vertreter des Landes Hessen anwesend ist und zu dieser Beauftragung des<br />
Gutachtens Rede und Antwort steht.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Mir nicht.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
Aber wir müssen ihn zumindest befragen können, wenn wir unser Beteiligungsrecht hier<br />
ernst nehmen. Es kann ja nicht sein, dass die Fraport AG das stellvertretend für das Land<br />
Hessen macht.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein, nein.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
Sie verneinen das völlig zu Recht. Aber dafür muss doch wohl irgendjemand hier im Raum<br />
sein.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 63<br />
Thiele (RP Darmstadt):<br />
Die Anforderungen, die sich an die Begutachtung dieser Sicherheitsproblematik für unsere<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben, können wir durchaus diskutieren, ohne dass die<br />
konkreten Leistungsprofile von Gutachten, die bereits in Auftrag gegeben worden sind, jetzt<br />
hier bekannt gegeben werden müssen. Das ist ja auch zu großen Teilen bereits passiert.<br />
Aus Ihren Äußerungen und dem, was schon vonseiten des Podiums dazu gesagt worden ist,<br />
sind die Anforderungen an diese Begutachtungen relativ deutlich geworden.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
Herr Thiele, dann verstehe ich nicht, weshalb wir überhaupt den Ordner von Fraport bekom-<br />
men haben. Dann hätten wir ja ohne jede Vorbereitung herkommen können. Wenn es noch<br />
nicht einmal notwendig ist, für einen <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> die Methodik, den Untersuchungsge-<br />
genstand und die Kriterien für das Gutachten offen zu legen, das das Land Hessen in<br />
Auftrag gegeben hat, verstehe ich nicht so recht, auf welcher Basis Sie hier diskutieren<br />
wollen. Im Prinzip stellen Sie sich selbst frei, weil Sie immer in einem Interessenkonflikt mit<br />
dem Land Hessen stehen. Das kann ich nachvollziehen. Aber für uns als betroffene Kom-<br />
munen ist es nicht akzeptabel.<br />
Hermann (HMWVL Wiesbaden):<br />
Herr Möller-Meinecke, diese Gutachten sind in Auftrag gegeben worden in Vollziehung des<br />
Auftrages aus der landesplanerischen Beurteilung, wonach dieses Risiko raumordnungs-<br />
rechtlich besonders zu betrachten sei. Das Land Hessen hat durch die Landesregierung die<br />
Absicht erklärt, im Lichte der landesplanerischen Beurteilung vom vergangenen Sommer<br />
eine Landesentwicklungsplanänderung durchzuführen.<br />
Um diese LEP-Änderung durchführen zu können, brauchen wir bestimmte Grundlagen<br />
hinsichtlich dieser offenen Fragen. Wenn sie durchgeführt wird, wird sie gemäß dem Lan-<br />
desplanungsgesetz auch dazu führen, dass alle beteiligten Kommunen – im Übrigen alle<br />
Kommunen des Landes Hessen – Gelegenheit bekommen, dazu Stellung zu nehmen. Das<br />
heißt, dass sie zunächst einmal Gelegenheit bekommen, in die Entscheidungsgrundlagen<br />
Einsicht zu nehmen. In diesem Zusammenhang werden sie sich mit den Methoden und mit<br />
dem Untersuchungsgegenstand dieser Gutachten auseinander setzen können.<br />
Insofern geht es hier um ein völlig anderes Verfahren. Es geht um ein Verfahren, das das<br />
Land Hessen im Rahmen seiner raumordnungsrechtlichen Zuständigkeit vorbereitet, und<br />
nicht um die Planfeststellung der Flughafenerweiterung. In diesem anderen Verfahren<br />
werden die hier anwesenden Kommunen die Gelegenheit haben, sich mit diesen Leistungs-<br />
beschreibungen auseinander zu setzen.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
Herr Hermann, vielen Dank. Das war eine hilfreiche Aufklärung. Das heißt aber im Kern,<br />
dass wir das <strong>Scoping</strong>-Verfahren aussetzen können, bis die Änderung des Landesentwick-
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 64<br />
lungsplanes abgeschlossen ist. Denn insoweit werde ich vertröstet, dass ich zukünftig eine<br />
Akteneinsicht in die Aufgabenstellung eines Gutachtens bekomme, das auch verwendet<br />
werden soll, um Ihnen Erkenntnisse für das <strong>Scoping</strong>-Verfahren und die Unterrichtung des<br />
Vorhabenträgers zu geben. Daher denke ich: Wenn Herr Hermann so offen legt – das finde<br />
ich nachvollziehbar –, dass ein Beteiligungsrecht da zukünftig zu erwarten ist, würde ich für<br />
die von mir vertretenen Städte und Gemeinden und den Landkreis darum bitten, dass uns<br />
insoweit auch das Recht auf rechtliches Gehör nach Abschluss dieser Anhörung in dem<br />
<strong>Scoping</strong>-Verfahren noch eröffnet wird. Das heißt logischerweise, dass wir dieses Verfahren<br />
aussetzen müssen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich darf Sie darauf hinweisen, dass rechtliches Gehör im <strong>Scoping</strong>-Verfahren kein Gegen-<br />
stand ist. Es ist eine Beratung der Behörde. Es geht hier nicht um Rechte der Gemeinden.<br />
Es geht hier nur darum, dass wir Einsichten über Anforderungen an die Vorhabensträgerin<br />
gewinnen sollen und darüber hinaus selbstverständlich auch diejenigen Dinge erörtern, die<br />
für die Genehmigung nachher erforderlich sind. Ein Vorschlag, wie ein solches Gutachten<br />
auszusehen hätte, ist gar nicht erforderlich. Nur hat die Fraport AG das getan. Das bedeutet<br />
aber nicht, dass alle anderen das auch tun müssen. Deswegen sehe ich überhaupt keine<br />
Veranlassung zu einer Unterbrechung.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Ich wollte eine weitere Anregung geben. Wir haben nach dem Raumordnungsverfahren oft<br />
gehört, bei Ticona ist Hindernisfreiheit gewährleistet. Ich habe keinen Zweifel, wenn das so<br />
festgestellt wird. Das hat aber zum Beispiel nichts mit einem Allwetterflugbetrieb zu tun.<br />
Deshalb rege ich an, dass zu den Unterlagen – sonst ist das Ganze ja sinnlos – die Stel-<br />
lungnahmen der zulassenden Behöre, sprich: Luftfahrtbundesamt, zum Thema Allwetterbe-<br />
trieb beigefügt werden, damit wir im Erörterungstermin die Unterlagen haben, durch die<br />
sichergestellt ist, dass ein Kategorie-3b-Anflug – den wollen Sie ja machen – aufgrund der<br />
dort vorherrschenden Randbedingungen überhaupt möglich ist und dass es nachprüfbar ist.<br />
Das kann nicht die Flugsicherung machen. Das muss die zulassende Behörde machen.<br />
Denn sie muss es nachher auch genehmigen.<br />
Mit Hindernisfreiheit hat dies natürlich überhaupt nichts zu tun. Diese Zulassung ist nur ein<br />
Teilbereich.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Wenn ich Herrn Hermann richtig verstanden habe, hat das Gutachten, das das Land macht,<br />
das Ziel, den LEP zu ändern. Sehe ich das richtig? – Das soll vor dem Hintergrund des<br />
Raumordnungsverfahren geschehen. Das heißt, hier sind raumordnerische Kriterien von<br />
Belang. Da frage ich mich, ob die technischen Dinge, die wir hier besprochen haben – also
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 65<br />
ob da eine Qualmwolke abgeblasen wird oder nicht –, überhaupt Gegenstand dieses<br />
Gutachtens sein können. Denn das ist raumordnerisch kaum von Belang, vermute ich.<br />
Thiele (RP Darmstadt):<br />
Wir haben von Herrn Hermann gehört, dass die Begutachtung sich an dem orientiert, was<br />
auch in unserer landesplanerischen Beurteilung als Ergebnis des Raumordnungsverfahrens<br />
formuliert worden war. Da war formuliert worden, dass diese Untersuchung insbesondere<br />
darüber Auskunft geben soll, „ob zur Einhaltung der Anforderungen an die Anlagensicherheit<br />
Maßnahmen an den genannten Anlagen erforderlich und durchführbar sind und ob die<br />
Anlagen an den bisherigen Standorten weiterhin betrieben werden können“.<br />
Wenn das so präzise beantwortet werden soll, sind notgedrungen auch derartige Ereignisse,<br />
wie Sie sie gerade beschrieben haben, in die Betrachtung einzubeziehen. Insofern habe ich<br />
an der Detaillierung der Untersuchungen keinen Zweifel, wenn man dem folgt.<br />
(Ott [Rüsselsheim]: Die Frage müsste eigentlich heißen: Kann da ge-<br />
flogen werden?)<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wer da wem weicht, ist doch jetzt nicht das Thema.<br />
RA Baumann:<br />
(Ott [Rüsselsheim]: Die Anlage ist aber da!)<br />
Ich habe heute Morgen gelernt, dass die Fraport Risiken, die von anderen bodenbezogenen<br />
Anlagen außer dem Flughafen ausgehen, nicht zur Kenntnis nehmen möchte und auch einer<br />
Untersuchung nicht unterziehen möchte. Wenn ich das missverstanden haben sollte, bitte<br />
ich Sie, mich zu korrigieren.<br />
Die Risiken, die von Ticona und anderen technischen Anlagen ausgehen – es wurde auch<br />
der Bereich Hanau/Offenbach genannt; man könnte Aschaffenburg noch dazunehmen –,<br />
wären natürlich mit einzubeziehen.<br />
Zweitens habe ich heute Morgen gelernt, dass eine Risikoanalyse und auch ein Risikomana-<br />
gement als Ergebnis dieser Risikoanalyse von der Fraport nicht beabsichtigt sind. Insoweit<br />
steuert Fraport bei internationaler Bewertung auf ein Niveau zu, das mit ähnlichen Attributen<br />
belegt werden könnte wie die Schulstudien, die derzeit im Umlauf sind. Man ist sozusagen<br />
auf unterstem Niveau, am Ende der internationalen Linie.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Herr Baumann, die Frage, was wer möchte, ist völlig irrelevant. Denn was gemacht wird,<br />
steht im Unterrichtungsschreiben – ob das gemocht wird oder ob es nicht gemocht wird.<br />
Deswegen würde ich sagen: Eine Rekapitulation dessen, was der Antragsteller gerne
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 66<br />
möchte, mag vielleicht für die Psychologie ganz interessant sein. Rechtlich relevant ist das,<br />
was im Unterrichtungsschreiben steht.<br />
Wir erwarten von Ihnen jetzt einige nette Aufforderungen über die Dinge, die in das Unter-<br />
richtungsschreiben hineingehören. Bitte fahren Sie fort.<br />
RA Baumann:<br />
Hätten Sie mich nicht unterbrochen, hätte ich es schon gesagt.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich wusste nicht, wie lange Sie noch die Wünsche der Fraport rekapitulieren wollten.<br />
RA Baumann:<br />
Ich war gerade am Ende und möchte jetzt meine Ausführungen dahingehend fortführen,<br />
dass ich bestimmte Standards im Risikobereich erwarte. Aus meiner Sicht ist es erforderlich,<br />
dass eine Risikoanalyse durchgeführt wird. Insbesondere ist ein Risikomanagement, wie es<br />
internationalen Standards entspricht, durchzuführen.<br />
Aus meiner Sicht ist es auch völlig unzulässig, mit einem doppelt so hohen – nein, es ist ja<br />
potenziert höher; man muss sagen: vielfach höheren Risiko – zu fahren, als es nach den<br />
Standards bei Industrieanlagen zulässig wäre. Bei Industrieanlagen ist ein Ereignis bei<br />
einem Erwartungswert von 10 -6 noch zulässig. Bei Fraport soll es bei 10 -3 zulässig sein. Das<br />
kann nicht akzeptiert werden. Ich bin kein Risikoexperte. Aber hier sind Unterschiede von<br />
Welten. Hier müssen die Anforderungen verschärft werden.<br />
Das führt nämlich dann dazu, dass verstärkt über Alternativen nachzudenken sein wird, und<br />
zwar nicht nur über Alternativen am Mikrostandort, sondern Alternativen insgesamt. Diese<br />
Diskussion möchte Fraport nicht führen. Die wollen wir führen. Die wollen wir im Erörterungs-<br />
termin dann später führen.<br />
Deswegen ist es erforderlich, auch die von Herrn Faulenbach da Costa dargestellten<br />
Alternativmodelle in die Risikobetrachtung einzubeziehen, damit Vergleichsmomente bzw.<br />
Vergleichszahlen und Dokumentationen zur Verfügung stehen, um im Erörterungstermin und<br />
dann im Planfeststellungsverfahren eine entsprechende Diskussionsgrundlage zu haben.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Die 10 -3 ist ein Ergebnis eines Gutachtens, das noch erstellt werden soll, wie ich das mitbe-<br />
kommen habe. Ich erinnere mich, dass wahrscheinlich eine Grobabschätzung aus früherer<br />
Zeit der Sache zugrunde liegt. Aber das eigentliche Gutachten wird noch erstellt. Deswegen<br />
möchte ich mich mit der 10 -3 überhaupt nicht befassen.<br />
Aber eine andere Sache ist mir wichtig: Aus Ihrer Sicht sind Sie der Meinung, dass 10 -6 die<br />
Grenze sei. Das ist ja ein Petitum.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 67<br />
(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Das ist Standard!)<br />
Wir haben ja auch über Bewertungsstufen geredet. Es kann sein, dass Sie sagen: Standard<br />
im einen ist nicht Standard im anderen. – Das wollte ich nur festgehalten haben.<br />
RA Baumann:<br />
Dabei möchte ich sagen, dass mir nicht geläufig ist, welche Standards international im<br />
Flughafenbereich anzunehmen sind. Nach meiner Kenntnis sind die Anforderungen im<br />
Flughafenbereich höher anzusetzen als bei Industrieanlagen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist angekommen.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Herr Vorsitzender, ich weiß, dass es nicht erforderlich ist. Trotzdem bitte ich darum, dass ich<br />
sagen darf, dass ich Ihren letzten Ausführungen nicht ganz zustimme. Sie haben gesagt,<br />
dass das bisherige Risikogutachten des Raumordnungsverfahrens nur eine grobe Abschät-<br />
zung war.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein, das habe ich nicht gesagt.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Das habe ich so verstanden.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist ein Missverständnis. Ich wollte nur sagen, dass das eigentliche Risiko Gegenstand<br />
eines Gutachtens ist, das hier noch nicht vorliegt und vorgelegt werden soll. Ich wollte<br />
verhindern, dass wir einfach davon ausgehen, dass da schon ein Ergebnis vorliegt.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Zum Raumordnungsverfahren liegt ja ein Ergebnis vor.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja. Aber wenn das Ergebnis verbindlich wäre, bräuchte kein zweites Gutachten erstellt zu<br />
werden. Wenn aber ein Gutachten zu diesem Thema erstellt wird, ergibt sich schon daraus,<br />
dass hier eine andere Feinbeurteilung vorgenommen wird und dass wir diese Zahl einfach<br />
abwarten. Für uns im <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> spielt diese Zahl keine Rolle. Für uns im <strong>Scoping</strong>-<br />
<strong>Termin</strong> wäre es interessant, wo Sie Ihre Schwelle setzen. Herr Baumann hat sie bei 10 -6<br />
gesetzt. Wenn Sie eine andere Zahl nennen, würden wir sie aufnehmen und uns darüber
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 68<br />
Gedanken machen, wo man das Ergebnis, das bei Fraport herauskommen wird, einzuord-<br />
nen hat. Das ist alles.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Es wird von Fraport gesagt, dass der Gutachter alles in seinem Risikogutachten in der<br />
Raumordnung berücksichtigt habe und zu dem Ergebnis 10 -3 kam. Sollte er in seinem neuen<br />
Gutachten, das er für die Planfeststellung macht, zu einem anderen Ergebnis, wie 10 -5 oder<br />
10 -6 , kommen – ich sage Ihnen gleich einen Wert, den ich für vertretbar halte –, dann kann er<br />
damit rechnen, dass er auf dem Erörterungstermin an die Wand genagelt wird.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist eine andere Sache.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Er sollte also aufpassen, dass er es richtig macht. – Heute Morgen habe ich das Beispiel<br />
Berlin genannt. Da hat der gleiche Gutachter gearbeitet. In dem Gutachten wurde 10 -5 schon<br />
als kritischer Wert für die Genehmigungsfähigkeit des Ausbaus des Flughafens Schönefeld<br />
angesehen.<br />
Herr Baumann hat die Berücksichtigung der Alternativstandorte oder der Vorhabensalternati-<br />
ven in der Risikoanalyse angesprochen. Als eine Vorhabensalternative ist das Flughafensys-<br />
tem Flughafen Frankfurt mit dem Flughafen Hahn von Fraport selbst beantragt. Im Moment<br />
werden für den Flughafen Hahn gerade auch die Planfeststellungsunterlagen erstellt. Das<br />
Raumordnungsverfahren ist wohl abgeschlossen. Wenn – ich halte das durchaus für sinnvoll<br />
– ein solches Flughafensystem in Betracht gezogen wird, müssten doch diese beiden<br />
Verfahren als verbundene Verfahren betrachtet werden. In welchem Zusammenhang<br />
diskutieren wir das?<br />
Thiele (RP Darmstadt):<br />
Ich verstehe das Petitum nicht ganz. Vielleicht können Sie noch einmal erläutern, wie Sie<br />
sich das vorstellen.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ein Flughafensystem ist ja nur dann sinnvoll, wenn ich es alternierend oder wie auch immer<br />
sinnvoll nutzen kann und nicht einfach sage: Das ist ein Flughafen, der „low-cost carrier“<br />
macht, und den Rest des Luftverkehrs haben wir in Frankfurt. Dafür brauche ich kein<br />
Flughafensystem. Wenn Sie den Antrag der Fraport, zumindest so, wie er veröffentlicht<br />
wurde, lesen, ist er durchaus sinnvoll gestellt worden. Nur ist die Realität eine andere. Wenn<br />
Sie diese sinnvolle Antragstellung der Fraport zugrunde legen, müssen Sie zu der Überzeu-<br />
gung kommen: Beide Flughäfen, die im Moment in der Ausbauplanung sind und in die
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 69<br />
Planfeststellung wollen, müssen zusammen betrachtet werden, weil es dann zusammenge-<br />
hört. Ich kann beide nur gemeinsam entwickeln.<br />
Wenn ich den Flughafen Hahn als Teil eines Flughafensystems betrachte und auch nutze,<br />
erübrigt sich beispielsweise – das kann das Ergebnis sein – durch diese gemeinsame<br />
Betrachtung eine weitere Start- und Landebahn in Frankfurt. Dann könnte es passieren, dass<br />
die in Hahn sagen, es interessiert uns nicht, was ihr in Frankfurt macht; wir wollen unsere<br />
„low-cost carrier“ machen, und nicht berücksichtigen, dass sich aus der Überlegung eines<br />
Flughafensystems ergeben könnte, dass man in Hahn noch eine zweite Bahn in die Plan-<br />
feststellung einbringen muss. Da müssen auch entsprechende Vorfelderweiterungen,<br />
Kapazitäten für Passagierabfertigung usw. mit eingebracht werden.<br />
Auch die Frage eines Transfersystems, das auch planfeststellungspflichtig ist, ist dann im<br />
Zusammenhang zu betrachten. Das kann ich nicht gesondert betrachten, weil ich sonst kein<br />
Flughafensystem entwickeln kann. Sie können doch nicht dem Flughafen Frankfurt sagen,<br />
du machst jetzt ein Flughafensystem oder untersuchst es mit, und es stellt sich in der<br />
Untersuchung heraus, es ist eine erwägenswerte Vorhabensalternative, und wir untersuchen<br />
dann in einer gemeinsamen Planfeststellung nicht genau diese Fragen, die dort planfestzu-<br />
stellen sind. Denn wie soll man dann sagen: Sorry, das, was ihr beantragt, ist nicht genehmi-<br />
gungsfähig, sondern es muss das andere gemacht werden, nämlich das Flughafensystem?<br />
Insoweit bin ich der Auffassung: Ich muss es zumindest hier diskutieren und weiter themati-<br />
sieren. Da kann man – dazu wären längere Ausführungen erforderlich – durchaus zu der<br />
Überzeugung kommen, dass das ein verbundenes Verfahren nach § 78 VwVfG ist.<br />
Löbig (RP Darmstadt):<br />
Herr Faulenbach, Ihre Ausführungen einmal als zutreffend unterstellt, wäre das nicht eine<br />
Frage, ob das verbundene Planfeststellungsverfahren sind, sondern nach unserer Auffas-<br />
sung wäre das eine Frage der Planrechtfertigung in jedem einzelnen Verfahren. Das ist nicht<br />
Gegenstand dieses <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s hier.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ich bin kein Jurist, aber ich bin Planer. Wenn ich mir als Planer überlege, Sie machen zwei<br />
eigenständige Planfeststellungsverfahren und machen nur die Planrechtfertigung rein, dann<br />
wird doch in diesem Falle in der Planrechtfertigung Fraport für ihren Standort hier in Frank-<br />
furt niemals Bezug darauf nehmen und sagen, wir wollen das in der Planrechtfertigung<br />
machen, sondern das, was sie machen wollen, weiterverfolgen, ohne dass ihnen als Auflage<br />
kommt, die Alternative zu betrachten.<br />
Ebenso handelt der Flughafen Hahn, nämlich aus seinen lokalen Interessen aus dem<br />
Marktsegment, das er sich im Luftverkehr angesehen hat und für das er seinen Flughafen<br />
entwickeln will, und nicht in einer strategischen Allianz – so nenne ich es einmal –, wie man
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 70<br />
ein Flughafensystem gemeinsam entwickeln kann. Das kann durchaus völlig anders ausse-<br />
hen, als beide Flughäfen heute ihre Ausbauvorhaben vorantreiben.<br />
Wenn Sie jetzt sagen, die werden aber nach wie vor in zwei getrennten Verfahren beurteilt –<br />
sowohl in ihren Umweltauswirkungen, im Risiko und ich weiß nicht, was alles zur Beurteilung<br />
dazugehört – und völlig separat von einer Landesbehörde, nämlich von einer in Rheinland-<br />
Pfalz und einer in Hessen, sowohl ins Verfahren gebracht als auch nachher planfestgestellt,<br />
kommen Sie nie zu einer gemeinsamen Lösung.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das mag ja sein. Aber Gegenstand dieses Verfahrens ist der beabsichtigte Antrag von<br />
Fraport, wie er hier gestellt werden soll. Da kann ein Antrag auf ein Flughafensystem, der ja<br />
kein Planfeststellungsantrag ist und sich auf einem ganz anderen Gebiet abspielt, in einem<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>, der die Unterlagen für ein Planfeststellungsverfahren für die Erweiterung<br />
von Frankfurt aufzählen soll – das ist ja noch gar kein Genehmigungsverfahren; es ist noch<br />
nicht einmal ein Antrag da –, nicht Gegenstand dieses <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s sein.<br />
Sie können sagen, dass Sie es für politisch unsinnig halten, ein solches Verfahren weiter<br />
fortzusetzen. Das kann ja sein. Aber wenn jemand einen Antrag stellen will, hat er den<br />
Anspruch darauf, dass der Antrag behandelt wird, wie er ihn gestellt hat. Wenn der Antrag<br />
nachher aus irgendwelchen Gründen nicht bescheidungsfähig ist – das kann ja sein –, wird<br />
er vielleicht abgelehnt. Aber ich kann doch nicht von vornherein, bevor der Antrag gestellt<br />
wird, der Antragstellerin vorschreiben, wie groß das Vorhaben sein muss, das sie beantra-<br />
gen will. Sie bestimmt den Antrag; das ist nun einmal so. Wir sagen nur: Wenn der Antrag so<br />
gestellt werden soll, wie er beabsichtigt ist, dann müssen die Unterlagen A, B, C, D, E dabei<br />
sein. Dazu gehört nicht die zweite Rollbahn von Hahn. Denn die wird hier nicht planfestge-<br />
stellt. Das ist nun einmal so.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Im verbundenen Verfahren würde sie auch hier nicht planfestgestellt, sondern die Verfah-<br />
rensbehörde würde noch festgelegt. Ich bin da kein Jurist; dazu sollte vielleicht besser Herr<br />
Baumann die Argumente vorbringen.<br />
Ich möchte aus meiner Sicht noch einen Hinweis geben. Im Raumordnungsverfahren haben<br />
wir beim Erörterungstermin die Vorhabensalternativen gefordert. Die sind mit Hinweis auf<br />
den Landesentwicklungsplan abgelehnt worden. Das steht so in den Unterlagen von Fraport.<br />
Auch in der landesplanerischen Stellungnahme steht es so. Die landesplanerische Stellung-<br />
nahme ist entfallen. Nach dem Erhalt der landesplanerischen Stellungnahme beantragt<br />
Fraport bei der EU die Bildung eines Flughafensystems. Das ist eine völlig andere Aus-<br />
gangslage. Jetzt sage ich, da müssen wir uns auch darüber unterhalten. Ich kann doch<br />
nichts dafür, dass die Fraport einen unvollständigen Antrag vorlegt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 71<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Es liegt noch gar kein Antrag vor. Wir sagen, was im Antrag drinstehen soll.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Umso besser. Dann können wir uns doch jetzt darüber unterhalten. – Vielleicht kann Herr<br />
Baumann rechtlich noch etwas dazu sagen.<br />
RA Baumann:<br />
Ich möchte Ihnen, Herr Löbig, und Ihnen, Herr Bickel, durchaus Recht geben, dass wir uns<br />
hier zunächst über den Antrag der Fraport im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersu-<br />
chung unterhalten. Das ist aber nur die eine Hälfte der Wahrheit. Die andere ist, dass auch<br />
jenseits der Planrechtfertigung, die Sie, Herr Löbig, genannt haben, zu Minimierungsge-<br />
sichtspunkten hier vorgetragen werden kann. Wir hatten das heute Morgen schon erwähnt<br />
und hatten im Rahmen der Schadstoffminimierung, der Lärmminimierung und der Sicher-<br />
heitsrisikominimierung Alternativen vorgetragen. Die sind nur ansatzweise vorgetragen<br />
worden. Sie würden als sich aufdrängende Alternativen im Planfeststellungsverfahren ein<br />
ganz anderes Eigenleben führen, als sie es jetzt in diesem Verfahren tun.<br />
Weil dem so ist, ist es aus meiner Sicht erforderlich, dass die Alternativen, die sich konkret<br />
anbieten und aufdrängen, in diesem <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> zur Umweltverträglichkeitsuntersu-<br />
chung eine Rolle spielen müssen. Ich habe es jedenfalls so verstanden, dass Sie sagen,<br />
dass Alternativen dabei natürlich mit zu berücksichtigen sind.<br />
Herr Faulenbach da Costa hat heute Morgen schon konkretere Hinweise gegeben, wenn<br />
auch nicht en détail, weil Sie die nicht haben wollten. Sie haben schon am Dienstag gesagt,<br />
dass Sie keine konkreten Angaben dazu wollen. Sonst hätte er verschiedene Szenarien als<br />
Alternativen präsentiert und auch erläutert. Ich persönlich halte die Vorgehensweise der<br />
Behörde nicht für richtig, aber das ist Ihnen völlig anheim gestellt. Sie sind Herr des Verfah-<br />
rens, und insoweit können Sie machen, was Sie wollen, wenn Sie sich an die Rechtsordnung<br />
an sich halten. Aber auch wenn Sie sich nicht daran halten, definieren Sie es trotzdem so,<br />
weil Sie die Definitionsmacht heute haben.<br />
Es ist erforderlich, auch in diesem Verfahren über Alternativen zu reden. Es ist auch erfor-<br />
derlich, zu diesen Alternativen, so sie sich aufdrängen, entsprechende Gutachten im Rah-<br />
men der Umweltverträglichkeitsuntersuchung einzubringen, weil das die Alternativenprüfung<br />
dann darstellt. Unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs – ALARA-Prinzip<br />
usw. – macht es natürlich Sinn und ist vor allen Dingen auch geboten, sich darüber Gedan-<br />
ken zu machen, insbesondere wenn, was wir zur Genüge vorgetragen haben und schon vor<br />
dem <strong>Termin</strong> zur Kenntnis aller gegeben ist, der Hessische Verwaltungsgerichtshof im LEP<br />
die entscheidende Passage gestrichen hat und jetzt die Landesregierung mit Windeseile<br />
hinterher hechelt, um eine passende entsprechende Formulierung aufnehmen zu lassen, um
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 72<br />
nicht das ganze System in der Landesplanung zusammenbrechen zu lassen und auf andere<br />
Kanäle und Diskussionswege zu kommen.<br />
Herr Bickel, Ihnen ist klar, dass die Diskussion darüber erfolgen muss. Sie haben nur gerade<br />
das verschärfte Interesse, den Erörterungstermin in dieser Woche noch zu Ende zu bringen.<br />
Ich buche alles, was in diese Richtung kommt, auf dieses Bestreben, dass Sie nächste<br />
Woche hier nicht mehr antreten müssen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich muss sowieso antreten. Ob ich nun hier antrete oder in meinen Diensträumen, ist egal.<br />
Ich habe ja deswegen keine Ferien.<br />
RA Baumann:<br />
Sie wollen jedenfalls hier nicht antreten.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich wollte es Ihnen nicht zumuten. Mir ist es egal.<br />
RA Baumann:<br />
In ihrer schönen Behördenstube ist es vielleicht anheimelnder als hier. – Aber wir sind<br />
interessiert, für unsere Mandantschaft, sprich: für unsere Kommunen, für die Bevölkerung in<br />
diesen Kommunen, jetzt das Größtmögliche an Untersuchungen herauszuholen. Das<br />
müssen Sie auch mal so verstehen: Ich bin nicht nur als Berater von Ihnen hier; so titulieren<br />
Sie uns. Ich würde mir nie anmaßen, Sie beraten zu wollen oder beraten zu müssen. Aber<br />
Sie titulieren uns gerne so, weil Sie verhindern wollen, dass wir unsere Interessen für unsere<br />
Kommunen artikulieren, oder diese zumindest nicht so in den Vordergrund treten lassen<br />
wollen. Wir wollen sie aber in den Vordergrund treten lassen. Das Interesse meiner Kommu-<br />
nen ist es jedenfalls, auch Alternativen dargestellt zu haben, so es erforderlich ist, um<br />
darstellen zu können, dass das, was bisher von Fraport präsentiert worden ist, den rechtli-<br />
chen Anforderungen nicht genügt.<br />
Deswegen mein Petitum, dass auch diese Alternativen bezüglich der Sicherheitsrisiken,<br />
bezüglich der Lärmbelastungen, bezüglich der Schadstoffbelastungen untersucht werden.<br />
Diese Alternativen kann Ihnen Herr Faulenbach da Costa noch mal präsentieren, damit Sie<br />
sehen, wie massiv sie sich in der jetzigen Situation aufdrängen, was Sie, glaube ich, noch<br />
nicht ganz rezipiert haben.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Herr Baumann, die Alternativen wurden am ersten Tag schon aufgezählt.<br />
RA Baumann:<br />
Nicht ordnungsgemäß – so, dass Sie es verstehen, meine ich.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 73<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich bitte Sie! Herr Baumann, PISA kam lange nach mir. Als ich ins Gymnasium ging, habe<br />
ich nicht nur das Lesen gelernt, sondern auch das Erfassen. Aber Schwamm drüber!<br />
RA Baumann:<br />
Wir unterhalten uns nicht über schiefe Türme, sondern wir unterhalten uns über Alternativen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich weiß, dass Sie dauernd darauf drängen, die Alternativen ausführlich darlegen zu können.<br />
Ich habe gesagt, das machen wir nicht. Die Alternativen hat Herr Faulenbach da Costa den<br />
Namen nach aufgezählt. Ich habe das damals aufgenommen; das war ein eigener Tages-<br />
ordnungspunkt. Ich werde natürlich nicht zulassen, dass es jetzt unter dem Teppich eines<br />
jeden anderen Tagesordnungspunkts heißt: Der Baum bräuchte nicht gefällt zu werden,<br />
wenn wir in Hahn eine weitere Landebahn bauen. Der Frosch müsste nicht umgesiedelt<br />
werden und der Vogel könnte friedlich brüten, wenn wir Hahn ausbauen würden. So ein<br />
Spielchen machen wir nicht. Ich werde jetzt Redebeiträge zu Alternativen einfach nicht mehr<br />
zulassen.<br />
Das Minimierungsgebot wurde angesprochen. Es ist aufgenommen. Dass Alternativen<br />
angedacht sind, ist bekannt. Welche Rolle das spielt und in welchem Umfang das abgeprüft<br />
werden soll, ist bei uns extra aktenkundig. Alles, was Sie jedes Mal neu unter einem anderen<br />
Gesichtspunkt aufzählen – wenn wir die Alternative hätten, würde das und das weniger –, ist<br />
reine Zeitverschwendung. Es bringt keinerlei Erkenntnisgewinn. Deswegen bitte ich Sie,<br />
darauf zu verzichten und hier konstruktiv zu diesen Dingen zu diskutieren.<br />
Es geht nicht unter, Herr Baumann, nicht, dass Sie meinen, das wäre abgebügelt. Wenn ich<br />
das ein bisschen knapp absäge, soll das nicht etwa zulasten Ihrer Gemeinden und Ihrer<br />
Gesichtspunkte gehen, sondern es ist hier aufgenommen, und wir werden der Sache<br />
nachgehen. Aber wir werden der Sache nicht intensiver nachgehen, wenn Sie das zweimal,<br />
viermal oder sechsmal vortragen, sondern wir werden das, egal, wie oft Sie es vortragen, in<br />
einer ganz bestimmten Tiefe erörtern, und im Unterrichtungsschreiben wird dazu eine<br />
Stellungnahme sein oder nicht. Das wird bestimmt, wenn wir dieses Unterrichtungsschreiben<br />
anfertigen. Da wird dieses Problem planfeststellungsrechtlich und UVP-rechtlich definiert<br />
werden. Wir haben das mitgenommen, und wir werden der Sache nachgehen. Ich glaube,<br />
das sollte nun eigentlich genügen. Lassen wir das jetzt mal!<br />
RA Baumann:<br />
Wir nehmen es zur Kenntnis.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist erfreulich, Herr Baumann.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 74<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Herr Vorsitzender, ich nehme die Gewalt zur Kenntnis. Entschuldigung, ich wollte sagen: Sie<br />
haben als Vorsitzender das Gewaltmonopol. Sie können ja nicht abgewählt werden.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich wollte auch keine Gewalt anwenden.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Lassen Sie mich noch eine Anmerkung dazu machen: Es geht auch nicht nur um die<br />
Frösche oder sonstiges Getier. Darin bin ich kein Spezialist.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Hier geht es nur um Gefahren.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Es geht um Gefahren und auch um Menschen. Deshalb war diese Frage der Vorhabensal-<br />
ternativen eine wichtige Sache. Lassen Sie mich noch einen Zusammenhang erklären,<br />
warum das auch kommt: Wir haben jahrelang in dieser Region in einem stillschweigenden<br />
Konsens gelebt, dass Fraport im Zaun machen kann, was sie wollen, und über den Zaun<br />
hinausgehend nichts. Diesen Konsens hat Fraport gebrochen. Jetzt versuchen wir, uns<br />
dagegen zu wehren. Jetzt bricht nicht nur Fraport den Konsens, sondern schlägt auch noch<br />
ein Flughafensystem vor. Ich habe früher gesagt: Hahn halte ich nicht für eine sinnvolle<br />
Alternative, aber nachdem Fraport dies selbst beantragt, soll sie die Suppe auch richtig<br />
auslöffeln.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja, aber nicht in diesem Verfahren. Jetzt lassen wir das mal draußen. Wir behandeln diesen<br />
Antrag, und zwar unabhängig davon, ob irgendjemand irgendetwas gebrochen oder sonst<br />
etwas getan hat. Wir wollen hier keine Moralitäten unterbringen. Wir haben einen Antrag vor<br />
uns, der noch nicht gestellt ist, und wir erörtern hier ausschließlich, was in diesen Antrag<br />
hineingehört. Die Emotionalitäten kommen in dem Erörterungstermin. Ich kann Ihnen Brief<br />
und Siegel geben: Da geht es so hoch her, da brauchen Sie jetzt nichts vorwegzunehmen.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ich werde das dann wieder aufwärmen, auch wenn Sie es heute nicht akzeptieren.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich denke schon. Darauf verlasse ich mich hundertprozentig. – Haben wir noch etwas zu<br />
diesem Thema?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 75<br />
Löbig (RP Darmstadt):<br />
Es steht noch die Antwort auf eine Frage von mir aus. Ich wiederhole sie noch mal kurz: Sie<br />
hatten in Ihrem G13-Gutachten im Raumordnungsverfahren erklärt, was Sie dem Gruppen-<br />
und Einzelrisiko usw. zugrunde legen. Sie haben sich jetzt bereit erklärt, auch das Risiko für<br />
die Beschäftigten darzustellen. Meine Frage war: Welche Daten gehen in diese Risikoanaly-<br />
se ein? Diese Daten bräuchten wir, um beurteilen zu können, ob sie für Ihre Risikoanalyse<br />
eine ausreichende Grundlage bilden.<br />
Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />
Was die Beschäftigten angeht, hat die Wohn- und Wohnumfeldanalyse die IHK-Daten und<br />
Daten des Hessischen Statistischen Landesamtes ausgewertet und Befragungen durchge-<br />
führt. Konkret kann man das auch in Anhang 3.9 zum <strong>Scoping</strong>-Papier nachlesen.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Ich habe eine Frage zum Untersuchungsraum beim Vogelschlaggutachten. In der Einleitung<br />
der Kurzbeschreibung zum Vogelschlaggutachten wird der Umgebungsraum entsprechend<br />
der Richtlinie des BMV als maßgeblich erachtet. Könnte bitte konkretisiert werden, was hier<br />
gemeint ist und in welchem Umfang das berücksichtigt wird?<br />
Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />
Es ist richtig, Frau Fridrich: Der Umgebungsraum wird von der entsprechenden Richtlinie des<br />
BMV abgeleitet. Wie er konkret aussieht, wird im Gutachten dargestellt. Ich kann hier keine<br />
weiteren Angaben dazu machen.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Meine Frage zielte darauf, ob es die Hindernisrichtlinie ist oder was für eine Richtlinie das ist.<br />
Es war mir unklar, weil es nicht zitiert war. – Es wird auf Seite 2 der Kurzbeschreibung darauf<br />
hingewiesen, dass das Vogelschlagrisiko, die Vogelschlagrelevanz als eine Häufigkeit bzw.<br />
Wahrscheinlichkeit, mit der Vogelarten an Vogelschlägen beteiligt waren bzw. beteiligt sein<br />
werden, definiert wird. Im zweiten Satz steht: Es ist ausschließlich ein qualitativer Parameter.<br />
Jetzt habe ich ein bisschen Schwierigkeiten, denn eine Häufigkeit ist eigentlich ein quantitati-<br />
ver und kein qualitativer Parameter. Da bitte ich um eine Klarstellung.<br />
Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />
Das Vogelschlaggutachten ermittelt erst mal die Vogelschlagrelevanz nach den betroffenen<br />
verschiedenen Vogelarten, leitet das Vogelschlagrisiko ab und daraus dann die Flugsicher-<br />
heitsrelevanz. Ich glaube, der Ausdruck „rein qualitativ“ ist ein bisschen irreführend, denn es<br />
werden auch quantitative Aussagen dahingehend gemacht, dass langfristige statistische<br />
Angaben, Erhebungen auch am Flughafen Frankfurt hierfür ausgewertet werden, das heißt,<br />
wie viele Vogelschläge in verschiedenen Zeiträumen stattgefunden haben.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 76<br />
RA’in Fridrich:<br />
Mir ist es zwar nicht ganz klar geworden, aber ich nehme es mal zur Kenntnis. – Ein weiterer<br />
Punkt: Als Vergleichsmaßstab sollen Auswertungen einer zehn Jahre lang erhobenen<br />
Statistik an anderen deutschen Verkehrsflughäfen angelegt werden. Beim Raumordnungs-<br />
verfahren hat sich Herr Norgall mit Herrn Hild ziemlich ausführlich darüber unterhalten. Herr<br />
Hild hat sehr stark auf den Münchner Flughafen abgehoben, und es war dann im Zweifel, ob<br />
es überhaupt vergleichbar ist. Deshalb meine Bitte an das Regierungspräsidium, in dem<br />
Unterrichtungsschreiben darauf zu achten, inwieweit man die Statistik, die an zehn deut-<br />
schen anderen Flughäfen erhoben wurde, überhaupt als Vergleichsmaßstab heranziehen<br />
kann.<br />
Auf Seite 3 wird zum Untersuchungsraum auch auf die Vorgaben des Bundesministers für<br />
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen verwiesen. Da wäre sicherlich auch noch eine Aufklä-<br />
rung und eine Präzisierung von Fraport anzufordern. Es wird ausdrücklich nicht von einer<br />
Richtlinie gesprochen. Es ist einfach unklar, was damit gemeint ist. Das wäre sicherlich noch<br />
zu präzisieren.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Ich habe eine Frage zu Egelsbach: Herr Mauel, Sie haben gesagt, dass das mit in die<br />
Risikobetrachtung hinein soll. Wollen Sie den Frankfurter Flughafen und den Egelsbacher<br />
Flughafen getrennt betrachten und dann die Risiken verschneiden, oder betrachten Sie das<br />
quasi in einem Raum?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Ich habe ausgeführt, dass wir die Interdependenzen qualitativ beschreiben. Das heißt,<br />
beides in einem Raum. Wir beschreiben, warum der Verkehr mit den beiden Flughäfen<br />
aufgrund welcher Grundlagen und Verfahren heute sicher abgewickelt werden kann.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Was legen Sie bei Egelsbach an Bewegungen zugrunde?<br />
Mauel (Vorhabensträgerin):<br />
Eine qualitative Beschreibung ist ja unabhängig von den Bewegungen. Wir beschreiben die<br />
Verfahren, wie Flugverkehr sicher abgewickelt werden kann.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Das genügt mir nicht. Man muss auch die Bewegungszahlen berücksichtigen. Herr Heldmai-<br />
er hat gesagt, dass man an den Lärmkonturen ganz gut sehen kann, wo das hingeht.<br />
Vielleicht könnte man daran ein Risiko abschätzen, mit Egelsbach, und nicht einfach qualita-<br />
tiv ein paar Sätze dazu sagen. Ich fordere also, dass man die Bewegungszahlen einbezieht,<br />
auch die, die Egelsbach künftig haben wird.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 77<br />
Löbig (RP Darmstadt):<br />
Wie stellen Sie sich das mit den Bewegungszahlen vor? Im Gegensatz zu einem Großflug-<br />
hafen hängen die Bewegungszahlen an kleineren Flugplätzen, insbesondere am Verkehrs-<br />
landeplatz Egelsbach, von Witterungsbedingungen ab. Wenn man das Mittel der letzten<br />
Jahre nimmt, ist eigentlich immer ein bestimmter Level vorhanden. Wie wollen Sie das<br />
differenzieren?<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Man kann eine durchschnittliche Bewegung nehmen, man kann natürlich auch fragen: Was<br />
darf der Flugplatz überhaupt? Da kann man unterschiedliche Sachen zugrunde legen, wenn<br />
es um die Bewegungszahlen geht. Oder habe ich Sie da jetzt falsch verstanden?<br />
Löbig (RP Darmstadt):<br />
Nein, ich habe Sie nicht richtig verstanden. Deswegen habe ich gefragt, wie Sie Ihr Anliegen<br />
verifizieren wollen. Das erscheint mir ein bisschen schwierig. Wollen wir sagen, in dem einen<br />
Jahr hatten sie 80.000, im nächsten Jahr 82.000 usw.? Es ist die Frage, ob das Risiko<br />
erheblich ist, wenn das zum Beispiel um 2.000 differiert.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Ich will zu einer quantitativen Geschichte kommen. Das heißt, da sollen Zahlen eingesetzt<br />
werden, das soll berücksichtigt werden. Das fordere ich. Eine reine Betrachtung, wie das<br />
organisiert werden kann, ist mir zu wenig. Sie sagen, Sie haben Schwierigkeiten damit,<br />
welche Zahlen Sie einsetzen sollen. Sehe ich es jetzt richtig?<br />
Löbig (RP Darmstadt):<br />
Ja, in etwa. Es geht ja nicht um das Problem, was ich für Zahlen einsetze, sondern Fraport.<br />
Aber ich müsste es verstehen, um beurteilen zu können, ob Ihr Anliegen richtig oder nach-<br />
vollziehbar ist.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Deswegen habe ich gefragt, wie sie es vorhaben. Ich habe erfahren, dass sie es gar nicht<br />
vorhaben. Um das Risiko abzubilden, könnte man es in einem Raum verschneiden. Darüber<br />
könnte man nachdenken. Das ist ein Problem der Zahl. Aber ich kann mich auch nicht dazu<br />
äußern, welche da eingesetzt werden soll. Da müsste man genau gucken, wie das am<br />
Sinnvollsten wäre. Grundsätzlich will ich weg von der reinen Betrachtung, ob das funktioniert,<br />
sondern hin zu dem, dass man rechnet: Wie groß ist das Risiko? In Egelsbach ist ja schon<br />
einiges passiert.<br />
RA’in Distler:<br />
In der Kurzbeschreibung des Vogelschlaggutachtens werden Untersuchungsraum und<br />
Methodik meiner Ansicht nach ein bisschen vermengt. Deswegen werde ich es jetzt auch
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 78<br />
genauso vermengt abfragen. Beim Untersuchungsraum der Landebahn Nordwest betrifft<br />
meine Frage die Methodik. Sie sagen: „Es besteht eine weitgehende Vergleichbarkeit<br />
zwischen dem bestehenden Flughafengelände und dem künftigen Gelände der Landebahn<br />
Nordwest.“ Ich kann mich noch gut an das Raumordnungsverfahren erinnern. Da wurde sehr<br />
viel über mögliche Unterschiede diskutiert. Wurde inzwischen untersucht, dass der Bereich<br />
der Landebahn Nordwest tatsächlich mit dem bisherigen Bestand des Flughafens vergleich-<br />
bar ist, was den Vogelbestand und den Vogelflug angeht? Das ist hier einfach so festgelegt.<br />
Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />
Der Ausbaubereich Landebahn Nordwest – das ist der Bereich, der innerhalb des Zaunes<br />
liegt – wird hinsichtlich Topografie und Bewuchs exakt so aussehen, wie sich die Start- und<br />
Landebahnen oder die Situation im Bereich des bestehenden Flughafens derzeit darstellen.<br />
RA’in Distler:<br />
Dass er innerhalb des Zaunes liegt, ist für mich nicht so eine überzeugende Begründung,<br />
denn die Vögel scheren sich relativ wenig um den Zaun. Es geht hier mehr um die Frage,<br />
welchen Einfluss der etwas näher liegende Main und auch die verschiedenen Kiesgruben<br />
haben. Haben Sie es untersucht, oder werden Sie es untersuchen? Hilfsweise rege ich an,<br />
dass es untersucht wird.<br />
Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />
Auf der gleichen Seite steht in Kapitel 3 der Umgebungsraum der Landebahn Nordwest.<br />
Genau dort werden die entsprechenden Gebiete abgehandelt. Es sind auf der nächsten<br />
Seite auch im Einzelnen die verschiedenen Gewässer aufgeführt, die hier berücksichtigt<br />
werden.<br />
RA’in Distler:<br />
Abgesehen davon, dass ich grundsätzlich nicht verstehe, was Sie sagen, verstehe ich nicht,<br />
was der Umgebungsraum damit zu tun hat, denn er betrifft wohl die Hindernisrichtlinie. Die<br />
Hindernisrichtlinie geht ja nicht sehr weit um die geplante Landebahn. Ich möchte keine<br />
Untersuchung für Mühlheim oder gar für die Stadt Frankfurt fordern, aber meine Frage ist, ob<br />
sich ein Vogelschlagrisiko nicht jenseits des Bereichs der Hindernisrichtlinie auswirken kann.<br />
Ist das geprüft? Wird das geprüft? Wenn ja, wie gehen Sie damit um?<br />
Ich sehe weiter, dass Sie unter dem Spiegelstrich vier für einzelne verschiedene Gebiete<br />
noch Vogelschlagrisiken untersuchen. Wie ermitteln Sie die? Wie werden diese Gebiete<br />
definiert?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 79<br />
Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />
Die Abgrenzung der Hindernisrichtlinie hat nichts mit dem Umgebungsraum gemäß der<br />
Richtlinie zur Verhütung von Vogelschlag aus dem Jahre 1974 zu tun. Alles, was Sie<br />
angesprochen haben, wird in diesem entsprechenden Raum behandelt, berücksichtigt.<br />
RA’in Distler:<br />
Welcher Raum ist das dann, bitte?<br />
Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />
Der Raum ergibt sich daraus, wie er hier beschrieben ist, mit den entsprechenden Gewäs-<br />
sern und Bereichen, die hier einbezogen werden.<br />
RA’in Distler:<br />
Dann kann es sein, dass sich meine Fragen erübrigen, aber ich kenne die Richtlinie nicht.<br />
Sie haben sie leider nicht beschrieben.<br />
Böhm (HGON):<br />
Zum Thema Vogelschlag habe ich weitere spezifische Fragen. Sie schreiben auf Seite 4:<br />
„sowie die verschiedenen Naturschutzgebiete“. Die hätte ich gerne definiert, damit es nicht<br />
wieder vorkommt, dass ich bei meiner Betreuung von Naturschutzgebieten plötzlich Vertreter<br />
der Fraport im Gebiet antreffe, ohne jegliche Genehmigung des RP, dass sie das Gebiet<br />
überhaupt betreten dürfen und dort Bestandserhebungen machen. Ich will ganz klar und<br />
deutlich eine Definition, welche Naturschutzgebiete hier in Betracht kommen. Das ist für mich<br />
äußerst wichtig.<br />
Außerdem interessiert mich, außer den Gewässern, die Sie hier aufgeführt haben, welche<br />
Gewässer unter Umständen noch in Ihre Untersuchung einfließen sollen, zum Beispiel<br />
Walldorfer Badesee, Langener Waldsee etc.<br />
Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />
Ihre Hinweise werden aufgegriffen. Wir werden in den Unterlagen darstellen, welche Natur-<br />
schutzgebiete hier einbezogen werden und welche weiteren Badeseen oder Ähnliches<br />
entsprechend dieser Vorschrift einbezogen werden müssen.<br />
Böhm (HGON):<br />
Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie jetzt schon in gewissen Bereichen, zum Beispiel<br />
am Langener Waldsee, Untersuchungen bezüglich der Vogelschlaggefahr durchführen oder<br />
durchführen lassen?<br />
Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />
Es laufen Untersuchungen im Hinblick auf die kleinräumigen Vogelbewegungen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 80<br />
Böhm (HGON):<br />
Es tut mir Leid, ich habe eine andere Information. Aber die möchte ich hier nicht weiter<br />
diskutieren.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Jeder kann sich über die Vogelschlagrisiken und die Anzahl der Vogelschläge unter<br />
www.davvl.de informieren. Das ist die Adresse der Geschäftsstelle in Traben-Trarbach, die<br />
sich mit dieser Problematik befasst.<br />
Jetzt komme ich zu einer anderen Sache, die ich, was das Flugtechnische angeht, für<br />
besonders wichtig halte. Ich nehme das Thema Vogelschlag wirklich sehr ernst. In der<br />
Veröffentlichung der Vereinigung Cockpit wird zur Schadensminderung und zur Unfallverhü-<br />
tungsproblematik empfohlen: „Durchfliegen Sie das kritische Höhenband von Grund bis ca.<br />
4.000 Fuß so rasch wie möglich. Hier halten sich die meisten Vögel auf.“ Ich stelle das ganz<br />
stark heraus, denn da führt die Flugsicherung über viele, viele Kilometer unsere Gegenanflü-<br />
ge. Die Strecken habe ich Ihnen vorhin schon genannt. Das heißt, hier wird auch die Risiko-<br />
minimierung von der Deutschen Flugsicherung überhaupt nicht wahrgenommen.<br />
Dann geht es weiter: „Reduzieren Sie die Anfluggeschwindigkeit im Endanflug auf das<br />
Minimum. Der mögliche Schaden am Luftfahrzeug wächst mit höherer Geschwindigkeit.“<br />
Derzeit sind zur Kapazitätssteigerung des bestehenden Systems höhere Anfluggeschwindig-<br />
keiten vorgesehen. „Sollte ein Vogelschlag unvermeidlich sein, keine Änderung der Flugla-<br />
ge.“ Was das für einen Piloten heißt, können Sie sich vorstellen. „Melden Sie jeden Vogel-<br />
schlag, und informieren Sie über Vogelschlag unter der angegebenen Adresse.“ Das heißt,<br />
man hat innerhalb der Vereinigung Cockpit gesehen, dass es hier um ein relativ großes<br />
Problem geht. Die Maßnahmen zur Abwendung der Schäden und der Unfallrisiken habe ich<br />
vorgelesen, weil genau das Gegenteil dessen flugbetriebstechnisch von der Deutschen<br />
Flugsicherung vorgenommen wird. Insofern sollte man wirklich darauf drängen, dass in den<br />
Planungsunterlagen auch in diesem Zusammenhang ein ordentliches Konzept vorgelegt<br />
wird.<br />
Wen interessiert, wie ein Vogelschlag aussieht, wie ein Flugzeug nachher aussieht und der<br />
Vogel natürlich auch, der kann sich das hier gerne in Bildern angucken.<br />
Kowol (Wiesbaden):<br />
Da hier eine ganz Reihe von Gewässern aufgezählt worden sind, vermisse ich die, die<br />
nördlich von Hochheim anzutreffen sind, insbesondere die Kiesgrube Bartsch und die<br />
Kiesgruben rund um den Golfplatz bei Delkenheim. Wir haben festgestellt, dass dort eine<br />
ganze Reihe von Vogelarten vorkommen, dass diese Kiesgruben zum Teil als Trittsteine für<br />
den Vogelzug dienen. Insofern sind auch diese Bereiche für das Problem Vogelschlag<br />
sicherlich von Interesse.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 81<br />
Hinzu kommt, dass wir dort einen erheblichen Austausch mit den RAMSAR-Gebieten am<br />
Rhein und Untermain haben, sodass wir durchaus einiges an Vogelzugbewegungen im<br />
örtlichen Bereich dort antreffen. Hinzu kommt die Deponie Dyckerhoff, ein sehr großes<br />
Gebiet, das ursprünglich Erweiterungsflächen vorgesehen hatte, die sich inzwischen zu<br />
hochwertigen Biotopen entwickelt haben und nicht mehr benötigt werden. Insofern ist dort<br />
auf Dauer damit zu rechnen, dass wir einiges an Vogelpopulationen antreffen werden.<br />
Vielleicht nimmt man das auch in den Bereich auf, der zu untersuchen wäre.<br />
RA Baumann:<br />
Ich komme auf Seite 4 Ihres Papiers zu sprechen, zu der Frage der Alternativen im Sinne<br />
der FFH-Richtlinie. Herr Vorsitzender, ist es gestattet, zu Alternativen noch Ausführungen zu<br />
machen?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Dass wir Alternativen haben, ist schon bekannt. Wir haben sie auch vorgestellt bekommen.<br />
Auf welcher Rechtsgrundlage dies geschieht, ob aufgrund der FFH-Richtlinie oder aufgrund<br />
des Minimierungsgebotes, da gilt das, was ich vorhin etwas flapsig mit den Fröschen und mit<br />
den anderen Tierchen gesagt habe. Jetzt kommen Sie mit der Alternative FFH-Richtlinie.<br />
RA Baumann:<br />
Das kommt nicht von mir, Entschuldigung.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein. Aber Sie bringen es jetzt ein.<br />
RA Baumann:<br />
Ich frage, was die zumutbare Alternative ist. Was soll es sein?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Meinen Sie das jetzt rechtlich oder konkret?<br />
RA Baumann:<br />
Das steht hier. Das steht in den Unterlagen: 3.5 Prüfung zumutbarer Alternativen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Kann sich Fraport dazu äußern?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Herr Baumann, ich kann Ihnen gerne erklären, was das ist. Aber ich denke, der Alternativen-<br />
vergleich aus der FFH-Richtlinie heraus hat nichts mit dem Thema Vogelschlag zu tun.<br />
Jedenfalls erkenne ich den Zusammenhang derzeitig nicht, sodass ich nur die Frage an
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 82<br />
Herrn Bickel zurückgeben kann, ob wir das Thema nicht sinnvollerweise unter dem Schutz-<br />
gut Tiere und Pflanzen abhandeln.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wenn Sie die Antwort kurz in einem Satz geben könnten, hätte man es jetzt behandeln<br />
können. Denn sonst ist die Diskussion über die Verortung des Themas länger als die<br />
Antwort.<br />
RA Baumann:<br />
Es geht offensichtlich um den Schutz der Vögel vor Flugzeugen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja, und hier geht es um den Schutz der Flugzeuge vor den Vögeln.<br />
RA Baumann:<br />
Damit ist es klargestellt, danke.<br />
Böhm (HGON):<br />
Ich hätte gerne, was den Vogelschlag betrifft, noch eine Frage geklärt: Es geht mir um die<br />
enorm großen Taubenschwärme, die in Verbindung mit Taubenflug aufgehen usw. Die<br />
schlagen – ich beobachte das sehr oft, da ich sehr viel draußen in der Natur bin – quer über<br />
die beiden Landebahnen ihren Zugweg ein, und zwar in Richtung Feldberg. Ich habe mich<br />
schon immer gewundert, dass Fraport einerseits die wildlebenden Vogelarten als Gefahr<br />
ansieht. Aber was ist eigentlich mit dieser Gefahrenquelle? Was wird gegen diese Gefahren-<br />
quelle unternommen, wenn Riesentaubenschwärme, bis zu 200 Tauben, die beiden Lande-<br />
bahnsysteme, nämlich Süd- und Nordbahn, vom Gehspitzweiher ausgehend in nordwestli-<br />
cher Richtung überfliegen?<br />
Müntze (Vorhabensträgerin):<br />
Es werden nicht nur die Wildtauben betrachtet, sondern selbstverständlich auch die<br />
Haustauben. Sie werden im Vogelschlaggutachten genauso abgehandelt wie die Wildtau-<br />
ben. Wir haben mit Haustauben keine Probleme, sonder eher mit Wildtauben.<br />
(Böhm [HGON]: Brieftauben!)<br />
– Ich habe Sie schon verstanden. Das ist klar.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das Thema ist jetzt abgehandelt, und wir kommen nach der Pause zum Schutzgut Erho-<br />
lungsfunktion.<br />
(Unterbrechung von 15.03 bis 15.29 Uhr)
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 83<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt:<br />
6.1.2 Erholungsfunktion<br />
Die Themen, die hier zu erörtern sind, werden sich mit dem, was wir früher besprochen<br />
haben, zum Teil decken. Frau Ohl wird kurz in das Thema einführen, damit Sie wissen, was<br />
hier besprochen wird.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Ich habe hier eine Untergliederung der Tagesordnung für das Schutzgut Freizeit- und<br />
Erholungsfunktion, das Schutzgut Landschaft und das Schutzgut Tiere aufgelegt. Wir wollen<br />
nach der gleichen Systematik erörtern. Das Thema FFH-Verträglichkeit wollen wir im<br />
Anschluss an das Schutzgut Tiere und Pflanzen besprechen.<br />
Ich beginne mit dem Schutzgut Freizeit- und Erholungsfunktion bzw. Schutzgut Mensch,<br />
Freizeit- und Erholungsfunktion. Die Fragen, die in den Stellungnahmen zu dem <strong>Scoping</strong>-<br />
Papier zum Untersuchungsrahmen aufgeworfen wurden, waren vor allen Dingen, der<br />
Untersuchungsraum sei nicht ausreichend abgegrenzt, wegen der Lärmbelastung und dem<br />
Überflug seien zusätzlich bestimmte Bereiche wie zum Beispiel der Taunus, das Rheintal<br />
und der Odenwald sowie auch zusätzliche Städte und Gemeinden einzubeziehen. Des<br />
Weiteren seien für die Erholungsfunktion im Untersuchungsraum auch solche Bereiche für<br />
die ruhige Erholung zu betrachten.<br />
Ich möchte jetzt gerne an Fraport übergeben, damit Sie noch einmal erläutern können, wie<br />
Sie den Untersuchungsraum abgegrenzt haben und welche Bereiche Sie zum Beispiel für<br />
die ruhige Erholung zusätzlich betrachten möchten.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ich wollte Ihnen jetzt kurz den Untersuchungsrahmen für das Schutzgut Freizeit- und<br />
Erholungsfunktion darstellen und dabei auch in die Oberpunkte gliedern, die Frau Ohl gerade<br />
angesprochen hat: Untersuchungsraum, Bestandserfassung und Auswirkungskategorien.<br />
Zum Untersuchungsraum selbst: Der Untersuchungsraum entspricht, wie auch in den<br />
<strong>Scoping</strong>-Unterlagen dargestellt, dem Untersuchungsraum des Schutzgutes Mensch, Wohn-<br />
und Wohnumfeldfunktion. Es ist in den Abgrenzungen derselbe Untersuchungsraum, wie er<br />
auch der UVS zum Raumordnungsverfahren zugrunde gelegen hat.<br />
Wir sind der Auffassung, dass wir alle entscheidungserheblichen Umweltauswirkungen,<br />
insbesondere auch die Lärmwirkung, in diesem Untersuchungsraum auf die Freizeit- und<br />
Erholungsfunktion abbilden können. Sofern sich aus den Untersuchungen ergeben sollte,<br />
dass wesentliche Verlagerungen von Erholungsverkehren stattfinden, müsste der Untersu-
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 84<br />
chungsraum spezifisch erweitert werden. Auf der Grundlage unserer jetzigen Arbeiten gehen<br />
wir allerdings davon aus, dass wir die Wirkungen innerhalb dieses Untersuchungsraums<br />
abbilden können.<br />
Die Erfassungskriterien – Herr Baader hat es gestern im Rahmen der Methodik dargestellt –<br />
bauen auf den Erfassungskriterien auf, die wir auch im Rahmen der UVS zum Raumord-<br />
nungsverfahren verwandt bzw. eingestellt haben. Diese werden entsprechend maßstäblich<br />
konkretisiert. Ich werde Ihnen jetzt im Schwerpunkt die Kriterien darstellen, bei denen wir<br />
gegenüber der UVS zum Raumordnungsverfahren die wesentliche Konkretisierung in der<br />
UVS zum Planfeststellungsverfahren sehen.<br />
Das ist insbesondere in der Erfassung der innerörtlichen Frei- und Grünflächen zu sehen.<br />
Hier werden neben den Landschaftsplänen die Flächennutzungspläne ausgewertet bzw.<br />
entsprechende Angaben der Gemeinde hinzugezogen. Ansonsten bezieht sich die Erfas-<br />
sung vorwiegend auf die Erholungsräume und Erholungszielpunkte, wie sie in den entspre-<br />
chenden Fachplänen dargestellt sind.<br />
Über diese fachplanerischen Kategorien oder die einzelnen Frei- und Grünflächen werden<br />
selbstverständlich die gesetzlich geschützten Bereiche insofern erfasst, als hier die Schutz-<br />
gebiete integriert werden, die auch in ihren Schutzzielen explizit auf die Erholungs- und<br />
Freizeitfunktion abstellen.<br />
Die beiden letzten Zeilen heben im Grunde genommen auf die Punkte ab, die spezifisch zur<br />
Planfeststellung erhoben werden sollen. Das ist die Bestimmung des Erholungsmusters<br />
anhand bestimmter Erholungskategorien. Was wir darunter verstehen, werde ich gleich noch<br />
einmal in den folgenden Folien kurz erläutern. Wir werden auch die aktuelle Erholungsnut-<br />
zung in entsprechenden repräsentativen Beispielsräumen erheben.<br />
Die Vorbelastungen spielen sicherlich, gerade, was die ruhige Erholung betrifft, eine beson-<br />
dere Rolle: Vorbelastungen durch entsprechende Lärmwirkungen und sonstige, auch visuelle<br />
Störungen innerhalb des Untersuchungsraums.<br />
Die Auswirkungskategorien sind in dem <strong>Scoping</strong>-Papier entsprechend dargestellt. Ich<br />
möchte an dieser Stelle nicht im Einzelnen darauf eingehen, allerdings auch hier den<br />
Verweis bringen, weil das auch in den Stellungnahmen zu dem <strong>Scoping</strong>-Papier deutlich<br />
wurde: Wir sind der Meinung, dass Gerüche, Blue-Ice-Effekte und auch andere Wirkungen,<br />
die von Ihnen in den Stellungnahmen angesprochen wurden, keine entscheidungserhebli-<br />
chen Umweltauswirkungen darstellen. Wir sind der Meinung, dass sich die Wirkungen im<br />
Schwerpunkt auf die Flächeninanspruchnahme, auf die Zerschneidungswirkungen, auf die<br />
Isolation von Erholungsräumen sowie auf die betriebsbedingten – das ist hier im Schwer-<br />
punkt Lärm – Wirkungen bzw. auch baubedingt konzentrieren.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 85<br />
Was verstehen wir unter Erholungskategorien? Wir sind dabei, innerhalb des Untersu-<br />
chungsraums Erholungskategorien einmal nach ihrem Raumbezug, nach ihrem Nutzungs-<br />
spektrum und nach ihrer Nutzungsfrequenz zu unterscheiden. Es ergeben sich daraus vier<br />
verschiedene Erholungskategorien: einmal die innerörtliche Kurzzeiterholung, die ortsrand-<br />
nahe Kurzzeiterholung, die regionale Naherholung und die regionale Erholung an spezifi-<br />
schen Ausflugszielen.<br />
Die Erholungskategorie „innerörtliche Kurzzeiterholung“ konzentriert sich auf die innerörtliche<br />
bzw. innerstädtische Erholung. Schwerpunkt ist das Spazierengehen und das Radfahren.<br />
Diese Nutzung findet vorwiegend werktags bzw. auch am Wochenende statt.<br />
Die ortsrandnahe Kurzerholung unterscheidet sich einmal von ihrem Raumbezug – der<br />
Radius ist größer. Diese Art der Erholungsnutzung findet in einem 1,5-km-Radius um den<br />
Siedlungsrand statt. Das Nutzungsspektrum erweitert sich hier nur wenig. Die Nutzungsfre-<br />
quenz verlagert sich hier allerdings auch stärker auf die Kurzzeiterholung bzw. auf das<br />
Wochenende. Wie gesagt, durch den unterschiedlichen Raumbezug finden andere Nut-<br />
zungsspektren statt. Die Frequenz und die Art der Nutzung unterscheiden sich.<br />
Die regionale Naherholung hat vom Raumbezug einen weiteren Umgriff. Diese Art der<br />
Naherholung findet bis zu einer Entfernung von maximal 50 km, orientiert an einem Zeitauf-<br />
wand von ca. einer Stunde zur Aufsuchung dieser Erholungsräume, statt. Das Nutzungs-<br />
spektrum bezieht sich hier einmal auf alle naturverbundenen Aktivitäten: Natur erleben,<br />
Wandern, Spazierengehen oder eben auch Badeaktivitäten. Die Nutzungsfrequenz konzent-<br />
riert sich nicht zuletzt aufgrund dieses größeren Raumbezuges vorwiegend auf das Wo-<br />
chenende. Diese Art der Nutzung findet anders als die Kurzzeiterholung im direkten Wohn-<br />
umfeld nicht regelmäßig statt, sondern in sehr viel größeren Zyklen.<br />
Die Erholungskategorie IV konzentriert sich auf bestimmte regionale Ausflugsziele. Das<br />
können Freibäder, Seen, Freizeitparks oder auch Zoos sein. Hier gibt es genauso wie bei der<br />
regionalen Naherholung die Bereitschaft, sehr viele größere Entfernungen zurückzulegen.<br />
Die Erfassung der Erholungsnutzung findet differenziert anhand der zu erwartenden Auswir-<br />
kungen statt. Wir versuchen, eine differenzierte Bewertung der derzeitigen Erholungsnutzung<br />
vor dem Hintergrund Verlust, Zerschneidung, Verinselung von Erholungsflächen insbesonde-<br />
re für die Räume durchzuführen, die durch den Ausbau des Flughafens direkt in Anspruch<br />
genommen werden. Da geht es um den Verlust von Erholungsflächen. In den Bereichen, in<br />
denen wir vorwiegend eine Beeinträchtigung der Erholungssuchenden bzw. Erholungsquali-<br />
tät durch zusätzliche Verlärmung erwarten, werden wir das auf der Grundlage vorhandener<br />
Unterlagen und Befragungen in bestimmten Beispielsräumen durchführen. Für die Bereiche,<br />
für die gegebenenfalls Verlagerungen von Erholungsverkehren stattfinden, werden wir dann<br />
auf der Grundlage von vorhandenen Unterlagen und ergänzenden Untersuchungen Ab-<br />
schätzungen vornehmen, inwieweit durch diese Verlagerung von Erholungsverkehren
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 86<br />
zusätzliche Umweltauswirkungen auftreten. Das möchte ich zum Untersuchungsrahmen für<br />
das Schutzgut Mensch, Freizeit- und Erholungsfunktion sagen.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Herr Müller-Pfannenstiel ist jetzt ein bisschen vorgeprescht und hat schon alles behandelt.<br />
Dann würde ich sagen, wir steigen auch in die Diskussion ein und diskutieren jetzt nicht<br />
getrennt nach Untersuchungsraum, Bestandserfassung und Auswirkungen, sondern diskutie-<br />
ren den ganzen Komplex.<br />
Die Abgrenzung des Untersuchungsraumes erfolgt ja wie bei dem Schutzgut Mensch, Wohn-<br />
und Wohnumfeldfunktion, aufgrund einer Lärmkontur. Welche Lärmkontur ist das? Welche<br />
Räume beziehen Sie noch zusätzlich ein? Sie schrieben nämlich in dem <strong>Scoping</strong>-Papier, es<br />
sollen auch noch speziell Räume für die ruhige Erholung betrachtet werden. Die werden sich<br />
wohl kaum in der Lärmkontur von 55 oder 57 dB(A) befinden.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Zu der Lärmkontur möchte ich Folgendes sagen. Wir werden uns auf die Lärmmediziner<br />
beziehen und hier den präventiven Richtwert für das Schutzziel Erholung bzw. Rekreation<br />
zugrunde legen. Das ist die 57-dB(A)-Realverteilung.<br />
(Lachen des RA Baumann)<br />
– Ich denke, die Diskussion um die Versuche Ihrerseits, die Lärmmediziner zu diskreditieren,<br />
müssen wir hier nicht noch einmal aufrollen. Ich beziehe mich auf die Lärmmediziner und<br />
denke, dass es eine hinreichende Begründung für die Abgrenzung des Untersuchungsrau-<br />
mes ist.<br />
Zur Frage der Einbeziehung von Erholungsräumen außerhalb dieses Untersuchungsraumes<br />
habe ich versucht zu erklären, dass wir den Untersuchungsraum dann erweitern, wenn wir<br />
mit der Verlagerung von Erholungsverkehren rechnen bzw. in den Räumen der Erholungska-<br />
tegorie III – regionale Naherholung – erhebliche Zusatzbelastungen durch den Ausbau des<br />
Frankfurter Flughafens erwarten.<br />
Wenn Sie sich vergegenwärtigen, dass durch den Ausbau des Frankfurter Flughafens in<br />
erster Linie die Erholungskategorien I und II – sprich: Naherholung im direkten Siedlungsum-<br />
feld – betroffen sind und wir bei dem derzeitigen Aufsuchen von Erholungsgebieten im<br />
Taunus oder im Erholungswald nicht damit rechnen, dass durch die Inanspruchnahme von<br />
Erholungsräumen durch den Ausbau des Flughafens hier wesentliche Verlagerungen von<br />
Erholungsverkehren stattfinden – einfach, weil die Nutzungsfrequenz und das Nutzungs-<br />
spektrum das nicht erwarten lassen –, gehen wir, wie gesagt, zum jetzigen Zeitpunkt davon<br />
aus, dass wir den Untersuchungsraum nicht erweitern müssen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 87<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Ich will hier keine Fachdiskussion mit Herrn Müller-Pfannenstiel führen. Deswegen würde ich<br />
Sie bitten, Ihre Anregungen zu diesem Thema – auch zur Abgrenzung des Untersuchungs-<br />
raums – noch einmal vorzutragen, aber ohne die Lärmdiskussion vollständig neu aufzurollen.<br />
Es geht vor allen Dingen darum, welche Werte Sie meinen, für die Erholungsfunktion<br />
heranziehen zu müssen.<br />
RA Schmitz:<br />
Zum Untersuchungsraum können wir, wenn Sie nach den Werten fragen, auf das verweisen,<br />
was zur Wohn- und Wohnumfeldfunktion von unserer Seite, insbesondere von Herrn<br />
Dr. Kühner, vorgetragen worden ist. Seine Aussage lautet – er ist heute nicht hier; ich gebe<br />
es deshalb wieder –, dass da aus seiner Sicht die identischen Forderungen zu erheben sind.<br />
Die Begründung ist nahe liegend. Wir hatten vorgetragen, das vonseiten der Lärmmediziner<br />
im Wesentlichen das Kriterium der Gesundheitsbeeinträchtigung rauf- und runterdekliniert<br />
wird. Es geht also um die menschliche Gesundheit. Auch bei der Erholung ist es so, dass<br />
das auch noch andere Aspekte hat, insbesondere den Bereich der Belästigung, der da eine<br />
wichtige Rolle spielt und der nicht unbedingt etwas mit der Gesundheitsbeeinträchtigung zu<br />
tun hat. Da dieser Bereich im Wesentlichen bei dem 57er-Wert ausgeklammert wird, müsste<br />
das wesentlich tiefer liegen. Zu den genauen Werten verweise ich, wie gesagt, auf die<br />
Angaben von Dr. Kühner.<br />
Eine Frage an Herrn Müller-Pfannenstiel zu den Erholungskategorien: Ist da eine Hierarchie<br />
drin, oder ist das mehr eine systematische Abgrenzung von verschiedenen Kategorien,<br />
worunter Erholung zu verstehen ist?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Das ist keine Hierarchie, das ist einfach eine Kategorisierung unterschiedlicher Erholungs-<br />
nutzungen nach Raumbezug, Frequenz und Spektrum.<br />
RA Schmitz:<br />
Gut. Das finde ich auch angemessen und richtig. – Meine zweite Frage bezieht sich auf die<br />
Kategorie I. Da frage ich mich, warum da insbesondere die Balkone und Gärten nicht mit<br />
erfasst sind. Wir wissen doch alle, dass für die Erholung im Nahbereich der Balkon und der<br />
Hausgarten eine wichtige Rolle spielen. Daher frage ich mich, wieso sie nicht in der Katego-<br />
rie I mit drin sind.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Es ist das grundsätzliche Problem, im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsstudie Grenzen<br />
zwischen unterschiedlichen Schutzgutbereichen zu ziehen. Diesen Aspekt, den Sie anspre-<br />
chen, haben wir unter Wohn- und Wohnumfeldfunktion gefasst. Das heißt, die Erholung auf
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 88<br />
dem Balkon, im eigenen Garten wird unter dem Funktionsbereich Wohn- und Wohnumfeld-<br />
funktion abgehandelt.<br />
RA Schmitz:<br />
Das ist eben das Schöne an der Dialektik, dass man damit auch zu den gewünschten<br />
Ergebnissen kommen kann, je nachdem, wie man sie anwendet. Das heißt also, man trennt<br />
das auf und hat dann gewisse Probleme beseitigt. Das ist gerade für Juristen auch eine<br />
vertraute Arbeitsweise. Die sollte man aber in diesem Falle natürlich bemängeln, weil durch<br />
dieses dialektische Vorgehen nun gerade ein wesentlicher Problembereich zur Einschätzung<br />
der Beeinträchtigung von Erholungsfunktionen ausgeklammert wird.<br />
Meiner Meinung nach ist es eben so, dass in der Kategorie I, also dem Bereich, wo es um<br />
die Kurz- bzw. Naherholung geht, gerade die Gärten und Balkone eine wesentliche Rolle<br />
spielen. Wir könnten die Kleingärten zum Beispiel noch mit dazurechnen. Das ist meiner<br />
Ansicht nach absolut vergleichbar mit einem Park oder sonst irgendetwas, was im Raume<br />
steht.<br />
Ich denke, wenn Sie das machen würden – ich stelle mir gerade vor, was herauskäme, wenn<br />
Sie es so machten –, würden Sie natürlich erheblich größere Probleme in Ihrer Umweltbe-<br />
wertung kriegen. Deswegen haben Sie es halt anders gemacht. Wir können das ja mal<br />
durchspielen. Wenn man es so darstellen würde, würden das Material und das Gewicht<br />
dieses Bereiches sich wesentlich erweitern.<br />
Wie auch immer, mein Petitum ist, dass diese Dinge der Kategorie I in diesen Bereich mit<br />
hineingehören.<br />
Kommen wir noch zur Bewertung? Oder sollten wir jetzt schon über die Bewertungskriterien<br />
von Ihnen sprechen, wie Sie vorhaben, das in der UVS zu machen? Habe ich es richtig<br />
verstanden, dass Sie zu den Bewertungskriterien noch gar nichts gesagt haben?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Es ist richtig, dass wir zu Bewertungskriterien noch nichts gesagt haben. Es schließt sich<br />
natürlich die Frage an, ob man, ausgehend von dieser Kategorisierung, überhaupt eine<br />
Bewertung durchführen muss. Das ist genau der Punkt, den Sie angesprochen haben. Eine<br />
Hierarchisierung in Form einer Bewertung, die regionale Naherholung ist bedeutender als die<br />
Kurzzeiterholung, ist aus unserer Sicht fachlich nicht sinnvoll.<br />
Zu der Frage des Verschiebens von Problemen möchte ich Folgendes sagen: Dass wir eine<br />
bestimmte Art der Erholungsnutzung in ein anderes Schutzgut verschieben, kann ich nicht<br />
sehen, zumal wir das Schutzziel Kommunikation gerade in dem Bereich des direkten<br />
Wohnumfeldes für besser zugeordnet sehen. Wenn wir die Zuordnung vornehmen würden,<br />
die Sie dargestellt haben, würden wir diesen Aspekt logischerweise aus der Wohnumfeld-<br />
analyse herausziehen müssen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 89<br />
Zu dem Punkt Kleingartenanlagen: Die Kleingartenanlagen sind in der örtlichen Kurzzeiter-<br />
holung aufgeführt.<br />
RA Schmitz:<br />
Ich hatte in der landesplanerischen Beurteilung gesehen, dass da verschiedene Wertstufen<br />
bei der Bewertung der Auswirkungen auf die Erholungsfunktion enthalten waren. Haben Sie<br />
die jetzt herausgenommen? Es hieß doch hier „starke Umweltauswirkungen“, „unerhebliche<br />
Umweltauswirkungen“ usw. Sie haben da auch vonseiten des Regierungspräsidiums eine<br />
Bewertung vorgesehen gehabt. Es gehört doch in eine UVS, dass man die Beeinträchtigun-<br />
gen von Schutzgütern bewertet.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Herr Baader hat gestern ausgeführt, dass auch mit Bezug zu § 6 Abs. 3 Nr. 3 UVPG wir als<br />
Bestandteil der UVS eine Beschreibung der Umweltauswirkungen vornehmen werden und<br />
wir unsererseits einen Bewertungsvorschlag machen werden, der aber nicht Gegenstand der<br />
Auseinandersetzung im Rahmen des <strong>Scoping</strong>-Verfahrens ist.<br />
RA Schmitz:<br />
Jetzt ist alles klar. Das ist wieder Dialektik, okay.<br />
Frau Eising (RP Darmstadt):<br />
Ich wollte noch einmal unterstützen, was Herr Müller-Pfannenstiel gesagt hat. Bei den<br />
einzelnen Schutzgütern, die Frau Ohl angesprochen hat, werden wir nicht über die Bewer-<br />
tungsvorschläge diskutieren. Sie können gerne Anregungen geben, aber das ist nicht<br />
Gegenstand hier.<br />
RA Schmitz:<br />
Dann gebe ich auch keine Anregungen.<br />
(Heiterkeit)<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Mir geht es im Wesentlichen erst einmal um den Untersuchungsraum und hier um die Frage<br />
der Orientierung an den lärmmedizinischen Vorgaben. Ich denke, das sind die für Wohnge-<br />
biete, unabhängig davon, ob, wie Sie es nennen, eine Realverteilung oder eine 100/100-<br />
Verteilung vorliegt.<br />
Ich will einmal ein Beispiel nennen. Wenn ich als Bewohner der Stadt Offenbach die Stunde,<br />
die Sie nennen, Richtung Osten fahre, um meine Freizeit in verschiedenen Freizeiteinrich-<br />
tungen, die dort vorhanden sind, zu nutzen, muss ich feststellen, dass ich immer noch vom<br />
Fluglärm betroffen bin. Das heißt also, es bringt mir immer noch nichts. Ich habe immer noch<br />
den Fluglärm.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 90<br />
Jetzt nehme ich mal die beiden Städte Offenbach und Hanau und muss feststellen, dass<br />
durch den Ausbau der Nordwestbahn Offenbach vollständig verlärmt wird und Hanau<br />
zusätzlich zur vollständigen Verlärmung noch Lärm drüber kriegt. Hanau ist heute als Stadt<br />
durch das Eindrehen in seiner gesamten Fläche verlärmt.<br />
Da ich mich da besser auskenne, nehme ich mal wieder Offenbach als Beispiel und sage<br />
Ihnen: Wir haben im Süden Offenbachs ein Freibad. Dahin gehe ich täglich schwimmen,<br />
wenn es wieder geöffnet ist. Da kann ich – ein bisschen übertrieben – beim Rückenschwim-<br />
men die Profilrillen der Flugzeugräder zählen. Da werden Sie sicherlich nicht unterstellen<br />
können, dass das Erholung in dem Sinne ist, wie man sich Erholung vorstellt.<br />
Wenn ich auf der anderen Seite in den Norden Offenbachs gehe, haben wir kein örtliches<br />
Erholungszentrum, sondern einen regionalen Erholungsbereich, nämlich den Schultheißwei-<br />
her. Er dient als regionales Erholungsgebiet und wird, wenn die Nordwestbahn kommt, von<br />
Fluglärm überzogen sein. Jetzt hier zu sagen, ihr habt im Wohnbereich und auch im Freizeit-<br />
bereich diese 57 dB(A) zu ertragen, das finde ich schon relativ unerträglich. Oder wollen Sie<br />
mir jetzt auch noch vorschreiben, ich darf nicht Richtung Osten Freizeit suchen, sondern ich<br />
muss in Nord- oder Südrichtung fahren – in der Hoffnung, dass ich dort auch etwas finde?<br />
Dann sage ich Ihnen, dann fahre ich Richtung Süden. Da nehme ich mal den südlichen<br />
Bereich von Offenbach und stelle fest, ich bin schon wieder unterm Fluglärm. Auch da habe<br />
ich nicht viel zu machen. Dann sage ich, okay, ich fahre durch Frankfurt durch und fahre in<br />
den Taunus. Auch da habe ich wieder Fluglärm.<br />
Ich muss feststellen: Innerhalb dieses Bereiches, zu dem Sie mir jetzt verkaufen wollen, dass<br />
ich dort Freizeit und Erholung machen kann, und den Sie nicht in den Untersuchungsbereich<br />
hineinnehmen wollen, komme ich als betroffener Bewohner aus dem Fluglärm nicht heraus.<br />
Da, meine ich, müssten Sie schon andere Kriterien anwenden und diesen Untersuchungsbe-<br />
reich größer ziehen. Entweder müssen wir für diese Region die Freizeitaktivitäten auf andere<br />
Gebiete verlagern, die außerhalb dieses Bereichs liegen, wo die Bewohner nicht mehr von<br />
Fluglärm betroffen sind. Oder aber es müssen Vorhabensalternativen diskutiert werden, mit<br />
denen wir erreichen, dass wir in dieser Region auch Freizeiterholung finden können.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das heißt, dass Sie sie dort nicht mehr finden, wo die Alternativen hinkommen. Ja, es ist gut.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
Ich möchte mir ersparen, mit Herrn Müller-Pfannenstiel eine Diskussion über die Zuarbeit der<br />
Lärmmediziner zu führen, da er sich an deren Vorgaben sklavisch gebunden fühlt, was<br />
sicher etwas mit den Weisungen des Auftraggebers zu tun hat.<br />
Ich möchte aber das Regierungspräsidium darauf hinweisen, dass die Aufgabenstellung jene<br />
ist, die Auswirkungen des Vorhabens auf die Naherholung zu ermitteln.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 91<br />
Die Frage stellt sich: Ist es eine Auswirkung, wenn eine Fläche, die bislang 0 % erheblich<br />
belästigter Gruppen in der Bevölkerung hat, zukünftig im Jahre 2015 zu erwarten hat, dass<br />
dort 10 % der Betroffenen erheblich belästigt sind? Sie werden mir sicher zustimmen: Diese<br />
Steigerung von 0 % auf 10 % ist Anlass, die UVP auf diese Fläche mit zu erstrecken. Denn<br />
diese Steigerung ist aus meiner Sicht unbestreitbar erheblich.<br />
Wenn Sie der Dogmatik der Fraport AG folgen, ist Ihre Logik aber einem Bruch ausgesetzt,<br />
weil die Fraport AG Ihnen vorspielt, dass diese Steigerung nicht untersuchungswürdig ist.<br />
Denn es gibt zahlreiche Flächen in dem Hoheitsbereich meiner Mandantschaft, die genau<br />
diese Steigerung im Jahr 2015 zu erwarten haben, und all diese Flächen sind nicht im<br />
Untersuchungsbereich erfasst, weil sie die magische Grenze von 57 dB(A) nicht erreichen,<br />
gleichwohl aber dort diese Steigerung von 10 % an erheblich Betroffenen gegeben ist. Das<br />
sind insbesondere die Gemeinden außerhalb des Kinzigtals, wie etwa Nidderau, im Randbe-<br />
reich aber auch Ronneburg und weitere Gemeinden, die einen sehr, sehr niedrigen Grundle-<br />
vel haben, der natürlich auch eine ruhige Naherholung sehr ermöglicht.<br />
Einen zweiten Widerspruch möchte ich aufzeigen. Die Bewohner einer alten Wohnanlage in<br />
Hanau-Steinheim oder in Maintal, die eine Wirkungssteigerung durch das Vorhaben zu<br />
erwarten haben, wenn sie den Außenbereich, den Garten ihrer alten Wohnanlage zur<br />
Naherholung nutzen, bleiben bei der gesamten Betrachtung der Fraport AG außen vor, weil<br />
auch dort das abstrakte Kriterium der 57 dB(A) nicht erfüllt ist, gleichwohl aber diese Grenze<br />
von 10 % der erheblich Belästigten in dieser schutzwürdigen Fläche erfüllt ist.<br />
Ergebnis: Das Kriterium eines äquivalenten Dauerschallpegels von 57 dB(A) ist kein geeig-<br />
netes Kriterium, um den Untersuchungsraum abzugrenzen.<br />
Meine Empfehlung und das Petitum meiner Mandantschaft ist, dass Sie die in der Recht-<br />
sprechung auch akzeptierte Grenze heranziehen, dass Sie den Untersuchungsbereich auf<br />
die Flächen ausweiten, die mehr als nur unerhebliche Steigerungen in der Lärmbetroffenheit<br />
zu erwarten haben. Das sind die Flächen, die mehr als 1 % der erheblich Belästigten<br />
zukünftig erwarten lassen.<br />
Das, was Ihnen die Fraport AG hier, um Ihnen einen Vergleich zu ermöglichen, vorschlägt,<br />
ist, dass überhaupt erst untersucht wird, wenn zukünftig mehr als 12 bis 15 % erheblich<br />
Belästigte in dem Gebiet vorhanden sind. Darunter soll gar nichts untersucht werden – um<br />
Ihnen dort einen qualitativen Vergleich zu ermöglichen. Es ist in der Bevölkerung nicht zu<br />
vermitteln, dass man einer in der Aktienmehrheit staatstragend beeinflussten Aktiengesell-<br />
schaft einen solchen Bonus zumisst. Es ist eine Besonderheit, die sich gegenüber jedem<br />
anderen Antragsteller bei einem Projekt, das der Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt,<br />
darstellt. Und es ist auch für die Betroffenen schwer einsichtig, warum dieser Bonus in einem<br />
Zwiespiel zwischen dem Verkehrsministerium und der Fraport AG längst abgesprochen ist.<br />
Denn sonst würde die Fraport AG nicht mit einem solchen Vorschlag in dieses Verfahren<br />
gehen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 92<br />
RA Baumann:<br />
Für die von mir vertretenen Städte und Gemeinden möchte ich zunächst feststellen, dass die<br />
Grundannahmen von Herrn Müller-Pfannenstiel nicht akzeptabel sind und dass insoweit die<br />
Erholungskategorie nicht mit den Werten „präventiver Richtwert“ belegt werden kann. Wir<br />
möchten noch einmal betonen, dass rechtliche Maßstäbe zu einer anderen Betrachtung<br />
führen. Ich möchte jetzt nicht wiederholen, was ich zu diesem Thema bislang schon ausge-<br />
führt habe, weil die Ausführungen aus meiner Sicht reichen, das Konzept der vier Professo-<br />
ren und damit auch Ihres zu erschüttern. Wenn Sie daran festhalten, dann mag dies ein<br />
Thema im weiteren Verfahren sein, so es zu einem solchen kommen sollte. Da wäre dann<br />
darüber zu diskutieren, inwieweit derartige Untersuchungen, die Sie dann anstrengen, einer<br />
rechtlichen Überprüfung durch die Richter auch standhalten.<br />
Bedenklich ist es, zu sagen, Erholungsgebiete haben einen minderen Schutzbedarf als reine<br />
Wohngebiete. Wenn ich in einem Wohngebiet lebe, dann möchte ich, wenn ich hinausfahre,<br />
eigentlich noch einen Erholungswert haben. Dieser Erholungswert stellt sich ja gar nicht ein,<br />
wenn ich dann in ein Gebiet komme, das zusätzlichen Belastungen ausgesetzt ist. Da ist<br />
eine Widersprüchlichkeit. Es wurde hier von Dialektik gesprochen. Vielleicht ist es eine<br />
Diabolik, die hier von Fraport angestrengt wird, um das Projekt durchzusetzen. Das kann<br />
nicht akzeptiert werden. Deswegen ist unser Petitum, dass Anforderungen an Fraport<br />
formuliert werden, die über das hinausgehen und anhand von rechtlichen Kategorien<br />
entsprechende Zielvorgaben enthalten.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Die Synopse kann man natürlich an keiner Stelle stehen lassen, wo immer man sie findet.<br />
Ich schließe mich dem an und wiederhole nicht, was wir gestern gesagt haben, um vorweg-<br />
zunehmen, Herr Bickel, was Sie zu sagen im Begriffe sind.<br />
Mit Diskreditierung hatte das nichts zu tun. Dem <strong>Scoping</strong>-Papier, Herr Müller-Pfannenstiel,<br />
entnehme ich, dass auch Sie Unbehagen ergreift, wenn Sie sich allein nach der Synopse<br />
richten. Denn dort liest man zunächst: „Abgrenzung nach Konturen. Ergänzend werden<br />
Erholungsgebiete mit einer besonderen Bedeutung [...] einbezogen.“ Es ist also eine Hilfs-<br />
hypothese mit „ergänzend“, wie wir es des Öfteren zur Unklarheit im <strong>Scoping</strong>-Papier finden.<br />
Haben Sie schon eine Idee, in welche Richtung Sie da gehen, was diese ergänzenden<br />
Gebiete sein könnten? Denn dann könnte der Umkreis der betrachteten Flächen völlig<br />
anders aussehen. Oder ist das gänzlich untergeordnet, was hier ergänzend noch in den Blick<br />
geraten könnte? Das ist natürlich vorläufig; Sie sind ja noch nicht fertig. Aber vielleicht haben<br />
Sie schon eine Idee dazu.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Die Hilfshypothese, Herr Schröder, ist deswegen wichtig, weil eigentlich die Erstellung einer<br />
Umweltverträglichkeitsstudie immer dadurch gekennzeichnet ist, dass mit zusätzlichem<br />
Erkenntnisgewinn der Untersuchungsraum oder auch die Inhalte entsprechend zu modifizie-
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 93<br />
ren sind. Die Rahmenbedingung für die Anwendung der Hilfshypothese, wie Sie sie bezeich-<br />
net haben, kommt dann zur Anwendung, wenn wir auf der Grundlage unserer Untersuchun-<br />
gen erkennen, dass wir durch den Ausbau des Flughafens bzw. durch die zusätzliche<br />
Verlärmung tatsächlich mit einer Verlagerung von Erholungsverkehren in Gebiete zu rechnen<br />
haben, die außerhalb unseres Untersuchungsraumes liegen. Das können, um Ihre Frage<br />
zumindest ansatzweise zu beantworten, dann Bereiche sein, die für die regionale Naherho-<br />
lung eine besondere Rolle spielen. Die werden vorwiegend im Bereich des Taunus bzw. des<br />
Odenwaldes liegen. Diese Entscheidung können wir aber zum derzeitigen Stand der Unter-<br />
suchungen nicht treffen.<br />
Zu dem Punkt, den Herrn Baumann aufgeworfen hat, möchte ich Folgendes sagen: Wir<br />
nehmen keine Abstufung der Bedeutung zwischen verschiedenen Erholungskategorien vor,<br />
ob sie nun im Wohnumfeld oder in den von mir genannten Kategorien liegen. Wichtig ist hier<br />
aber, zu sehen, dass wir sehr stark nach der Nutzungsart unterscheiden. Das heißt, das<br />
Ruhebedürfnis, auf das Sie hier immer wieder abheben, spielt in bestimmten Erholungskate-<br />
gorien eine größere Rolle als zum Beispiel bei der Kurzzeiterholung Radfahren/Inlineskaten.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Herr Müller-Pfannenstiel, Ihre Antwort führt mich gleich zur nächsten Frage. Sie sagten, Sie<br />
erwarteten für den Ausbaufall nicht, dass sich die Erholungsverkehre nach Frequenz und<br />
Zusammensetzung wesentlich oder erheblich verändern. Das wundert mich. Das scheint<br />
jeder Erwartung auf der Basis unbefangener Lebenserfahrung zu widersprechen, wenn man<br />
sich vorstellt, dass die Vorhabensträgerin ein Nachtflugverbot einführen will, also in den<br />
Tagstunden 660.000 Flugbewegungen abwickeln will, auch an Wochenenden und auch an<br />
Feiertagen, also ohne Unterschied, damit wesentlich mehr Lärm in den Ballungsraum<br />
bringen will. Sie gehen dennoch von der Hypothese aus, dass sich für diesen Fall die<br />
Erholungsverkehre nicht verändern werden. Habe ich Sie da richtig verstanden? Oder ist das<br />
einfach ein Missverständnis?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Herr Schröder, da haben Sie mich falsch verstanden. Die Betroffenheit der Erholungskatego-<br />
rien soll eigentlich genau die Frage beantworten, die Sie jetzt aufgeworfen haben. Es findet<br />
keine Substitution bestimmter Erholungsnutzungen statt. Sie können nicht die Kurzzeiterho-<br />
lung im direkten Wohnumfeld durch regionale Naherholung substituieren. Das heißt, wenn<br />
bestimmte Erholungsräume durch den Ausbau betroffen sind, die eine Kurzzeiterholung<br />
haben, wird es darum gehen, die Frage zu beantworten, was die Menschen machen, um an<br />
einer anderen Stelle das Bedürfnis nach Kurzzeiterholung im Wohnumfeld zu befriedigen.<br />
Sie werden nicht am Feierabend – der Erholungsanspruch ist keine regionale Naherholung –<br />
in den Taunus fahren. Das heißt, die Frage, ob es zu Erholungsverkehren kommt oder nicht,<br />
wird sich aus den Untersuchungen ergeben, aus der Analyse der Betroffenheit innerhalb<br />
dieser verschiedenen Erholungskategorien.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 94<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Da bin ich auf Ihre Ausarbeitung gespannt. Ich bin da kein Experte, ziehe das aber in<br />
Zweifel. – Ich komme zum nächsten Punkt. Ihr Erholungsuntersuchungsgebiet schneidet den<br />
Main-Taunus-Kreis mitten durch. Die nördlichen Gemeinden des Main-Taunus-Kreises<br />
weisen ganz wunderbare Umgebungen auf, die bis jetzt sehr ruhig sind und höchst sensibel<br />
reagieren, wenn sie zusätzlichen Lärm bekommen. Halten Sie es für gerechtfertigt, die<br />
Bereiche einfach auszuschließen, die dem Ballungsraum sehr nahe liegen und die mit<br />
erheblicher Mehrbelastung zu rechnen haben, sodass das Delta zwischen Jetzt und Dann<br />
groß sein wird? Ich meine diesen merkwürdigen Schnitt im Untersuchungsraum.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Es ist nicht Aufgabe der Umweltverträglichkeitsstudie, in einem wie auch immer gegriffenen<br />
Raum eine Bewertung der Erholungsqualität vorzunehmen. Unsere Aufgabe ist die Bewer-<br />
tung von Umweltauswirkungen durch den Ausbau des Flughafens. Wenn wir der Meinung<br />
sind, dass die Lärmmediziner den allgemeinen Kenntnisstand im Sinne von § 6 Abs. 3 Nr. 3<br />
UVPG abbilden, dann ist dies die Begründung für den Untersuchungsraum. Ich habe auch<br />
dargestellt – Hilfshypothese, wie Sie es genannt haben –, dass wir den Untersuchungsraum<br />
erweitern, sofern sich entsprechende Erkenntnisse ergeben und dies erforderlich machen.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
In dem Gebiet, von dem ich sprach, gibt es ein Landschaftsschutzgebiet. Es dient insbeson-<br />
dere der Erholung. Dort ist es jetzt sehr ruhig; dort wird es dann wesentlich lauter sein. Das<br />
ist eine normative Vorgabe. Aber wir haben das schon, dass die Fraport der Ansicht ist, die<br />
Lärmmedizin hülfe über geltendes Recht hinweg.<br />
Ich habe noch eine letzte Frage. In der Synopse steht auf Seite 36: „Bedeutende Erholungs-<br />
zielpunkte und Sport- und Freizeiteinrichtungen werden separat dargestellt. Eine Aggregati-<br />
on und Bewertung erfolgt nicht.“ Wie soll man sich das vorstellen? Erschöpft sich die<br />
Ausarbeitung an diesem Punkt in einer reinen Deskription, sodass die einzelnen Einrichtun-<br />
gen erratisch nebeneinander stehen? Bleibt Ihre Darstellung an dieser Stelle ein Rumpf? Sie<br />
aggregieren nicht, bewerten nicht. Bleibt das anekdotisch und deskriptiv – beim Bestand<br />
sogar?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Bezogen auf die Frage, die Herr Schmitz schon in einer ähnlichen Art und Weise gestellt hat,<br />
habe ich versucht, Ihnen gegenüber zu erläutern, dass wir es nicht für erforderlich und auch<br />
nicht für sinnvoll erachten, eine innerörtliche Kurzzeiterholung in Raunheim bewertungsme-<br />
thodisch mit einer innerörtlichen Kurzzeiterholung im Raum Kelsterbach entlang des Mains<br />
oder im Bereich des Kelsterbacher Waldes zu vergleichen. Wir werden für diese verschiede-<br />
nen Erholungsräume innerhalb der verschiedenen Kategorien darstellen müssen, wie sich<br />
die Umweltauswirkungen durch den Ausbau verändern. Wir sind der Meinung, dass wir diese
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 95<br />
Umweltauswirkungen viel besser auf der Sachdimensionsebene darstellen können, als dass<br />
wir es in einer wie auch immer gearteten Aggregation und in Bewertungsstufen – von mir aus<br />
auch „hohes Risiko“ – verstecken. Es müsste Ihnen eigentlich entgegenkommen, wenn wir<br />
auch gerade für die von Ihnen vertretenen Gemeinden darstellen – erratisch, Hermann-Löns-<br />
mäßig, wie auch immer Sie das bezeichnen möchten –, wo die Betroffenheiten liegen.<br />
Böhm (HGON):<br />
Herr Müller-Pfannenstiel, bei Ihrer Bestandsbewertung in Verbindung mit der UVS werden ja<br />
garantiert gewisse Flächen aus dieser Bewertung herausfallen, wenn es zu dem geplanten<br />
Ausbau kommt. Wo sehen Sie überhaupt in diesem Ballungsraum oder auch weiter draußen<br />
– wollen Sie die Leute dazu zwingen, weiter zu fahren, um sich zu erholen? – eine Möglich-<br />
keit, diesen Verlust auszugleichen?<br />
Werden Sie bei Ihrer Bewertung die im Kreis Offenbach bestehenden Landschaftsschutzge-<br />
biete anders bewerten als normale Flächen innerhalb dieses Kreises?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Zur Frage der Kompensationsmöglichkeiten, Frau Ohl, schlage ich vor, dass wir das morgen<br />
unter dem Thema „Kompensation“ mit diskutieren.<br />
In der Frage, ob eine Fläche eine höhere Bedeutung dadurch erhält, dass sie einen gesetzli-<br />
chen Schutzstatus hat, sind wir der Meinung, dass wir die Betroffenheit dieses Landschafts-<br />
schutzziels oder Landschaftsschutzgebietes bzw. die Frage, inwieweit das Schutzziel<br />
beeinträchtigt wird, getrennt von der Bedeutung der Flächen bzw. der Zuordnung zu einer<br />
Erholungskategorie bewerten werden. Das sind zwei Sachverhalte, die wir getrennt vonein-<br />
ander darstellen werden.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Sind es zwei getrennte Erfassungskriterien?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ja.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Was verstehen Sie unter den Gebieten, in denen eine ruhige Erholung stattfinden soll? Kann<br />
man da einen dB-Wert angeben? Wie grenzen Sie diesen Begriff „ruhig“ ab?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Bei der ruhigen Erholung, wie Sie sie jetzt gerade genannt haben, geht es im Grunde<br />
genommen um Nutzungsspektren, die primär auf naturverbundene oder naturgebundene<br />
Erholungsaktivitäten abheben. Das wird vorwiegend im Bereich des Wanderns, Spazieren-<br />
gehens oder Naturerlebens oder auch des Badens innerhalb von Seen liegen. Das ist aber
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 96<br />
wiederum eine Zuordnung zu einer bestimmten Erholungskategorie, was sich hier im<br />
Schwerpunkt auf die regionale Naherholung beziehen wird, da die Kurzzeiterholung inner-<br />
halb dieses Ballungsraums nicht nur bedingt durch den Fluglärm, sondern auch durch den<br />
Lärm anderer Verkehrsträger natürlich von vornherein die Grenzen für eine tatsächliche<br />
ruhige Erholung gesetzt bekommt.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Sie möchten Landschaftspläne berücksichtigen. Sind da auch Entwürfe von Landschaftsplä-<br />
nen einbezogen oder nur schon verabschiedete Landschaftspläne – so nenne ich sie einmal<br />
untechnisch?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Sofern wir diese Landschaftsplanentwürfe von den Gemeinden zur Verfügung gestellt<br />
bekommen, werden wir auch diese berücksichtigen.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Mein dritter Punkt sind visuelle Störungen. Sie haben in der Vorhabensbeschreibung bzw. im<br />
Untersuchungsprogramm ausgeführt, dass diese visuellen Störungen durch die Lärmwerte<br />
ausreichend abgebildet wurden. Darüber haben wir auch schon im Raumordnungsverfahren<br />
diskutiert. Ich denke, das ist sicherlich auch abhängig von der Einstellung. Jemanden, der<br />
Luftverkehrsfan ist, stört es natürlich nicht, wenn er über einem Gebiet, in dem er sich<br />
erholen will, Flugverkehr vorfindet. Wenn man auf Ihren Aussichtspunkt schaut, den Sie jetzt<br />
haben, wird man das sicherlich bestätigen können. Andererseits ist für denjenigen, der von<br />
Fluglärm betroffen ist, die visuelle Störung sicherlich auch eine Beeinträchtigung von<br />
Erholung, von Freizeit.<br />
Da ist meine Anregung an das RP, diesen Punkt noch einmal zu überdenken. Ich habe jetzt<br />
auch kein Konzept, wie man es lösen kann. Aber ich denke, dass es nicht ausreichend<br />
erfasst ist, wenn man nur sagt, man nimmt für die visuelle Störung als Maßstab die dB-Werte<br />
von 57 – gerade in einem Bereich, der belastet ist und der noch weiter belastet werden wird.<br />
Da möchte ich noch einmal das Petitum an das Regierungspräsidium richten, das in die<br />
Betrachtung einzubeziehen.<br />
Anknüpfend an das, was Herr Schröder zum Untersuchungsraum schon ausführte, möchte<br />
ich Folgendes sagen: Es gibt Bereiche, die Sie infolge der 57-dB-Kontur durchschneiden.<br />
Diese Bereiche gehen zum Beispiel beim Kühkopf direkt durch das Gebiet hindurch. Es ist<br />
für mich nur schwer nachzuvollziehen, wenn man mitten durch ein zusammenhängendes<br />
Gebiet, das der Erholung dient, die Grenze zieht.<br />
Bei der Abgrenzung des Untersuchungsraums Lärm war es so, dass die Gemeinden, die<br />
vom Hoheitsgebiet angeschnitten wurden, komplett drin sind. Mein Petitum ist, auch hier bei<br />
der Bestimmung des Untersuchungsraumes zu berücksichtigen, dass zusammenhängende
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 97<br />
Waldgebiete oder eben zusammenhängende Bereiche durchschnitten werden, und diese<br />
vollständig mit in die Betrachtung einzubeziehen.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Herr Müller-Pfannenstiel, Sie haben eben in Ihren Ausführungen gesagt, dass es eine<br />
Wechselwirkung zwischen Ihrer Erholungsstudie oder Umweltverträglichkeitsstudie zum<br />
Bereich Freizeit und Erholung auf der einen Seite und dem Lärmgutachten auf der anderen<br />
Seite gibt. Wir reden ja im Moment über die Inhalte und Festlegungen für diese Studien.<br />
Wenn ich jetzt einmal die Veröffentlichungen der Fraport AG zum Thema Planfeststellung<br />
ernst nehme – was ich immer tue, aber in diesem Fall besonders –, dann soll der Planfest-<br />
stellungsantrag im August eingereicht werden. So waren zumindest die letzten Veröffentli-<br />
chungen. Dann muss ich bei Kenntnis, wie man methodisch und zeitlich an so ein Thema<br />
herangeht und herangehen muss, davon ausgehen, dass Ihre Studie im Wesentlichen<br />
fertiggestellt ist, und sagen, wenn ich den August als Ziel nehme: Was Sie jetzt noch<br />
machen, ist ein bisschen Feinschliff, Fehlerbeseitigung – ich sage mal: Rechtschreibfehler<br />
und andere Verbesserungen, die Sie noch vornehmen können.<br />
Ich habe einmal beim Lärmgutachter nachgefragt. Er hat mir gesagt, das Lärmgutachten sei<br />
in den letzten Zügen, um es fertigzustellen. Wenn das alles fertig ist, frage ich Sie: Wie<br />
wollen Sie dann noch auf Ergebnisse der Lärmstudie oder der Lärmkurven Einfluss nehmen<br />
bzw. in Ihrer Umweltverträglichkeitsprüfung zum Naherholungs- und Freizeitbereich Rück-<br />
sicht nehmen, wenn das alles im Prinzip fertig gestellt ist und Sie im August in die Planfest-<br />
stellung gehen wollen?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein, wir wollen nicht darüber diskutieren, wie Fraport seine inneren Organisationsprobleme<br />
löst. Möglicherweise haut das dann mit dem August nicht hin. Aber das ist nicht Thema des<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s. Das Thema des <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s ist, wie die Unterlagen auszusehen<br />
haben, und nicht, wie sie in einer bestimmten Zeit fertig zu stellen sind. Diese technische<br />
Frage wollen wir hier ausklammern, sonst werden wir nämlich nie fertig.<br />
Hagemann (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald):<br />
Ich habe an einer anderen Stelle schon einmal darauf hingewiesen, dass etwa 300 bis<br />
350 ha Bannwald gerodet werden. Dies hat natürlich auch ganz erhebliche Auswirkungen<br />
auf die Erholung, und zwar auf die Naherholung, die unmittelbar erste Kategorie für Kelster-<br />
bach und Raunheim und mindestens die zweite Kategorie auch für viele Stadtteile von<br />
Frankfurt. Dieses Erholungsgebiet fällt im örtlichen Bereich allein schon durch die Rodung<br />
des Waldes weg, weil dann der Verkehrslärm von der Autobahn usw. dort ungehindert<br />
hinüberdringen kann. Dazu kommen die vielen anderen Gebiete von Frankfurt, die durch<br />
Überflug verlärmt werden und wo die Leute keine örtliche Naherholung mehr finden. Auch<br />
die Erholungsgebiete im Stadtwald von Frankfurt werden wesentlich entwertet.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 98<br />
Jetzt sagen Sie, Sie wollen die Kategorien nicht miteinander vergleichen oder mischen. Man<br />
muss aber doch wohl fragen: Wo wird denn die Naherholung dann stattfinden? Da müssen<br />
Kompensationsflächen gefunden werden.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist ein eigenes Thema. Das Thema kommt später dran. Deswegen möchte ich das jetzt<br />
nicht thematisieren.<br />
Hagemann (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald):<br />
Gut. – Aber den Erweiterungsrahmen möchte ich auch weiter gefasst finden. Wenn man<br />
sieht, dass in Wiesbaden auch wesentliche Erholungsflächen betroffen sind, muss man wohl<br />
weiter in den Taunus ausweichen, der dann nicht mehr betrachtet wird. Auch dort wäre<br />
festzustellen, inwieweit sich durch Verlärmung Nachteile für die Erholung ergeben.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Herr Müller-Pfannenstiel, ich habe eine Frage zu den Verdrängungseffekten der Erholungs-<br />
suchenden. Sehe ich das richtig, dass Sie dort den Verlust der Flächen durch den Ausbau<br />
zugrunde legen, dort eine Frequentierung zugrunde legen und sagen, das sind die Leute, die<br />
Erholung suchen, die verdrängt werden, die sich irgendwo anders Erholung suchen müssen?<br />
Um die neue Landebahn werden zumindest Teilbereiche von Wäldern und ähnlichen<br />
Bereichen noch stehen bleiben, die stark verlärmt sind. Das ist klar. Da werden keine<br />
Erholungssuchenden verdrängt. Sie legen also keine Lärmkontur irgendwo an, wo Sie<br />
sagen, da ist Erholung nicht mehr zu finden. Das wäre ja ein Denkmodell, wo man sagen<br />
könnte, ab 65 oder 70 dB ist keine Erholung möglich, die um die Landebahn herum geht –<br />
nicht nur um die Fläche, die verloren geht, sondern darum herum. Da wird keiner Erholung<br />
finden. Da verdrängen wir keine Leute, weil da keiner zur Erholung hingeht. Das würde ich<br />
als ein besseres Kriterium ansehen als den reinen Flächenverlust. Das will ich als Anregung<br />
mitgeben, dass man auf diesen Punkt setzen sollte.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Herr Müller-Pfannenstiel ist natürlich in seiner gutachterlichen Entscheidung frei, wie er das<br />
bewertet. Wir – oder die Planfeststellungsbehörde – werden das entsprechend zu würdigen<br />
wissen. Dann ist die Frage, ob man diese Bewertung letztendlich teilt oder nicht.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Das ist grundsätzlich klar. Ich wollte nur einmal fragen, ob das so geplant ist. Mein Vorschlag<br />
ist, es anders zu machen und eher zu schauen, wo Erholung grundsätzlich nicht möglich ist.<br />
Das ist für mich nicht nur der Flächenverlust. Das will ich damit klarstellen.<br />
Ich habe noch eine Frage: Wie wollen Sie denn die Bestandsaufnahme dieser ganzen Dinge<br />
machen? Wie haben Sie sie gemacht? Ich habe einmal gelesen, dass Sie das mit einem
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 99<br />
geografischen Informationssystem machen. Wollen Sie das auch damit machen? Wollen Sie<br />
raus, um die Bestandsaufnahme zu machen? Wie kommen Sie zu den Daten der in diesem<br />
Bereich Erholung Suchenden? Dazu hätte ich gerne noch eine Information von Ihnen.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ich kann die Beantwortung beider Fragen miteinander verknüpfen. Aus unserer Sicht ist der<br />
Ansatz, den Sie vorgeschlagen haben, aus folgendem Grund nicht zielführend: Wenn im<br />
Umfeld des Frankfurter Flughafens die Verlärmung von Erholungsgebieten das maßgebliche<br />
Kriterium dafür wäre, dass Menschen bestimmte Waldbereiche aufsuchen, dann wäre der<br />
gesamte Bereich Mark- und Gundwald und der Mönchbruch von der Erholungsbedeutung<br />
her nicht so einzustufen, wie er derzeitig einzustufen ist.<br />
Auf Ihre zweite Frage möchte ich Folgendes sagen: Es gibt im Mark- und Gundwald eine<br />
Vielzahl von Parkplätzen. Es lässt sich auf den Wegen und durch einzelne Interviews sehr<br />
wohl herausbekommen, in welchem Umfang diese Gebiete je nach Nutzungsspektrum<br />
wochentags bzw. am Wochenende genutzt werden, wie lange die Leute in diesen Gebieten<br />
bleiben und was sie dort tun, sodass man zu den von Ihnen angesprochenen Parametern<br />
zur Darstellung der Erholungsqualität und Erholungsnutzung alle Informationen zusammen-<br />
bekommt, die man braucht, um die Qualitäten für diese verschiedenen Räume zu bestim-<br />
men.<br />
Mondré (Main-Taunus-Kreis):<br />
Wir haben ja ausführlich über den Taunus und seine Bedeutung für das Verfahren gespro-<br />
chen. Das müsste sich auch bei den Bewertungsmaßstäben niederschlagen. Wir haben für<br />
den Taunus verschiedene Landschaftsschutzverordnungen, zum Beispiel die Landschafts-<br />
schutzverordnung Osttaunus, oder auch für das Gebiet Rheingau-Taunus. Auch in anderen<br />
Bereichen Richtung Odenwald und Spessart existieren solche Verordnungen, die die<br />
entsprechenden Zielsetzungen und Maßstäbe festlegen. Ich rege deshalb an, bei den<br />
Bewertungsmaßstäben die Landschaftsschutzverordnungen, die im Umfeld existieren, zu<br />
Rate zu ziehen.<br />
Der zweite Punkt ist noch einmal ein Hinweis auf den Unterschied zwischen der Freizeitfunk-<br />
tion und der Wohn-/Wohnumfeldfunktion. Da ist nämlich aus meiner Sicht ein entscheidender<br />
Unterschied. In einem Freizeitbereich gibt es so gut wie keine Rückzugsmöglichkeiten. Sie<br />
können kein Fenster zumachen, Sie können keine Tür zumachen, wenn gerade ein Flugzeug<br />
über Sie donnert, sondern Sie nehmen das unmittelbar und direkt wahr. Sie sind weit<br />
gefahren, wollen irgendwo spazieren gehen, wollen etwas machen und haben die entspre-<br />
chende Verlärmung. Ich denke, das sollte man auch bei der Frage des Untersuchungsrau-<br />
mes und der Parameter gut berücksichtigen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 100<br />
Kowol (Wiesbaden):<br />
Ich will jetzt nicht noch einmal – da Sie darum gebeten hatten – wiederholen, wie das mit<br />
dem Untersuchungsraum zu bewerten ist und anhand welcher Lärmkontur tatsächlich hier<br />
eine genauere Betrachtung notwendig ist. Ich erinnere noch einmal an die Konturen von<br />
Dr. Kühner mit 43 und 33 dB(A) als Erheblichkeits- oder Relevanzschwelle.<br />
Zum Untersuchungsraum, Herr Müller-Pfannenstiel: Ich bin etwas enttäuscht, dass Sie heute<br />
etwas mehr Wasser in den Wein gegossen haben, als ich es erwartet hatte. Denn zumindest<br />
in dem Papier, das uns hier vorliegt, wird zum Untersuchungsraum gesagt, dass einmal<br />
diese Kontur der entscheidende Gesichtspunkt ist. Dann heißt es: „Ergänzend werden<br />
Erholungsgebiete mit einer besonderen Bedeutung für die ruhige Erholung in den Untersu-<br />
chungsraum einbezogen.“ Und dann kommt es: „Die Auswahl dieser Erholungsgebiete<br />
erfolgt auf der Grundlage der Erfassung der tatsächlichen Erholungsnutzung.“ Sie haben uns<br />
jetzt gesagt, dass Sie solche Gebiete dann betrachten, wenn eine Verdrängung stattfindet<br />
oder zu befürchten ist. Das widerspricht etwas dieser Formulierung hier in Ihrem Papier.<br />
Insofern bitte ich um Aufklärung, weil es natürlich sinnvoll ist, Erholungsgebiete, die noch<br />
nicht in diesen Konturen liegen, aber eine besondere Qualität für den Raum haben, in diesen<br />
Untersuchungsraum hineinzunehmen.<br />
Sie sprechen hier von einer Vorbelastung durch verkehrsbedingte Geräuschimmissionen.<br />
Haben Sie das auch zeitlich differenziert? Denn wir haben ja eine quasi umgekehrt proporti-<br />
onale Situation, was die Lärmbelastung, die Vorbelastung in den Zeiten anbelangt, in denen<br />
diese Naherholung stattfindet, nämlich in den Tagesrandzeiten, insbesondere während der<br />
Woche. In den Abendstunden haben wir durchgängig eine Reduktion der verkehrsbedingten<br />
Vorbelastung. Da haben wir wiederum das Interesse der erholungssuchenden Bevölkerung,<br />
Erholung stattfinden zu lassen, und das dann bei einer geringeren Vorbelastung. Wird das<br />
bei Ihnen in irgendeiner Form differenziert?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Zur ersten Frage nach der Erweiterung des Untersuchungsraums: Ich habe eben schon<br />
einmal versucht, diese Frage in einem anderen Zusammenhang zu beantworten. Es ist nicht<br />
Aufgabe der Umweltverträglichkeitsstudien, im gesamten Rhein-Main-Taunus-Kreis eine<br />
Bewertung der Erholungsqualität vorzunehmen. Die Frage der Einbeziehung in einen<br />
Untersuchungsraum kann sich immer nur daran festmachen, ob man mit entscheidungser-<br />
heblichen Umweltauswirkungen zu rechnen hat – ja oder nein. Daher mag die Frage, die Sie<br />
aufgrund dieser Formulierung in dem <strong>Scoping</strong>-Papier aufwerfen, zwar berechtigt sein, ist<br />
aber aus der Gesamtzielsetzung einer Umweltverträglichkeitsstudie einfach zu beantworten.<br />
Zur Frage der Zeitpunkte der Vorbelastung: Die Rushhour in Ballungszentren findet über<br />
längere Zeiträume statt. Das sind in der Regel genau die Zeiträume, in denen die Kurzzeiter-<br />
holung im wohnungsnahen Umfeld stattfindet, sodass wir die Aspekte der Verlärmung
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 101<br />
gerade der Zeiträume, in denen die Kurzzeiterholung stattfindet, berücksichtigt haben, auch<br />
entsprechend für die regionale Naherholung.<br />
Kowol (Wiesbaden):<br />
Das würde ich erst einmal bestreiten. Denn zumindest aus meiner Lebenserfahrung muss<br />
ich feststellen, dass die wohnortnahe Naherholung bis in die Abendstunden hineingeht,<br />
insbesondere bei lauen Sommerabenden, und dann natürlich die Umgebungslärmbelastung<br />
deutlich reduziert ist, insbesondere beim Verkehrsbereich, aber auch aus Industrie-, Gewer-<br />
be- und sonstigen Quellen. Dann kommt halt eine gewisse Ruhe in die Region. Dann<br />
kommen entsprechende Bedürfnisse nach ruhiger Naherholung. Aber das kann man<br />
sicherlich so oder so sehen.<br />
Ich will jetzt noch eine Frage zu Seite 35 stellen. Hier ist mir ein Satz aufgefallen, den ich<br />
nicht verstehe und den ich zu erläutern bitte. Es geht erneut um den Untersuchungsraum.<br />
Hier steht im oberen Absatz: „Es dominieren siedlungsraumnahe Bereiche der Feierabend-<br />
und Wochenenderholung mit mittlerer bis geringer Erholungs- und Erlebnisqualität.“ Wo<br />
haben Sie diese mittlere und nur geringe Erholungs- und Erlebnisqualität ausgemacht?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Diese Frage ist mit dem Verweis auf den Landschaftsrahmenplan Südhessen zu beantwor-<br />
ten, wo auf einer Maßstabsebene von 25.000 bis 50.000 eine Bewertung der Erholungsquali-<br />
tät vorgenommen worden ist, unter anderem auch eine Kategorisierung von Erholungsberei-<br />
chen in beliebte Erholungsbereiche. Der Bereich Mark- und Gundwald bzw. Mönchbruch ist<br />
nach Landschaftsrahmenplan ein beliebter Erholungsbereich.<br />
Kowol (Wiesbaden):<br />
Angesichts der Vordiskussion ist es bei dem Gesichtspunkt Naherholung dringend erforder-<br />
lich, dass man in den Untersuchungsraum auch die hoch qualitativen Naherholungsbereiche<br />
für die regionale Naherholung hineinnimmt, die angesprochen sind, auch wenn die Konturen<br />
das so vielleicht nicht hergeben sollten. Denn gerade hier sind einmal diese Ausweichmög-<br />
lichkeiten, aber auch die Wochenendnaherholung von zentraler Bedeutung. Deshalb habe<br />
ich die Bitte an die Behörde, genau abzuwägen, ob man hier nicht eine entsprechende<br />
Forderung, selbst wenn es bislang in den Gutachten noch nicht so eingearbeitet wurde, in<br />
dem Unterrichtungsschreiben erheben sollte. Ich denke, hier wird eine zentrale Funktion<br />
unter ihrer eigentlichen Bedeutung abgehandelt.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Welche Bereiche hätten Sie denn gerne noch untersucht? Ist es der Taunus, das Rheintal,<br />
das Kinzigtal und der Odenwald vor allen Dingen?
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Kowol (Wiesbaden):<br />
Ich komme aus der guten Stube der Region, aus dem Rheingau. Aber den werde ich jetzt<br />
nicht explizit ansprechen. Denn er hat in der Tat eine relativ hohe Vorbelastung bei den<br />
Verkehrsimmissionen. Allerdings würde ich insbesondere die Taunuskammlagen hervorhe-<br />
ben. Wir haben dort Höhen um 500, 600 m. Wir haben Naherholung. Wir haben die Kurstadt<br />
Wiesbaden mit ihren Höhenzügen am Taunus und natürlich die Hochtaunusgemeinden, die<br />
erfolgreich vor dem VGH geklagt haben, wobei unter anderem diese Frage der ruhigen<br />
Naherholung in der Argumentation eine zentrale Rolle gespielt hat. Das Gericht mag dieser<br />
Argumentation zwar nicht in allen Punkten gefolgt sein, aber ich denke, das sind bei der<br />
Frage der Umwelterheblichkeit ganz gewichtige Bereiche, die zu untersuchen sind.<br />
Also: Taunuskammbereiche sowohl der Landeshauptstadt Wiesbaden wie der Hochtaunus-<br />
gemeinden, des Main-Taunus-Kreises und des Rheingau-Taunus-Kreises – soweit ich das<br />
jetzt für unseren Bereich überblicken kann.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
Es sind zwei Kriterien, die aus meiner Sicht und der meiner Mandantschaft untersuchungs-<br />
würdig sind. Es sind einerseits die Flächen, die bislang eine sehr, sehr geringe Grundbelas-<br />
tung haben – geringe Hintergrundgeräusche aus Verkehr und Gewerbe – und die zukünftig<br />
durch den Betrieb des Frankfurter Flughafens eine deutliche Erhöhung erleiden werden. Das<br />
sind insbesondere die Städte und Gemeinden, die außerhalb des Kinzigtals liegen – für den<br />
Bereich, den ich hier im Osten innerhalb des Main-Kinzig-Kreises vertrete.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Darf ich das von gestern zusammenfassen und in Erinnerung rufen: Da ging es um eine<br />
Erhöhung von 10 dB. Das war für diejenigen, die bisher Ruhe hatten und plötzlich stärker<br />
belastet werden, ein entscheidender Punkt für eine Benachteiligung. Da erinnere ich mich<br />
noch von gestern.<br />
RA Möller-Meinecke:<br />
Ich mache das nicht an dem Wert von 10 dB(A) fest, sondern mein Kriterium ist, dass die<br />
Schwelle der Erheblichkeit von 1 % der zukünftig durch Lärm erheblich Belästigten erreicht<br />
ist.<br />
Das zweite Kriterium ist, dass es zahlreiche Flächen – Naherholungsflächen – gibt, die im<br />
Maintal derzeit schon mit einer Belastung versehen sind und zukünftig noch mehr an<br />
Belastung tragen müssen. Das sind die Flächen, bei denen 5 bis 8 % erheblich Belasteter<br />
derzeit gegeben sind und die zukünftig bis zu 10 % der erheblich Belasteten erreichen. Das<br />
sind insbesondere die Naturschutzgebiete am Hang des Bergener Rieds, im Bereich der<br />
Stadt Maintal und im Bereich zwischen dem Fluss Main und den Siedlungsbereichen, die<br />
derzeit, wie gesagt, schon eine Grundbelastung haben, die schwer zu ertragen ist, um dort<br />
Naherholung zu betreiben, was aber von der Bevölkerung akzeptiert wird. Sie werden
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zukünftig aber eine Mehrbelastung bekommen, die deutlich hörbar ist und oberhalb von<br />
3 dB(A) liegt. Trotzdem werden sie von dem Kriterium der 57 dB(A) der Synoptiker nicht<br />
erfasst. Solche Flächen sind im Bereich zwischen Maintal und Gelnhausen zahlreich zu<br />
finden. Es sind insbesondere Bereiche, die auch dort der Rückzugsmöglichkeit der Men-<br />
schen im siedlungsnahen Bereich dienen und nicht zu den Flächen gehören, die hoch<br />
frequentiert sind. Da sind zahlreiche Flächen dabei, die eine mittlere bis geringe Frequenz<br />
haben.<br />
RA Schmitz:<br />
Jetzt haben wir schon mehrfach gehört, dass die Kriterien und Methoden der Bewertung hier<br />
nicht erörtert werden dürfen. Ich würde gerne noch einmal nachfragen, woher Sie diese<br />
Meinung haben. Mir geht das so nicht aus dem Kopf.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Wir haben nicht gesagt, dass wir grundsätzlich nicht über Bewertung sprechen wollen. Wenn<br />
Sie Bewertungsmaßstäbe benennen wollen, die aus Ihrer Sicht geeignet sind – das hat ja<br />
Fraport in ihrem <strong>Scoping</strong>-Papier auch getan –, dann sind wir für diese Anregungen natürlich<br />
offen. Ob die Fraport dann bei ihrem Bewertungsvorschlag berücksichtigt – –<br />
RA Schmitz:<br />
Das ist ein bisschen anders. Ich habe mehrfach gehört – nicht von Ihnen, Frau Ohl –, dass<br />
die Bewertung selbst nicht vom Regierungspräsidium vorgenommen wird. Das ist auch<br />
zutreffend; das macht am Schluss die Planfeststellungsbehörde. So weit war ich auch. Aber<br />
die Kriterien der Bewertung sind meiner Ansicht nach doch Gegenstand des Untersuchungs-<br />
rahmens. Über die Festlegung des Untersuchungsrahmens wird es ein Unterrichtungs-<br />
schreiben geben. Die Besprechung über diesen Untersuchungsrahmen ist nun wiederum der<br />
zentrale Inhalt eines <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s. Mir leuchtet nicht ein, dass immer dann, wenn es<br />
spannend wird, gesagt wird, über die Bewertung wollen wir uns hier nicht unterhalten. Das<br />
sind alles so dialektische Tricks, mit denen hier um die entscheidenden Fragen herumge-<br />
schippert werden soll.<br />
Auch Sie müssen sich mit der Frage von Bewertungen beschäftigen. Wenn wir das konkrete<br />
Beispiel der Erholung betrachten: Da hatte ich gefragt, wie es mit den Bewertungskriterien<br />
aussieht. Da ist gesagt worden, dass bezüglich des Untersuchungsraumes das mit Bewer-<br />
tungskriterien nicht der Gegenstand wäre. Auf den Untersuchungsraum hatte ich das auch<br />
nicht bezogen. Ich hatte es natürlich auf den Untersuchungsrahmen bezogen. Beim Unter-<br />
suchungsrahmen hatte ich auch nachgefragt: Wie sieht es denn mit den Bewertungskriterien<br />
aus? Da hieß es, es sei hier nicht Gegenstand der Besprechung. Da haben Sie zugestimmt.<br />
Aber ich würde gern einmal wissen, woher Sie die Rechtsansicht haben, dass im Untersu-<br />
chungsrahmen Sie als RP im Prinzip nicht die wesentlichen Weichenstellungen für die<br />
Anforderungen an die Bewertung in der UVS vornehmen müssen. Darauf will ich hinaus. Sie
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müssen die wesentlichen Weichen für die Bewertung im Unterrichtungsschreiben festlegen.<br />
Deswegen sind wesentlicher Gegenstand dieses <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s die Fragen der Bewer-<br />
tung.<br />
Wenn Sie mir jetzt eine Rechtsmeinung oder ein Zitat oder irgendeine Entscheidung geben<br />
könnten, würde ich Ihnen meine Zitate hier nennen können. Aber ich gehe davon aus, dass<br />
Sie da nichts haben. Denn die Rechtsmeinung, die Sie da vertreten, ist so abwegig, dass Sie<br />
nichts finden werden, was das stützt. Aber vielleicht haben Sie etwas, dann können wir<br />
darüber reden.<br />
Frau Eising (RP Darmstadt):<br />
Wir sprechen zum einen über den Untersuchungsraum, über die Bestandserfassung, die<br />
Bestandsbewertung und dann die Auswirkungsprognose. Das ist Gegenstand der UVS.<br />
Daran schließt sich die UVP an, die von der Behörde gemacht wird. Der Vorhabensträger<br />
macht halt einen Bewertungsvorschlag.<br />
RA Schmitz:<br />
Mir geht es um den Untersuchungsrahmen. Ich hatte Ihnen eben genau die Differenzierung<br />
schon genannt. Über den Untersuchungsraum rede ich jetzt nicht. Ich hatte es Ihnen auch<br />
als Anlage zu meiner Stellungnahme zugeschickt. Da hat man mich gefragt, warum ich das<br />
eigentlich mache. Das habe ich gemacht, weil ich manchmal den Eindruck habe, dass die<br />
grundlegenden Fragen der UVS möglicherweise nicht bekannt sind. Wir sprechen über den<br />
Untersuchungsrahmen. Gegenstand des Untersuchungsrahmens sind meiner Ansicht nach<br />
Bewertungskriterien. Und Sie müssen das vorgeben.<br />
Jetzt sagen Sie mir doch mal, woher Sie die Meinung haben, dass das nicht Gegenstand<br />
dieser Erörterung ist. Darauf wollte ich hinaus. Beim Untersuchungsraum sind wir uns völlig<br />
einig, dass da die Bewertung keine Rolle spielt.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Davon war doch die Rede. Wir redeten doch am Anfang vom Untersuchungsraum. In diesem<br />
Zusammenhang hat Frau Eising das gesagt. Bei allen Punkten, die wir vorher hatten, haben<br />
wir Sie doch gefragt, welche Bewertungsgrenzen und -stufen Sie vorschlagen. Ich verstehe<br />
auch nicht so ganz, was Sie jetzt kritisieren. Wir fragen Sie ja nach den Bewertungsstufen,<br />
nur nicht an der Stelle, wo es vorhin mal zur Sprache kam. Was Frau Eising sagte, war rein<br />
punktuell gemeint.<br />
Es war nicht so, dass wir grundsätzlich überhaupt nicht über Bewertungen reden. Natürlich<br />
tun wir das. Das haben wir die ganze Zeit getan, seit mehreren Tagen. Deswegen verstehe<br />
ich jetzt nicht, worin die Kritik bestand. Nur an dem einen Ort, wo es um den Untersuchungs-<br />
raum ging – da stimmen Sie mir ja zu –, spielte die Bewertung keine Rolle. Das war dann ein
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Missverständnis. Dann haben Sie das wahrscheinlich stärker verallgemeinert, als wir das<br />
gemeint haben. Ich meine, das dürfte jetzt ausgeräumt sein.<br />
RA Schmitz:<br />
Gut. Dann wäre jetzt die Frage an Herrn Müller-Pfannenstiel, wie es mit den Bewertungskri-<br />
terien im Bereich dieses Schutzgutes aussieht. Das muss ja irgendwann noch einmal<br />
besprochen werden.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Dazu haben die natürlich eine Idee, die sie ihrer Arbeit zugrunde legen.<br />
RA Schmitz:<br />
Ich wollte nur wissen, wie diese Idee aussieht.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja, ja. Sonst weiß er ja gar nicht, was er unter welchem Gesichtspunkt untersuchen soll.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Herr Schmitz, bei der Bewertung der Umweltauswirkungen selbst ist unser Standpunkt: § 6<br />
Abs. 3 Nr. 3 UVPG ist nicht Gegenstand des <strong>Scoping</strong>s. Wenn ich Sie jetzt richtig verstehe,<br />
zielen Sie unter anderem auf die Bewertung des Bestandes ab. Bei der Bewertung des<br />
Bestandes – sprich: Erholungsqualität – habe ich die klare Position bezogen, dass wir der<br />
Meinung sind, dort brauchen wir nicht zu bewerten.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich glaube, das ist ein Missverständnis. Wenn Sie irgendetwas untersuchen, dann haben Sie<br />
ja eine Fragestellung. Diese Fragestellung heißt doch zum Beispiel: Wird irgendetwas stark<br />
beeinträchtigt? Jetzt heißt es: Was heißt „stark“? Das ist das, was Herr Schmitz wohl meint.<br />
Diese Fragestellung müssen Sie irgendwie Ihrer Arbeit zugrunde legen. Danach war gefragt<br />
worden. Irgendwie müssen Sie ja ein Koordinatensystem haben, in das Sie Ihr Gutachten<br />
einbringen. Sie können ja nicht nur einfach sagen, die Leute bleiben weg, sondern Sie<br />
müssen fragen, was das für eine Bedeutung hat. So habe ich Herrn Schmitz verstanden.<br />
Dazu werden Sie sich sicher etwas gedacht haben.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ich denke, ich kann das an den einzelnen Umweltauswirkungen recht gut abarbeiten. – Wir<br />
werden uns, was die Verlärmung von Erholungsräumen betrifft, auf die Lärmmediziner<br />
zurückziehen, sodass die Frage, welche Umweltauswirkungen wir in welcher Schwere auch<br />
hinsichtlich ihrer Entscheidungserheblichkeit einstellen, sich an den dort formulierten<br />
Maßstäben festmacht, an den präventiven Richtwerten für Erholung und Rekreation.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 106<br />
Die Frage der Flächeninanspruchnahme erfordert kein Bewertungskriterium, um es zu<br />
klassifizieren, sondern dort werden für die verschiedenen Erholungskategorien die Flächeni-<br />
nanspruchnahmen bewertet.<br />
Bei der Frage der Verinselung oder Zerschneidung von Erholungsräumen wird sich das an<br />
den einzelnen Räumen und Flächen festmachen, inwieweit sie dann noch für die Erholung<br />
genutzt werden können. Beispiel: Der Kelsterbacher Wald hat eine regionale Bedeutung und<br />
eine Bedeutung für die Kurzzeiterholung. Die Frage, die wir beantworten müssen – aber das<br />
ist Ergebnis und nicht Untersuchungsrahmen –, ist, ob der Kelsterbacher Wald in Zukunft<br />
nach seiner Fragmentierung tatsächlich noch eine Bedeutung für die regionale Erholung hat<br />
oder nur noch für die Kurzzeiterholung. Das lässt sich aber nicht an bestimmten Maßstäben<br />
festmachen, sondern das lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Das sind im Grunde genom-<br />
men die Eingangsgrößen, die wir heranziehen, um im Sinne von § 6 Abs. 3 Nr. 3 UVPG die<br />
Umweltauswirkungen zu ermitteln und zu beschreiben.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Soweit ich sehe, ist damit diese Frage beantwortet. Wenn Sie auch vielleicht mit dem<br />
Ergebnis nicht zufrieden sind, aber die Frage ist beantwortet.<br />
RA Schmitz:<br />
Die Frage ist beantwortet.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Alles klar, wunderbar. Manchmal ist es einfach nur ein Missverständnis.<br />
Wir machen jetzt eine Pause bis 17.15 Uhr und kommen dann zum Schutzgut Landschaft.<br />
(Unterbrechung von 16.53 bis 17.16 Uhr)<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wir fahren fort mit Tagesordnungspunkt:<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
6.2 Schutzgut Landschaft<br />
Es hat sich gezeigt, dass unsere Unterteilung bezüglich Untersuchungsraum, Bestandser-<br />
fassung und Auswirkungen vielleicht doch zu differenziert ist. Daher will ich die einzelnen<br />
Punkte hier nennen, die angesprochen wurden, und anschließend Fraport Gelegenheit<br />
geben, das Untersuchungsprogramm kurz vorzustellen und auch gleich auf die Einwendun-<br />
gen oder Stellungnahmen einzugehen. Dann möchte ich Ihnen noch einmal Gelegenheit<br />
geben, die Anregungen vorzutragen.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 107<br />
Bezüglich des Schutzgutes Landschaft wurde vorgetragen, der Untersuchungsraum sei in<br />
Abhängigkeit von der Einsehbarkeit abzugrenzen. Deswegen sei der vorgesehene Untersu-<br />
chungsraum auch nicht ausreichend. Bei der Bestandserfassung sei der Erholungswert bzw.<br />
das Landschaftserleben als Merkmal zu berücksichtigen. Dieser lasse sich unter anderem<br />
als Kategorie Schutz- und Erholungswald messen. Des Weiteren wurde gebeten, dass die<br />
Grüngürtelplanung und der Freiflächenentwicklungsplan der Stadt Frankfurt als Grundlagen<br />
zu berücksichtigen seien und die Bestandsbewertungen offen zu legen seien.<br />
Bei den Auswirkungen wurde angesprochen, welche Beeinträchtigungen von Landschafts-<br />
bildeinheiten durch Gestaltungsmaßnahmen oder die naturschutzrechtliche Kompensation<br />
zu betrachten seien oder welche Störungen von Sichtbeziehungen betrachtet werden sollten.<br />
Des Weiteren wurde gefordert, dass als Auswirkungen auf das Schutzgut Landschaft auch<br />
die Auswirkungen durch Licht oder Überflug zu betrachten sei.<br />
RA Baumann:<br />
Vielleicht habe ich etwas übersehen oder überhört, aber das Thema Luftschadstoffe und<br />
Erholungsfunktion und sonstige Auswirkungen ist, glaube ich, noch nicht abgehandelt,<br />
sodass wir das zu einem späteren Zeitpunkt abhandeln.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Nein, nein.<br />
RA Baumann:<br />
Ich könnte mir durchaus vorstellen, am Montag dieses Thema – –<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Sie können sich das vorstellen. Das dürfen Sie auch tun. Aber wir haben am Anfang festge-<br />
stellt, dass Fraport den gesamten Punkt 6.1.2 en bloc abgehandelt hat. Das hat Frau Ohl<br />
auch so festgestellt und gesagt, wir nehmen Punkt 6.1.2 in seiner Gänze und eröffnen die<br />
Diskussion. Das haben wir auch getan. Bei Beginn der Pause habe ich gesagt: Dann fahren<br />
wir fort mit 6.2. Da hat sich auch kein Widerspruch erhoben. Wenn also irgendetwas mit<br />
diesem Punkt sein könnte, können Sie das beim Schutzgut Landschaft noch unterbringen.<br />
Aber ansonsten machen wir dieses Fass nicht mehr auf. Dafür habe ich das ja nun extra<br />
vorher gesagt.<br />
RA Baumann:<br />
Herr Bickel, ich will jetzt nicht würdigen und werten, wie sich Ihr Verhalten mir darstellt. Sie<br />
haben ja auch schon den Ausweg erläutert. Es ist nicht abgeschlossen, sondern es ist ein<br />
Thema. Sie machen gerade einen Themenkomplex auf, 6.1.2.2 bis 6.2. und 6.3. Insoweit<br />
können wir uns einigen, dass zu all diesen Themen vorgetragen werden kann. Insoweit
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 108<br />
würde ich von meinem Petitum Abstand nehmen, am Montag über dieses Thema zu verhan-<br />
deln.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Außerdem haben Sie für die Luftschadstoffe noch den Punkt 6.6. Ich kann mir also kaum<br />
vorstellen, dass Ihre Äußerungen so fein differenziert und zergliedert sind, dass Sie dort<br />
nicht etwas unterbringen können, was eigentlich in 6.1.2.2 unterzubringen gewesen wäre.<br />
RA Baumann:<br />
Sie wissen nicht, wie differenziert wir gerade eben noch vortragen wollten. Insoweit können<br />
Sie derartige Behauptungen nicht aufstellen. Ich weiß allerdings seit heute Mittag, dass Sie<br />
es nicht durchgehen lassen, Themen, die direkt anzusprechen sind, indirekt bei anderen<br />
Tagesordnungspunkten anzusprechen. Insoweit möchte mich an die Tagesordnung halten<br />
und habe das auch beherzigt, als Sie mich heute Morgen und heute Mittag darauf angespro-<br />
chen haben.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Gut. – Dann darf Fraport nun fortfahren. Wer trägt vor?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Lassen Sie mich etwas zum Untersuchungsrahmen Schutzgut Landschaft und zur Abgren-<br />
zung des Untersuchungsraumes, orientiert an den durch die Landebahn Nordwest zu<br />
erwartenden Auswirkungen auf das Schutzgut Landschaft, sagen. Vielleicht darf ich an<br />
dieser Stelle auch zur Begründung eine Visualisierung anhand von Fotos und damit auch<br />
eine Begründung für diese Abgrenzung vornehmen.<br />
Die Frage ist ja, wie weit der Untersuchungsraum zu greifen ist, um die Auswirkungen auf<br />
Landschaft bzw. Landschaftsbild abdecken zu können bzw. innerhalb dieses Raumes die<br />
Umweltauswirkungen auf das Schutzgut Landschaft, Landschaftsbild erfassen bzw. ermitteln<br />
zu können.<br />
Wir sind der Meinung, dass wir die Untersuchungsraumgrenze deswegen richtig gewählt<br />
haben, weil wir die Rodung der Landschaftsbildeinheit dieser vorwiegend waldgeprägten<br />
Landschaftsbildkomponenten dadurch abgrenzen können, dass wir den Main, also den<br />
benachbarten Landschaftsbildraum, in den Untersuchungsraum integrieren. Für Sie noch<br />
einmal zur Orientierung: Hier ist Ticona, hier ist das DEA-Tanklager, hier verläuft der Main.<br />
Wir sind der Meinung, dass wir die wesentlichen Sichtachsen, die sich auf diesen Bereich<br />
des Kelsterbacher Waldes über den Landschaftsbildraum des Mains hin erstrecken, abgren-<br />
zen können. Sofern sich aus Bildsimulationen Sichtachsen ergeben, die bisher nicht inner-<br />
halb dieser Raumabgrenzung enthalten sind, werden wir diese Sichtachsen auch außerhalb<br />
dieses Untersuchungsraumes darstellen.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 109<br />
Hier sehen Sie noch einmal eine Luftbildaufnahme auf den Kelsterbacher Wald. Man erkennt<br />
sehr gut die Heterogenität des Bestandes: Nadelwaldbestände, jüngere Bestände, Auffors-<br />
tungen, aus der Sicht einer Landschaftsbildbewertung auch sehr fragmentarisch in seiner<br />
Struktur.<br />
Hier sehen Sie einen Blick auf den Bereich des Umspannwerkes Kelsterbach, dahinter<br />
liegend die Ortschaft Kelsterbach. In diesem Bereich sehen Sie die Gewerbegebiete und<br />
letztendlich auch die starke Vorbelastung zwischen dem Siedlungskern und dem angrenzen-<br />
den Landschaftsbildraum durch die Gewerbegebiete.<br />
Dieser Bereich – hier angrenzend die Spange der B 43 –, Kelsterbach umschließend, bis auf<br />
die Linie Main, wird auch in die Landschaftsbilderfassung integriert.<br />
Im Westen des Untersuchungsraumes – hier die Startbahn 18 West, hier die Grube Mittel-<br />
dorf – verläuft die Landschaftsbildgrenze zwischen dem Flughafen und der Heidelandschaft.<br />
Im Süden sehen Sie hier die Startbahn 18 West, hier die Feuerwache, hier die Baustellenein-<br />
richtungsfläche, hier der jetzige Cargo-Bereich, der Bereich der Erweiterungsfläche Süd.<br />
Dabei denken wir, dass die visuellen Wirkungen auf das Landschaftsbild innerhalb der<br />
Waldbereiche sehr gut abgrenzbar sind. Wir sind nicht der Meinung, dass man in Zukunft<br />
vom Main bis auf die Autobahn A 5 durchschauen kann. Das wollte ich Ihnen zur Visualisie-<br />
rung der Abgrenzung des Untersuchungsraumes zeigen.<br />
Hier sehen Sie noch einmal zum Nachvollziehen die Grenze des Mains, der Umgriff um die<br />
Ortschaft Kelsterbach, hier die Abgrenzung im Osten und die Abgrenzung des Landschafts-<br />
bildraumes bis auf die Ebene der Gundwiesen, der Grenzen des Naturschutzgebietes, den<br />
Flughafen umfassend entlang der A 5 und dann in Richtung Kelsterbach.<br />
Die Erfassungskriterien sind die üblichen Landschaftsbildkomponenten: Relief, Landnutzung,<br />
landschaftsbildprägende Ortsränder, Siedlungsbereiche, Gewässer und die visuellen<br />
Leitlinien und Sichtbeziehungen. Wir versuchen, diese Landschaftsbildkomponenten nach<br />
bestimmten Gliederungsprinzipen und Anordnungsmustern zu kategorisieren.<br />
Bei Vorbelastungen denke ich im Zusammenhang mit dem Ausbau des Flughafens ganz<br />
wesentlich an eine visuelle Beeinträchtigung durch Freileitungen, Verkehrstrassen, Industrie-<br />
und Gewerbegebiete. Im Zusammenhang mit der Verknüpfung von Landschaftsästhetik, also<br />
Wahrnehmung mit allen Sinnen, geht es um Vorbelastungen durch Geräuschimissionen von<br />
Flugverkehr, aber auch durch die straßenbedingten Geräusche und durch Geruchsbelästi-<br />
gung. Darüber hinaus geht es um die Einbeziehung der Schutzgebietskategorien, in denen<br />
das Schutzziel Erhaltung der Eigenart, Vielfalt und Schönheit der Landschaft verankert ist.<br />
Hier sind sicherlich auch die einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete im Zusammen-<br />
hang mit der Ausweisung als FFH-Gebiet zu nennen.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 110<br />
Die Auswirkungskategorien sind wieder unterteilt in anlage-, betriebs- und baubedingte<br />
Wirkungen. Der Verlust und Funktionsverlust durch Flächeninanspruchnahme, auch Über-<br />
formung und Zerschneidung von bestehenden Landschaftsbildräumen, ist, wie vorhin auch<br />
dargestellt, nach den Landschaftsbildräumen und nach den entsprechenden Schutzgebiets-<br />
kategorien differenziert.<br />
Als weiterer Punkt ist die Störung von Sichtbeziehungen durch bauliche Anlagen zu nennen.<br />
Betriebsbedingt ist hier die Beeinträchtigung von Landschaftsbildräumen durch Geräusch-<br />
immissionen und die Beeinträchtigung durch Gerüche. Baubedingt ist der gesamte Komplex<br />
der temporären Flächeninanspruchnahme im Zuge des Ausbaus des Flughafens.<br />
Gegenüber dem Planfeststellungsverfahren, insbesondere aufgrund der konkretisierten<br />
technischen Planung, bietet sich die Möglichkeit, die gesamten Baukörper hinsichtlich ihrer<br />
Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, von Sichtachsen, von Sichtbeziehungen einbezie-<br />
hen zu können. Wir haben vertiefende Auswertungen von Dateninformationsgrundlagen<br />
aufgrund der anderen Maßstäblichkeit der Umweltverträglichkeitsstudie gegenüber dem<br />
Raumordnungsverfahren und die Möglichkeit der Ermittlung von baubedingten Beeinträchti-<br />
gungen auf der Grundlage des Baulogistikkonzepts.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Herr Müller-Pfannenstiel, wie machen Sie das bei der Ermittlung der Auswirkungen genau?<br />
Gehen Sie da mit Fotomontagen vor?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir versuchen, auf der Grundlage konkreter Erfassung und Geländebegehung einmal die<br />
Qualität der Landschaftsbildräume zu erfassen. Die Visualisierung werden wir mit Luftbildern,<br />
mit Fotos darzustellen versuchen. Inwieweit es sinnvoll ist, entsprechende Simulationen<br />
einzubeziehen, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht entscheiden. Es wird eine Frage der<br />
Darstellung werden, wie wir das auch im Sinne einer allgemein verständlichen Darstellung in<br />
den Planfeststellungsunterlagen entsprechend visualisieren können.<br />
RA Schmitz:<br />
Meine Frage ist natürlich – Sie können es sich sicherlich schon denken – die nach den<br />
Bewertungsmaßstäben. Dazu habe ich jetzt wieder nichts gehört.<br />
Mir ist allerdings auch noch etwas anderes aufgefallen. Im <strong>Scoping</strong>-Papier finden wir unter<br />
Punkt 7 – Bewertung von Umweltauswirkungen – den Punkt 7.1 – Maßstäbe zur Bewer-<br />
tung –, aber keinen Punkt 7.2. Wer A sagt, muss auch B sagen. An dieser Stelle sieht man<br />
wieder, wo die systematischen Schwächen möglicherweise liegen. So ist auch an dieser<br />
Stelle wieder ein Indiz dafür zu finden, dass immer, wenn in den Unterlagen irgendetwas<br />
nicht stimmt, wahrscheinlich das elfte Gebot eine Rolle spielt: Du sollst dich nicht erwischen<br />
lassen.
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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 111<br />
Die Frage lautet also: Wie sind die Bewertungsmaßstäbe für die Beurteilung der Auswirkun-<br />
gen auf das Landschaftsbild?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Vielleicht bin ich als Nichtjurist sprachlich nicht so sauber. Die Bewertungsmaßstäbe leiten<br />
sich aus dem Bundesnaturschutzgesetz bzw. aus dem Hessischen Naturschutzgesetz ab.<br />
Beim Schutzgut Landschaft, Landschaftsbild, wie wir versuchen, es zu operationalisieren, ist<br />
es die Eigenart, Vielfalt und Schönheit und die Frage, inwieweit sich die Eigenart, Vielfalt und<br />
Schönheit der jeweils betroffenen Landschaftsbildräume verändert. Es ist eine sehr lange<br />
Diskussion im Bereich der Planerszene, das Landschaftsbild deskriptiv zu bewerten und<br />
über diesen deskriptiven Ansatz eine Intersubjektivierung von Bewertungsaussagen zu<br />
ermöglichen. Hier verbietet sich aus unserer Sicht ein, wie Nohl das macht, nutzwertanalyti-<br />
scher Ansatz. Wir werden das deskriptiv anhand der durch das Gesetz vorgegebenen<br />
Bewertungskriterien machen.<br />
Besondere Bedeutung spielen sicherlich die in den Grundsätzen des Naturschutzrechtes<br />
genannten historischen Kulturlandschaften und die Anwendung dieses Begriffes auf diese<br />
Waldbereiche, da sie aufgrund ihrer langen Kontinuität sicherlich auch daher eine besondere<br />
Bedeutung für das Landschaftsbild haben.<br />
Hagemann (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald):<br />
Wir haben auf dem ersten Bild, das Sie zeigten, sehr schön gesehen, dass ein geschlosse-<br />
ner Waldkomplex um den Flughafen herum liegt. Jetzt wird durch die Rodung für die neue<br />
Landebahn dort hinein ein großes Loch gerissen. Die Umgebung des Gesamtflughafens ist<br />
damit aufgerissen. Dadurch wird natürlich eine erhebliche neue Sichtbeziehung auch vom<br />
Umland aus, aus dem Sie das betrachten, aufgerissen.<br />
Ich glaube schon, dass das ein sehr wesentlicher Eingriff in die heutige Landschaft und in<br />
das heutige Landschaftsbild dort ist, über das wir gegenwärtig sprechen. Dieser Eingriff in<br />
das Landschaftsbild, der auch vom Main aus sicher sehr deutlich sichtbar ist, ist doch<br />
hoffentlich sehr hoch zu bewerten.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Könnten Sie noch einmal Ihr zweites Bild auflegen, auf dem Ihre Tabelle war? – Herr<br />
Baumann, da unten sehen Sie als dritten Punkt „Geruchsbelästigung“. Ich möchte nicht,<br />
dass Sie nachher sagen, ich hätte irgendwo Ihre Belange abgeschnitten. Da ist etwas bei<br />
Erfassungskriterien und bei Geruchsbelästigung. Sie wollten sich ja, wenn irgendwo Gele-<br />
genheit wäre, noch zu der Frage der Luftschadstoffe im Zusammenhang mit der Landschaft<br />
und der Erholungsfunktion äußern. Ich wollte Ihnen jetzt die Gelegenheit geben, da einzuha-<br />
ken, damit Sie nicht den Eindruck haben, ich hätte Sie vertröstet und nachher untergebuttert.<br />
Das sollte nicht sein. Als Sie vorhin von Geruchsbelästigung sprachen, dachte ich, das wäre
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 112<br />
der geeignete Punkt, wo Sie Ihren Gesichtspunkt, der vorhin vielleicht etwas zu kurz ge-<br />
kommen ist, unterbringen können. Jetzt bitte ich Sie, das zu tun.<br />
RA Baumann:<br />
Herr Vorsitzender, ich weiß es zu schätzen, dass Sie meine Wortmeldungen berücksichtigen<br />
und auch die inhaltlichen Aussagen, die ich ankündige, entsprechend abrufen.<br />
Ich war gerade etwas überrascht, weil ich über die abflauende Nachfrage bei der Lufthansa<br />
in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gelesen und die Außerbetriebnahme von 55<br />
Flugzeugen festgestellt habe. Ich habe gerade überlegt, ob das den Flughafen Frankfurt in<br />
irgendeiner Weise tangiert.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Aber das wollen wir jetzt nicht erörtern.<br />
RA Baumann:<br />
Ich wollte Sie gerade fragen, ob es aus Ihrer Sicht ein für die Erörterung wesentliches Thema<br />
ist, wenn die Flugzeuge der Lufthansa beim Fraport-Flughafen gar nicht mehr eingehen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist ein Problem, das wir schon im Raumordnungsverfahren am Rande des 11. Septem-<br />
ber hatten, ob das eine Delle ist und ob das die langfristige Prognose beeinträchtigt. Aber wir<br />
sind jetzt nicht bei Prognosen.<br />
RA Baumann:<br />
Ich wollte jetzt auch nicht über die Delle sprechen, weil die Delle gar keine Delle mehr ist,<br />
sondern zwischenzeitlich eine Entwicklung.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das wissen wir nicht. Das ist aber jetzt nicht das Thema.<br />
RA Baumann:<br />
Das sind inzwischen zwei Jahre.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich gebe Ihnen nunmehr Gelegenheit, das Thema, das Ihnen aus Versehen und unabsicht-<br />
lich verkürzt worden ist, hier nachzuholen, und bitte Sie, das auch zu tun.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 113<br />
RA Baumann:<br />
Ich danke Ihnen. Ich habe eine erste Frage an Herrn Müller-Pfannenstiel: Wie breit ist der<br />
Gürtel um den Flughafenkernbereich herum, den Sie zugrunde legen, wenn Sie Schadstoff-<br />
belastungen aus dem Flughafenbereich im Erholungsgebiet untersuchen?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Es gibt keine spezifische Erfassung der Luftschadstoffe aus dem Schutzgut Landschaft<br />
heraus, sondern wir werden uns hier – die Untersuchungsraumabgrenzung ist ja bereits<br />
diskutiert worden – auf die Untersuchungsraumabgrenzung beim Schutzgut Luft bzw. der<br />
Schadstoffgutachten beziehen. Aber es ist natürlich die grundsätzliche Frage, inwieweit die<br />
Erholungs- oder Landschaftsbildräume durch Luftschadstoffe hinsichtlich ihrer Qualität<br />
beeinträchtigt werden und ob dies eine entscheidungserhebliche Umweltauswirkung ist oder<br />
nicht.<br />
Wir sind der Meinung – das werden wir im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie unter<br />
der Auswirkungsanalyse darstellen –, dass die Beeinträchtigung durch Luftschadstoffe im<br />
Bereich Erholung und Landschaft in dem hier abgegrenzten Raum keine entscheidungser-<br />
hebliche Umweltauswirkung darstellt.<br />
Anders – bzw. dies wird zu bewerten sein – stellt es sich bei dem Thema Gerüche dar.<br />
RA Baumann:<br />
Ich weiß jetzt nicht, Herr Müller-Pfannenstiel, welchen Tagesordnungspunkt Sie bei den<br />
Gerüchen ansprechen. Ich ging davon aus, dass die Gerüche auch durch Luftschadstoffe<br />
entstehen können, zumindest durch Partikel, die in der Luft vorhanden sind. Sie haben<br />
natürlich Recht, das ist ein spezielles Thema. Das ist aber in der Tagesordnung nicht<br />
vorgesehen. Das ist vielleicht für Montag oder Dienstag gedacht; ich weiß es nicht.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Aber nächstes Jahr.<br />
(Heiterkeit)<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir haben eine Gliederung nach Schutzgütern und nicht nach Wirkfaktoren. Das ist der eine<br />
Punkt. Der andere Punkt: Wir sprechen als Planer da immer von einer Transmission. Das<br />
heißt, bestimmte Luftschadstoffe stellen sich unter dem Aspekt Gerüche relevant für das<br />
Schutzgut wahrnehmbar dar. Den Aspekt Gerüche in das Schutzgut Landschaft zu integrie-<br />
ren kommt daher: Wenn Landschaft, Landschaftserleben, Landschaftsbild etwas mit Land-<br />
schaftsästhetik zu tun hat, ist das Wahrnehmung mit allen Sinnen. Da gehören die Gerüche<br />
oder das Riechen dazu.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 114<br />
Inwieweit das eine entscheidungserhebliche Umweltauswirkung darstellt und das Land-<br />
schaftserleben, das Landschaftsbild hier beeinträchtigt, wird Ergebnis der Umweltverträglich-<br />
keitsstudie sein. Wichtig ist für uns nur, da es ein bestimmender Parameter ist, diese<br />
Auswirkungen auch in die Auswirkungsprognose einzubeziehen.<br />
RA Baumann:<br />
Herr Müller-Pfannenstiel, ich weiß nicht, ob Sie die Äußerung von Herrn Bickel wahrgenom-<br />
men haben, dass er mir noch einmal Gelegenheit geben wollte, zur Erholungsfunktion<br />
Stellung zu nehmen, nämlich unter dem Gesichtspunkt Luftschadstoffe und sonstige Auswir-<br />
kungen, weil ich das moniert hatte. Ich hatte eben ein bisschen den Eindruck, dass Sie jetzt<br />
auf das Schutzgut Landschaft abstellen, aber den Gesichtspunkt Erholungsfunktion gar nicht<br />
mehr so im Blickwinkel haben.<br />
Warum frage ich das Ganze? Ich frage deswegen, weil bei Autobahnen oder sonstigen<br />
Straßenbauten jenseits der Fahrbahnen jeweils hüben und drüben bestimmte Bereiche als<br />
erholungsfunktionelle Bereiche ausscheiden. Wir haben in bis zu 4 bis 5 km Entfernung eine<br />
Lärmbelastung. Wir haben auch eine Schadstoffbelastung, die zu berücksichtigen ist. Und<br />
wir haben natürlich im Rahmen der Schadstoffbelastung auch eine Geruchsbelastung.<br />
Ich habe nicht ganz verstanden, warum Sie nur auf die Geruchsbelästigung abstellen und<br />
nicht auch die Luftschadstoffe insgesamt berücksichtigen, die gewisse toxische oder sonsti-<br />
ge Auswirkungen haben. Die werden natürlich nicht wahrgenommen, das ist klar. Aber wenn<br />
jemand, der sich in der Sache auskennt, in der Region nach Erholung sucht, wird er sich<br />
schon Gedanken machen, ob er in die Nähe des Flughafens geht, wo doch von dort Schad-<br />
stoffpartikel zu erwarten sind, die ihn nicht unbedingt gesünder machen – sagen wir es<br />
einmal so – und vielleicht auch zu Atemwegserkrankungen und zur Schwächung des<br />
Immunsystems führen. Da wird er sich einfach überlegen, ob er das wirklich tut.<br />
Das ist nicht allein durch die Wahrnehmung über den Geruchssinn abzudecken, sondern das<br />
sind rationale Überlegungen, dass man sagt: 2, 3 km neben dem Flughafen würde ich mich<br />
sowieso nicht aufhalten wollen. Oder sind es mehr Kilometer? Ich weiß nicht, was Sie<br />
ansetzen. Deswegen habe ich Sie ja gefragt. Sie sagten, es gibt keine standardisierten<br />
Größen. Ich würde sagen: Im Umfeld von 5 km des Flughafens scheidet jede Erholungsfunk-<br />
tion aus. Das wäre ein Pflock, den man einsetzen könnte. Vielleicht sagen Sie, es sind<br />
10 km. Ich weiß es nicht.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Diese Analogie zu Straßen, die Sie mit den 4 bis 5 km Funktionsbeeinträchtigung von<br />
Erholungsräumen herstellen, kenne ich nicht. Dieser Raum hat für den gesamten Ballungs-<br />
raum eine sehr hohe Bedeutung als Erholungsraum. Es gibt keine Korrelation zwischen der<br />
von Ihnen dargestellten lufthygienischen Belastung und der Eignung dieser Räume als<br />
Erholungsräume.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 115<br />
Inwieweit es eine toxikologische – wie Sie es dargestellt haben – Belastung der Menschen in<br />
den Räumen gibt, wird ein Ergebnis der Schadstoffgutachten bzw. des humantoxikologi-<br />
schen Gutachtens sein, sodass wir die von Ihnen aufgeworfene Frage in der Umweltverträg-<br />
lichkeitsstudie entsprechend bewerten können. Derzeit erwarten wir das auf der Grundlage<br />
der Kenntnisse, die wir im Raumordnungsverfahren haben, für diese Räume aber nicht.<br />
RA Baumann:<br />
Heißt das, dass Sie diese Untersuchungen, die noch gemacht werden würden, in Ihre<br />
Begutachtung einbeziehen?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Es ist das Wesen der Umweltverträglichkeitsstudie, dass sie die Ergebnisse der verschiede-<br />
nen Fachgutachten, die erarbeitet werden, integriert.<br />
RA Baumann:<br />
Gut. – Das bedeutet auch, dass das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsuntersuchung, die ja<br />
jetzt wohl beginnt, in Ihrer eigenen Stellungnahme noch Berücksichtigung findet, gerade im<br />
Hinblick auf die Erholungsfunktion und die Landschaft?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ja.<br />
RA Baumann:<br />
Danke.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Sie haben die Störung der Sichtbeziehungen dargestellt. Was meinen Sie damit? Wodurch<br />
wird die Sichtbeziehung in Ihrem Untersuchungsprogramm gestört?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ich kann auf das Bild zurückkommen. Es gibt in einer Landschaft immer bestimmte visuelle<br />
Leitlinien. Diese visuellen Leitlinien orientieren sich an bestimmten Strukturen. An diesem<br />
Bild wird deutlich, dass sich die Leitlinien einmal entlang des Mains orientieren. Es hängt<br />
immer sehr stark vom Standpunkt des jeweiligen Betrachters oder der Betrachterin ab. Hier<br />
ist es so, dass es eine visuelle Leitlinie entlang des Waldrandes gibt.<br />
Die Frage ist jetzt: Wird im Rahmen des Landschaftserlebens entlang der Uferwege des<br />
Mains diese visuelle Leitlinie gebrochen oder nicht? Wie verändern sich dann Sichtbezie-<br />
hungen? Sie werden sich durch die Schneise der Landebahn Nordwest verändern, sodass<br />
man hier eine Störung von Sichtbeziehungen haben wird, eine Veränderung gegenüber dem<br />
jetzigen Zustand.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 116<br />
RA’in Fridrich:<br />
Im Süden haben wir vor allem Baukörper, also Gebäude. Da wären sicherlich auch, da es im<br />
Untersuchungsraum liegt, visuelle Störungen durch Gebäude zu berücksichtigen. In welcher<br />
Höhe werden sie berücksichtigt? Ich glaube, es heißt „bis zu 50 m“. Da wäre meine Bitte,<br />
wirklich die maximal möglichen Gebäudehöhen zu berücksichtigen, vor allem im südlichen<br />
Bereich. Das betrifft weniger die Landebahn Nordwest.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Das wird berücksichtigt. Das ist ein wesentlicher Unterschied in der UVS zum Raumord-<br />
nungsverfahren, weil wir hier Angaben über den Baukörper haben, sein Volumen bzw. auch<br />
die Höhen, und wir dann, ausgehend von verschiedenen Standpunkten, entscheiden<br />
können, ob man diesen Baukörper sieht oder nicht und ob er in irgendeiner Form negativ auf<br />
das Landschaftsbild wirkt. Das wird berücksichtigt.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Wie behandeln Sie Lichtimmissionen? Das war auch ein Thema im Raumordnungsverfah-<br />
ren. Wie gehen Sie mit diesem Thema um? Sagen Sie, es hat gar keine Auswirkungen auf<br />
das Landschaftsbild? Wie möchten Sie das behandeln?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Dazu kann ich Ihnen jetzt noch kein Ergebnis sagen. Wir wissen, dass wir uns mit dem<br />
Thema Licht und Auswirkungen auf Landschaft, Landschaftsbild auseinander setzen<br />
müssen. Wir werden das behandeln; mit welchem Ergebnis, kann ich Ihnen jetzt noch nicht<br />
sagen. Auch die Relevanz des Themas können wir für uns noch nicht abschließend greifen.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Das ist also auch wieder dieser Prozess, während der Erstellung der Unterlagen zu schauen,<br />
ob sich da etwas ergibt.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ja.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Mein dritter Punkt sind visuelle Störungen. Die haben Sie auf Tabelle 30 bei den baubeding-<br />
ten Auswirkungen mit drin, aber nicht bei den betriebsbedingten Auswirkungen. Da ist mein<br />
Petitum, auch visuelle Beeinträchtigungen des Landschaftserlebens, des Landschaftsbildes<br />
unabhängig von den 57 dB unter dem Punkt Landschaftsbild, Erholungsfunktion in die<br />
Untersuchung einzubeziehen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 117<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Darf ich zum Verständnis fragen, was Sie mit „betriebsbedingt“ meinen? Meinen Sie die<br />
optische Wirkung eines Riesenfliegers, der über Ihren Kopf fliegt?<br />
(RA’in Fridrich: Überflug!)<br />
– Ich wollte nur wissen, ob Sie das gemeint haben.<br />
Böhm (HGON):<br />
(RA’in Fridrich: Ja! Das ist richtig so!)<br />
Herr Müller-Pfannenstiel, mir geht es um die Abgrenzungen der von Ihnen vorgegebenen<br />
Flächen. Unser Verband ist der Auffassung, dass eine Abgrenzung nach Osten durchaus<br />
erweitert werden müsste, und zwar in Bezug auf Gerüche und Luftschadstoffe betreffend den<br />
Stadtteil Zeppelinheim und unter Umständen auch Walldorf. Denn auf der einen Seite haben<br />
Sie oben die amerikanische Siedlung im Bereich, und im nächsten Moment klammern Sie<br />
Zeppelin voll aus. Ich bitte den RP, hier genauestens zu prüfen, ob nicht doch die Notwen-<br />
digkeit besteht, diesen Untersuchungsraum zu erweitern.<br />
Außerdem beziehe ich mich mit dieser Bitte auch auf den anstehenden Bau des <strong>Termin</strong>als 3<br />
sowie die Neuanbindung des Autobahnanschlusses südlich des Zeppelinheimer Kreuzes.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Da wir gerade diesen Plan aufliegen haben, habe ich eine konkrete Frage zu dem nördlich<br />
der neuen Landebahn liegenden Weiher, der dort im Wald ist und mit der Rodungsfläche<br />
tangiert wird, wo Sie auf einer Länge von etwa 200 m diesen Waldsaum zu dem Weiher hin<br />
öffnen. Wie wird das bei Ihnen behandelt?<br />
Am Anfang hatten Sie ein Bild mit Blick von Westen über diesen Wald – rechts Ticona –<br />
gezeigt. Gibt es möglicherweise eine Simulation, wo Sie die Landebahn hineingelegt haben,<br />
sodass man einmal die Folgen sehen kann? Dann könnte man das vielleicht anders beurtei-<br />
len, weil man nicht nur den Wald heute sieht, sondern auch die Folgen. Möglicherweise<br />
haben Sie das dabei und können das einmal darstellen.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Der Ufersaum dieses Sees bleibt erhalten. Das ist die jetzige Einschätzung der Situation<br />
dort. Ich habe vorhin dargestellt, dass wir die Gliederungsprinzipien und Anordnungsmuster<br />
und die verschiedenen Landschaftsbildkomponenten erfassen. Wir werden auch für diesen<br />
Bereich natürlich eine Aussage machen müssen, inwieweit sich dort der Charakter, die<br />
Eigenart dieses Sees in Einbindung in die angrenzenden Flächen verändern wird.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 118<br />
Zur Einbeziehung von Zeppelinheim sind wir der Meinung, dass das Vorhaben – hier ist<br />
primär der Erweiterungsbereich im Süden relevant – keine visuellen Auswirkungen auf den<br />
Bereich von Zeppelinheim hat.<br />
Bezogen auf das Gutachten zur Geruchsprognose sind die Untersuchungsraumabgrenzun-<br />
gen schon entsprechend dargestellt worden. Das bezieht sich auf alle Siedlungen im Umfeld<br />
des Flughafens.<br />
Die visuellen Wirkungen von Baukörpern werden sich nicht bis in den Bereich Zeppelinheim<br />
erstrecken. Das zeigen erste Ergebnisse von Simulationen.<br />
Herr Faulenbach da Costa, eine Fotosimulation der Lage der Landebahn Nordwest im<br />
Kelsterbacher Wald haben wir noch nicht erstellt. Die können wir Ihnen daher heute auch<br />
nicht präsentieren.<br />
(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Haben Sie vor, die zu erstellen?)<br />
– Wir haben vor, sie zu erstellen und in die Planfeststellungsunterlage zu integrieren.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ich glaube, es gibt ein Missverständnis. Die Frage der Luftschadstoffe und Gerüche für<br />
Zeppelinheim war schon Gegenstand von 6.1.1 Wohn- und Wohnumfeldfunktion. Dort ist das<br />
zur Sprache gekommen. Deswegen ist es hier nur noch unter der Sichtfunktion behandelt<br />
worden, aber nicht mehr unter dem anderen Punkt. Den hatten wir nämlich ganz am Anfang.<br />
Das ist also nicht abgelehnt oder untergegangen, sondern es wurde unter einem anderen<br />
Punkt diskutiert.<br />
(Heldmaier [Hanau]: Was ist die rote Linie im Norden?)<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Diese rote Linie stellt nach derzeitigem Planungsstand den Zaunverlauf dar. Nach innen zur<br />
Bahn wären dann von da an keine Bäume mehr.<br />
– Ja.<br />
(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Wollen Sie den Wald drum herum<br />
erhalten?)<br />
(Faulenbach da Costa [Offenbach]: In welcher Höhe?)<br />
– Die Bäume bleiben dort stehen. Dieser See hat eine Böschung. Nehmen Sie einfach heute<br />
mit: Der Waldsaum bleibt dort erhalten. Wenn wir in der Planfeststellung sind und das<br />
erörtern, haben wir auch ein Luftbild dabei und Fotomontagen und Visualisierungen. Dann<br />
können wir das alles darlegen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 119<br />
(Heldmaier [Hanau]: Wie hoch sind dann die Bäume?)<br />
– So, wie sie jetzt sind, wenn sie nicht umgemacht werden. Ich weiß wirklich nicht, wie hoch<br />
die Bäume sind.<br />
Bellut (RP Darmstadt):<br />
Das sind Buchen- und Eichenbaumhölzer mit einer Höhe von 20 bis 30 m.<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
An der Stelle, wo der Zaun steht, sind keine Buchen von 20 m Höhe. Wir haben andere<br />
Bilder, auf denen man das ganz genau sieht. Die sind dort niedriger. Da ist ein Bewuchs an<br />
dem Saum, an dem Rand des Sees, an der Böschung. Die bleiben dort erhalten, eben in der<br />
Höhe, wie die Möglichkeit der Hindernisfreiheit es zulässt.<br />
Böhm (HGON):<br />
Herr Bickel, ich muss noch einmal ganz kurz auf das, was Herr Müller-Pfannenstiel gesagt<br />
hat, eingehen. Beispiel: Die verlängerte Flughafenstraße in Richtung A 5 beinhaltet ganz klar<br />
und deutlich, dass gerade dadurch, dass auf dieser alten Straße keine Bäume stehen, die<br />
ganzen Lärmquellen und auch Geruchsbelästigungen durch diese Schneise durchziehen,<br />
und zwar genau an dem Punkt, an den dieser Busbahnhof hin sollte. Ich meine nicht die<br />
Hurenschneise, sondern die verlängerte Flughafenstraße in Zeppelinheim mit der Unterfüh-<br />
rung, IC-Strecke und dann geradeaus weiter. Diese Schneise ist in mancher Hinsicht ein<br />
negativer Aspekt, wenn es um Lärm- und Geruchsemissionen geht.<br />
RA Baumann:<br />
Ich habe noch eine Nachfrage wegen dieses Sees. Ist es richtig, dass es der Mönchwaldsee<br />
ist? – Gut. Da führt die Nordwestbahn dann entlang. Sie sagten jetzt, Sie würden erst im<br />
Laufe der weiteren Untersuchungen, der UVU, insbesondere der Lärmwerte, feststellen<br />
wollen, ob da Beeinträchtigungen vorliegen, auch Beeinträchtigungen der Erholungsfunktion<br />
und der Landschaft. Ist es nicht offenkundig, dass dieser Bereich nun so verlärmt sein wird,<br />
dass da eine Erholungsfunktion nicht mehr wahrgenommen werden kann?<br />
Welche konkrete Entfernung von der Startbahn bzw. der Landebahn anzunehmen ist, wird<br />
sich natürlich aus den Untersuchungen ergeben. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass<br />
außer einer Gehörlosenschule sich dort jemand aufhalten möchte.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Der Untersuchungsraum Erholung greift sehr viel weiter als dieser Untersuchungsraum. Ich<br />
habe gesagt, dass der Untersuchungsraum Erholung erweitert wird, sofern wir dort mit<br />
Lärmbeeinträchtigungen zu rechnen haben.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 120<br />
Vom Inhalt her, Herr Baumann, gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Für diesen Bereich wird<br />
zu beurteilen sein, wie sich durch Verlärmung und Schadstoffeintrag gegebenenfalls eine<br />
Minderung der Erholungsqualität oder auch eine Veränderung des Landschaftsbildes<br />
ergeben wird. Das können Sie dann in der Planfeststellungsunterlage nachlesen. Wir werden<br />
dieser Thematik auch unabhängig von Ihrem Beitrag nachgehen.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ich habe hier eine Ausschnittsvergrößerung des Mönchwaldsees. Wenn Sie sich das<br />
ansehen, kann Ihre Aussage dazu nicht ganz stimmen. Sie haben, wenn Sie den Mönch-<br />
waldsee und die Wasserfläche nehmen, erst einmal diesen Ufersaum, der wohl mit Bü-<br />
schen – –<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Herr Faulenbach, wir wollen hier nicht inhaltlich über die Sache diskutieren. Haben Sie einen<br />
bestimmten Auftrag?<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ja, natürlich, dazu komme ich gleich. Ich muss es nur vorher erklären. – Dann kommt<br />
anschließend nach dem Ufersaum dieser Waldweg. Da machen Sie diesen Einschnitt. In<br />
diesem Einschnitt werden Sie mit Sicherheit keine Bäume mehr stehen lassen können, weil<br />
sie sonst im Hindernisbereich stehen. Von hier nach da beträgt die Entfernung etwa 110 m.<br />
Hier sind Sie im Hindernisbereich, den Sie selbst definiert haben.<br />
Wir kommen später noch einmal beim Thema Vogelschlag darauf zurück. Das spielt da auch<br />
eine Rolle. Meine Frage ist nun, wie Sie mit dieser Ecke umgehen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Diese Ecke war ja schon Gegenstand des Raumordnungsverfahrens.<br />
(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Es geht aber um Hindernisfrei-<br />
heit!)<br />
– Ja, ja. Aber das ist Gegenstand der Gutachten.<br />
(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Wir diskutieren ja das Thema<br />
Landschaft! Es ist im Moment eine entscheidende Frage!)<br />
– Ja, ja. Ich sage bloß, das war schon Thema beim Raumordnungsverfahren. Damals<br />
wusste man noch nicht genau, wie es liegen sollte.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 121<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Die technische Planung haben wir. Wir wissen, wie es dort aussieht. Wenn Sie die Unterlage<br />
haben, können Sie es ganz genau sehen. Wir werden es in ausreichender Art darstellen,<br />
sodass Sie erkennen können, wie diese Ecke sowohl unter dem Gesichtspunkt Vogelschlag<br />
als auch unter dem Gesichtspunkt Wald und Bäume und Landschaft aussieht. Einfach<br />
abwarten!<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Jetzt haben wir das Schutzgut Landschaft unter diesen Gesichtspunkten abgehandelt. Nun<br />
kommt Tagesordnungspunkt:<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
6.3 Schutzgut Tiere und Pflanzen<br />
Zum Schutzgut Tiere und Pflanzen wurden in den Stellungnahmen zum <strong>Scoping</strong>-Papier<br />
bezüglich des Untersuchungsraums verschiedene Punkte angeregt. Unter anderem sei er<br />
nicht ausreichend abgegrenzt, da der Eingriffsraum durch den gewählten Untersuchungs-<br />
raum nicht abgedeckt werde, weil zur Erfassung der indirekten Projektwirkungen wie<br />
Schadstoffe, Licht etc. die angesetzte Pufferzone von 1.000 m nicht ausreichend sei.<br />
Außerdem sei geplant, Gewässer zu verfüllen, die auch im Untersuchungsraum nicht<br />
dargestellt wären. Vor allen Dingen im Bereich Stadtwald Frankfurt, also im Osten, sei der<br />
Untersuchungsraum größer zu wählen, da hier Beeinträchtigungen durch Überflug zu<br />
erwarten sind. Vorgeschlagen wurde eine Abgrenzung in Form der A 5 und eine nördliche<br />
Abgrenzung in Form der Eisenbahnlinie Frankfurt – Kelsterbach; das entspricht der Abgren-<br />
zung im Raumordnungsverfahren.<br />
Dann sei der Untersuchungsraum für die Artengruppe der Vögel auf alle im Vogelschlaggut-<br />
achten untersuchten Flächen auszudehnen, und der Untersuchungsraum sei für jede<br />
Tierartengruppe einzeln zu begründen.<br />
Ich schlage jetzt vor, dass Fraport Gelegenheit bekommt, zum Untersuchungsraum und zur<br />
Abgrenzung Stellung zu nehmen.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Die Untersuchungsraumabgrenzung beim Schutzgut Pflanzen und Tiere war schon Gegens-<br />
tand des <strong>Scoping</strong>s zum Raumordnungsverfahren. Dort sind die Inhalte und Methoden bereits<br />
dargelegt gewesen. Der Untersuchungsrahmen geht auf die Untersuchungen zurück, die die<br />
Naturforschende Gesellschaft Senckenberg sowohl für den Flughafenbereich wie auch für<br />
Teile des Stadtwaldes Frankfurt durchgeführt hat. Es ist ein sehr umfassendes Untersu-
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 122<br />
chungsprogramm über verschiedene Tierartengruppen, sowohl von Säugern wie auch von<br />
Wirbellosen.<br />
Die Untersuchungsraumabgrenzung für die UVS zum Raumordnungsverfahren konzentriert<br />
sich auch hier wieder auf die Vorhabensteile, die jetzt Bestandteil der Planfeststellungsunter-<br />
lage sind, das heißt auf die Landebahn Nordwest und den Erweiterungsbereich im Süden.<br />
Die Frage der Abgrenzung und die Punkte, die Frau Ohl eben als Kritikpunkte an der<br />
Abgrenzung des Untersuchungsraums aufgeworfen hat, beantworten wir so, dass das<br />
Untersuchungsdesign vom Forschungsinstitut Senckenberg insofern richtig ist, als wir alle<br />
vom Flughafenausbau ausgehenden Wirkungen auf die verschiedenen Tierartengruppen<br />
innerhalb dieses Untersuchungsraums abgrenzen können. Die Frage, welche Tierartengrup-<br />
pe zur Untersuchungsraumabgrenzung herangezogen wird, bemisst sich aus unserer Sicht<br />
danach, welche Tierartengruppe hier den größten Raumanspruch hat bzw. bei welcher<br />
Tierartengruppe die größten Empfindlichkeiten gegenüber bestimmten Projektwirkungen<br />
vorhanden sind.<br />
Für den Bereich des Kelsterbacher Waldes haben wir es mit dem Umstand zu tun, dass es<br />
ein sehr großer Waldbereich ist, der aber einer Zerschneidungswirkung durch die Autobahn<br />
bzw. durch die B 43 unterliegt. Es grenzen Räume an, die eine andere Habitatstruktur, eine<br />
andere Biotopstruktur haben.<br />
Wir sind der Meinung, dass wir tatsächlich alle Umweltauswirkungen durch die Landebahn<br />
Nordwest innerhalb dieses Waldbereiches Kelsterbacher Wald auf die relevanten Artengrup-<br />
pen erfassen können. Relevante Artengruppen sind aus unserer Sicht die, die die Bedeutung<br />
dieser Waldbereiche indizieren.<br />
Für den Erweiterungsbereich im Süden ist der gesamte Mark- und Gundwald und angren-<br />
zend die Gundwiesen bzw. das NSG Mönchbruch Bestandteil des Untersuchungsraumes, im<br />
Westen die Waldbereiche über die Heidelandschaft hinaus. Im NSG Mönchbruch selbst<br />
erwarten wir keine entscheidungserheblichen Umweltauswirkungen durch den Erweiterungs-<br />
bereich im Süden. Es ist immer wieder angesprochen worden, dass mögliche Änderungen<br />
im Grundwasserhaushalt, in der Grundwasserdynamik als Begründung heranzuziehen sind,<br />
den Untersuchungsraum zu erweitern. Aus den hydrogeologischen Gutachten haben wir die<br />
Erkenntnisse, dass mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass es zur Grundwasser-<br />
veränderung im Bereich des Mönchbruchs kommt. Daher sehen wir nicht die Notwendigkeit,<br />
den Untersuchungsraum in Richtung Süden zu erweitern.<br />
Als Artengruppe, an der sich die Untersuchungsraumabgrenzung bemisst, haben wir<br />
insbesondere auch die Vögel herangezogen. Die Ausprägungen der Vogellebensgemein-<br />
schaften, auch gerade parallel zur Startbahn 18 West, zeigen, dass offensichtlich andere<br />
Parameter als die Beeinträchtigung von Lärm, nämlich bestimmte Parameter, die die<br />
Habitatqualität bestimmen, für die Raumnutzung der Arten, auch der Vögel, maßgeblich sind.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 123<br />
Es gibt viele Artengruppen, die auch in der Literatur als lärmempfindlich beschrieben sind,<br />
die insbesondere im Übergangsbereich von der Startbahn 18 West in den Mark- und<br />
Gundwald brüten. Die Untersuchungsraumabgrenzung mit 1.000 m Umgriff um die Lande-<br />
bahn herum reicht aus unserer Sicht aus, die Auswirkungen auf alle Artengruppen und auch<br />
die Vögel hinreichend genau prognostizieren zu können.<br />
Böhm (HGON):<br />
Auch hier geht von uns die Voraussetzung aus, dass der Untersuchungsraum nach Osten<br />
hin erweitert werden sollte, unter Einbeziehung des Naturschutzgebietes Gehspitzweiher in<br />
der Gemarkung Neu-Isenburg sowie des Langener und auch des Walldorfer Badesees.<br />
Zum Langener Waldsee möchte ich Folgendes darstellen: Nach unseren neuesten Erkennt-<br />
nissen aufgrund intensiverer Betreuung dieses Bereiches entwickelt sich der Langener<br />
Waldsee eindeutig als ein Kriterium von hessenweiter Bedeutung mit hauptsächlich überwin-<br />
ternden Vogelarten.<br />
Zum Walldorfer Badesee kann ich keine Aussage machen. Aber beim Gehspitzweiher in<br />
Neu-Isenbug kann ich die Aussage machen, dass hier in erster Linie Großvögel ihr Brutge-<br />
schäft betreiben, nämlich Graugänse, Höckerschwan etc. Wenn hier auch schon das<br />
Vogelschlagsrisiko einbezogen werden soll, bin ich der Meinung, dass hier klar und deutlich<br />
der Faktor Vogelwelt einzubeziehen wäre, indem man die Fläche vergrößert.<br />
Hagemann (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald):<br />
Ich muss mich der Auffassung des Vorredners anschließen. Ich bin auch der Meinung, dass<br />
hier ein Gebiet – eben auch wieder im Bannwald – völlig zerstört wird, eigentlich entwertet<br />
wird, was den Mönchbruchsee anbetrifft, auch bezüglich der Vogelwelt. Die Greifvögel haben<br />
bestimmt größere Radien, als es hier dargestellt ist. Auch muss ein Austausch der Tierwelt<br />
insgesamt zwischen den einzelnen Teilen auch über die jetzige Grenze hinaus auf alle Fälle<br />
gegeben sein. Das ist einfach auch nötig, um die Regeneration der einzelnen Tierarten zu<br />
ermöglichen, damit dort nicht eine Art Inzucht entsteht, wenn man es einmal so nennen will.<br />
Es ist also auch weiter östlich notwendig, den Untersuchungsraum zu erweitern, um festzu-<br />
stellen, welcher Austausch für die einzelnen Tierarten dort stattfindet. Denn von der Nord-<br />
westbahn über den Flughafen hinweg nach Süden wird wahrscheinlich wenig Austausch<br />
stattfinden, aber zum Beispiel über die Heidelandschaft und auch in die Gebiete östlich,<br />
sodass das Gesamttiervorkommen im gesamten Wald um den Flughafen durch diese neue<br />
Landebahn sicher ganz erheblich gestört wird.<br />
Wie sich das bei den Abholzungen im Süden verhalten wird, vermag ich jetzt nicht zu sagen.<br />
Aber sicherlich gibt es da auch Probleme im Austausch.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 124<br />
Kaller (Offenbach):<br />
Ich möchte mich dem Petitum meiner Vorredner anschließen. Wir fordern ebenfalls die<br />
Ausdehnung der zu untersuchenden Gebiete nach Osten, auch im Hinblick auf Verträglich-<br />
keitsstudien für FFH-, Vogelschutz- und IBA-Gebiete. Es sind insgesamt vier Flächen. Es ist<br />
einmal die Fläche des Untermains mit der Aue von Frankfurt-Sachsenhausen bis Hainburg,<br />
Großkrotzenburg. Sie hat Bedeutung als Rasthabitat und Winterquartier für zeitweilig<br />
mehrere Zehntausende eurasischer Sumpf- und Wasservögel, die diesen Mainabschnitt<br />
überfliegen. Als Zugstraße von Großvögeln wie zum Beispiel Kranichen, Wildgänsen, Rot-<br />
und Schwarzmilanen hat dieses Gebiet eine hervorragende Bedeutung. Dass es aufgenom-<br />
men werden muss, sage ich insbesondere deshalb, weil es ein erhebliches Risikopotenzial<br />
im Sinne von Vogelschlag darstellt.<br />
Ein weiterer Punkt ist die Fläche der Diedesheimer Basaltseen im östlichen Untermaingebiet.<br />
Das sind Steinbruchseen, die durch früheren Basaltabbau entstanden sind. Diese haben<br />
inzwischen ebenfalls erhebliche Bedeutung als Rast- und auch als Brutgewässer für Was-<br />
servögel erlangt.<br />
Die dritte Fläche ist das Naturschutzgebiet und der Wildpark Alte Fasanerie bei Klein-<br />
Auheim, wo es mittlerweile auch eine Großkolonie von Reihern gibt, in der Tendenz zuneh-<br />
mend. Hier ist ebenfalls wieder ein erhöhtes Risiko für Vogelschlag gegeben.<br />
Last but not least ist es die Fläche der Rodauwiesen zwischen Hausen und Weiskirchen, wo<br />
ebenfalls erhebliche Beeinträchtigungen durch einen weiteren Ausbau des Flughafens zu<br />
erwarten sind. Ich erlaube mir, Ihnen eine Karte zu überreichen, wo die vier eben genannten<br />
Gebiete abgegrenzt sind.<br />
(Kaller [Offenbach] übergibt dem RP Unterlagen.)<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Zum Thema der Gefahren aus dem Vogelschlag möchte ich den Plan noch einmal an die<br />
Wand werfen. – Das hier ist die Grenze. Das ist der Zaun; bis dahin wird geholzt. Anschlie-<br />
ßend bauen Sie eine Übergangsfläche auf, im Prinzip einen Waldrand. Ich weiß nicht, wie<br />
lang der sich entwickelt. Ich gehe einmal von 25, 30 m aus. Gehen wir davon aus, wir haben<br />
auf diesem Mönchwaldsee Enten oder schwere Vögel, die ein relativ mäßiges Steigverhalten<br />
wie schwere Flugzeuge haben. Wir haben gleichzeitig ab hier etwa über eine Strecke von<br />
600 m zusätzlich die Aufsetzzone für die Flugzeuge. Dann befindet sich die Lücke in diesem<br />
See genau im Bereich der Aufsetzzone für die Flugzeuge, die vom Westen her anfliegen.<br />
Jetzt hat mir ein Vogelkundler gesagt, wenn man Enten oder andere schwerfällige Vögel<br />
nimmt, die ein mäßiges Steigverhalten haben, entsteht hier im Aufsetzzonenbereich, wo die<br />
Flugzeuge noch in der Luft sind, mit den Vögeln, die in diesen geöffneten Wald hinein starten<br />
– das andere sind ja hohe Wälder drum herum –, der Konflikt mit den Flugzeugen, das heißt<br />
ein erhebliches Vogelschlagrisiko. Wie bewerten Sie das?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 125<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das wird das Ergebnis des Gutachtens sein. Das haben wir doch schon besprochen. Was<br />
meinen Sie, was der Gutachter für ein Vogelschlaggutachten macht?<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ich hatte bisher den Eindruck, dass diese Frage, diese Lücke im Wald, nur nachrangig<br />
behandelt wurde.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Der Gutachter hat nicht vorrangig und nicht nachrangig, sondern vollständig zu behandeln,<br />
alle Vögel überall, die mit Flugzeugen in Konflikt geraten. Wenn er diese Ecke und diese<br />
Geschichte nicht erkennt, wird Fraport ihm keine müde Mark für sein Gutachten bezahlen.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Sind Sie da so sicher?<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ja. Sie dürfen davon ausgehen, dass Gutachter wenigstens ihre Mindestqualifikation haben.<br />
Sie können meinetwegen nicht lesen, aber eine Karte können sie wahrscheinlich doch sehen<br />
und wahrscheinlich schon wissen, was sie machen.<br />
Ich möchte damit nicht die Fragestellung als solche abweisen, will aber den Versuch, über<br />
eine Frage eine inhaltliche Diskussion darüber zu führen, wie sie das Problem bewältigen,<br />
nicht zulassen, auch nicht auf Umwegen mit Fragezeichen.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Ich wollte sehr direkt auf mögliche Konflikte hinweisen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Auf diesen Konflikt brauchten Sie nicht hinzuweisen, denn darüber haben wir, glaube ich,<br />
einen ganzen Tag im Raumordnungsverfahren diskutiert, insbesondere über die Frage, wie<br />
genau eigentlich die Bahn schon projektiert ist. 50 m nach Norden und 50 m nach Süden<br />
durfte sie verschoben werden, ohne dass man ein neues Verfahren machen muss. All das<br />
haben wir erörtert.<br />
Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />
Sehen Sie, Herr Bickel, das war bei mir der Anlass der Nachfrage. Inzwischen gehe ich<br />
davon aus, dass möglicherweise im Rahmen der bisherigen Bearbeitung schon Lösungen<br />
gefunden wurden.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 126<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das kann durchaus sein. Aber wir werden abwarten und uns gedulden. Denn wir wollen<br />
keine Bruchstücke kriegen, die nicht aufeinander abgestimmt sind.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Herr Bickel, ich abstrahiere frei, was Sie sagten: Der Gutachter hat alles überall zu ermitteln.<br />
Das ist ein gutes Motto. Das schließt an mein Petitum zu dem Untersuchungsraum an.<br />
Wenn man den Untersuchungsraum anschaut, wirkt er schon deshalb unplausibel, weil im<br />
Bereich um die Nordwestbahn, wo die größten zusätzlichen Belastungen zu erwarten sind,<br />
der Untersuchungsraum für Tiere und Pflanzen an das Projekt am nächsten heranrückt. Das<br />
ist merkwürdig und unplausibel. Es ist insbesondere deshalb unplausibel, weil sich jenseits<br />
des Mains, auf Okrifteler und Eddersheimer Seite, zusammenhängende und auch zusam-<br />
menhängend unter Schutz gestellte Gebiete befinden. Schließlich müssten, Richtung Norden<br />
weitergehend, aus naturschutzfachlichen Gründen die Weilbacher Kiesgruben hineingehö-<br />
ren.<br />
Vielleicht kann Herr Müller-Pfannenstiel mir die Unplausibilität erklären, warum man im<br />
Südbereich, wo es nur um ein <strong>Termin</strong>al geht, ewig weit wegrückt und oben, wo die Flugzeu-<br />
ge mit Heulen – ich hätte beinahe gesagt: und Zähneknirschen – landen, so nahe heran-<br />
rückt.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Diese Frage lässt sich relativ einfach beantworten. Wir haben in der <strong>Scoping</strong>-Unterlage eine<br />
Karte, Anhang 3.20, in der alle FFH- und IBA-Gebiete dargestellt sind, für die wir eine FFH-<br />
Verträglichkeitsprüfung bzw. eine Erheblichkeitsabschätzung durchführen wollen. Dieser<br />
Karte können Sie entnehmen, dass wir über diese Untersuchungsraumabgrenzung aus der<br />
Thematik UVS heraus eine Erweiterung des Untersuchungsraums genau auf diese Gebiete<br />
vornehmen werden. Selbstverständlich, Herr Schröder, ist dann unter dem FFH- oder<br />
Vogelschutzgebietsaspekt zu berücksichtigen, ob es wesentliche Bestandteile außerhalb der<br />
Schutzgebietsgrenzen gibt, also in Richtung Norden, die einzubeziehen sind, um eine<br />
erhebliche Beeinträchtigung der dort geschützten Arten oder Lebensraumtypen beurteilen zu<br />
können.<br />
Ich bitte Sie daher, zur Beantwortung Ihrer Frage auch die Karte im Anhang 3.20 heranzu-<br />
ziehen, um die Untersuchungsraumabgrenzung vollständig beurteilen zu können.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Sie haben auf die Frage von Herrn Schröder, wieso Sie die Bereiche jenseits des Mains bei<br />
Kriftel nicht berücksichtigt haben, mit der FFH-Verträglichkeitsstudie argumentiert, aber<br />
gleichzeitig gesagt, in der UVS wird es anders gemacht. Meines Erachtens vermischen Sie<br />
hier etwas. Das zeigt sich auch dadurch, dass Sie die FFH-Prüfung, die eigentlich außerhalb
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 127<br />
der UVS stattfinden soll, schon in den Unterlagen gekennzeichnet haben. Ich weise das<br />
Regierungspräsidium darauf hin, dass die Prüfung nach FFH und die Festlegung des<br />
Untersuchungsraums nach UVS meines Erachtens strikt zu trennen sind und an dieser Stelle<br />
nicht vermengt werden können, weil es andere Anforderungen sind.<br />
Zum Zweiten, Herr Müller-Pfannenstiel, sagten Sie, Auswirkungen auf das FFH-Gebiet im<br />
Süden im Bereich Grundwasser oder Absenkung könnten nach den Ergebnissen des<br />
hydrogeologischen Gutachtens ausgeschlossen werden. Ich gehe davon aus, dass Sie auch<br />
in diesem Punkt das noch zu erstellende Gutachten meinen. Falls sich dort neue Erkenntnis-<br />
se ergeben würden, die diese Annahme widerlegen würden, gehe ich davon aus, dass Sie<br />
dann den Untersuchungsraum hinsichtlich der UVS nach Süden noch erweitern. Ist das<br />
richtig so?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Das ist richtig. Wir würden ihn erweitern, wenn wir mit dem hydrogeologischen Gutachten<br />
zum Raumordnungsverfahren nicht schon die Erkenntnisse hätten, dass wir diese Auswir-<br />
kung ausschließen können.<br />
Zur Frage der Ausdehnung über den Main hinaus möchte ich sagen, dass Sie im Bereich<br />
des Kelsterbacher Waldes aufgrund der bestehenden Zäsuren – auch der Main gehört dazu<br />
– eine Vergesellschaftung von ganz bestimmten Tierlebensgemeinschaften haben, die<br />
primär an waldgeprägte Lebensraumtypen gebunden sind. Es hat daher überhaupt keinen<br />
Sinn, aus der Beurteilung der Auswirkungen, die sich primär in den Waldbereichen auf<br />
bestimmte Tierlebensgemeinschaften beziehen und erst recht auf bestimmte Biotoptypen,<br />
den Schluss zu ziehen, der Untersuchungsraum sei bis in die von Herrn Schröder vertretene<br />
Gemeinde Hattersheim zu erweitern, weil es in der Regel keine Artengruppen geben wird,<br />
die diesen Gesamtlebensraum nutzen.<br />
Wenn es solche Artengruppen gibt – vorhin ist einmal der Schwarzmilan angesprochen<br />
worden, der im Bereich der Eddersheimer Schleuse oder auch in den Waldbereichen<br />
brütet –, werden wir das selbstverständlich im Zusammenhang mit dem Schwarzmilan bei<br />
den Populationen im Bereich Kühkopf oder auch in anderen Bereichen zu betrachten haben.<br />
Wenn es also Arten gibt, die bestimmte Teillebensräume in diesem Untersuchungsraum<br />
haben, können wir das natürlich nur im Zusammenhang mit der Auswertung von Unterlagen<br />
außerhalb dieses Raumes machen. Der Untersuchungsraum reicht aus, um die entschei-<br />
dungserheblichen Auswirkungen beurteilen zu können. Wir sehen nicht die Notwendigkeit,<br />
ihn zu erweitern oder andere Tierartengruppen zu untersuchen.<br />
Die Trennung zwischen UVS, IBA und Vogelschutzgebietsproblematik bzw. FFH haben wir<br />
in den Unterlagen strikt durchgehalten.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 128<br />
Böhm (HGON):<br />
Warum ist bei einem solchen Fachthema heute die Staatliche Vogelschutzwarte nicht<br />
vertreten?<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Die Staatliche Vogelschutzwarte hat eine Einladung zu dem <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> erhalten. Sie<br />
wissen aber auch, dass die Staatliche Vogelschutzwarte nicht nur für Hessen zuständig ist,<br />
sondern für drei Bundesländer, und im Zusammenhang mit der Vogelschutzgebietsmeldung<br />
einen Auftrag hat. Insofern hat sich Herr Dr. Werner entschuldigt. Es sind die obere Natur-<br />
schutzbehörde und die oberste Naturschutzbehörde anwesend, die kompetent sind, die<br />
naturschutzfachlichen Belange zu vertreten.<br />
RA‘in Philipp-Gerlach:<br />
Vom BUND wird eingewandt, dass der Untersuchungsraum viel zu klein abgegrenzt worden<br />
ist. Wir haben das schriftlich vorgetragen. Deswegen möchte ich meine schriftliche Stellung-<br />
nahme nicht wiederholen. Wir verweisen auch und insbesondere auf die Stellungnahme im<br />
Raumordnungsverfahren.<br />
Wir meinen, dass auf jeden Fall eine funktionale Abgrenzung der einzelnen Tiergruppen zu<br />
erfolgen hat. Was mich in diesem Zusammenhang interessiert, ist die Frage, ob Sie mit<br />
diesem Untersuchungsrahmen in der Lage sein werden, auch Populationen von Tierarten zu<br />
erfassen.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Erfassung von Populationen, Populationsbiologie, Populationsökologie, Populationsgefähr-<br />
dungsanalysen – wir alle wissen, dass das ein Fachbereich ist, der im Grunde genommen in<br />
den Kinderschuhen steckt. Aus der Sicht eines UVS-Gutachters kann es nicht unsere<br />
Aufgabe sein, hier grundlagenwissenschaftliche Studien zu betreiben, was Populationsge-<br />
fährdungsanalysen betrifft. Wenn ein Forschungsinstitut wie das Senckenberg-Institut hier<br />
entsprechende Erfassungen mit entsprechenden Methoden durchführt, fühlen wir uns als<br />
UVS-Gutachter aber relativ sicher, Abschätzungen vornehmen zu können, inwieweit der<br />
Erhaltungszustand der Population, der Metapopulationen innerhalb der durch den Flugha-<br />
fenausbau betroffenen Bereiche betroffen ist. Wir werden entsprechende Abschätzungen<br />
vornehmen, ausgehend von den Aktionsradien und Minimalarealen, und auch versuchen, mit<br />
Bezug zu den Untersuchungen von Senckenberg in Zusammenarbeit mit Senckenberg<br />
Populationsgrößen abzuschätzen.<br />
Ihre Forderung, Populationen in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu erfassen, ist einfach<br />
nicht umsetzbar. Es ist auch aus unserer Sicht einem Vorhabenträger nicht zumutbar, dass<br />
man im Rahmen eines vorhabenbezogenen Projektes Populationen von allen relevanten<br />
Artengruppen für Gesamthessen durchführt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 129<br />
RA’in Philipp-Gerlach:<br />
Eine Nachfrage zum Senckenberg-Institut: Wir wissen aus dem Raumordnungsverfahren,<br />
dass es einen so genannten Zwischenbericht gegeben hat. Sie geben im Literaturverzeichnis<br />
zu den Unterlagen, die uns vorliegen, das Jahr 2002 als Endbericht an. Liegt dieser Endbe-<br />
richt vor bzw. wann liegt er vor? Wann ist er für den BUND einsichtbar?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Der Endbericht von Senckenberg liegt jetzt im Entwurf vor und wird in Kürze über den RP<br />
freigegeben werden. Da sind noch einige Fragen zu klären – bis hin zu dem Punkt, ob in den<br />
Karten Fundorte insbesondere der nach Bundesartenschutzverordnung geschützten Tier-<br />
und Pflanzenarten tatsächlich dargestellt werden oder nicht.<br />
RA’in Philipp-Gerlach:<br />
Kann ich jetzt davon ausgehen, dass das, was im Literaturverzeichnis unter Endbericht 2002<br />
genannt ist, als solches nicht vorliegt, sondern erst noch in diesem Jahr vorgelegt wird?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ja.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Herr Müller-Pfannenstiel, Sie sagten, Sie hielten es strikt durch, UVS einerseits und<br />
FFH/IBA-Dinge andererseits zu trennen. Auf Seite 41, wo es um die Abgrenzung des<br />
Untersuchungsraums geht, scheinen Sie doch eine Vermischung vorzunehmen, insbesonde-<br />
re wo es um den südlichen, südwestlichen, südöstlichen Bereich des Untersuchungsraums<br />
geht. Da sagen Sie, man merke schon, dass es richtig sei, weil es als FFH-Gebiet gemeldet<br />
sei usw.<br />
Mich interessiert noch etwas zur Methode. Auf Seite 43 des <strong>Scoping</strong>-Papiers steht unter 3.4<br />
zur Bestandsbewertung: „Die Bewertung erfolgt gemäß der vom Forschungsinstitut Sen-<br />
ckenberg entwickelten Methode auf der Ebene der Biotoptypen.“ Das ist in der Abstraktion<br />
gegenüber dem Gesetzeswortlaut, der einfach nur von Tieren und Pflanzen spricht, eine<br />
Steigerung um zwei Stufen. Das Biotop ist schon ein Abstraktum. Ein Bewertungsbiotop an<br />
sich gibt es nicht. Und bei Biotoptypen geht es noch einmal abstrakter zu. Diese Methode ist<br />
mir völlig unklar. Man vermutet fast schon wieder ein Synopse dahinter. Was ist die Methode<br />
Senckenberg?<br />
Frau Eising (RP Darmstadt):<br />
Ich wollte nur sagen, dass wir im Augenblick erst über den Untersuchungsraum sprechen.<br />
Herr Müller-Pfannenstiel wird gleich noch einmal die Bestandserfassung im Einzelnen<br />
darstellen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 130<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Wenn es zum Untersuchungsraum keine Meldungen mehr gibt, können wir auch zu meinem<br />
Untergliederungspunkt „Bestandserfassung und -bewertung“ übergehen. Da würde ich die<br />
wichtigsten Argumente, die vorgetragen wurden, kurz darstellen. Dann stellt Herr Müller-<br />
Pfannenstiel das kurz dar, und Sie haben Gelegenheit, konkret Ihre Nachfragen zu stellen.<br />
Zur Bestandserfassung und -bewertung wurden in den Stellungnahmen zum <strong>Scoping</strong>-Papier<br />
verschiedene Dinge vorgetragen. Zum einen seien die Bestandserfassung und auch -bewer-<br />
tung sowie ihre Methoden offen zu legen. Das, denke ich, versteht sich im Rahmen des<br />
Planfeststellungsverfahrens von selbst. Der Bannwald sei hinsichtlich seiner Qualitäten<br />
ebenfalls zu berücksichtigen. Er sei bei den geschützten Biotopen und bei den Schutzgebie-<br />
ten aufzunehmen.<br />
Die Erfassung der Biotop-Komplexe sei zur Beschreibung der Waldeigenschaften nicht<br />
geeignet. Dazu müssten zusätzlich Strukturparameter berücksichtigt werden. Als zusätzli-<br />
ches Kriterium seien die Pflanzengesellschaften zu erfassen. Die Untersuchungen seien<br />
über einen längeren Zeitraum – zwei bis drei Jahre – durchzuführen.<br />
Bei der Fauna seien das Wild, die aquatische Fauna und die Reptilien zu erfassen. Insbe-<br />
sondere seien die Arten des Anhangs 4 der FFH-Richtlinie, die Arten des Anhangs 1 der<br />
Vogelschutzrichtlinie sowie weitere besonders oder streng geschützte Arten zu berücksichti-<br />
gen. Die Bestandsbewertung sei offen zu legen.<br />
Als zusätzliche Unterlagen, die Fraport bei ihrer Auswertung berücksichtigen kann, wurden<br />
noch die Wildbewirtschaftungsunterlagen, die Forsteinrichtungswerke sowie die Be-<br />
standsaufnahmen der Stadt Kelsterbach genannt, zum Beispiel zum Bebauungsplan<br />
Mönchwald.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Zum Untersuchungsprogramm des Forschungsinstituts Senckenberg möchte ich sagen,<br />
dass das bereits Bestandteil des <strong>Scoping</strong>s zum Raumordnungsverfahren gewesen ist. Die<br />
Ergebnisse von Senckenberg sind, soweit sie vorlagen, bereits in die Ergebnisse der UVS<br />
zum Raumordnungsverfahren integriert worden.<br />
Untersucht worden sind Biotoptypen und die Vegetation. Im Rahmen dieser Vegetationser-<br />
fassung sind sowohl pflanzensoziologische Aufnahmen vorgenommen worden wie auch die<br />
Pflanzenarten erfasst worden, die über Anhang 4 der FFH-Richtlinie oder über die Bundesar-<br />
tenschutzverordnung entsprechend zu schützen sind.<br />
Herr Schröder, dass man über Biotoptypen und Vegetation das Schutzgut Pflanzen nicht<br />
abdecken kann, ist, denke ich, eine eher juristisch-akademische Diskussion. In der Praxis<br />
der Umweltverträglichkeitsstudie wird das Schutzgut Pflanzen in der Regel über Biotoptypen<br />
erfasst. Man erfasst dann zusätzlich, wie es hier auch stattgefunden hat, Pflanzengesell-
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 131<br />
schaften und bestimmte Pflanzenarten, wenn sie innerhalb der Gebiete eine besondere<br />
Bedeutung haben.<br />
Das Schutzgut Tiere wird über die hier dargestellten Artengruppen erfasst. Das sind sowohl<br />
die Groß- und Mittelsäuger wie die Kleinsäuger wie auch Fledermäuse, Vögel, Amphibien,<br />
Tagfalter, Nachtfalter, Libellen, Heuschrecken, Holzkäfer, Laufkäfer, Spinnen, Weberknechte<br />
und Reptilien. Wir kennen aus unserer Erfahrung wenig Projekte, in denen in einem derarti-<br />
gen Umfang verschiedene Tierartengruppen erfasst worden sind. Ich wiederhole mich hier<br />
noch einmal, weil Frau Ohl unter Bezug auf die Stellungnahmen angesprochen hat, dass<br />
noch weitere Tierartengruppen zu untersuchen sind.<br />
Wir sind der Meinung, dass wir mit diesen Artengruppen – auch unter Bezugnahme auf<br />
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Erforderlichkeit von Bestandserfassun-<br />
gen bzw. Kriterien für die Bestandserfassung – in der Lage sind, diese Lebensräume mit<br />
mehr als nur hinreichender Wahrscheinlichkeit entsprechend ihrer Bedeutung zu indizieren.<br />
Soll ich noch im Einzelnen auf die Erfassungsmethoden des Forschungsinstituts Sencken-<br />
berg eingehen? Ist das Diskussionsgegenstand vonseiten des Publikums? Ich kann das<br />
gerne tun. Ich weiß nur nicht, ob wir das in diesem Auditorium erschöpfend diskutieren<br />
können.<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Es wäre gut, wenn Sie nicht jedes Detail bis auf die molekularbiologische Ebene hinunter<br />
darstellten, es aber ein bisschen ausführten. Ich schlage eine mittlere Abstraktionsebene vor;<br />
das wäre noch verdaulich.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Dann mache ich das gerne. Bei den Biotoptypen ist eine flächendeckende Kartierung im<br />
gesamten Untersuchungsraum erfolgt. Dann hat eine Differenzierung stattgefunden, pflan-<br />
zensoziologische Vegetationsaufnahmen, flächendeckende Vegetationskartierung in der<br />
Kernzone, also im 200-m-Bereich um die Start- und Landebahn herum, um insbesondere<br />
auch die Lebensräume genauer erfassen zu können, die direkt durch das Vorhaben betrof-<br />
fen sind. In diesem Rahmen gab es, wie auch eben dargestellt, eine flächendeckende<br />
Erfassung der geschützten bzw. gefährdeten Pflanzenarten.<br />
Die Bewertungskriterien sind einmal die Bedeutung des Lebensraums für Pflanzen und die<br />
Bedeutung als Lebensraum für Tiere. Brennnesselfluren sind zum Beispiel sicherlich unter<br />
dem Aspekt des Lebensraums für Pflanzen nicht von besonderer Bedeutung, bilden aber ein<br />
essenzielles Habitat für Tagfalter. Deswegen gibt es hier die Differenzierung in Naturnähe,<br />
Gefährdungsgrad, Wiederherstellbarkeit und Seltenheit als klassischen Kriterien einer<br />
Biotoptypenbewertung.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 132<br />
Die Erfassungsmethoden müsste ich für die einzelnen Tierartengruppen durchgehen. Das<br />
würde sehr lange dauern. Die Tierartengruppen sind mit spezifischen Erfassungsmethoden<br />
erfasst worden, bei den Groß- und Mittelsäugern insbesondere Wildbeobachtung, Schein-<br />
werferzählungen, Schneespurensuche, bei den Kleinsäugern Gewölleanalysen, Schlagfallen<br />
und Bodenfallen, teilweise auch Telemetrierung.<br />
Bei Fledermäusen waren es Detektorerfassung und Netzfänge als typische Erfassungsme-<br />
thoden. Bei Vögeln war es eine Siedlungsdichteuntersuchung auf Probeflächen und flächen-<br />
deckende Erfassung des Artenspektrums, eine Brutbestandserfassung mit Einsatz von<br />
Klangattrappen und entsprechende Literaturauswertung, die natürlich auch über dieses<br />
Untersuchungsgebiet hinausgeht.<br />
Bei Amphibien war es die Erfassung des Artenspektrums im gesamten Untersuchungsgebiet<br />
und eine flächendeckende Kartierung aller Laichplätze.<br />
Bei Tagfaltern war es die Erfassung aller relevanten Biotopstrukturen und wiederum die<br />
Erfassung des vollständigen Artenspektrums mit entsprechenden Häufigkeitsabschätzungen,<br />
um zum Beispiel auch entsprechende Populationsdichten abschätzen zu können.<br />
Bei Nachtfaltern – Stichwort Lichtwirkung – war es die entsprechende Erfassung durch<br />
Lichtfänge oder auch Köderfänge. Bei Libellen war es entlang der potenziellen Entwick-<br />
lungsgewässer eine Arterfassung und wiederum eine Schätzung der Anzahl und Erfassung<br />
des Status der verschiedenen Libellenarten.<br />
Bei Heuschrecken waren es, wiederum gebunden an relevante Biotopstrukturen, semiquanti-<br />
tative Häufigkeitsabschätzungen und eine Erfassung des Gesamtartenspektrums. Zum<br />
Einsatz kamen Abklopfen, Käscherfänge, wiederum übliche Bestandserfassungsmethoden.<br />
Bei Holzkäfern gab es die gezielte Suche durch Handaufsammeln und das Einbringen so<br />
genannter Stammeklektoren zur Erfassung der Arten, Nachtfänge mittels Lichtfallen und<br />
entsprechende Literaturauswertung zum Vorkommen von Holzkäfern im Untersuchungs-<br />
raum.<br />
Bei Laufkäfern, Spinnen, Weberknechten gab es eine Erfassung anhand von repräsentativen<br />
Probestellen mittels Bodenfallen, Einsatz von Stammeklektoren und vereinzelte Käscherfän-<br />
ge und Handaufsammlungen.<br />
Das war das, was ich zu den Erfassungsmethoden für die verschiedenen Artengruppen<br />
sagen wollte. Zusammenfassend gebe ich die Einschätzung unsererseits wieder: Hier ist<br />
sehr umfassend kartiert worden. Wir sind in der Lage, Abschätzungen von Siedlungsdichten,<br />
von Populationsgrößen machen zu können. Wir können annähernd den Erhaltungszustand<br />
der Arten beurteilen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 133<br />
RA Dr. Schröder:<br />
Bei den springenden und hüpfenden Tieren, also bei denen, die schwer zu fangen sind,<br />
gliedern Sie nach Artenspektrum auf, nehmen das also auf. Habe ich es recht verstanden,<br />
dass bei den Pflanzen aber nur die Artengruppen ermittelt werden und das Artenspektrum<br />
innerhalb der verschiedenen Gattungen von Pflanzen, die hier vorkommen und beeinträchtigt<br />
werden, und auch ihr Gesundheitszustand, der von Art zu Art sehr verschieden sein kann,<br />
nicht aufgenommen wird? Ist hier also ein Unterschied zwischen der Erfassung hinsichtlich<br />
der Tiere in Dichte und Differenziertheit einerseits und bei den Pflanzen andererseits? Dabei<br />
nehme ich an, dass Sie die Pilze zu den Pflanzen rechnen.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Auf bestimmte Fragen, denke ich, brauche ich nicht zu antworten. Es sind Moose, Farne,<br />
Pilze entsprechend mit erfasst worden. Die Personen hier im Saal, die die Arbeiten von<br />
Senckenberg im Rahmen der Stadtbiotoptypenkartierung kennen, wissen, dass Sencken-<br />
berg sehr fein verschiedene Strukturparameter unterscheidet. Im Rahmen dieser Strukturpa-<br />
rameter werden neben der Schichtung von Waldbeständen, den Gesundheitszuständen von<br />
Waldbeständen alle relevanten Strukturparameter angesprochen.<br />
Das, was Sie mit Gattung bezeichnet haben, spiegelt sich letztendlich in pflanzensoziologi-<br />
schen Vegetationsaufnahmen wieder. Hier werden von der Artzusammensetzung her, von<br />
der Häufigkeit bestimmter Artvorkommen bestimmte Pflanzenfamilien – so nenne ich es jetzt<br />
einmal, um es allgemeinverständlich zu übersetzen – abgegrenzt. Es findet eine Zuordnung<br />
statt. Es ist die Pflanzensoziologie, die das ermöglicht, was Sie als scheinbaren Mangel<br />
erkannt haben, dass hier keine Zuordnung zu Gattungen stattfindet.<br />
Die Erfassung anhand von Biotoptypen, die Bewertung von Biotoptypen, ist eine anerkannte<br />
Methode zur Erfassung und Bewertung des Schutzgutes Pflanzen.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Ich nehme das so einmal zur Kenntnis, wenngleich die Kommentarliteratur aus rechtlicher<br />
Sicht etwas anderes sagt. Ich bin andererseits natürlich auch beeindruckt, was man alles<br />
machen kann. Ich finde das phänomenal. Leider verstehe ich von diesen biologischen<br />
Dingen nicht so viel. Das wäre vielleicht etwas für die Zeit nach der Pensionierung.<br />
Zum Thema Biotoptypen bei den Pflanzen und Begrifflichkeiten nach § 2 Abs. 1 UVPG<br />
müssen wir jetzt nichts weiter ausführen. Da bestehen einfach unterschiedliche Auffassun-<br />
gen, die sicherlich aus rechtlicher oder biologischer Sichtweise begründet sind.<br />
Sie haben die Biotoptypenkartierung der Stadt Frankfurt zugrunde gelegt, wie ich den<br />
Unterlagen entnehmen konnte. Inwieweit ist die hier repräsentativ? Kann sie hier überhaupt<br />
als Einstufungsmaßstab genommen werden? Oder hat sie nicht irgendwelche speziellen<br />
Ausrichtungen, weil sie ja für die Stadt Frankfurt gemacht wurde?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 134<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Sie ist insofern mehr als nur repräsentativ, als sich das, was sich hinter dem Begriff „Stadtbi-<br />
otopkartierung“ verbirgt, natürlich auch auf den gesamten Frankfurter Stadtwald bezieht.<br />
Repräsentativ ist sie insbesondere deswegen, weil es ein spezifischer Biotoptypenschlüssel<br />
ist, der von Senckenberg für den Stadtwald entwickelt worden ist. Hier sind sehr ähnliche<br />
Strukturen wie im Umfeld des Flughafens vorhanden, sodass dieser Biotoptypenschlüssel in<br />
der Lage ist, auf diesen Untersuchungsraum abgestellt spezifischere Differenzierungen<br />
vornehmen zu können, als wenn Senckenberg damals den hessischen Biotoptypenschlüssel<br />
herangezogen hätte. Das bietet uns ein Mehr an Differenzierung, zurückgehend auf die<br />
jahrelangen Arbeiten vom Forschungsinstitut Senckenberg in den Wäldern um Frankfurt<br />
herum.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Dann hatten Sie in einem Sternchen-Verweis zu einer Tabelle auf Untersuchungen, auch<br />
von Senckenberg, Bezug genommen. Ich gehe davon aus, dass die Fundstellen in den<br />
Unterlagen, die Sie erstellen, konkreter ausgeführt werden, weil das momentan noch fehlt.<br />
Zur Thematik der Biotope wäre vielleicht noch ein Argument, dass man nach § 30 BNatSchG<br />
den Begriff „Biotop“ kennt und das schon eine Bewertung voraussetzt. Jetzt weiß ich nicht,<br />
wie man damit umgehen kann, weil wir immer sagen, der Bestand und die Bewertung sollten<br />
getrennt werden, bzw. alles, was Bewertung ist, ist nur ein Vorschlag, das andere aber<br />
notwendiger Bestandteil der Unterlagen. Das ist für mich etwas unklar.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Die hessische Ausgleichsabgabenverordnung, die AAV, spricht von Biotop- und Nutzungsty-<br />
pen. Der Biotopbegriff, wie ihn Herr Müller-Pfannenstiel oder auch die Stadtbiotopkartierung<br />
der Stadt Frankfurt gebraucht, sagt nichts über die Schutzwürdigkeit des Biotops. Vielleicht<br />
ist es sinnvoller, hier den Begriff der AAV zu gebrauchen: Biotop- und Nutzungstypen.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Also aus juristischer Sicht „Biotop“ im untechnischen Sinne.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Ja – nicht wertend.<br />
Battefeld (HMULV):<br />
§ 30 BNatSchG nimmt die Unterscheidung vor, dass es sich um gesetzlich geschützte<br />
Biotope handelt. Das heißt, die Unterscheidung von den sonstigen Biotopen wird hier durch<br />
das Attribut des gesetzlichen Schutzes hervorgehoben. Allgemein ist der Begriff des Biotops<br />
darüber hinaus durchaus auch für andere Biotope anwendbar.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 135<br />
RA Baumann:<br />
Die Untersuchung des Senckenberg-Instituts hatte sich im Raumordnungsverfahren nur auf<br />
einen Teil des Gebietes bezogen. Ist jetzt die Untersuchung fortgeschrieben, sodass der<br />
gesamte Untersuchungsraum abgedeckt ist, den wir im Raumordnungsverfahren angefordert<br />
hatten?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Es gab im Zuge der Kartierung, die dann Grundlage zum Raumordnungsverfahren war, wie<br />
Sie wissen, Auseinandersetzungen um die Betretung der Grundstücke. Den Mangel, den wir<br />
damals hatten, haben wir durch verschiedene andere Methoden aufgefangen. Im Zuge der<br />
UVS zum Planfeststellungsverfahren werden wir eine flächendeckende Erfassung im<br />
Geländer zugrunde legen können.<br />
RA Baumann:<br />
Darf ich daraus schließen, Herr Müller-Pfannenstiel, dass Sie selbst jetzt die Untersuchun-<br />
gen durchführen und dass es nicht vom Senckenberg-Institut gemacht worden ist?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Es gibt selbstverständlich eine Kontinuität in der Erfassung durch das Senckenberg-Institut.<br />
RA Baumann:<br />
Was heißt „Kontinuität“?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Senckenberg macht es.<br />
RA Baumann:<br />
Das ist ein Wort. Ich bedanke mich. Herr Amann, Ihre direkte Diktion hat mir während des<br />
gesamten <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s sehr gut gefallen. Man wusste immer, woran man ist.<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Bitte.<br />
RA Baumann:<br />
Wir hatten während des Erörterungstermins zum Raumordnungsverfahren moniert, dass die<br />
Gebiete Rüsselsheimer Wald, Wald bei Walldorf und der Kelsterbacher Wald sowie der<br />
Schwanheimer Wald nicht berücksichtigt worden sind. Sind diese Bereiche jetzt alle um-<br />
fasst?<br />
Amann (Vorhabensträgerin):<br />
Ja.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 136<br />
RA Baumann:<br />
Sehen Sie es auch so, Herr Müller-Pfannenstiel?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ja, Herr Amann hat Recht.<br />
RA Baumann:<br />
Danke. – Was den Bannwald angeht, ist mir nicht ganz klar geworden, welche Untersuchun-<br />
gen da durchgeführt werden. Wie stellen Sie die Funktionalität unter dem Gesichtspunkt des<br />
§ 22 des Forstgesetzes fest?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ich verstehe unter Funktionalität aus naturschutzfachlicher Sicht, dass wir Biotoptypen bzw.<br />
Tierartengruppen innerhalb bestimmter Tierlebensgemeinschaften erfassen, die an bestimm-<br />
te Biotopstrukturen und bestimmte Habitatstrukturen gebunden sind. Wir sind der Meinung,<br />
dass sich das im Bereich der Landebahn Nordwest an den Gebietsgrenzen des Waldes<br />
festmacht, umrahmt von den Zerschneidungslinien der A 3, der ICE-Strecke, der B 43 und<br />
des Mains. Im Süden ist es der Funktionsraum Mark- und Gundwald.<br />
Der Bannwald ist für uns eine gesetzlich normative Inwertsetzung von bestimmten Waldbe-<br />
reichen. Die Auffassung, dass aus dem Status Bannwald heraus spezifische Erfassungsnot-<br />
wendigkeiten abzuleiten sind, teilen wir nicht. Im Bereich der Umweltverträglichkeitsstudie<br />
werden wir uns unter dem Schutzgut Wechselwirkungen – dabei wird sicherlich noch die<br />
Aufhebung der Bannwaldverordnung zu diskutieren sein – mit dem Bannwald auseinander<br />
setzen – Bannwald mit seinen verschiedenen Funktionen im Naturhaushalt; auch für den<br />
Menschen ist die Lärm- und Sichtschutzfunktion angesprochen worden, aber nicht unter dem<br />
Thema Tiere und Pflanzen.<br />
RA Baumann:<br />
Darf ich das so verstehen, dass Ihr Ansatz, die Funktionalität zu untersuchen, auch zu den<br />
Gesichtspunkten Klima, Wasserhaushalt, Bodenschutz und Luftreinigung in Beziehung<br />
steht?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Es ist so, wie Sie sagen, Herr Baumann. Deswegen haben wir auch die Betrachtung des<br />
Themas Bannwald unter dem Aspekt der Wechselwirkungen vorgenommen.<br />
RA Baumann:<br />
Gut. – Das ist im Rahmen des jetzt diskutierten Tagesordnungspunktes Tiere und Pflanzen,<br />
wird aber auch ansonsten generell so abgehandelt?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 137<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Wald ist kein eigenes Thema, sondern kommt überall immer wieder vor.<br />
RA Baumann:<br />
Zumindest in Ihrer Tagesordnung ist es kein eigenes Thema.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das hat seinen Grund. Es ist auch kein eigenes Rechtsgut, das geschützt wird, sondern es<br />
ist immer „im Zusammenhang mit“ geschützt.<br />
RA Baumann:<br />
Ich weiß es, weil es im UVPG so steht.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Eben. Deswegen haben wir es auch so gemacht.<br />
RA Baumann:<br />
Was sich hinter den Begrifflichkeiten verbirgt, ist natürlich die nächste Frage. Wir kennen ja<br />
die verschiedenen Auslegungsmethoden. Hier wäre es vom Schutzzweck her natürlich ein<br />
wichtiger Punkt, weil es sich auch um Überschneidungen mit anderen gesetzlichen Vorschrif-<br />
ten handelt.<br />
RA’in Philipp-Gerlach:<br />
Ich habe zwei konkrete Nachfragen zu Seite 40 der Unterlagen. Dort wird unter Ziffer 3.1 im<br />
fünften und sechsten Spiegelstrich davon gesprochen, dass die Planfeststellungsunterlagen<br />
eine konkretisierte Methodik zur Ermittlung der Umweltauswirkungen beinhalten, insbeson-<br />
dere bei den indirekten Beeinträchtigungen. Was für eine konkretisierte Methode ist das?<br />
Im sechsten Spiegelstrich wird von zwischenzeitlichen Bestandsveränderungen geredet, die<br />
aktualisiert sind. Welche Bestandsveränderungen gibt es im Untersuchungsgebiet? Worauf<br />
sind sie zurückzuführen?<br />
Herold (Vorhabensträgerin):<br />
Auf Ihre Frage bezüglich der konkretisierten Prognosemethode möchte ich sagen, dass Herr<br />
Dr. Baader unter dem Thema „Allgemeine Methodik“ ein Beispiel gebracht hat, was darunter<br />
zu verstehen ist. Wir können jetzt mit der konkretisierten, detaillierten technischen Planung<br />
auch die Wirkfaktoren nach Wirkintensitäten besser einschätzen. Ein Beispiel hat Herr<br />
Dr. Baader bezüglich der Maßnahmen zur Hindernisfreiheit gebracht. Da kommen wir viel<br />
genauer und feiner an die Wirkfaktoren heran und können die Prognosemethode entspre-<br />
chend feiner machen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 138<br />
Der zweite Punkt waren die eingetretenen Veränderungen. Dieser Absatz bezieht sich<br />
letztendlich auf einen Punkt, der vorhin schon angesprochen wurde. Zur Raumordnung hatte<br />
das Forschungsinstitut Senckenberg das Problem, dass wir aufgrund des Betretungsverbo-<br />
tes bei manchen Teilbereichen mit Luftbildinterpretationen arbeiten mussten. Mittlerweile ist<br />
das Betretungsverbot aufgehoben worden, und es konnte vollständig nachkartiert werden,<br />
sodass die Veränderungen, die gegenüber älteren Luftbildern zum Ist-Zustand eingetreten<br />
sind, jetzt konkret erfasst werden können.<br />
RA’in Philipp-Gerlach:<br />
Das habe ich natürlich nicht gemeint. Das wurde nämlich vorhin schon erläutert. Das hatte<br />
ich auch so verstanden. Hier ist ein Nebensatz im sechsten Spiegelstrich, in dem es heißt:<br />
„zwischenzeitliche Bestandsveränderungen“. Darunter verstehe ich, dass es eine Änderung<br />
im Bestand gibt, dass dort also vielleicht ein Waldbereich zum Acker gemacht wurde. Ich<br />
weiß nicht, was darunter verstanden wird; deswegen frage ich nach.<br />
Herold (Vorhabensträgerin):<br />
Wenn Sie mit Luftbildinterpretationen arbeiten, haben die Luftbilder natürlich immer ein<br />
gewisses älteres Datum. Sie haben nie die Möglichkeit, genaue aktuelle Luftbilder zu haben,<br />
sodass vom Zeitpunkt der Aufnahme des Luftbildes bis zum jetzigen Zustand natürlich<br />
Veränderungen eingetreten sein können. Dieser Umstand ist hiermit gemeint.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Das dürfte doch eigentlich gar nicht relevant sein, weil Sie diese Bestandsänderung jetzt in<br />
der Fläche erfasst haben. Ich hätte das dann auch eher so verstanden, dass Sie zum<br />
Beispiel bei den Flächen im Stadtwald Frankfurt vielleicht noch einmal draußen in der Fläche<br />
waren.<br />
Herold (Vorhabensträgerin):<br />
So ist es auch zu verstehen. Das ist jetzt flächendeckend alles in der Fläche, vor Ort kartiert<br />
worden.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Jetzt kommt das Thema Auswirkungen.<br />
Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />
Bezüglich der zu untersuchenden Auswirkungen wurden noch Auswirkungen angemahnt, die<br />
zu untersuchen seien und die der Fraport-Gutachter in seinem Untersuchungsprogramm so<br />
nicht vorgesehen hat. Das waren unter anderem Veränderungen der Geländemorphologie,<br />
temporäre visuelle Auswirkungen, temporäre Einleitungen, Schadstoffeinträge, Vergrä-<br />
mungsmaßnahmen, Grundwasserhaltungsmaßnahmen, Eingriffe ins Grundwasser, struktu-<br />
relle Veränderungen von Oberflächengewässern, Maßnahmen zur Hindernisfreiheit, Zer-
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 139<br />
schneidungs- und Verinselungseffekte, Randschäden sowie die Stadien des Baugesche-<br />
hens.<br />
Vielleicht geben wir Fraport noch einmal Gelegenheit, ihre Auswirkungskategorien zu<br />
erläutern und darzulegen, warum bestimmte Auswirkungen aus ihrer Sicht relevant sind und<br />
warum andere nicht relevant sind.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Aber Grundwasser und Oberflächenwasser lassen wir im Augenblick draußen.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Hier sehen Sie die Kategorisierung nach anlage-, bau- und betriebsbedingten Wirkungen<br />
und den Verlust durch Flächeninanspruchnahme von Biotopen, Biotoptypen, differenziert<br />
nach den geschützten Biotoptypen nach § 15 d bzw. § 30 BNatSchG, die Inanspruchnahme<br />
von verschiedenen Schutzgebietskategorien und Lebensraumtypen bzw. Pflanzenarten nach<br />
Anhang 1 und Anhang 4 der FFH-Richtlinie und von Bereichen von besonderer Eignung für<br />
künftige Maßnahmen des Naturschutzes als fachplanerischer Gebietskategorie.<br />
Neben dem Verlust durch die direkte Flächeninanspruchnahme gibt es den Funktionsverlust<br />
und die Beeinträchtigung durch Waldrandeffekte, das heißt durch den Anschnitt von Wäldern<br />
bzw. durch Maßnahmen zur Hindernisfreiheit, und wiederum die Betroffenheit der eben<br />
genannten Funktionsausprägungen bzw. gesetzlichen und fachplanerischen Gebietskatego-<br />
rien.<br />
Daneben haben wir den Funktionsverlust und die Beeinträchtigung durch Grundwasserbe-<br />
standsveränderungen oder Einleitung in Oberflächengewässer, den Funktionsverlust und die<br />
Beeinträchtigung durch Verinselung von Lebensräumen für Pflanzen und Tiere sowie den<br />
Funktionsverlust und die Beeinträchtigung durch Schadstoffeintrag, Grundwasserstandsän-<br />
derung oder Einleitung in Oberflächengewässer durch betriebsbedingte Auswirkungen.<br />
Den gleichen Komplex haben wir unter baubedingten Beeinträchtigungen, wiederum durch<br />
die temporäre Flächeninanspruchnahme bzw. durch temporäre Schadstoffeinträge, Verände-<br />
rung des Grundwasserstandes oder Einleitung in Oberflächengewässer.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Mir geht es um die Auswirkungsprognose, vor allem für den Prognosenullfall 2015. Da<br />
interessiert mich, wie Sie diese Prognose machen möchten, weil man Populationen oder<br />
Entwicklungen nicht so richtig über 15 Jahre vorhersehen kann. Wie möchten Sie das<br />
machen?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 140<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir können hier letztendlich nur auf der Grundlage vorhandener Daten eine Abschätzung der<br />
Bestandsentwicklung vornehmen. Hier wird man sicherlich auf längere Zeitreihen von<br />
Untersuchungen im NSG Mönchbruch oder auf entsprechende Analysen zur Entwicklung<br />
von Populationen in anderen Gebieten zurückgreifen können. Wie gesagt, das wird primär<br />
über Analogieschlüsse erfolgen. Was die Entwicklung von Tierpopulationen, von Siedlungs-<br />
dichten betrifft, wird es sicherlich auch in einen hessen- oder bundesweiten Trend der<br />
Entwicklung von bestimmten Arten einzubetten sein, weil wir wissen, dass wir für verschie-<br />
dene Artengruppen derzeit ganz unterschiedliche Entwicklungstendenzen haben. Hätten wir<br />
vor fünf bis zehn Jahren über die Entwicklung von bestimmten Fledermauspopulationen<br />
gesprochen, hätte man rückläufige Bestandstrends festgestellt. All das wird in die Frage<br />
einbezogen, wie sich die Populationen im Untersuchungsraum entwickeln.<br />
Daneben gibt es, ausgehend von den Status-quo-Prognosen, in den Lärm- bzw. Schadstoff-<br />
gutachten den Versuch, diese Entwicklung im Status quo für den Prognosenullfall 2015<br />
fortzuschreiben, um die Frage beantworten zu können, ob es bestimmte Strukturverände-<br />
rungen in den Biotoptypen gibt und ob es durch zusätzliche Verlärmung eine Veränderung<br />
von Lebensräumen gibt. Das wird eine szenarienhafte Prognose sein müssen, wie sich der<br />
Ist-Zustand zum Prognosenullfall 2015 verändert.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Wir haben schon eingangs heftig darüber diskutiert, welche Vergleichsmaßstäbe anzuwen-<br />
den sind, also Ist-Zustand, Prognosenullfall, Planungsfall. Ich möchte das nicht wiederholen.<br />
Ich denke aber, dass das Beispiel des Versuches, den Prognosenullfall 2015 bei den Tieren<br />
und Pflanzen in den Griff zu bekommen, schon zeigt, dass dieser Maßstab nicht als Ver-<br />
gleichsmaßstab geeignet ist. Dass Analogieschlüsse gezogen werden müssen, was in<br />
anderen Gebieten alles einbezogen wird, und auch die Notwendigkeit von Vergleichsberech-<br />
nungen, Erfahrungen und einer Literaturauswertung zeigt, wie relativ unsicher diese Progno-<br />
se sein wird.<br />
Ich denke, dass die Prognose des Planungsfalles, da hier tatsächlich Wald gerodet werden<br />
muss, sehr viel klarer den Unterschied hinsichtlich Tiere und Pflanzen darstellt, als es der<br />
Prognosenullfall kann. Deshalb richte ich mein Petitum an das Regierungspräsidium, bei der<br />
Bewertung und bei der Auswirkungserfassung für Tiere und Pflanzen im Prognosenullfall<br />
2015 diesen nicht als Vergleichsmaßstab zum Ist-Zustand zugrunde zu legen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Das ist eine Frage, wie man das Gutachten, wenn es vorgelegt wird, gewichtet und welche<br />
Bedeutung man ihm beimisst. Das ist ja wie beim Gerichtsverfahren auch.<br />
Zweitens möchte ich fragen: Wie wollen Sie eigentlich nach 15 Jahren auch im Planungsfall<br />
die Populationen prognostizieren? Da ist ja die gleiche Unsicherheit. Um die Startbahn West
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 141<br />
ging es in den 80er-Jahren. Meinen Sie, Sie hätten damals sagen können, was heute links<br />
und rechts der Startbahn West ist?<br />
Wir wollen natürlich alles so gut prognostizieren und prognostizieren lassen, wie wir können.<br />
Wir sollten uns nur davor hüten, zu meinen, wir hätten da eine Präzision oder eine Voraus-<br />
schau, die über den Kaffeesatz sehr weit hinausgeht. Wir müssen einfach mit dem leben,<br />
was wir kriegen.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Herr Bickel, ich bin insoweit völlig Ihrer Meinung. Ich denke aber, es ist hinsichtlich der<br />
Auswirkungen und der Prognose ein Unterschied, ob ich den Kelsterbacher Wald in einem<br />
Fall noch als existent, als vorhanden beurteile und dann frage, wie er 2015 aussieht. Es ist<br />
sicherlich schwieriger, diesen Fall zu erfassen – ich spreche nicht von hundertprozentiger<br />
Sicherheit –, als den Fall, in dem der Kelsterbacher Wald gerodet ist. Denn da brauche ich<br />
mir über die Entwicklung der Tiere und Pflanzen in dem betroffenen Gebiet keine großen<br />
Gedanken mehr zu machen. Das heißt, dieser Vergleichsmaßstab ist wesentlich präziser als<br />
im Prognosenullfall.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
In diesem Punkt haben Sie Recht. Aber wenn Sie zum Beispiel Hindernisfreiheitsbereiche<br />
nehmen, wo vorher Wald ist und jetzt nur noch Verstrauchungen sind, dürfte es auch nicht<br />
einfach sein, zu prognostizieren, wer sich da ansiedelt. Natürlich: Wo Beton ist, ist niemand.<br />
Das ist klar. Aber das ist ja nicht das Problem. Dafür brauche ich keinen Gutachter. Aber für<br />
das, was drum herum ist. Um zu prognostizieren, wie sich das entwickelt, was die Vögel<br />
dazu meinen, wenn 10 m neben dem berühmten Weiher des Herrn Faulenbach da Costa<br />
eine Maschine startet, ob die sich vergrämen lassen oder nicht, dazu brauchen Sie Vogel-<br />
psychologie.<br />
Ich möchte damit nur sagen: Wir dürfen nicht zu gutachtengläubig sein, sondern wir müssen<br />
unsere Entscheidungen im Bewusstsein der Tatsache, dass wir nicht wissen, was kommt,<br />
plausibel machen. Das ist so. Damit ist, glaube ich, diese Frage geklärt.<br />
Heldmaier (Hanau):<br />
Ich habe eine Nachfrage zur Hindernisfreiheit. Wie viel Meter stören da? Wie groß ist die<br />
Fläche, die da bearbeitet werden muss? Es muss ja nicht gleich heißen, dass sie gerodet<br />
wird.<br />
Ist Herrn Müller-Pfannenstiel bekannt, dass es in Hamburg den Begriff der Niendorfer Bäume<br />
gibt? Da konnte durch einen Schwellenversatz das Abholen dieser Bäume vermieden<br />
werden. Ich möchte nur daran erinnern, dass 10 m Hindernisfreiheit, die stören, ungefähr<br />
einen Schwellenversatz von 180 m bedeuten. Bei 2.800 m wäre auch daran zu denken,<br />
wenn es sich hier um wesentliche Eingriffe handeln würde.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 142<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Im Sinne des Vermeidungs- und Minimierungsgebots werden wir die Möglichkeiten der<br />
Hindernisrichtlinie ausnutzen, die zu einer Vermeidung von Eingriffen in Waldbestände durch<br />
diese Hindernisrichtlinie führen. Das wird sich dann nur von Bestand zu Bestand klären<br />
lassen. Das können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht machen. Aber es ist auch aus natur-<br />
schutzfachlicher Sicht sicherlich ein wichtiger Hinweis.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Herr Müller-Pfannenstiel, Sie sprachen gerade auch bei der Bewertung von den Waldan-<br />
schnitten. Wie nehmen Sie die Wirktiefe nunmehr an? Wir haben schon einmal hinreichend<br />
diskutiert, ob wir 100 oder 300 m annehmen. Das wurde mit der Forstgeschichte diskutiert.<br />
Was nehmen Sie bei frischem Waldanschnitt, den Sie ja produzieren, an, wie tief die<br />
Auswirkungen in den Wald hineingehen? Soweit ich mich entsinne, haben Sie bisher immer<br />
massiv 100 m vertreten, und da sind die Auswirkungen vorbei.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Welchen Ansatz wir dort von der Meterzahl wählen, kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt<br />
nicht sagen. Wir versuchen, mit Bezug zur Startbahn 18 West diese Aussage von uns mit<br />
100 m bzw. die andere Extremposition mit 300 m zu validieren und unsere Prognoseaussa-<br />
gen abzusichern. Die Antwort wäre: zwischen 100 und 300 m.<br />
Aus unserer Sicht ist ganz wichtig, die Exposition bzw. Inklination mit zu betrachten, sodass<br />
wir in der konkreten Prognose gegenüber dem Raumordnungsverfahren insofern eine<br />
Modifizierung bekommen werden, als wir je nach Exposition und Inklination mit unterschied-<br />
lichen Wirkbändern arbeiten werden.<br />
Gessenich (Offenbach):<br />
Das heißt, Sie werden im Rahmen der UVS keinen einheitlichen Ring machen und sagen,<br />
ich nehme einmal an, dass wir 250 oder 300 oder was auch immer haben, sondern Sie<br />
werden das sehr differenziert – – Okay.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Hat jemand dazu noch eine Frage? – Das ist nicht der Fall.<br />
Frau Eising (RP Darmstadt):<br />
Dann kommen wir zum Thema FFH. Die Fraport hat den Unterlagen ein eigenes Programm<br />
für die FFH-Verträglichkeitsstudie beigefügt, was alles untersucht werden soll. Jetzt möchte<br />
ich Sie bitten, diesbezüglich Anregungen kundzutun.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 143<br />
RA’in Fridrich:<br />
Ich habe eine Frage zu Begrifflichkeiten, die in der Karte in Anhang 3.20 enthalten sind. Was<br />
ist denn bitte ein „weiteres potenzielles FFH-Gebiet“?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ein „weiteres potenzielles FFH-Gebiet“ ist ein Gebiet, das die Kriterien des Anhangs 3 der<br />
FFH-Richtlinie erfüllt. Für diese weiteren potenziellen FFH-Gebiete ist zu entscheiden, ob mit<br />
Bezug auf die Ergebnisse der Potsdamer Konferenz das Land Hessen diese oder andere<br />
Gebiete entsprechend der vorkommenden Lebensraumtypen oder Arten nachmelden muss<br />
oder nicht. Das ist ein Hinweis von uns Fachgutachtern – hier sind die Anforderungen des<br />
Anhangs 3 erfüllt – an die Fachbehörde, darüber zu entscheiden, ob dieses Gebiet melde-<br />
pflichtig ist.<br />
RA’in Fridrich:<br />
Wie wollen Sie dann mit diesem Punkt in der FFH-Verträglichkeitsprüfung umgehen? Sagen<br />
Sie, wir unterstellen als Gutachter, das sei ein Gebiet, oder sagen Sie, wir prüfen es nicht<br />
und gehen nicht davon aus, dass es ein nach FFH zu meldendes Gebiet ist?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Wir werden für den Kelsterbacher Wald ein Als-ob-Verfahren durchführen. Wir gehen davon<br />
aus, dass es ein potenzielles FFH-Gebiet ist. Es erfüllt für verschiedene Lebensraumtypen<br />
und Anhangarten die Kriterien des Anhangs 3. Es kommen keine prioritären Arten vor. Die<br />
Frage ist dann, ob es dem Regime der Art. 6.3, 6.4 der FFH-Richtlinie unterliegt oder ob<br />
hier das primärrechtliche Verschlechterungsverbot gilt, das heißt ob die Meldewürdigkeit<br />
erhalten bleiben muss. Das ist letzten Endes die Frage, die sich am Status des Gebietes<br />
festmachen wird.<br />
Ob der behördliche Naturschutz oder das Land Hessen bis zu diesem Zeitpunkt über die<br />
Nachmeldung dieser Gebiete entschieden hat, wird sich dann zeigen. Wir gehen jedenfalls<br />
davon aus, dass es ein potenzielles FFH-Gebiet ist, und so werden wir es auch behandeln.<br />
RA Schmitz:<br />
Ich gehe davon aus, dass Sie keinen Einführungsvortrag zum Thema FFH halten, wie Sie es<br />
bisher gemacht haben. Ich habe die Definition für ein „weiteres potenzielles FFH-Gebiet“<br />
gehört. Jetzt wollte ich fragen, was ein potenzielles FFH-Gebiet ist.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Ich denke, das Bundesverwaltungsgericht hat hinreichend definiert, was ein potenzielles<br />
FFH-Gebiet ist. Das wissen Sie als Jurist besser als ich.
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 144<br />
RA Schmitz:<br />
Ja, gut. Jetzt haben Sie mir natürlich eine Steilvorlage geliefert. Dann könnte ich Sie natür-<br />
lich fragen, was der Unterschied zwischen einem gemeldeten und einem potenziellen FFH-<br />
Gebiet ist.<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Nach Gellermann gibt es keinen Unterschied zwischen einem gemeldeten und einem<br />
potenziellen FFH-Gebiet. Nur ist der Status insofern ein anderer, als es sich sicherlich im<br />
Sinne der Rechtssicherheit empfiehlt, für gemeldete Gebiete Art. 6.3 und 6.4 der FFH-<br />
Richtlinie anzuwenden, wohingegen sich bei potenziellen Gebieten die Frage stellt, ob man<br />
nicht Art. 10 des EU-Vertrages zugrunde legt. Darin sehe ich den Unterschied.<br />
RA Schmitz:<br />
Ich will mich jetzt nicht über die rechtliche Einordnung streiten. Das ist in Ordnung.<br />
RA’in Philipp-Gerlach:<br />
Ich möchte noch einmal die Unterscheidung zwischen potenziellem und weiterem potenziel-<br />
len FFH-Gebiet wissen. Denn die Definition, die Sie uns eben gegeben haben, ist meiner<br />
Ansicht die, die von der Rechtsprechung entwickelt wurde. Das einzige Kriterium, das fehlt,<br />
ist, dass es von der Behörde als solches schon benannt worden ist. Aber ansonsten ent-<br />
spricht das, was Sie uns eben an Definition gegeben haben, doch dem eines potenziellen<br />
FFH-Gebiets. Wo sehen Sie den graduellen Unterschied?<br />
Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />
Der graduelle Unterschied liegt genau in dem, Frau Philipp-Gerlach, was Sie gerade ange-<br />
sprochen haben, dass für den Kelsterbacher Wald, den Schwanheimer Wald und den Mark-<br />
und Gundwald das Regierungspräsidium Darmstadt den Status eines potenziellen FFH-<br />
Gebietes benannt hat und zu entscheiden ist, ob im Zuge der Nachmeldung des Landes<br />
Hessen, der Umsetzung der Anforderungen der Potsdamer Konferenz diese Gebiete<br />
nachzumelden sind oder nicht. Das liegt bisher in dieser Form für den Rüsselsheimer Wald<br />
nicht vor, sodass wir versucht haben, in dieser Kategorisierung eine Differenzierung auch<br />
dahingehend vorzunehmen, dass wir zum Beispiel der Meinung sind, dass die Bereiche des<br />
Rüsselsheimer Waldes oder auch Teile der Heidelandschaft durch das Ausbauvorhaben<br />
nicht erheblich beeinträchtigt werden, sodass wir auch für diese Bereiche nicht vorsehen,<br />
eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchzuführen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Ist damit die Frage beantwortet?
Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />
<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 145<br />
RA’in Philipp-Gerlach:<br />
Für mich ist die Frage nicht ausreichend beantwortet. Aber ich möchte sie hier auch nicht<br />
weiter diskutiert haben. Ich habe keine weiteren Fragen.<br />
Verhandlungsleiter Bickel:<br />
Gut, danke. Bei uns gibt es auch keine Fragen mehr. Dann können wir das Thema „Schutzgut<br />
Tiere und Pflanzen“ abschließen. Das ist schön.<br />
Wir können jetzt natürlich für heute Schluss machen, aber nur, wenn Herr Baumann mir<br />
verspricht, dass er für Montag kein Thema hat.<br />
(Heiterkeit)<br />
Sonst bin ich hart. Er wird jetzt hier zum Buhmann gemacht.<br />
Wir haben für den Freitag die Kompensationsmaßnahmen an den Anfang gesetzt. Danach<br />
geht es weiter mit dem Schutzgut Boden.<br />
Ich schließe hiermit im allgemeinen Einvernehmen für heute die Sitzung. Ich wünsche uns<br />
allen, dass wir morgen die restlichen Punkte noch abhandeln können – und wenn es bis<br />
Mitternacht dauert.<br />
(Schluss: 19.32 Uhr)