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Scoping-Termin

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Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 1<br />

Regierungspräsidium Darmstadt<br />

Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong><br />

zum beabsichtigten Planfeststellungsverfahren<br />

zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main<br />

(Landebahn Nordwest)<br />

Frankfurt am Main, 10. April 2003<br />

Stenografisches Protokoll


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 2<br />

Tagesordnung:<br />

Seite:<br />

6.1.1.3 Sonstige Auswirkungen (insbesondere Sicherheitsfragen) ..................................... 35<br />

6.1.2 Erholungsfunktion .................................................................................................... 83<br />

6.2 Schutzgut Landschaft .............................................................................................. 106<br />

6.3 Schutzgut Tiere und Pflanzen.................................................................................. 121


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 1<br />

Beginn: 9.02 Uhr<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Meine Damen und Herren, ich begrüße die Anwesenden. Bevor ich in die Tagesordnung<br />

einsteige, möchte ich in Erinnerung rufen, was trivial ist und was wohl jeder weiß, was ich<br />

aber trotzdem noch einmal kurz ansprechen möchte. Wir haben den heutigen und den<br />

morgigen Tag zur Verfügung. Sofern die Anwesenden ein gewisses Bedürfnis verspüren, am<br />

Montag nicht hier erscheinen zu müssen, was impliziert, dass wir morgen fertig werden,<br />

möchte ich, ohne dass sich irgendjemand unter Druck gesetzt fühlt, etwa irgendein Argument<br />

nicht vorbringen zu können, Sie gleichwohl bitten zu überlegen, ob das, was Sie sagen<br />

wollen, nicht bereits gesagt ist und schon im Protokoll ist, sodass wir sehr gedrängt alles,<br />

aber nicht alles mehrfach zur Sprache bringen. Dann können wir es schaffen, bis morgen<br />

Nachmittag fertig zu werden. Denn die großen Schwierigkeiten liegen eigentlich hinter uns.<br />

Ich hoffe, ohne dass ich irgendwie Druck ausüben will, dass wir durch die restliche Tages-<br />

ordnung bis morgen Nachmittag oder morgen Abend durchkommen. Ich werde auch dem-<br />

entsprechend die Verhandlung etwas straffen und steige jetzt zum Thema Luftschadstoffe –<br />

Untersuchungsraum – noch einmal in die Tagesordnung ein.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Guten Morgen! Wir haben gestern schon einmal über den Untersuchungsraum gesprochen.<br />

Ich bin jetzt noch einmal durchgegangen, was Sie in Ihren Stellungnahmen vorgetragen<br />

haben. Da ist mir aufgefallen, dass Sie mehrfach vorgetragen haben, dass die Emissionshö-<br />

he von 600 m ein Problem wäre. Ich schlage vor, dass wir uns über dieses Thema bezüglich<br />

des Untersuchungsraumes noch unterhalten. Ich werde kurz zusammenfassen, was vorge-<br />

tragen wurde.<br />

Zunächst wurde vorgetragen, dass diese 600 m willkürlich erscheinen. Alle Orte, bei denen<br />

die tatsächliche Flughöhe kleiner als 600 m ist, seien in das Gutachten „Flugverkehr –<br />

Ausbreitungsrechnung“ einzubeziehen. Dazu sei eine Durchführung von Flughöhenmessun-<br />

gen erforderlich. Des Weiteren wurde gesagt, dass die Höhenberechnung von 600 m nicht<br />

ausreichend sei, weil dort Besonderheiten wie zum Beispiel Inversion zu berücksichtigen<br />

seien. Ich gebe jetzt die Runde frei, um speziell auf diese Thematik einzugehen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Möchte sich jemand dazu äußern? – Im Augenblick sehe ich dazu im Saal keine Wortmel-<br />

dungen. Möchte Fraport noch nähere Erläuterungen zu diesem Thema geben? Das waren ja<br />

zusammengefasste Punkte, die bereits vom Publikum schriftlich vorgetragen worden sind.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Zur Emissionshöhe von 600 m hätte ich zu sagen, dass üblicherweise Emissionen bis 300 m<br />

Höhe berücksichtigt werden. Wir sind darüber hinaus gegangen, um auf der konservativen


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 2<br />

Seite zu sein. Es gibt Testrechnungen von Dr. Janicke und auch von seinem Vater, die er<br />

schon früher gemacht hat, die sehr eindeutig belegen, dass darüber hinausgehende Emissi-<br />

onshöhen an der bodennahen Immission nichts mehr verändern.<br />

Zur Frage der tatsächlichen Flughöhe möchte ich Folgendes sagen: Die Flughöhen gehen<br />

über repräsentative Steigprofile in die Modellrechnungen ein. Aus diesem Grund hätte eine<br />

Messung der tatsächlichen Flughöhe auch keinen Einfluss auf die Berechnungen.<br />

Dr. Schönegge (Neu-Isenburg):<br />

Zu diesem Thema haben wir folgenden Hinweis von Fachleuten: „In der Vertikalen sollte der<br />

Untersuchungsraum bis zur Tropopause bei rund 1.000 m über Grund gehen, da Emissionen<br />

bis zu dieser Grenzschicht zu Immissionen führen können.“ Das wäre ein Einwand, der<br />

entgegengesetzt zu Ihrer Aussage ist. Könnten Sie dazu noch etwas sagen?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Eine Tropopausenhöhe von 1.000 m erscheint mir ein bisschen niedrig. Das sind eher<br />

Kilometer. Im Übrigen würde ich mich schon auf die Aussage des Spezialisten Dr. Janicke<br />

verlassen, dass seine Modellrechnungen da keine Sensitivität oberhalb von 600 m mehr<br />

haben.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Ich hatte auch die Besonderheit wie zum Beispiel Inversionen genannt. Könnten Sie darauf<br />

bitte noch einmal eingehen?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Im Verlauf von Inversionen sind die Immissionsbeiträge von bodennahen Quellen im Nahbe-<br />

reich dominierend. Das heißt, Emissionen, die oberhalb der Inversionen beitragen, sind<br />

relativ gering. Das heißt, gerade die Inversionslagen sind eigentlich nicht die, bei denen man<br />

höher freigesetzte Emissionen zu berücksichtigen hätte.<br />

Kaller (Offenbach):<br />

Das möchte ich in der Tat unterstreichen. Ich denke, dass die Diskussion um Inversionshö-<br />

hen und Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung eher ein Irrweg ist. Denn eine Inversi-<br />

on ist klassischerweise eine Sperrschicht, die einen Massenfluss von oben nach unten oder<br />

unten nach oben unmöglich macht, sodass immissionsmäßig bei einer Inversionswetterlage<br />

nur die Emissionen zum Tragen kommen, die unterhalb der Inversionsschicht emittiert<br />

werden.<br />

Ich plädiere eher dafür, die Normalwetterlage, also ohne Inversion, zu betrachten und da<br />

aber die Emissionshöhen oberhalb von 600 m zu berücksichtigen, weil nach unserer Ein-<br />

schätzung der Anteil der in der höheren Atmosphäre emittierten Schadstoffe auch einen<br />

Beitrag zur Immissionsbelastung am Boden leistet.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 3<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Welche Höhe würden Sie denn vorschlagen?<br />

Kaller (Offenbach):<br />

Die Aussage, dass die Tropopause in einigen Kilometern Höhe anzusiedeln sei, kann ich<br />

nicht bestätigen. Das ist Anfängerlehrbuch, Seite 33, sage ich jetzt einmal spaßhaft. Die<br />

Tropopause in unserer gemäßigten, mittleren Breite befindet sich, wenn ich es jetzt richtig in<br />

Erinnerung habe, jahreszeitenabhängig zwischen 800 und 1.600 bis 1.800 m Höhe. Das<br />

heißt also, ich würde eine Emissionshöhe von 1.800 bis 2.000 m als angemessen ansehen.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Ist mit der Tropopausenhöhe, die Sie ansprechen, vielleicht die Mischungsschichthöhe<br />

gemeint?<br />

Kaller (Offenbach):<br />

Ich bitte um Entschuldigung. Ich bin jetzt durch den Begriff „Tropopause“ irregeleitet worden.<br />

Wir reden hier von der atmosphärischen Grenzschicht, und die liegt jahreszeitenabhängig,<br />

wie ich es eben gesagt habe, in den genannten Höhen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Dann ist dieser Punkt erledigt.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Dann komme ich zum nächsten Thema: Auswirkungsanalyse und Auswirkungsprognose. Da<br />

haben wir die Stellungnahmen in unterschiedliche Schwerpunkte aufgearbeitet. Der erste<br />

Schwerpunkt wäre Datengrundlagen, der nächste Prognosemethoden, danach „zusätzlich zu<br />

berücksichtigende Flächen, Punkte und Stoffe“ und als letzter Punkt „zusätzliche Untersu-<br />

chungen“. Vielleicht gebe ich Ihnen ein paar Stichworte, damit Sie einordnen können, in<br />

welchem Bereich Ihre Fragen kommen können.<br />

Zu Datengrundlagen wurde speziell auf die Datengrundlagen des A 380 eingegangen.<br />

Bei Prognosemethoden standen in den Vorträgen sehr allgemeine Vorträge. Da würde ich<br />

Mörfelden-Walldorf gegebenenfalls bitten, das noch einmal auszuführen.<br />

Bei „zusätzlich zu berücksichtigenden Flächen, Punkten und Stoffen“ kamen Dinge wie<br />

topografische Besonderheiten, meteorologische Bedingungen und Berücksichtigung speziel-<br />

ler, einzelner Gebiete, die Stoffausbreitung in den Eindreh- und Abflugbereichen, Über-<br />

schneidungsbereiche mit anderen Flughäfen und als Letztes, dass der Luftschadstoff<br />

Ammoniak zu berücksichtigen wäre.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 4<br />

Bei den „zusätzlichen Untersuchungen“ möchte ich unter anderem gerne über die Schad-<br />

stoffauswirkungen der Standläufe, die Berechnung der Depositionen, die Zusatzbelastung<br />

mit bodennahem Ozon, Smog-Situationen, Kombinationswirkungen und Komplexwerte und<br />

als Letztes über das humantoxikologische Gutachten sprechen.<br />

Jetzt haben Sie einen Überblick. Ich schlage vor, dass wir mit den Datengrundlagen anfan-<br />

gen. Da wurde vorgetragen, dass bezüglich des A 380 keine belastbaren Datengrundlagen<br />

vorhanden seien, es seien nur die Herstellerangaben. Ich bitte nun, sich zu diesem Thema<br />

zu äußern.<br />

Christiansen (Kreis Groß-Gerau):<br />

Wir hatten schon über das Thema Verkehr gesprochen. Herr Eck hatte gesagt, dass das<br />

Verkehrsgutachten im Zusammenhang mit den einzelnen Themen erläutert werden sollte.<br />

Der Punkt „Datengrundlage“ bietet Gelegenheit, das Verkehrsgutachten zu erläutern, um<br />

einmal zu sehen, wie da der Untersuchungsraum ist und wie wir die Daten aus dem Verkehr<br />

in der Region jetzt in diese Schadstoffproblematik hinein bekommen.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Das wurde gestern Nachmittag schon einmal kurz angesprochen. Aber vielleicht kann<br />

Fraport das noch einmal stichwortartig darstellen.<br />

Meyer (Vorhabensträgerin):<br />

Wir hatten gestern angesprochen, dass wir die verkehrlichen Erhebungen innerhalb des<br />

57-dB(A)-Untersuchungsraumes erheben. Dort ist die Verkehrsdatenbank Rhein-Main Basis,<br />

aktualisiert über eine Verkehrszählung aus dem Jahre 2000.<br />

RA Baumann:<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Situation bezüglich des Ozons wurde im<br />

Raumordnungsverfahren von Fraport so dargestellt, dass Auswirkungen in 120 km Entfer-<br />

nung, nämlich in Heidelberg, oder darüber hinaus zu erwarten sind. Es würde mich interes-<br />

sieren, wo aus Ihren Unterlagen hervorgeht, welche Untersuchungen diesbezüglich vorge-<br />

sehen sind. Wenn Sie diese Frage beantwortet haben, wäre meine darauf folgende Frage,<br />

welche Untersuchungen insgesamt in einem Bereich vorgesehen sind, der auch Bayern und<br />

Rheinland-Pfalz erfasst.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Wir haben für das Planfeststellungsverfahren vorgesehen, als Anhang zum normalen<br />

toxikologischen Gutachten eine Expertise zum Thema Ozon beizulegen, die den aktuellen<br />

Kenntnisstand auf dem Gebiet wiedergibt und ihn auch im Hinblick auf die Region und im<br />

Hinblick auf die Ergebnisse der Ausbreitungsrechung im Planfeststellungsverfahren interpre-<br />

tiert.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 5<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Die Frage der zusätzlichen Unterlagen und was noch vorgelegt werden soll, kommt zu einem<br />

etwas späteren Zeitpunkt. Mir war nicht so ganz klar, worauf Sie hinaus wollen. Deswegen<br />

habe ich Sie nicht unterbrochen. Aber jetzt, wo ich es gehört habe, wollte ich Sie darauf<br />

hinweisen, dass das noch kommt.<br />

RA‘in Philipp-Gerlach:<br />

Ich habe eine Nachfrage zu den zu erstellenden Verkehrsgutachten oder zu dem, was<br />

erstellt wurde. Sind hier die Hinweise aus der landesplanerischen Beurteilung, Hinweis 3,<br />

beachtet worden? Die Methodik und die Inhalte dieser Verkehrsuntersuchung waren im<br />

Raumordnungsverfahren streitig. Wird es dazu etwas ganz Neues geben?<br />

In Anhang 3.13 ist auf Seite 4 von Straßen- und Verkehrsdaten aus Verkehrssimulationen<br />

des ZIV Darmstadt die Rede. Was ist das? Welche Aussagen enthalten diese Simulationen?<br />

Meyer (Vorhabensträgerin):<br />

Die Hinweise aus der landesplanerischen Beurteilung werden in dem neuen Verkehrsgutach-<br />

ten berücksichtigt. Zum einen sind dies Straßenabschnitte, die seinerzeit im Raumordnungs-<br />

verfahren als realisiert unterstellt waren. Diese wurden auf der Grundlage der landesplaneri-<br />

schen Beurteilung korrigiert.<br />

Das ZIV ist für uns die Institution, die das Verkehrsgutachten erstellt. Die Basis für dieses<br />

Verkehrsgutachten ist aber die Datenbasis Rhein-Main, wie ich gesagt habe, mit einer<br />

Aktualisierung auf die Zählergebnisse aus dem Jahre 2000.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Ich will etwas zum A 380 fragen. Wenn ich es richtig beurteile, setzen Sie ihn in den Unter-<br />

suchungen mit der 747 gleich. Das heißt, das Ding hat das gleiche Steigverhalten wie die<br />

747, macht genauso viel oder sogar weniger Lärm. Auch im Schadstoffbereich sagen Sie,<br />

dass der A 380 ihr vergleichbar ist. Sehe ich das richtig?<br />

(Amann [Vorhabensträgerin] nickt.)<br />

– So. Dann will ich anmerken, dass wir alle wissen, dass der A 380 ein sehr viel größeres<br />

Flugzeug als die 747 ist und dass es in der Physik begründet liegt, dass diese Maschine<br />

auch sehr viel mehr Schub brauchen wird, um das Gleiche zu erreichen, also dieselbe<br />

Steigleistung von Punkt A nach B.<br />

Entsprechend vermute ich, dass er wegen des höheren Schubs auch sehr viel mehr Sprit<br />

brauchen wird. Da sage ich natürlich: Wenn man in eine Maschine oben 1 l Treibstoff<br />

hineinkippt, ist vielleicht effektiv der Schadstoffausstoß geringer oder gleich, aber sie wird<br />

einfach mehr brauchen, um das zu erbringen. Das heißt, der Schadstoffausstoß wird aus


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 6<br />

meiner Sicht höher sein. Deswegen, denke ich, kann man das nicht einfach so vergleichen,<br />

weil dieses Ding viel, viel größer ist und auch mehr Schub brauchen wird. Das sehe ich erst<br />

einmal so.<br />

Brendle (Vorhabensträgerin):<br />

Die Rechnung ist nur so einfach in Bezug auf die Verbrennungsprodukte von Kerosin. Wenn<br />

Sie mehr Kerosin hineinkippen, kommen mehr CO2 und mehr Wasserdampf heraus. Aber es<br />

ist nicht automatisch proportional zu den Luftschadstoffen. Da können Sie nicht sagen, das<br />

große Flugzeug muss mehr emittieren als das kleine. Das kommt dann schon auf den<br />

technischen Stand an.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Da kommen wir wieder auf die Herstellerangaben zurück. Das stimmt, das kann man nicht<br />

direkt vergleichen. Da würde ich Ihnen zustimmen; das ist schon wahr. Aber wie sich das<br />

jetzt entwickeln wird, wissen wir nicht wirklich. Wir wissen nicht, wohin der technische Stand<br />

gehen wird. Das in der Untersuchung einfach gleichzusetzen ist für mich nicht schlüssig, weil<br />

wir nicht wissen, wie das dann werden wird.<br />

Meine Forderung wäre, dass man im Prinzip ein Worst-case-Szenario auf dem Stand der<br />

Technik einsetzt und das nicht einfach gleichsetzt. Man sollte sagen: Wir schauen mal, wie<br />

sich das verhalten wird; dann rechnen wir das aus dem Stand heute hoch.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Wir haben uns vom Hersteller Schätzwerte geben lassen, die speziell für das Triebwerk des<br />

A 380 prognostiziert werden. Insofern setzen wir es nicht direkt mit der B 747 gleich.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Wie liegen die denn? Weiß man das schon? Liegen die höher?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Ich habe es jetzt nicht im Kopf. Aber das wird man den Unterlagen entnehmen können.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Sie haben gehört, dass es nachher in den Unterlagen stehen muss. Das ist unstreitig. Wir<br />

wollen jetzt nicht inhaltlich erörtern, ob das nun mehr oder weniger ist, sondern wir wollen die<br />

Frage stellen, was nachher in den Unterlagen stehen muss. Da haben wir festgestellt: Es<br />

muss in den Unterlagen die tatsächliche Belastung, die sich aus diesem neuen Flugzeugmix<br />

ergibt, stehen. Fertig.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 7<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Herr Vorsitzender, ich kann mich daran erinnern, dass sowohl bei der Vorstellung des<br />

Projektes A 380 als auch beim Thema Fluglärm, als auch beim Thema Flughafenausbau ein<br />

Vorstandsmitglied, nämlich Prof. Schölch, immer wieder behauptet hat, der A 380 sei<br />

weniger schädlich als die B 747. Im Raumordnungsverfahren habe ich gefragt, mit welchen<br />

Daten der A 380 eingestellt wurde. Da wurde gesagt, sie stellen ihn der B 747 gleich. Jetzt<br />

kriege ich von Herrn Brendle die Aussage, sie wüssten noch nicht, welche Wirkungen<br />

kommen; sie hätten sich vom Hersteller Angaben machen lassen, aber es könne auch<br />

anders aussehen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja. Das macht doch nichts. Beim Antrag muss die Sache klar sein. Wir sagen, was in den<br />

Antrag hinein muss. Wir erörtern doch jetzt nicht inhaltlich, ob das mehr oder weniger als bei<br />

der B 747 ist. – Bitte, Herr Baumann.<br />

RA Baumann:<br />

Herr Bickel, mir ist momentan nicht klar, zu welchen Fragen Sie erörtern oder diskutieren<br />

lassen wollen. Ich hatte vorhin eine Frage bezüglich des Untersuchungsrahmens Ozon<br />

stellen wollen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Der kommt noch.<br />

RA Baumann:<br />

Vielleicht können Sie mir auf die Sprünge helfen, was jetzt das Thema ist, wenn das nicht<br />

das Thema war.<br />

Eck (RP Darmstadt):<br />

Herr Baumann, Frau Herold hat es ja gesagt. Wir sind beim Punkt „Auswirkungsanaly-<br />

se/Auswirkungsprognose“. Der erste Punkt, der da besprochen werden sollte, war die Frage<br />

nach den Datengrundlagen. Da war das erste spezielle Problem, dass gesagt worden ist,<br />

bezüglich des A 380 seien die Datengrundlagen nicht ausreichend, weil nur Herstelleranga-<br />

ben für dieses neue Flugzeug vorlägen. Da ist jetzt vorgetragen worden, dass die Hersteller-<br />

angaben nicht allein ausreichend sind.<br />

Wir wollten nachfragen, welche sonstigen Angaben da zugrunde gelegt werden sollen. Der<br />

A 380 ist nun einmal ein neuer Flugzeugtyp, der noch nicht existiert, der in den Planungen<br />

existiert. Was würden Sie denn vorschlagen, neben den Herstellerangaben für Daten<br />

heranzuziehen? Soll man vergleichbare Flugzeugtypen und deren Emissionsdaten nehmen<br />

und dann hochrechnen? Ich glaube, so wird es auch gemacht. Die Herstellerangaben sind<br />

nun einmal die Grundlage, von der man ausgehen muss.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 8<br />

Meine Frage ist konkret: Auf welche Daten soll man sonst bei einem Flugzeugtyp zurückgrei-<br />

fen, der noch nicht existiert? Man kann meines Erachtens bei einer solchen Planung auch<br />

nicht abwarten, wenn man die Auswirkungen berücksichtigen will, bis das ganze Flugzeug<br />

wirklich gebaut ist. Das wäre ja die Konsequenz. Oder Sie haben Vorschläge, welche<br />

sonstigen Grundlagen man nehmen soll.<br />

RA Baumann:<br />

Mir ging es darum, dass das Thema nicht „unterschlagen“ wird, inwieweit die von mir<br />

vertretenen Kommunen durch die verschiedenen Schadstoffe belastet sein werden, die hier<br />

diskutiert werden müssen. Ich stelle meine Fragen diesbezüglich zurück.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Außerdem, Herr Baumann, haben Sie sie auch schriftlich vorgetragen. Die können nicht<br />

„unterschlagen“ werden.<br />

RA Baumann:<br />

Ich hätte auch nicht unterstellen wollen, dass Sie von Ihrer Warte aus das tun würden.<br />

RA Schmitz:<br />

Die Stellungnahme der Stadt Mörfelden war angesprochen worden. Deswegen möchte ich<br />

das kurz erläutern.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Ich habe Ihre Stellungnahme in Bezug auf die Prognosemethoden angesprochen. Ich weiß<br />

nicht, ob das Thema Datengrundlagen hiermit abgeschlossen ist. Wenn das der Fall ist,<br />

können wir gerne zu diesem Thema übergehen, und Sie können weiterreden.<br />

RA Schmitz:<br />

Ich wollte das Thema nicht abschließen, sondern zu zwei Punkten etwas sagen. Wenn wir<br />

über die Auswirkungsprognose sprechen, müssen wir meiner Ansicht nach zunächst einmal<br />

kurz auf die Vorbelastungen zurückkommen, weil im Raumordnungsverfahren – das war ja<br />

unser Problem – gesagt wurde, man wolle den Prognosenullfall mit dem Planfall vergleichen.<br />

Gestern hat es für mich so geklungen, dass es in Bezug auf Luft beibehalten werden soll. Da<br />

wäre meine erste Anmerkung, dass hier das im allgemeinen Teil zugesagte Schema, dass<br />

der Ist-Zustand auch mit dem Planfall verglichen wird, eingehalten werden muss.<br />

Der zweite Punkt ist, dass aufgrund dessen, was gestern insbesondere von Dr. Kühner und<br />

Dr. Büchen festgestellt worden ist, die Vorbelastungen der Anrainerkommunen, die am<br />

Flughafen sind und mit dem induzierten Verkehr am meisten belastet sein werden, durch<br />

Messungen, insbesondere der Feinstäube und der Stickoxide, zunächst einmal festgestellt<br />

werden müssen. Wenn man das gemacht hat, kann man in eine sinnvolle Auswirkungsprog-


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 9<br />

nose eintreten, die ihrem Titel auch gerecht werden kann. Solange das aber nicht geschieht,<br />

weil das, wie wir gestern gehört haben, nicht hinreichend ermittelt wird – –<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Herr Schmitz, darf ich Sie darauf hinweisen, dass gestern Ihr Kollege Haldenwang dazu ein<br />

sehr langes Plädoyer gehalten und beanstandet hat, dass keine Messungen, sondern nur<br />

Berechnungen zugrunde gelegt worden seien. Ihre Forderung ist bei uns schon angekom-<br />

men, dass man einen tatsächlichen Ist-Zustand zu erheben hat.<br />

RA Schmitz:<br />

Das ist schön. Die Wiederholung verstärkt das manchmal. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo<br />

wir Übereinstimmung mit Kollegen Haldenwang und vielleicht auch hoffentlich mit Ihnen<br />

feststellen können, Herr Bickel.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Leider kommt es auf mich nicht an.<br />

RA Schmitz:<br />

Dann Frau Herold.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Auch auf sie nicht. Das wird nachher im Unterrichtungsschreiben als Gesamtwerk erstellt.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Wenn danach gefragt wird, wie man anders herangehen könnte, möchte ich sagen: Der<br />

A 380 hat immerhin ein maximales Startgewicht, das um rund 200 t über dem der B 747<br />

liegt. Das muss man dabei betrachten. Ich schlage Folgendes vor: Man nimmt beispielswei-<br />

se einen A 340, der ein maximales Startgewicht von 250 oder 300 t hat – das schätze ich<br />

einmal; ich habe es im Moment nicht präsent –, und auf der anderen Seite einen<br />

A 319/A 320, der ein Startgewicht von 70 t hat. Dann stellt man fest, welche Unterschiede es<br />

dabei beim Schadstoffausstoß gibt. Das ist ein Vorschlag; schütteln Sie nicht mit dem Kopf,<br />

Herr Bickel.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein, nein.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Die Frage war, was man alles betrachten sollte, solange man keine belastbaren Daten hat.<br />

Was ist das überhaupt? Ist das, wenn die Düse serienreif ist? Wie ist das überhaupt einzu-<br />

stufen?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 10<br />

Zusätzlich ist auch das Steigverhalten wichtig. Das ist ganz klar, auch für die Lärmberech-<br />

nung. Das sollte auf jeden Fall belastbar da sein. Auch die Wirbelschleppenproblematik ist<br />

wichtig. Reichen die 100 m, die hier bei der Prognose auf- und abgeschlagen werden, für<br />

diese Problematik auch für den A 380? Da müssen belastbare Daten her, oder man muss im<br />

Sinne der UVP-Vorsorge etwas darüber gehen, wenn wir es nicht wissen. Wenn es keine<br />

belastbaren Daten sind, bin ich immer ein Freund davon, auf die sichere Seite zu gehen.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Ich denke, das Thema Datengrundlagen ist damit abgeschlossen, und wir können zum<br />

nächsten Thema übergehen. Das sind die Prognosemethoden. Da würde ich jetzt den<br />

Vertreter der Stadt Mörfelden-Walldorf bitten, Ihre Ausführungen, die Sie schriftlich vorgetra-<br />

gen haben, zu erläutern.<br />

RA Schmitz:<br />

Ich möchte mich nicht wiederholen. Wir hatten gestern – vielleicht waren Sie nicht dabei –<br />

insbesondere das Problem angesprochen, dass der Bezugszeitpunkt der Status-quo-<br />

Prognose das Jahr 2015 ist und dass, wenn das mit dem Planungsfall verglichen wird, ein<br />

Delta entsteht, das nicht mit dem identisch ist, wenn der Ist-Zustand mit dem Planungsfall<br />

verglichen wird. Das war die Kritik an der Prognosemethode, wie sie in den <strong>Scoping</strong>-<br />

Unterlagen vorgeschlagen wurde. Die Stellungnahme ist aber zu den Unterlagen geschrie-<br />

ben worden und nicht zum <strong>Termin</strong>. Da hat sich einiges geklärt.<br />

Gestern hatte ich noch gesagt, dass die Alternativenprognose fehlt; ich meine das, was man<br />

in den Lehrbüchern unter Alternativenprognose versteht. Herr Müller-Pfannenstiel kennt sich<br />

da besser aus – er ist wohl heute nicht da –; er hat das Lehrbuch ja mitgeschrieben. Ihn<br />

können Sie in der Frage zu Rate ziehen, was unter Alternativenprognose zu verstehen ist,<br />

weil er, wie gesagt, Mitautor des Buches ist.<br />

Ich hatte gestern angedeutet, dass für die wesentlichen Alternativen, die zu untersuchen<br />

sind, wie sie auch nach § 6 UVPG darzustellen sind, auch eine Prognose in der UVS<br />

gemacht werden muss, wie die Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter wären. Das muss<br />

dann verglichen werden. Da wird man gegebenenfalls feststellen, dass eine Standortalterna-<br />

tive, die in Betracht kommt, weniger Umweltauswirkungen hat als das hier vorgeschlagene<br />

Vorhaben. Dann muss es in der Abwägung als Belang eingestellt werden und bei der<br />

Abwägung über die Alternativen auch entsprechend gewichtet werden usw. Zu einem noch<br />

engeren Flaschenhals, wenn man das Bild wieder verwenden will, kommt man bei der<br />

Alternativenprüfung im Naturschutzrecht.<br />

Darauf ist dieser Begriff „Prognosemethode“ allgemein zu beziehen. Das gilt natürlich<br />

insbesondere auch für den Bereich der Luftschadstoffe, dass das dort genauer betrachtet<br />

werden muss. In diesem hochgradig vorbelasteten Raum kann es zum Beispiel sein, dass


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 11<br />

man, wenn man Alternativen untersucht, andere Gewichtungen der Belange feststellt oder<br />

dazu kommt.<br />

Dann fordern wir, dass eine ordentliche UVS nach Müller-Pfannenstiel so etwas beinhaltet.<br />

Vielleicht sollte man das auch so machen. Dann wird man am Schluss sehen, was dabei<br />

herauskommt.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Wann erfassen Sie den Flieger schadstoffmäßig, wenn er den Frankfurter Flughafen an-<br />

fliegt? Wie viele Meilen oder Kilometer haben Sie sich als Entfernung gedacht, ab der Sie ihn<br />

rechnerisch einbeziehen? Das Gleiche gilt natürlich auch für die Abflüge. Oder haben Sie<br />

einen durchschnittlichen Treibstoffverbrauch pro Flugbewegung vorgesehen?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Der Flieger wird erfasst, wenn er eine Emissionshöhe von 600 m erreicht, das heißt wegen<br />

der Absenkung der Wirbelschleppe Flughöhe 700 m. Wo das ist, ist im Prinzip über diesen<br />

Anflugleitstrahl von 3° und über die Steigprofile beim Abflug relativ leicht abzuleiten.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Auf dieser Folie sehen Sie, dass ich mit diesen 600 m nicht mehr viel anfangen kann. Denn<br />

das, was Sie hier sehen, ist ein Schadstoffeintrag auf einer Länge von 116 nautischen<br />

Meilen. 200 km fliegt der Flieger. Sie sehen, das ist gar nicht weit weg von Frankfurt. Was<br />

Sie hier an Anfluglinie sehen, ist zwischen 200 und 150 km lang, und zwar in unmittelbarer<br />

Nähe der Stadt Frankfurt über Mainz. Eigentlich wird es über drei Bundesländer überall<br />

hingetragen. Das ist eine Frage, die hier geklärt werden muss. Das heißt, da geht die Reise<br />

erst richtig los. Wenn der Flieger hier in Frankfurt ist – hier sieht man schon den Messeturm<br />

–, fliegen Sie noch 200 km, und zwar in unmittelbarer Nähe des Flughafens. Das ist also<br />

nicht irgendwo, sondern das Weiteste, was Sie hier sehen, ist Ilbenstadt, Vogelsberg, Mainz,<br />

Bad König. So ungefähr müssen Sie das einordnen.<br />

Mit 600 m ist es natürlich eine Frage, die ich hier in den Raum stelle, ob man das nicht<br />

anders untersuchen müsste. Wenn ein Flieger, der in der Region über Frankfurt 200 km mit<br />

einer Leistung, die immerhin 60 bis 70 % beträgt, in einer Höhe fliegt, die leider nicht so groß<br />

ist, wie man es anderswo macht – das gibt es weltweit sonst nirgendwo; da ist Frankfurt<br />

einsame Spitze –, in einer Höhe von maximal 4.000, 5.000 Fuß, dann muss man sich fragen,<br />

ob dieser Schadstoffeintrag noch stimmt. Denn das sind ja enorme Mengen Treibstoff. Wenn<br />

Sie rechnen, dass ein Großraumflugzeug ca. 10 t in der Stunde braucht – ein kleineres<br />

natürlich entsprechend weniger –, wollte ich Frau Schreiber fragen, ob das noch ein reales<br />

Abbild des Schadstoffeintrags ist.<br />

(Heldmaier [Hanau] übergibt dem RP Kartenmaterial.)


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 12<br />

Brendle (Vorhabensträgerin):<br />

Wenn ich das kurz beantworten darf: Herr Heldmaier, Sie müssen hier ganz einfach wieder<br />

zwischen Emission und Immission unterscheiden. Es ist vorhin ausgeführt worden, dass<br />

Emissionen oberhalb einer Höhe von 600 m nicht mehr immissionswirksam sind, nicht mehr<br />

relevant sind. Sie betrachten hier, wo Emissionen entstehen. Wir betrachten, wo Immissio-<br />

nen entstehen.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Ich habe nur eine Frage gestellt und habe nur die Anregung gegeben, sich mit diesen<br />

Dingen zu befassen und zu fragen, ob man da noch auf dem realen Boden ist. Das ist alles,<br />

Herr Brendle. Ich will Ihnen da nicht ins Handwerk pfuschen.<br />

Kaller (Offenbach):<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich folgende Fragestellung aufwerfen: Wir staunen immer<br />

darüber, dass die flugzeugspezifischen Emissionen und Immissionen im Vergleich zu<br />

anderen Quellgruppen aus der Quellgruppe Verkehr nicht explizit nachweisbar sind. Wenn<br />

man sich überlegt, was da eigentlich physikalisch passiert, muss man feststellen, dass<br />

offensichtlich das triebwerkspezifische Abgas mit erheblicher Temperatur die Turbine<br />

verlässt und dann mit einer natürlichen thermischen Überhöhung in die Atmosphäre schießt<br />

und offensichtlich die wahre Emissionshöhe nicht identisch ist mit der Emissionshöhe oder<br />

Immissionshöhe, wo dieses Gas letztendlich einem Akzeptor zugeführt wird.<br />

Diese Annahme, dass nur Emissionen bis in eine Höhe von 600 m immissionsrelevant sind,<br />

möchte ich hier in Frage stellen und anregen, dass eine Studie von Fraport angefertigt wird,<br />

die einmal exakt darlegt, wie sich die wahre Abgasausbreitung im Flug unter Realbedingun-<br />

gen darstellt. Denn die These, dass Emissionen in einer Höhe oberhalb von 600 m nicht<br />

immissionsrelevant sind, möchte ich stark bezweifeln. Es gibt Hinweise aus der Literatur, die<br />

in Amerika nach dem 11. September bereits erhebliche Veränderungen der atmosphärischen<br />

Bedingungen nachgewiesen haben, als für einige Tage absolutes Flugverbot herrschte – ich<br />

weiß nicht, ob im gesamten amerikanischen Flugraum, aber zumindest im Umfeld von New<br />

York. Da wurden keine luftfremden Schadstoffe durch den Flugverkehr in die Atmosphäre<br />

eingebracht, und es haben sich bereits nach wenigen Tagen erhebliche Veränderungen der<br />

Albedo und anderes eingestellt.<br />

Ich bitte also, dass Fraport aufgegeben wird, eine Studie zu erstellen, um die Auswirkungen<br />

von Emissionshöhe und thermischen Überhöhungen sowie Ausbreitungsvorgänge darzule-<br />

gen.<br />

RA’in Distler:<br />

Ich möchte anregen, dass auch ein Gutachten auf das Jahr 2006 erstellt wird. Fraport geht<br />

davon aus, dass dies das Jahr der Inbetriebnahme der Landebahn sein wird. Wir haben<br />

zwischen den Jahren 2006 und 2015 ein Delta, in dem sich nach den Unterlagen die


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 13<br />

Schadstoffbelastung in der Region durch verschärfte Vorschriften verringern wird. Aber ich<br />

wüsste gerne, was zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme bis zum Jahr 2015 an Immissionen<br />

und Belastungen zu erwarten ist. Denn das ist einfach kein Zeitraum, den man vernachlässi-<br />

gen kann in der Hoffnung, dass im Jahr 2015 alles besser wird.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Im Nachgang zu den Ausführungen von Herrn Heldmaier würde mich interessieren, inwie-<br />

weit Warteschleifen und Warteverkehre einbezogen sind. Ich denke nicht, dass sie in einer<br />

Höhe unterhalb von 600 m stattfinden werden. Sie würden aber, wenn man 600 m als die<br />

maßgebliche Grenze betrachtet, wegfallen. Wir kennen alle die Situation, wie sie in Frankfurt<br />

und auch an anderen Flughäfen ist, wo Warteverkehren einen erheblichen Umfang ausma-<br />

chen.<br />

Brendle (Vorhabensträgerin):<br />

Frau Fridrich, da gilt das, was ich auch schon zu Herrn Heldmaier gesagt habe. Das ist eine<br />

Frage der Emission, die dann eben auch in der Warteschleife bzw. Schleife entsteht. Aber<br />

wenn das über 600 m ist, ist es logischerweise auch nicht in der Betrachtung enthalten.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das werden wir dann zu untersuchen haben.<br />

RA Baumann:<br />

Auf Seite 79 des <strong>Scoping</strong>-Papiers ist ausgeführt, dass im Rahmen des Schadstoffgutachtens<br />

flächendeckende Ausbreitungsrechnungen vorgenommen werden. Mich würde erstens<br />

interessieren, welche konkreten Methoden im Rahmen der Ausbreitungsrechnung angewen-<br />

det werden. Zweitens interessiert mich, inwieweit sie sich von dem Schadstoffgutachten im<br />

Raumordnungsverfahren unterscheiden.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Im Prinzip handelt es sich um die gleiche Art der Ausbreitungsrechnung wie in der Raumord-<br />

nung. Wir haben die Methode etwas verfeinert und verbessert, insbesondere was die<br />

Anpassung an die Methoden der neuen TA Luft betrifft. Ein wesentlich veränderter Punkt ist<br />

die Übertragung des LASAT-Modells auch auf Umlandquellen. Das hatten wir in der Raum-<br />

ordnung noch nicht. Im Übrigen gab es natürlich eine Aktualisierung der Daten.<br />

RA Baumann:<br />

Können Sie noch einmal darstellen, welche Ausbreitungsrechnungsmethoden Sie letztend-<br />

lich im Ergebnis anwenden wollen?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Das Modell LASAT, wie es in der TA Luft vorgegeben ist.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 14<br />

RA Baumann:<br />

Ist das ein Lagrange-Partikel-Modell?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Ja.<br />

RA Baumann:<br />

Bei der Ausbreitungsrechnung werden – auf jeden Fall war es im Raumordnungsverfahren<br />

so – die weiter entfernten Immissionsbereiche nicht erfasst. Sie machen das nur im Umfeld<br />

des Flughafens. Wie weit ist der Umgriff? Wie kriegen Sie dann die Ozonproblematik und<br />

das PM10-Problem in den Griff? Schwebstaub verhält sich ja quasi wie Luft. Wie kommen<br />

Sie da methodisch heran?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Zunächst zum Untersuchungsraum: Wir haben ein Rechengitter von 40 x 40 km². Innerhalb<br />

dieses Rechengitters werden die Ergebnisse dargestellt. Das heißt, sie gehen bis zum Rand<br />

dieses Gitters. Man wird an den Ergebnissen sehen, dass sich die Auswirkungen in einem<br />

kleineren Bereich im Zentrum dieses Gitters abspielen.<br />

Bei PM10 wird genauso gerechnet wie bei anderen Schadstoffen auch, über die einschlägi-<br />

gen Emissionsfaktoren. Ozon kann mit dieser Art von Modellierung nicht gerechnet werden,<br />

da es nicht primär emittiert wird. Die Analyse zur Ozonproblematik wird deswegen mit<br />

anderen Methoden vorgehen, die ich schon genannt habe. Es wird eine Expertise geben, die<br />

die neueste Fachliteratur auswertet und die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung dahinge-<br />

hend verwendet, dass die potenziellen Vorläufer berücksichtigt werden.<br />

RA Baumann:<br />

Wie berücksichtigen Sie die Anforderungen der UVU an die Wechselwirkungen von Schad-<br />

stoffen?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Dazu wird es Aussagen im humantoxikologischen Gutachten geben.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nicht nur.<br />

RA Baumann:<br />

Es geht auch um die Ausbreitung dieser Stoffe, die sich zunächst einmal im Nahbereich des<br />

Flughafens, aber auch in entfernteren Bereichen entwickeln.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 15<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Jetzt habe ich Ihre Frage nicht ganz verstanden.<br />

RA Baumann:<br />

Die Frage war: Wie berücksichtigen Sie die Ausbreitung? Wie rechnen Sie das, oder wie<br />

modellieren Sie das?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Die Ausbreitung wovon?<br />

RA Baumann:<br />

Die Ausbreitung von durch Wechselwirkung entstandenen Schadstoffen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Meinen Sie Sekundärschadstoffe?<br />

RA Baumann:<br />

Ja.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Sekundärschadstoffe kann man mit dieser Art der Modellierung natürlich nicht berücksichti-<br />

gen.<br />

RA Baumann:<br />

Sie berücksichtigen sie also gar nicht?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Offenbar nicht.<br />

RA Baumann:<br />

Insoweit möchte ich die Anforderung vonseiten der von mir vertretenen Kommunen an die<br />

UVU formulieren, dass die Sekundärschadstoffe und deren Ausbreitung ebenfalls berück-<br />

sichtigt werden. Mir selbst ist jetzt gerade kein Modell geläufig. Ich bin kein Fachmann in<br />

diesem Bereich, aber der Deutsche Wetterdienst ist vielleicht in der Lage, Ihnen das eine<br />

oder andere noch mitzugeben.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Könnten Sie zur Klarheit sagen, welche sekundären Schadstoffe Sie jetzt ausgebreitet haben<br />

möchten?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 16<br />

RA Baumann:<br />

Sie sagten, dass das toxikologische Gutachten ergeben wird, welche Sekundärschad-<br />

stoffe – –<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Da habe ich Sie wohl falsch verstanden. Ich hatte das auf die Wechselwirkungen zwischen<br />

Schadstoffen bezogen.<br />

RA Baumann:<br />

Die Wechselwirkung beim Menschen, sozusagen beim Adressaten der Immission, ist nicht<br />

das Thema. Das Thema ist, dass es in der Atmosphäre durch Wechselwirkungen Schad-<br />

stoffentwicklungen gibt. Die müssten berücksichtigt werden. Ich kann das als Nichtfachmann<br />

nur so formulieren. Wenn ich jetzt einen Sachverständigen dabei hätte, könnte er es Ihnen<br />

vielleicht deutlicher sagen.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Es wäre etwas leichter für uns, wenn Sie eine Komponente angeben würden, auf die Sie<br />

abzielen.<br />

RA Baumann:<br />

Sekundärschadstoffe gehören zu Ihrem Untersuchungsbereich. Es ist eine Forderung, die<br />

ich hier aufwerfen möchte, dass zunächst einmal toxikologisch untersucht wird, welche<br />

Reaktionen da entstehen. Es ist beim Ozon bei Ihnen im Raumordnungsverfahren auch nicht<br />

berücksichtigt worden. Ich spreche das an, weil es bei Ihren Untersuchungen immer ein<br />

wunder Punkt ist. Damals war es kein Thema. Sie sagten, das können wir gar nicht berück-<br />

sichtigen, weil diese Stoffe erst entstehen; wo sie entstehen, wissen Sie nicht. Sie haben<br />

damals mit Nichtwissen reagiert. Das habe ich noch sehr gut in Erinnerung. Deswegen wollte<br />

ich das jetzt angesprochen haben. Es ist keine Forderung, die weit hergeholt ist, weil sie ja<br />

im Gesetz steht.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Ich möchte noch einmal auf die 600 m zurückkommen. Das scheint das alles entscheidende<br />

Kriterium, sprich: der Untersuchungsraum, zu sein. Sie sagen, darüber passiert nichts mehr<br />

– nur für den Flugbereich. Dann würde ich auf eine Darstellung hoffen, die zeigt, wo die<br />

realen Flughöhen sind. Man sollte diesen Raum also einmal abgrenzen und mit realen<br />

Schadstoffmessungen am Boden abgleichen, ob das hinkommt.<br />

Wenn ich einmal hinnehme, dass die 600 m stimmen, frage ich Sie: Wo landet denn ein<br />

Schadstoff, welcher Art auch immer, der auf der Höhe von 600 m abgeblasen wird? Gehen<br />

Sie davon aus, dass er in Basel herunterkommt, für uns also nicht mehr ermittelbar ist, wo er


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 17<br />

herunterkommt? Gehen Sie also davon aus, dass die Strömungsverhältnisse auf 600 m<br />

Höhe so sind, dass sie quasi nicht mehr ermittelbar sind?<br />

Oder wird es so sein, dass ein Schadstoff, der über Mainz auf 600 m Höhe abgeblasen wird,<br />

in Offenbach herunterkommt und anders herum, sodass wir hier eine regionale Komponente<br />

zu betrachten haben, der Schadstoff also in der Region bleibt? Es ist mir egal, ob er aus<br />

600 m direkt über Offenbach herunterkommt – er fällt ja nicht gleich nach unten – oder ob er<br />

in Mainz herunterkommt und anders herum, aber im Prinzip der Region erhalten bleibt. Wie<br />

schätzen Sie da die Strömungsverhältnisse ein, auch unter Berücksichtigung der Tatsache,<br />

dass wir hier Inversionswetterlagen haben? Auf welcher Höhe sind denn diese austausch-<br />

armen Wetterlagen? Ist bei diesen 600 m, die Sie annehmen, tatsächlich davon auszugehen,<br />

dass wir nicht mehr ermitteln können, wo die Schadstoffe hingehen?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Ich mache mal als Nichtfachmann eine Zusammenfassung für Laien. Herr Brendle hat<br />

ausgeführt, dass die Emissionen in dieser Höhe nicht als Immissionen nachweisbar und<br />

deshalb nicht relevant sind. Diesem Satz gibt es wenig hinzuzufügen. Es ist einfach so. Es<br />

ist der Stand der Wissenschaft und der Technik, dass sie über dieser Höhe nicht relevant<br />

sind, weil sie nicht nachweisbar sind.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Herr Amann, diese Diskussion hatten wir im Raumordnungsverfahren schon. Die Immissio-<br />

nen sind relevant, aber sie erreichen den Boden nicht mehr. Das war Ihre Aussage. Die<br />

Emissionen sind auf 600 und 400 m nicht unterschiedlich, aber, so Ihre Aussage, sie<br />

erreichen aus 600 m den Boden nicht mehr. Das stelle ich in Frage.<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Wir haben gerade wiederholt, dass das so ist.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Ja. Aber wo? Meine Frage ist: Wenn er auf 600 m in Mainz abgeblasen wird, kommt er dann<br />

in Offenbach herunter, das auch im Untersuchungsraum ist? Und anders herum? Bleibt er<br />

der Region erhalten, oder ist der Schadstoff unermittelbar, in Basel oder sonstwo anzuneh-<br />

men? Haben Sie sich mal Gedanken über die Strömungsverhältnisse gemacht?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Er ist nicht ermittelbar. Ich wiederhole es jetzt zum dritten Mal. Wenn wir es könnten, würden<br />

wir es ja tun.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Sie sagen, er kommt in Basel oder sonstwo herunter.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 18<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Nein, wir wissen nicht, wo er herunterkommt.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Das war ja eine Antwort.<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Wir würden es gerne wissen, aber wir wissen es nicht.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Eine Anregung ans RP und auch an Fraport, die aufs Engste mit der Anwendbarkeit der<br />

TA Luft und der 22. BImSchV zusammenhängt: Nehmen Sie nicht die grobe Rasterung vor,<br />

wie sie im Exposé des Gutachtens ausgewiesen ist, sondern halten Sie sich – das wird<br />

später zu erörtern sein – an die Vorgabe der neuen TA Luft. Bitte rechnen Sie auf den Punkt.<br />

Dabei ist mir bewusst, dass ein Punkt ein mathematisches Ideal ist und man ihn für eine<br />

physikalische Rechnung zwar nehmen kann. Aber ich bin auch mit einer Annäherung<br />

zufrieden. Ich nehme Bezug auf das sehr kleine Volumen, von dem Dr. Kühner gestern<br />

sprach. Nehmen Sie bitte das kleinstmögliche Volumen, mit dem Sie rechnen können. Wie<br />

klein können Sie die Rechenzelle machen? Das haben wir gestern noch nicht erfahren. Wo<br />

ist Ihrer Schätzung nach Ihre Kapazität beim System LASAT zu Ende?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich glaube, das hat gestern die HLUG schon genannt.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Herrn Dr. Büchen könnte man auch noch fragen, woher er weiß, dass es keine Verzerrung<br />

gibt, wenn man mit 250 x 250 m rechnet. Aber wie klein man es machen kann, das kam<br />

gestern nicht zur Sprache.<br />

Dr. Büchen (HLUG):<br />

Die Antwort ist natürlich theoretisch durchaus gebbar. Man kann natürlich auch im Meterras-<br />

ter rechnen. Es ist eine Frage des Aufwandes. Deswegen ist das Raster 40 x 40 km. Das<br />

heißt, dass man 40 x 40 Messpunkte hat für einen Rechenlauf, der bei der Vielzahl von<br />

Quellen schon mehrere Tage läuft. Wenn man meinetwegen 4 m nimmt, muss man hun-<br />

dertmal den Rechenlauf durchführen. Das sind Größenordnungen, die nicht mehr realisierbar<br />

sind. Das ist das Problem. Man kann so eine Feinauflösung nur für einen kleinen Teilbereich<br />

einmal machen, um zu demonstrieren, wie sich das darstellt, und damit die allgemeine<br />

Aussage, dass die Struktur so aussieht, dann durch eine Rechnung belegt wird.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 19<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Darf ich darauf aufbauend einen konkreten Vorschlag machen: Die unmittelbar an den<br />

Flughafen angrenzenden Gemarkungen in unserer Mandantschaft, insbesondere die<br />

Ortslagen Eddersheim und Okriftel, werden so gerechnet, und man begnügt sich nicht nur<br />

mit zwei Bereichen – einen Bereich 250 x 250 und den Rest noch gröber –, sondern grenzt<br />

einen inneren Bereich ab. Ich will natürlich keineswegs, dass Ihr Rechner Milliarden von<br />

Jahren läuft und Fraport paralysiert wird. Aber ich bitte darum, weiter herunterzugehen,<br />

soweit es wirtschaftlich mit der Rechnerkapazität – die müssen Sie sich beschaffen –<br />

vertretbar ist.<br />

Dr. Büchen (HLUG):<br />

Wir sind nicht das Recheninstitut. Wir sind als Landesamt eher sozusagen seitwärts ange-<br />

siedelt und kontrollieren, ob das, was geliefert wird, aus fachlicher Sicht akzeptabel ist. Es ist<br />

also nicht unser Rechner, der da strapaziert wird.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das haben wir auch so verstanden.<br />

RA Baumann:<br />

Wir haben in der Diskussion das festgestellt, was in solchen Verfahren unausweichlich ist:<br />

Es wird in das Verfahren das eingebracht, was an Emissionen einer konkreten Immission vor<br />

Ort zurechenbar ist. Die Methoden der Zurechnung von Emissionen sind begrenzt. Deswe-<br />

gen – ich greife jetzt diese 600 m auf – haben wir eine Menge von Emissionen, die durch die<br />

Systeme nicht erfasst wird.<br />

Weil dem so ist, ist es aus unserer Sicht erforderlich, bei Flughäfen einen entsprechenden<br />

Immissionszuschlag von 25 % der errechneten Werte vorzunehmen, weil diese so genann-<br />

ten diffusen Immissionen, die nicht bestimmten Ausbreitungsströmen zuzurechnen sind,<br />

einen erheblichen Anteil ausmachen und gerade deswegen besonders schädlich sind, weil<br />

durch die Verweildauer in der Luft Umwandlungsprozesse stattfinden. Das ist ein Spezifikum<br />

bei Flughäfen, das wir im Straßenverkehr und im gewerblichen Bereich nicht haben. Wir<br />

können dort konkrete Zuordnungen vornehmen – wiederum natürlich in gewissen Grenzen,<br />

aber in sehr gut überschaubaren Bereichen. Wir haben Probleme bei den Flughäfen,<br />

einerseits bedingt durch die große räumliche Ausbreitung, andererseits durch die Flugbewe-<br />

gungen, die zu erheblichen Belästigungen durch eine latente Allgemeinbelastung durch<br />

Schadstoffe führen. Deswegen ist unser Petitum, einen 25-prozentigen Aufschlag vorzu-<br />

nehmen, um dem gerecht zu werden.<br />

Das Zweite, das ich ansprechen möchte, ist, dass die Schadstoffbelastungen in den Flugrou-<br />

tenbereichen in die Betrachtung einzubeziehen sind, die in größerer Entfernung vom<br />

Flughafen existieren. Nach der Rechtsprechung der Obergerichte sind die Auswirkungen auf<br />

den Flugrouten dem Flughafen zuzurechnen. Das betrifft zunächst einmal natürlich die


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 20<br />

Lärmauswirkungen. Man kann es vereinfacht darstellen und sagen: Was der Flughafen an<br />

Flugbewegungen generiert, ist wiederum die Belastung, die sich auf den Flugrouten ergibt.<br />

Das betrifft nicht nur die Lärmbelastung, sondern es betrifft auch die Schadstoffbelastung.<br />

Es wäre nun die Forderung zu formulieren, dass unter Berücksichtigung der im Routenplan<br />

sehr konkret festgelegten Flugrouten diese Auswirkungen auf den Flugrouten errechnet<br />

werden und die entsprechenden Belastungen der Bevölkerung durch die Flugrouten bis zu<br />

einem bestimmten Höhenpegel auch konkret festgemacht werden.<br />

Dabei ist dann – das wäre die dritte Forderung – insgesamt festzustellen, welche Erhöhung<br />

der Krankheitsrate in dem jeweiligen Raum auftreten wird, gerade was die krebserregenden<br />

Stoffe angeht, aber auch bei sonstigen toxischen Stoffen, das heißt also, die Erhöhung der<br />

Krebsrate durch bestimmte Stoffe. Sie untersuchen ja die Benzole, Benzoapyren, Ruß,<br />

PM10 und Ozon. Für diese sollte hier eine entsprechende Betrachtung vorgenommen<br />

werden. Diese Zuordnung der Flugrouten ist sicherlich neu. Das ist bisher so nicht ange-<br />

dacht worden. Entscheidend ist aber das, was die Rechtsprechung in den letzten Jahren<br />

formuliert hat. Da ist die Topografie des Geländes natürlich mit zu berücksichtigen; das gilt<br />

vor allen Dingen für den Überflug des Taunus.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das kommt gleich.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Ich denke, der Bereich Untersuchungsraum und Prognosemethoden sind abgeschlossen,<br />

und Sie haben eben schon den Übergang zu den zusätzlich zu berücksichtigenden Flächen,<br />

Punkten und Stoffen gefunden.<br />

Da möchte ich als Erstes topografische Besonderheiten und meteorologische Bedingungen<br />

behandeln. Dazu nenne ich die Stichworte: aktuelle Wetterdaten bzw. Forderung einer<br />

dreijährigen Zeitreihe.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Will sich dazu jemand aus dem Auditorium noch ergänzend äußern? Das sind Dinge, die<br />

schon schriftlich vorgetragen worden sind. Sie brauchen nichts zu wiederholen. Wenn Sie<br />

der Auffassung sind, dass die Anregungen, die Sie schriftlich vorgetragen haben, erschöp-<br />

fend waren, können wir fortfahren.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Bezüglich der meteorologischen Daten machen wir das so, wie es üblich ist, dass wir uns<br />

vom Wetterdienst eine repräsentative Zeitreihe geben lassen, die einen Einjahresumfang<br />

hat, die aber über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren repräsentativ und charakte-<br />

ristisch ist.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 21<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Zum nächsten Punkt wurde vorgetragen, dass einzelne Gebiete, speziell Schutzflächen, bei<br />

der Prüfung der Umweltverträglichkeit berücksichtigt werden müssten. Das wurde insbeson-<br />

dere von der Stadt Weiterstadt vorgetragen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Offenbar ist das, was die Stadt Weiterstadt vorgetragen hat, schriftlich erschöpfend vorge-<br />

tragen. Wir gehen zum nächsten Punkt.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Der nächste Punkt ist die Erhebung der Luftschadstoffentwicklung des zu erwartenden<br />

Flugverkehrs sowie der Schadstoffausbreitung und -verteilung in den so genannten Eindreh-<br />

und Abflugbereichen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Gibt es dazu noch Ergänzungen? Das ist eine Forderung, die schriftlich vorgetragen wurde,<br />

dass auch die Eindreh- und Abflugbereiche in den Untersuchungsraum einbezogen werden<br />

sollen. Das war, glaube ich, insbesondere vom Landkreis Mainz-Bingen gefordert. – Ich<br />

sehe, es ist allgemeines Einverständnis.<br />

(Heldmaier [Hanau]: Für Hanau auch!)<br />

– Ja, natürlich. Ich habe nur gesagt, wer es vorgetragen hat, nicht, dass es nur auf sie<br />

beschränkt sei.<br />

Ich sehe, es ist allgemeines Einverständnis; es hat niemand etwas dagegen zu sagen.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Der nächste Punkt lautet: Überschneidungsbereiche mit anderen Flughäfen sind einer<br />

gesonderten Betrachtung zu unterziehen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das kam von der Stadt Offenbach.<br />

RA Baumann:<br />

Ich möchte ganz speziell für die von mir vertretenen Kommunen diesen Punkt angesprochen<br />

haben. In die Betrachtung ist der Emissionsbereich des Erzhäuser Flugplatzes einzubezie-<br />

hen. Es ist so, dass dort viele Flugzeuge starten und landen und da natürlich Kumulations-<br />

wirkungen auftreten werden. Die Gemeinde Erzhausen ist deutlich belastet, genauso die<br />

Stadt Weiterstadt, die beide in unmittelbarer Nähe sind, aber auch die umliegenden Kommu-<br />

nen. Hier gibt es deutliche Überschneidungen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 22<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ich möchte das konkretisieren. Unter Flughäfen könnte man möglicherweise Köln/Bonn,<br />

Hahn oder was weiß ich verstehen. Es geht auch um die Verkehrslandeplätze in der Umge-<br />

bung des Flughafens Frankfurt und beispielsweise auch um militärisch genutzte Anlagen,<br />

also Erbenheim.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ging aus dem Schriftlichen auch hervor: beispielshalber Egelsbach, Erbenheim usw.<br />

Das ist so vorgetragen.<br />

Kowol (Wiesbaden):<br />

Ich möchte natürlich auch Erbenheim in diesem Zusammenhang ansprechen. Das ist ja<br />

nahe liegend. Erbenheim ist immer wieder vielfältig in der Diskussion, aber auch bei den<br />

Luftschadstoffen sicherlich relevant. Erbenheim wird zwar nicht ausgebaut, aber derzeit und<br />

wahrscheinlich dauerhaft militärisch genutzt.<br />

Ein Stichwort noch zu den 600 m: In den Unterlagen wird auf Testrechnungen Bezug<br />

genommen, Herr Brendle, die von Ihrem Gutachter als Grundlage für diese 600-m-<br />

Begrenzung genannt werden. Ich bitte darauf zu achten, dass man wirklich einmal schaut,<br />

wie die wissenschaftliche Erkenntnis in diesem Bereich der 600 m aussieht. Ich denke, das<br />

ist ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt. Wenn es nur Testrechnungen sind, wird man<br />

sicherlich noch einmal genauer darüber nachdenken müssen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja. Es ist aufgenommen, dass wir die 600 m auf ihre Tragfähigkeit abklopfen.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Der nächste Punkt, der vorgetragen wurde, war, dass Auswirkungen des geplanten Flugha-<br />

fenausbaus für einzelne besonders exponierte Aufpunkte am Rande der Wohnbebauung in<br />

den dem Flughafen direkt benachbarten Gemeinden ergänzend zu den allgemeinen Ausfüh-<br />

rungen noch einmal aufpunktbezogen erläutert werden sollten.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das kam von der HLUG. Die Forderung ist auch selbsterklärend.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Der letzte Punkt in diesem Bereich ist, dass der Luftschadstoff Ammoniak zu untersuchen<br />

sei.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 23<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Da hätte ich gerne eine Erläuterung von der HLUG oder von Fraport, was es mit dem<br />

Ammoniak auf sich hat.<br />

Dr. Büchen (HLUG):<br />

Ammoniak ist keine für Flughäfen spezifische Komponente, aber eine Komponente, die im<br />

Umweltbereich durchaus große Relevanz hat und für Tierhaltung charakteristisch ist und dort<br />

auch im Umfeld Probleme macht. Es ist so, dass in manchen Gegenden der Stickstoffeintrag<br />

aus der Atmosphäre in den Boden, der dann zu Überdüngung und Ähnlichem führt, in den<br />

Naturschutzgebieten fast schon zur Hälfte auf Ammoniak zurückgeht. Nur die andere Hälfte<br />

sind Stickoxide. Aber für den Flughafen sehe ich da keine Problematik.<br />

RA Baumann:<br />

Ich wollte noch einmal deutlich machen, dass die Bewertung im Hinblick auf Flächen<br />

natürlich die Wohnbebauung der von mir vertretenen Kommunen ganz besonders berück-<br />

sichtigen muss und dass darauf räumlich auch abgestellt werden sollte.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Damit ist mein Bereich „zusätzlich zu berücksichtigende Flächen, Punkte und Stoffe“<br />

abgeschlossen. Dann möchte ich zu den zusätzlichen Untersuchungen übergehen.<br />

Dr. Schönegge (Neu-Isenburg):<br />

Ich sehe das Problem, dass in den Gutachten, die hier aufgeführt worden sind, Ansätze zu<br />

erkennen sind, welche Luftschadstoffe emittiert werden und welche Immissionen dadurch<br />

hier im Raum vorhanden sind. Aber ich habe keinen Ansatzpunkt für die Stoffe gefunden, die<br />

auch wirksam werden, wenn sie in Gewässer oder Boden eindringen. Diese Wirkungen sind<br />

aus der Theorie her sehr vielseitig – einerseits Bodenversauerung, Bodenqualität und<br />

Gefährdung der Waldstandorte, andererseits gerade bei Stickoxid zunehmende Bodenver-<br />

sauerung und Gefährdung des Grundwassers. Das ist ein spezielles Problem unseres<br />

Raumes.<br />

Mich interessiert jetzt: Sind in dem bisherigen Gutachtenschema Untersuchungen zu dieser<br />

Frage vorgesehen? Oder sind sie implizit irgendwo enthalten, sodass man es jetzt noch nicht<br />

erkennen kann? Wenn das nicht der Fall ist, würde ich sagen, dass Untersuchungen zum<br />

Bodenchemismus und natürlich auch zum Wasserchemismus der Stoffe, die über Deposition<br />

zusätzlich in diesen Teil der Umwelt gelangen, dringend notwendig sind.<br />

Ich habe jetzt nur den Bodenchemismus besprochen. Wenn sich diese Eigenschaften des<br />

Bodens verändern, hat das natürlich auch Konsequenzen für die Zusammensetzung des<br />

Artengefüges, und zwar nicht nur botanisch-vegetationsmäßig, sondern auch zoologisch. Es<br />

können also sehr weitreichende Auswirkungen daraus entstehen. Ich denke, dass hierzu


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 24<br />

Aussagen notwendig sind. Deswegen habe ich die Frage: Ist das irgendwo impliziert? Wenn<br />

das nicht der Fall ist, würde ich bitten, so etwas zu prüfen und einzuführen.<br />

Balla (Vorhabensträgerin):<br />

Zu dem Thema Bodenuntersuchungen bzw. Berechnungen von Schadstoffdepositionen<br />

können wir sagen: Es werden Untersuchungen angestellt, und zwar Messungen bzw.<br />

Probenahmen im Boden. Es ist auch eine Schadstoffanalyse der Bodenproben vorgesehen.<br />

Darüber hinaus können wir nach wie vor auf bereits gelaufene Messprogramme zurückgrei-<br />

fen, auch im Zusammenhang mit der Beweissicherung Startbahn 18 West. Es besteht auch<br />

eine Bodendauerbeobachtungsstelle in der Nähe der Startbahn West. Auf der Grundlage<br />

dieser Untersuchungen werden in der UVS Aussagen zum Thema Schadstoffdeposition<br />

getroffen.<br />

Böhm (HGON):<br />

Ich möchte das, was Herr Dr. Schönegge vorgetragen hat, unterstützen, und zwar bezogen<br />

auf die Gewässer überhaupt, weil wir in diesem Einzugsbereich auch Naturschutzgebiete mit<br />

Gewässern haben. Hier steht im Rahmen der UVS mit dieser Problematik, gerade was die<br />

Naturschutzgewässer beinhaltet, ein ganz entscheidender Faktor im Raum.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Ich möchte noch einen ergänzenden Hinweis zu den „critical loads“ und Schadstoffdepositio-<br />

nen geben. Wir haben das Thema im Raumordnungsverfahren schon ausführlich diskutiert.<br />

Da hatte Frau Dr. Dähne für die Zukunft Rhein-Main für die anwesenden Kommunen<br />

Ausführungen gemacht. Ich bitte, dies mit einzubeziehen. Ebenso bitte ich, das, was Fraport<br />

zu den Untersuchungen zugesagt hat und was nicht in den <strong>Scoping</strong>-Unterlagen enthalten ist,<br />

in das Unterrichtungsschreiben einzubeziehen, damit es nicht verloren geht.<br />

Schwarz (Untere Wasserbehörde Frankfurt):<br />

Etwas Ähnliches wie meine beiden Vorredner hatten wir schon schriftlich an den RP ge-<br />

sandt. In Ergänzung möchten wir noch einmal sagen, dass uns diese Dauerbeobachtungs-<br />

fläche viel zu kleinräumig erscheint, weil darum herum maßgebliche Wasserschutzgebiete<br />

der Stadt Isenburg, der Stadt Dreieich und der Stadt Frankfurt am Main sind, die dort einen<br />

großen Prozentsatz ihres Trinkwassers gewinnt. Das heißt, wir haben jetzt schon Versaue-<br />

rungstendenzen im Frankfurter Stadtwald zu verzeichnen. Wir brauchen wirklich eine<br />

Bilanzierung eines Ist und eines Soll. Dazu scheint uns diese Dauerbeobachtungsfläche viel<br />

zu klein zu sein.<br />

Es muss insbesondere auf die NOx-Schadfaktoren Wert gelegt werden, weil sie zu einer<br />

Stickstoffdeposition im Stadtwald führen, a) mit einer Versauerung, b) mit Düngetendenzen.<br />

Wir brauchen da wirklich belastungsfähige Aussagen und Bilanzierungen, inwieweit sich eine<br />

Gefahr für die Trinkwassergewinnung nicht nur in Frankfurt, sondern auch in den umliegen-


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 25<br />

den Trinkwassergewinnungsgebieten ergibt. Es ist für andere Schutzinteressen essenziell,<br />

dass das festgestellt wird.<br />

Uns erscheint das, was an Dauerbeobachtungsflächen und Flächenbilanzierungen aus den<br />

<strong>Scoping</strong>-Unterlagen hervorgeht, zu klein, um Aussagen für einen sehr weiträumigen Unter-<br />

suchungsraum für das Schutzgut Wasser und Boden treffen zu können.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das Schutzgut Wasser und Boden kommt ja noch. Das brauchen wir jetzt nicht zu diskutie-<br />

ren.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Eine kurze Anmerkung zu der in Bezug genommenen Depositionsfläche bzw. Dauerbeo-<br />

bachtungsfläche: Wenn es sich dabei um die handelt, die wir im letzten Jahr besprochen<br />

haben, dann möchte ich den Hinweis geben, dass sie westlich der Startbahn 18 liegt, also<br />

auf der windabgewandten Seite. Das ist merkwürdig und erscheint mir nicht repräsentativ.<br />

Das gehört vielleicht nicht hier zu diesem Punkt, aber ich würde bitten, bei dem entspre-<br />

chenden Punkt Herrn Dr. Büchen zu befragen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das werden wir tun.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Damit sind die Depositionen abgeschlossen. Wir können zu den Schadstoffauswirkungen der<br />

Standläufe übergehen, die problematisiert wurden.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Will sich Fraport dazu äußern, wie die Schadstoffausstöße der Standläufe berücksichtigt<br />

worden sind, oder genügt es, wenn wir aufnehmen, dass sie berücksichtigt werden müssen?<br />

Brendle (Vorhabensträgerin):<br />

Sie werden berücksichtigt.<br />

RA’in Distler:<br />

Herr Haldenwang hat gestern gefragt, ob sie gemessen oder gerechnet werden. Könnten Sie<br />

dazu noch etwas sagen? Wir fordern Messungen.<br />

Brendle (Vorhabensträgerin):<br />

Wir haben vorgesehen, sie zu rechnen.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 26<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wir nehmen auf, dass das so vorgesehen ist, und werden uns darüber Gedanken machen.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Wir haben vorhin schon einmal kurz über das bodennahe Ozon gesprochen. Es wurde<br />

zusätzlich gefordert, dass diese Zusatzbelastungen in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen<br />

seien.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Herr Baumann, wenn ich darauf hinweisen darf: Wenn wir das bedenken, bedeutet das nicht,<br />

dass wir der Berechnung zustimmen. Nur, falls Sie betonen wollen, dass Sie damit nicht<br />

einverstanden sind.<br />

RA Baumann:<br />

Herr Vorsitzender, ich wollte nur nachfragen, was Frau Herold damit meint, dass sie in die<br />

Gesamtbetrachtungen mit einzubeziehen sind. Sie sind einzubeziehen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja. Das ist eine Forderung, die sie aus den Einwendungen referiert. Aus den Anregungen<br />

referiert sie und gibt dem Publikum und den Anwesenden Gelegenheit, sich noch einmal<br />

näher damit zu befassen. Wir nehmen keine Bewertung der Forderungen vor.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Als Nächstes wurde angesprochen, dass eine Prognoseentwicklung zur Smogsituation im<br />

Rhein-Main-Gebiet vorgelegt werden müsste.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich stelle fest, das trifft auf allgemeine und ungeteilte Zustimmung im Publikum. Fraport<br />

klammere ich bei diesen Feststellungen aus. Deren Zustimmung oder Nichtzustimmung steht<br />

im Augenblick nicht so sehr zur Debatte. Dann dürfen Sie fortfahren.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Der nächste Punkt – er wurde gestern schon einmal kurz angerissen, aber ich möchte ihn<br />

trotzdem hier noch einmal aufführen, weil es noch eine Erweiterung gibt – ist, dass eine<br />

Kombinationswirkung sämtlicher Schadstoffe oberhalb der Bagatellschwellen sowie eine<br />

gebietsbezogene Interpretation der Auswirkungen gefordert wurde. Hierzu kam noch eine<br />

zusätzliche Forderung, dass Komplexwerte zu ermitteln seien.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich gehe davon aus, dass Herr Baumann sich da wiederfindet, sodass wir fortfahren können.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 27<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Der letzte Punkt bei den zusätzlichen Unterlagen ist das humantoxikologische Gutachten. Da<br />

wurde vorgetragen, es sei zu kurz und zu lückenhaft. Weitere Stichpunkte sind: Auswirkun-<br />

gen nach Besiedlungsdichte, Empfindlichkeit einzelner Gebiete und schützenswerte Einrich-<br />

tungen sind zu berücksichtigen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wenn das so vorgetragen wird, ist das sozusagen eine Bestätigung dessen, dass wir<br />

aufgenommen haben, was Sie schriftlich vorgetragen haben, damit niemand den Eindruck<br />

hat, wir lesen das nicht. Sie können also erkennen, dass das bei uns angekommen ist.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Dann leite ich über zum Bereich „Maßnahmen zu Vermeidung, Minderung, Ausgleich und<br />

Ersatz“. Da wurde in den Stellungnahmen vorgetragen, dass Handlungsstrategien zur<br />

Reduktion von Kohlendioxid vorgenommen werden müssten.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das war insbesondere die Stadt Offenbach. Sie haben eigentlich nichts weiter hinzuzufügen.<br />

Aber Herr Baumann will weitere Reduzierungsstrategien ansprechen, nehme ich an.<br />

RA Baumann:<br />

Herr Heldmaier hat vorhin schon darauf hingewiesen, dass die Flieger in Frankfurt Strecken<br />

bis zu 200 km zurücklegen, bis sie tatsächlich landen. Der Anflug ist im Vergleich zu anderen<br />

Flughäfen in Europa oder eigentlich weltweit so unvergleichbar lange, dass hier Minimierun-<br />

gen dringend geboten erscheinen. Andere Flughäfen kommen mit ca. 30 km aus. Hier<br />

werden Landevorgänge konstruiert, die dem Schadstoffminimierungsgebot in jeglicher<br />

Hinsicht widersprechen. Es ist also eine unverhältnismäßige Belastung, die durch diese<br />

langen Anflüge auf die Bevölkerung zukommt.<br />

Deswegen müsste einerseits im Rahmen von aktiven Planungsmaßnahmen darüber nach-<br />

gedacht werden, wie die Flugbewegungen verändert werden können, und zum anderen<br />

müssten auch die Erfordernisse aus toxikologischer Sicht formuliert werden, die dazu Anlass<br />

geben, diese Reduzierungen vorzunehmen. Es ergeben sich auch juristische Imperative im<br />

Hinblick auf die Minimierung, gerade auch im Hinblick auf die Anpassung und Reduzierung<br />

der Anflugbewegungen.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Ein Zusatz im Zusammenhang mit dem Luftreinhalteplan, den Herr Dr. Büchen angespro-<br />

chen hat: Weil das sowieso kommt, sind diese Reduzierungsgeschichten einfach notwendig.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 28<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das haben wir auch so gesehen.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

In Ergänzung zu Herrn Baumann: Ich habe hier einen Artikel eines ehemaligen Fluglotsen<br />

und heutigen Piloten der Vereinigung Cockpit. Überall hat man die Anflugverfahren verkürzt,<br />

zum Beispiel aus Lärmgründen. Hier in Frankfurt hat man die Anflugverfahren extrem<br />

verlängert, und zwar mit der Begründung der Luftraumkapazität. Andere regeln das besser,<br />

sehen sich in einer ganz anderen Verantwortung.<br />

Wir wollen gar nicht darüber streiten, ob sich die Flugbewegungen verdoppeln. Aber selbst<br />

wenn es nur 650.000 Flugbewegungen werden sollen, muss man bei der Systematik, die<br />

hier in Frankfurt vorherrscht, davon ausgehen, dass die Anflüge noch länger werden, denn<br />

ich brauche mehr Platz, um die Flieger aufzureihen. Dann passiert genau das Gegenteil<br />

dessen, was wir eigentlich im Auge haben. Wie lange werden die Anflüge dann, wenn<br />

ausgebaut ist? Das ist eine wichtige Frage, aber darüber wurde überhaupt nichts gesagt.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wir werden dieser Frage ein besonderes Augenmerk zu widmen haben. Das brauchen wir<br />

jetzt inhaltlich nicht zu erörtern, aber dieser Sache muss nachgegangen werden. Ich habe<br />

jetzt ja auch von Ihnen erfahren, warum die Anflugverfahren so lange sind.<br />

Wir machen jetzt eine Kaffeepause bis kurz vor 11 Uhr.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

(Unterbrechung von 10.34 bis 10.58 Uhr)<br />

Der Main-Kinzig-Kreis fordert eine Betrachtung mit dem Anflugverfahren des Continuous<br />

Descent Approach, weil es mit dieser Anflugtechnik möglich wäre, mehrere Millionen Liter<br />

Treibstoff pro Jahr einzusparen, die eine Kompensation für die zu erwartende Steigerung der<br />

Flugbewegungen erbringen würden, die technisch hier abwickelbar wären. Herr Heldmaier<br />

wird kurz überschlagen, welche Zahlen denkbar wären.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

450 Millionen Liter pro Jahr wären einzusparen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich möchte Fraport Gelegenheit geben, die langen Anflugstrecken zu erläutern oder dazu<br />

Stellung zu nehmen, ob sie sich verkürzen lassen.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 29<br />

Brendle (Vorhabensträgerin):<br />

Die Anflugstrecken sind von der DFS geplant. Auch für die Ausbaufälle sind sie von der DFS<br />

geplant. Eine Verkürzung dieser Anflugstrecken ist nach meiner Auffassung in jedermanns<br />

Interesse, im Interesse der Airlines, im Interesse der DFS ebenso. Insofern gehe ich davon<br />

aus: Wenn sie so sind, wie sie sind, und wenn sie auch so bleiben, was die Längenverhält-<br />

nisse anbelangt, dann gibt es einfach Gründe, die einer Verkürzung entgegenstehen, obwohl<br />

sie in jedermanns Interesse wäre. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Da müsste man auf die<br />

DFS verweisen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Dann sollte man der Frage nachgehen, wie es zu diesen langen Anflugstrecken kommt. Sie<br />

müssen das natürlich jetzt nicht beantworten, aber man muss wahrscheinlich in den Unterla-<br />

gen irgendwelche Angaben dazu machen, wie es zu einer solchen Ausnutzung kommt.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Ich habe nicht ohne Grund Herrn Eck dieses Kartenmaterial übergeben. Da sehen Sie die<br />

ganzen Punkte. Die größte Rationalisierungsmaßnahme, die die Deutsche Flugsicherung<br />

jemals durchgeführt hat, steht in enger Verbindung mit diesen langen Anflugstrecken. Kurze<br />

Anflugstrecken sind für den Fluglotsen sehr arbeitsintensiv. Bei kurzen Anflugstrecken<br />

können Sie den Fluglotsen nicht 8 Stunden an den Radarschirm setzen. Er ist da sehr im<br />

Stress. Sie werden bei der Deutschen Flugsicherung keinen stressgeplagten Fluglotsen<br />

mehr sehen, nachdem diese Routen eingeführt worden sind, weil der Fluglotse von seiner<br />

„Führungstätigkeit“ weitestgehend entbunden ist. Er muss nur noch festlegen, wo die Flieger<br />

dann eindrehen. Je länger natürlich die Anflugstrecken sind, umso weniger problematisch ist<br />

es.<br />

Wenn Sie auf einer kurzen Anflugstrecke ein Flugzeug herunterführen, wie zum Beispiel in<br />

London, dann müssen Sie den Lotsen nach einer halben Stunde ablösen. Bevor er abgelöst<br />

wird, wird ein anderer schon wieder an den Tisch geführt und muss sich in die Systematik<br />

eindenken und muss dann reibungslos die Kontrolle übernehmen. Das ist wesentlich<br />

arbeitsintensiver. Das ist der Grund, warum die Anflugstrecken in Frankfurt immer länger<br />

werden und anderswo immer kürzer. Dort sagt man: Das tun wir der Bevölkerung nicht an.<br />

Dann müssen wir eben Personal einstellen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Damit haben wir das einigermaßen plausibel geklärt. Welche Auswirkungen das im Verfah-<br />

ren hat, müssen wir anschauen.<br />

Kaller (Offenbach):<br />

Ich habe heute Nacht über das Unding nachgedacht, was gestern hier abgelaufen ist und<br />

was sich soeben wiederholt hat. Gestern haben Sie die Frage nach den berühmten Stell-


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 30<br />

schrauben, die die Kapazität eines Flughafensystems oder eines Flughafens begrenzen,<br />

gestellt. Da ist von Fraport gar nichts gekommen. Man hat Ausflüchte gebracht: Das sei so<br />

vielfältig, das könne man nicht sagen. Eine Frage nach einem typisch flughafenspezifischen<br />

Charakteristikum ist heute von Fraport auch nicht beantwortet worden, und städtische<br />

Berater müssen Sie hier als Regierungspräsidium und als federführende Behörde beraten.<br />

Ich halte das für ein Unding und konstatiere, dass Fraport überhaupt nicht bereit ist, hier<br />

konstruktiv mitzuarbeiten.<br />

(Vereinzelt Zustimmung)<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Hier sollen uns die Fachbehörden beraten. Fraport kann dazu Stellung nehmen, warum das<br />

eine oder andere nicht geht. Aber was Fraport uns zu sagen hat, haben sie uns entweder<br />

vorher mitgeteilt, oder sie können es uns nachher immer noch mitteilen. Aus dem Stegreif ist<br />

das manchmal möglich, manchmal auch nicht. Ich kann nicht bestätigen, dass keine Mitar-<br />

beit gewünscht ist. Aber ein Zwiegespräch auf dem Podium zwischen uns und Fraport ist<br />

nicht der Zweck dieses <strong>Termin</strong>s. Es ist ein Beratungstermin der Fachbehörden gegenüber<br />

uns, damit wir feststellen können – und nicht nur auf die Angaben von Fraport angewiesen<br />

sind –, welche Themen wir noch aufzuarbeiten haben.<br />

Wir brauchen hier gar nicht inhaltlich zu operieren. Deswegen spielt es gar keine Rolle, dass<br />

Fraport bestimmte Fragen inhaltlich nicht beantworten kann. Das ist irrelevant. Wir müssen<br />

hier nur feststellen: Welche Fragen sind zu beantworten, wenn der Antrag gestellt wird?<br />

Darauf läuft es hier hinaus.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Wir setzen jetzt mit dem Bereich „Bewertung“ fort.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Zu den Bewertungsmaßstäben schreibt die Vorhabensträgerin auf Seite 80 ihres <strong>Scoping</strong>-<br />

Papiers, das Bundesimmissionsschutzgesetz und untergesetzliche Regelwerke auch für<br />

Luftreinhaltung fänden keine Anwendung, wieder bezogen auf § 2 Abs. 2 BImSchG. Hier<br />

haben wir eine andere Rechtsauffassung; es wird den Kollegen Lurz und auch Sie nicht<br />

wundern. In der 22. BImSchV und in der TA Luft sind Vorgaben enthalten, die quellen-<br />

unspezifisch sind. Es geht da gar nicht um den Flughafen und um die Frage, ob diese Werte<br />

und Messmethoden innerhalb Ihres Zauns anzuwenden sind. Das ist also jetzt auch nur von<br />

untergeordnetem Interesse. Es geht hier um die Umgebung und nicht um den Flughafen. Sie<br />

sind also nicht frei, diese Regelwerke nur als Orientierungswerte oder in Analogie heranzu-<br />

ziehen. Diese Regelwerke sind vielmehr unmittelbar anwendbar und zwingend zugrunde zu<br />

legen, mit all ihren Teilen und auch mit dem Teil der Punktbewertung, die Sie, so gut es<br />

irgend möglich ist, vorzunehmen haben.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 31<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Ich möchte noch die Londoner Vorschriften zu den Anflügen ergänzen: Von 23 bis 7 Uhr<br />

morgens sind CDA-Anflüge „obligatory“. Da darf nichts anderes gemacht werden. Sie<br />

werden auch sonst gemacht, nur nebenbei. Ich habe hier eine Liste der Landungen. Es gibt<br />

eine Kapazität von 45 Landungen pro Stunde. Es ist also nicht kapazitätshemmend. Das<br />

wird weltweit gemacht.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist okay. Wir haben ja nicht in Frage gestellt, ob das geht oder nicht.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Aber Fraport.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein, Fraport hat es nicht bestritten, sondern hat auf die DFS verwiesen und hat gesagt, die<br />

werden irgendwelche Gründe haben. Sie haben aber nicht bestritten, dass es geht. Es kann<br />

sein, dass Rationalisierungsmaßnahmen die Gründe sind. Über die Gründe hat sich Fraport<br />

aber nicht geäußert. Sie hat auch nicht qualifiziert, dass das Vorgehen zwingend wäre oder<br />

technisch erforderlich wäre. Sie hat nur gesagt, man muss die DFS fragen.<br />

Sie haben jetzt schon eine gewisse Aufklärung gebracht. Damit ist die Frage vorläufig<br />

beantwortet, bis die DFS vielleicht irgendetwas anderes sagt. Das werden wir sehen. Wenn<br />

es in diesem Verfahren überhaupt erforderlich sein wird, dieser Frage nachzugehen, dann<br />

wird es geschehen. Das ist ganz klar.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Ich würde Sie bitten, eigene Vorschläge bezüglich der Zuordnung der Kriterien zu den<br />

Wertstufen zu machen. Es kann nicht von Fraport gefordert werden, dies in den <strong>Scoping</strong>-<br />

Unterlagen vorzunehmen. Jetzt können Sie diesbezüglich eigene Vorschläge vortragen.<br />

RA Baumann:<br />

Es geht hier um juristische Eckwerte, die für eine Bewertung zugrunde zu legen sind. Wenn<br />

ich Sie richtig verstanden habe, geht es um die Kriterien im Hinblick auf Schadstoffe und dort<br />

einerseits um humanbiologische und andererseits auch um tierbiologische Werte, vielleicht<br />

auch phytotoxiologische Werte, die zugrunde gelegt werden sollten.<br />

Eck (RP Darmstadt):<br />

Die Frage von Frau Herold zielte generell darauf, wie Wertstufen festgelegt werden könnten,<br />

bezogen auf einzelne Schadstoffkategorien. Aber wenn Sie Wertstufen unter Stützung auf<br />

die mehr toxikologischen Aspekte festlegen wollen, geht das natürlich auch. Wir suchen<br />

einfach nach Maßstäben, wie wir eine bestimmte Stufung, Wertung bei den Schadstoffen


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 32<br />

und natürlich auch bei den Auswirkungen vornehmen können, also wie wir Wertkategorien<br />

bilden können, entweder nur auf Schadstoffe reduziert oder auch im Hinblick auf die Kom-<br />

plexwirkungen, die Sie angesprochen haben. Es geht nicht nur um die absolute Obergrenze<br />

oder Untergrenze, sondern um die Frage: Wie kann man da unter Berücksichtigung von<br />

Eckwerten eine Stufung hineinbringen?<br />

RA Baumann:<br />

Ich werde Ihnen heute noch unter fluglärmrelevanten Kriterien Eckwerte übergeben. Dort ist<br />

ein Vorspann, der dem entspricht, was ich verfassungsrechtlich und auch einfachgesetzlich<br />

schon am Dienstag erläutert habe. Die allgemeinen Grundlagen gelten natürlich auch im<br />

Bereich der Toxikologie. Zunächst ist zu differenzieren zwischen krebserregenden und nicht<br />

krebserregenden Stoffen. Die nicht krebserregenden Stoffe sind in chronisch toxische Stoffe<br />

und akut toxische Stoffe aufzusplitten. Die chronisch toxischen Stoffe können zu Langzeit-<br />

schäden führen und beinhalten deswegen eine Problematik, die gerne in den Bereich der<br />

Vorsorge gedrängt wird.<br />

Ich möchte gerade diesbezüglich die Wahrnehmung schärfen, dass die Tatsache, dass man<br />

bestimmte Auswirkungen erst längerfristig feststellen kann, nicht Anlass sein darf, nur von<br />

reinen Belästigungen oder von nicht zuordenbaren Schäden zu sprechen. Da gibt es<br />

entsprechende epidemiologische Studien, die zugrunde gelegt werden können. Ich sage das<br />

jetzt erst mal ganz allgemein. Das sind Langzeituntersuchungen, die in die Überlegungen<br />

eingehen müssen und auch berücksichtigungsbedürftig sind.<br />

Was die akut toxischen Stoffe angeht, wird man hier wahrscheinlich nicht den ganz großen<br />

Schwerpunkt haben. Es wird der Schwerpunkt der Betrachtung auf die langfristig toxischen<br />

Stoffe zu legen sein.<br />

Was die krebserregenden Stoffe angeht, haben wir das „ALARA“-Prinzip, „as low as reaso-<br />

nably achievable“. Hier ist das Minimierungsgebot, das aus der TA Luft und auch aus der<br />

Rechtsprechung zum Bundesimmissionsschutzgesetz bekannt ist, relevant. Das heißt, es<br />

müssten hier natürlich – das ist die Schwierigkeit – bestimmte Bewertungsmaßstäbe entwi-<br />

ckelt werden, ab wann bestimmte krebserregende Stoffe als Bagatellwert nicht berücksichtigt<br />

werden müssen, ab wann sie berücksichtigungsbedürftig sind und dann aber auch schon<br />

Gefahrenabwehrwerte sind. Aus meiner Sicht ist die Grauzone „Gefahrenverdacht“ von<br />

besonderer Bedeutung. Da wird sich die Diskussion auch im Planfeststellungsverfahren<br />

fokussieren.<br />

Die vom LAI zu krebserregenden Stoffen festgelegten Grundsätze sollten hier Eingang<br />

finden und sollten zu konkreten Bewertungen der einzelnen krebserregenden Stoffe führen,<br />

auch unter Berücksichtigung des Gesamtrisikos und der Erhöhung des Risikos für die<br />

Bevölkerungsgruppe im Rhein-Main-Bereich. Die Methoden sind dort ausführlich dargestellt.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 33<br />

Sie sind in die Novellierung der 22. BImSchV eingegangen, zwar nur teilweise, müssen aber<br />

dennoch berücksichtigt werden.<br />

Was die UVU angeht, sind die von Kühling/Peters apostrophierten und aufgelisteten Werte<br />

zu berücksichtigen. Das sind keine eigenen gefundenen Werte, sondern die Bewertungen,<br />

die dort vorgenommen worden sind, sind von entscheidender Bedeutung. Dort sind die<br />

Werte zusammengetragen, die international relevant sind. Insoweit müssten sie für die<br />

toxikologische Bewertung auch hier eingehen, soweit nicht gesetzliche Regelungen vorhan-<br />

den sind. Weitestgehend sind diese Werte schon in die neuere Gesetzgebung eingeflossen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Herr Dr. Büchen, ich kenne aus meinem Rechtsgebiet die Begriffe „NOAEL“ und „LOAEL“.<br />

Ich weiß nicht, ob dies für Luftschadstoffe auch bekannt ist. Der erste ist im Bundesanzeiger<br />

161 a veröffentlicht und wird definiert als die niedrigste Konzentration, bei der man noch eine<br />

negative Reaktion des Körpers entdeckt. Der andere Begriff beschreibt den höchsten Wert,<br />

bei dem man noch keine Reaktion entdeckt. Gibt es so etwas auch in der Luftschadstoffwis-<br />

senschaft?<br />

Dr. Büchen (HLUG):<br />

Es gibt bei den Toxikologen im lufthygienischen Bereich natürlich auch dieselben Werte.<br />

Wenn die Diskussion so weit fortgeschritten ist, dass dafür Werte festgelegt sind, ist aber<br />

meistens auch schon eine Empfehlung auf dem Tisch, was man als Grenzwert ansetzen<br />

sollte.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Da hat man also schon bestimmte Definitionen mit Erkenntnissen. Danke.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Frau Herold, ich finde es erstaunlich, dass Sie Wertstufen diskutieren wollen. Ich hatte schon<br />

die allgemeine Kritik geäußert, dass das hier nicht enthalten ist. Es ist sehr schwierig, das<br />

jetzt zu diskutieren. Warum bitten Sie nicht zunächst Fraport, einmal darzustellen, was sie<br />

mit Wertstufen eigentlich vorhat? Entlang dessen könnten wir dann diskutieren.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Es wurde in den letzten Tagen schon diskutiert, dass es von Fraport nicht gefordert werden<br />

kann, im Rahmen des <strong>Scoping</strong>-Papiers solche Wertstufen vorzulegen. Deswegen diskutieren<br />

wir das jetzt abstrakt, und Sie können Ihre Vorschläge einbringen.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Ich erinnere an die Aussage von Frau von Knebel, dass die Unterlagen natürlich eine<br />

Diskussionsgrundlage sein müssen. Für diesen Punkt sind sie das nicht.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 34<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Für Wertstufen brauchen die Unterlagen nichts herzugeben. Die Wertung ist eine hoheitliche<br />

Aufgabe. Ich kann einen Gutachter nicht beauftragen, eine Wertung vorzunehmen. Ich kann<br />

die hoheitliche Aufgabe nicht delegieren; das ist unmöglich. Wenn da Wertstufen vorgege-<br />

ben würden und wir darauf eingehen würden, würde es heißen, wir hätten die Wertstufen<br />

parteiisch übernommen. Das ist ein sehr schwieriger Acker. Je nachdem, wie man es macht,<br />

ist es dann falsch. Ich will auch keine Wertung vornehmen, warum und in welchem Umfang<br />

Wertstufenvorschläge gemacht oder nicht gemacht werden. Wenn sie nicht gefordert werden<br />

können, ist die Diskussion über die Frage, warum sie nicht vorgelegt worden sind, damit<br />

beendet.<br />

RA’in Philipp-Gerlach:<br />

Ich stimme Ihnen insoweit zu, als dass es nicht gefordert werden kann. Aber wir haben die<br />

ganze Zeit gehört, dass eine Bewertung in der UVS ja stattfindet, was auch diversen Tabel-<br />

len und Ausführungen der Unterlagen zu entnehmen ist. Eine Frage an Fraport: Soll diese<br />

Bewertung anhand von Wertstufen stattfinden? Wenn ja, warum sind sie dann nicht hier<br />

vorgestellt worden?<br />

Balla (Vorhabensträgerin):<br />

Wir werden einen Bewertungsvorschlag in der UVS vornehmen, und wir werden die Metho-<br />

dik der Bewertung mit der Humantoxikologin abstimmen. Wir haben extra das humantoxiko-<br />

logische Gutachten mit dem Untersuchungsprogramm, um eine fachlich fundierte Bewertung<br />

abzuliefern. Aber zum jetzigen Zeitpunkt können wir zu den konkreten Wertstufen oder zu<br />

der Frage, ob Wertstufen differenziert werden, noch keine Aussage treffen.<br />

RA Schmitz:<br />

Bezüglich der angesprochenen Frage verweise ich zunächst auf unsere Stellungnahme im<br />

Raumordnungsverfahren. Dort sind über zehn Seiten Bewertungsvorschläge gemacht<br />

worden. Aus unserer Sicht stellt sich die Frage, warum nicht die Bewertungsansätze aus<br />

dem Mediationsverfahren – Gutachten 9, humantoxikologische Bewertung der Emissionen,<br />

Prof. Dr. Kruse – von der Vorhabensträgerin herangezogen werden.<br />

Wir haben zu verschiedenen Werten Ausführungen gemacht. Ich möchte die einzelnen<br />

Werte jetzt nicht nennen; ich verweise diesbezüglich auf unsere Stellungnahme im Raum-<br />

ordnungsverfahren.<br />

Der Vergleich der Emissionen im Basisjahr des Mediationsverfahrens 1998 hat bereits<br />

ergeben, dass Benzol und NO2 die größte Rolle spielen und die Belastungen auf dem<br />

Flughafen und in der Umgebung schon damals höher waren als die formulierten Umwelt-<br />

standards.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 35<br />

RA Baumann:<br />

Ich möchte auf Ihre Äußerung, Herr Bickel, zum „No Adverse Effect Level“ eingehen, der<br />

dem entspricht, was ich als Bagatellgrenze angesehen habe.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja, das habe ich mir gedacht.<br />

RA Baumann:<br />

Ich wiederhole mich da im Hinblick auf Gesundheitsbeeinträchtigungen, auf die ich jetzt<br />

eingehen möchte. Wenn funktionelle oder morphologische Veränderungen vorliegen, liegt<br />

ein Gesundheitsschaden vor, auch dann, wenn langfristig oder bei besonders empfindlichen<br />

Personen diese Effekte auftreten. Es ist absolut unzulässig, beispielsweise 10 % oder 5 %<br />

der Bevölkerung auszugrenzen mit der Argumentation, dass diese besonders empfindlich<br />

seien. Das sollte bei all den Untersuchungen, die hier vorgenommen werden, berücksichtigt<br />

werden.<br />

Es ist ein außerordentlich geringer Promillesatz, bei dem man von Überempfindlichkeiten im<br />

krankhaften Sinne sprechen kann. Ich will es an einem Beispiel deutlich machen: Wenn Sie<br />

hier im Saale eine Geruchsprobe herumreichen würden, kann es passieren, dass 60 % der<br />

Personen nichts riechen, 20 % riechen deutlich etwas, und 10 % sagen: Es ist ätzend. Es ist<br />

sehr, sehr unangenehm. 5 % fallen fast um davon. Solche Dinge haben wir in einem Audito-<br />

rium mal ausprobiert und als Ergebnisse gehabt. Die 5 %, die gerade dies umweht, sitzen<br />

sonst auch ganz normal unter uns, und man kann nicht einfach davon ausgehen, dass dies<br />

extrem empfindliche Personen wären. Ich habe versucht, dies bezüglich des Lärms zu<br />

apostrophieren. Ich möchte es im Hinblick auf die Schadstoffe ebenfalls getan haben.<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Wenn es zum Bereich Luftschadstoffe keine Fragen mehr gibt, könnten wir zu den sonstigen<br />

Auswirkungen übergeben.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist der Fall. Dann kommen wir zu Tagesordnungspunkt:<br />

6.1.1.3 Sonstige Auswirkungen (insbesondere Sicherheitsfragen)<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Im Bereich der sonstigen Auswirkungen wurde die Thematik Geruchsbelästigung angespro-<br />

chen. Ganz allgemein wurde formuliert, dass das Problem der Geruchsbelästigung zu klären<br />

sei. Vielleicht kann Fraport dazu kurz ausführen, welche Untersuchungen sie durchführen<br />

möchte.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 36<br />

Meyer (Vorhabensträgerin):<br />

Wir haben vorgesehen, eine Geruchsprognose zu beauftragen und damit auch bezüglich der<br />

Geruchsbelästigung Aussagen in der UVS machen zu können.<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Wenn Bedarf besteht, kann ich näher erläutern, wie die Methoden bei der Geruchsprognose<br />

sind.<br />

Böhm (HGON):<br />

Wie weit wird diese Geruchsbelästigung einbezogen? Wie ist die Abgrenzung?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Die Geruchsbelästigung wird vor allen Dingen im Nahbereich des Flughafens untersucht,<br />

und zwar stützt man sich da auf die Geruchsbegehung, die schon vom TÜV im Zeitraum<br />

1999/2000 über ein Jahr durchgeführt wurde. Da gibt es Ergebnisse von Geruchsbegehun-<br />

gen, die einer Prognose zugrunde gelegt werden, die sich auf die Ausbreitungsergebnisse<br />

von Kohlenwasserstoffen bezieht. Es gibt also eine Verbindung zwischen Kohlenwasserstof-<br />

fen und Gerüchen. Diese Verbindung wird ausgenutzt, um die Gerüche zu prognostizieren.<br />

Böhm (HGON):<br />

Welche Kommunen werden hier einbezogen?<br />

Frau Schreiber (Vorhabensträgerin):<br />

Da ist ein Untersuchungsraum im Nahbereich angedacht. Ich kann Ihnen jetzt nicht genau<br />

sagen, wie groß er ist. Es steht aber in den Unterlagen. Er dürfte 10 x 14 km sein.<br />

– 18 x 10.<br />

(Balla [Vorhabensträgerin]: 18 x 10!)<br />

Frau Herold (RP Darmstadt):<br />

Dann gehen wir jetzt auf die Problematik des Kerosinablasses ein. Da wurde gefordert: „Die<br />

Praktiken und gesundheitlichen Auswirkungen des Fuel-Dumpings sind tiefergehend zu<br />

untersuchen.“ Vielleicht kann sich Fraport dazu auch mal kurz äußern, bitte.<br />

Balla (Vorhabensträgerin):<br />

Zum Fuel-Dumping ist vorgesehen, die gleichen Aussagen zu treffen wie im Raumordnungs-<br />

verfahren. Aus unserer Sicht ist das Thema Fuel-Dumping im Planfeststellungsverfahren<br />

nicht entscheidungserheblich, da bisher keine Auswirkungen auf den Naturhaushalt nachge-<br />

wiesen werden konnten.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 37<br />

Mattheß (RP Darmstadt):<br />

Jetzt kommen wir zu den Erschütterungen. Es wurde mehrfach vorgetragen, dass nach dem<br />

<strong>Scoping</strong>-Papier kein Erschütterungsgutachten vorgesehen ist. Es wird in diesem Zusam-<br />

menhang auch auf die landesplanerische Stellungnahme verwiesen, wo mehr oder weniger<br />

geschrieben worden ist, dass ab bestimmten Überflughöhen bestimmte Beeinträchtigungen<br />

zu benennen sind und dass die Auswirkungen auf Bewohner und Beschäftigte darzustellen<br />

sind.<br />

Böhm (HGON):<br />

Ich möchte auf die Erschütterungen und die Vibrationen eingehen. Das ist eine Tatsache, die<br />

nicht von der Hand zu weisen ist. Dies wurde beim ersten <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> von Fraport<br />

abgewiesen. Ich persönlich bin Bürger von Zeppelinheim, und diese Situation kann jeder hier<br />

nachprüfen. Selbst Ihr damaliger Gutachter ist im Anschluss an den <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> auf<br />

mich zugekommen und war bei mir in Zeppelinheim, um sich zu der Sachlage kundig zu<br />

machen. Leider findet man diese Erschütterungen nicht immer vor. Es sind in erster Linie<br />

Überflüge in einer gewissen Art und Weise, bei Ostwetterlage, und es ist sogar teilweise<br />

ganz massiv Bodenlärm, ausgehend von Probeläufen.<br />

Meyer (Vorhabensträgerin):<br />

Mir ist sehr wohl noch bekannt, dass wir im Raumordnungsverfahren dieses Thema bereits<br />

angesprochen haben. Wir haben auch mit unserem Gutachter dieses Thema natürlich<br />

besprochen, mit dem Ergebnis, dass wir nicht zu dem Schluss gekommen sind, dass<br />

relevante Erschütterungen zu erwarten sind. Wir werden den Hinweis aber auch auf der<br />

Grundlage des <strong>Termin</strong>s heute noch einmal aufnehmen und mit unserem Gutachter noch<br />

einmal besprechen.<br />

Mattheß (RP Darmstadt):<br />

Es muss zumindest eine Aussage dazu getroffen werden, wenn Sie der Meinung sind, dass<br />

das nicht relevant ist. Mehr können wir zu dem Thema jetzt nicht sagen.<br />

Eng mit diesem Punkt verbunden sind die Wirbelschleppenbildungen. Dazu könnte jetzt noch<br />

etwas vorgebracht werden.<br />

Dr. Mondré (Main-Taunus-Kreis):<br />

Sie haben in der landesplanerischen Beurteilung angegeben, dass auch die Frage der tiefen<br />

Überflüge gesondert in einem Gutachten zu beurteilen ist. Gerade in diesem Zusammen-<br />

hang spielen natürlich die Erschütterungen eine besondere Rolle. Die Beeinträchtigung<br />

durch die tiefen Überflüge soll entsprechend dargestellt und untersucht werden, hieß es. Ist<br />

es da nicht doch richtig, dass in diesem Zusammenhang die Erschütterungen mit untersucht<br />

werden müssten?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 38<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Wir werden den Gutachter noch einmal darauf ansprechen und auf diese Themenbereiche<br />

eingehen.<br />

RA’in Distler:<br />

Wir hatten das Thema im Raumordnungsverfahren. In der landesplanerischen Beurteilung<br />

hat sich das Regierungspräsidium einfach auf die Aussage der Fraport verlassen, dass es<br />

durch den Ausbau nicht zu erheblichen Veränderungen oder Auswirkungen kommen werde,<br />

was die Wirbelschleppen und die Erschütterungen angehe. Wenn wir uns jetzt wieder<br />

einfach auf eine Aussage des Gutachters der Fraport verlassen, ohne konkrete Untersu-<br />

chungen vorzunehmen – Messungen oder sonstige Beobachtungen vor Ort –, dann werden<br />

wir wieder nicht schlauer sein als nach dem Raumordnungsverfahren.<br />

Ich fordere daher, eine entsprechende Untersuchung im Unterrichtungsschreiben anzuord-<br />

nen. Die Wirbelschleppenthematik ist bekannt; sie liegt vor. Sie wird auch von Fraport nicht<br />

bestritten. Es muss also untersucht werden. Es ist eine erhebliche Umweltauswirkung.<br />

RA’in Fridrich:<br />

In der landesplanerischen Beurteilung war bei den Erschütterungen lediglich festgehalten<br />

worden, dass es keine raumordnerischen Auswirkungen hat. Das ist natürlich unter Umstän-<br />

den im Planfeststellungsverfahren anders zu beurteilen.<br />

Die Problematik der sich lösenden Dachziegel und Erschütterungen gab es meines Wissens<br />

auch im Flughafen Zürich, als die Flugrouten verändert wurden. Dort wurde auch sehr<br />

niedrig über dicht besiedeltes Gebiet eingeflogen. Vielleicht wäre es sinnvoll, mit dem BAZL<br />

in der Schweiz Kontakt aufzunehmen. Das ist die dort zuständige Umweltbehörde. Ich kann<br />

Ihnen die Adresse zukommen lassen. Eventuell gibt es dort auch weitere Informationen oder<br />

Erkenntnisse. Man muss ja das Rad nicht neu erfinden, sondern kann auch mal schauen,<br />

was andere machen.<br />

Dr. Mondré (Main-Taunus-Kreis):<br />

Ich hätte gerne eine Stellungnahme vom Regierungspräsidium: Wie war denn Ihre Darstel-<br />

lung in der landesplanerischen Beurteilung gemeint? Sie sagen: „Die Überflüge in niedrigen<br />

Höhen sind gutachterlich zu untersuchen, und auf die Auswirkungen auf die Bewohner und<br />

Beschäftigten ist einzugehen.“ Hat man gedacht, Erschütterungen spielen da keine Rolle und<br />

sollen außen vor bleiben? Oder war man doch der Ansicht, wenn man diese Sache unter-<br />

sucht und dies entsprechend fordert, dass Auswirkungen wie Erschütterungen und Vibratio-<br />

nen, die durch tiefe Überflüge entstehen, auch berücksichtigt werden müssen?<br />

Mattheß (RP Darmstadt):<br />

Wir werden unsere Erkenntnisse und die, die wir hier noch gewinnen, prüfen und dann<br />

entscheiden, was in unserer Stellungnahme steht.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 39<br />

Eck (RP Darmstadt):<br />

Überflughöhen spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle. Wirbelschleppen und mögliche<br />

Erschütterungen – deshalb haben wir es auch in der landesplanerischen Beurteilung<br />

thematisiert – spielen unter Umständen aber auch bei psychologischen Wirkungen auf die<br />

Bürger und unter Umständen bei Sicherheitsfragen eine Rolle. Dieser Aspekt wird bei den<br />

Themen Sicherheit und psychologische Wirkungen angesprochen werden müssen. Dies nur<br />

zur Begründung dafür, warum wir in der landesplanerischen Beurteilung bei den Maßgaben<br />

etwas zur Überflughöhe gesagt haben.<br />

Ich gehe davon, dass wir sowohl den psychologischen bzw. Sicherheitsaspekt als auch<br />

mögliche Beeinträchtigungen im Hinblick auf Wirbelschleppen und Erschütterungen abde-<br />

cken. Aber wir müssen gucken, ob wir da eine Relevanz sehen. Wenn wir eine Relevanz<br />

sehen, ist der Hinweis auf die Vorgehensweise an anderen Flughäfen, nicht nur in der<br />

Schweiz, sondern auch bei uns, sinnvoll, wie tief da untersucht werden muss. Aber das<br />

Thema Überflughöhen kommt auch noch mal bei der Sicherheit als Aspekt.<br />

Böhm (HGON):<br />

Ich möchte auf die Wirbelschleppenproblematik eingehen. Der Stadtwald Frankfurt nördlich<br />

von Zeppelinheim wird aufgrund dieser Vorgaben von den Bewohnern kaum noch genutzt.<br />

Die Wirbelschleppenproblematik ist bei Westwetterlage, wenn die Maschinen reinkommen,<br />

so extrem, dass das Wort „Naherholung“ für diesen Waldbereich überhaupt nicht mehr zum<br />

Tragen kommen kann. Selbst Kindergartengruppen gehen nicht mehr in den Wald, weil die<br />

Kinder erschrecken. Das kann nicht von der Hand gewiesen werden. Das kann jeder zu<br />

jeder Zeit überprüfen.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Es gab im letzten Jahr in Raunheim einen spektakulären Fall, der in der Öffentlichkeit<br />

bekannt wurde, bezüglich eines abgedeckten Daches oder so etwas Ähnliches. Fraport<br />

müsste in den Unterlagen einiges an Materialien dazu haben. Solche Dinge sind ja nicht nur<br />

einmal vorgekommen.<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Fraport wird den Planfeststellungsunterlagen ein Wirbelschleppengutachten beilegen. Dieses<br />

Gutachten wird bewerten, inwieweit derartige Effekte/Schäden durch Wirbelschleppen<br />

auftreten können, insbesondere bei den niedrigen Überflughöhen. Außerdem wird in diesem<br />

Gutachten die mögliche Gefährdung durch Blue Ice und herabfallende Flugzeugteile behan-<br />

delt, sodass wir wirklich ein breites Spektrum damit abdecken.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Können Sie noch etwas zu Fällen wie dem eines abgedeckten Daches in Raunheim sagen?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 40<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Aber doch nicht hier im <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Nein, aber wir hätten gern, dass den Unterlagen beigefügt wird, welche Schäden – –<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich bitte Sie: Wenn ein Gutachten über dieses Thema gemacht wird, was soll denn begut-<br />

achtet werden, wenn diese Fakten nicht enthalten sind?<br />

Dr. Wetterling (Frankfurt):<br />

Die Stadt Frankfurt hat schon schriftlich darum gebeten, nicht alles untersuchen zu lassen.<br />

Ich höre aus dem Main-Taunus-Kreis, dass die Flughöhen so niedrig sind, dass Erschütte-<br />

rungen auftreten sollen. Für diese Fragen habe ich kein Verständnis. Ich habe Verständnis,<br />

wenn jemand aus Raunheim oder Zeppelinheim bestimmte Fragen stellt. Aber ich möchte<br />

darum bitten, dass man den Untersuchungsraum und diese gesamte Thematik nicht nur<br />

noch ausdehnt.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Die Redebeiträge sind für uns nicht etwa eine Materialsammlung, die wir dann einfach<br />

ungeprüft in einem Riesenwaschkorb an Fraport weitergeben und zu der wir sagen: Bitte<br />

arbeitet ab. Es könnte ja irgendjemand auf die lustige Idee kommen, die Auswirkungen des<br />

Frankfurter Flughafens auf die Tundra untersuchen zu lassen. Das Projekt könnte dann<br />

kaputt gemacht werden, indem man unerfüllbare Aufträge erteilt.<br />

Sie können sich darauf verlassen, dass wir jeden einzelnen Punkt daraufhin prüfen, ob er<br />

entscheidungsrelevant, entscheidungserheblich, abwägungserheblich ist, und nur das<br />

weitergeben, was wir für erforderlich halten, und unter Umständen noch ein paar Dinge<br />

hinzufügen, bei denen wir sagen: Aus politischen und sonstigen Gründen wäre es ganz<br />

nützlich, wenn man dieses oder jenes auch noch bringen würde. Das wird aber dann<br />

besonders gekennzeichnet. Das haben wir beim letzten Mal auch so gemacht.<br />

Dr. Wetterling (Frankfurt):<br />

Herr Bickel, das unterstelle ich. Mein Vortrag galt mehr den Anwesenden, sich zu überlegen,<br />

ob sie bestimmte Beiträge leisten.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Als ich den Beitrag hörte, habe ich mir das auch überlegt. Aber ich habe mir gedacht, die<br />

Diskussion über die Frage, ob das berechtigt ist oder nicht, dauert länger, als wenn ich sage:<br />

Das nehmen wir auf, ist in Ordnung. Ich lasse jetzt auch keine Diskussion darüber zu.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 41<br />

RA Baumann:<br />

Ich möchte für die von mir Vertretenen deutlich machen, dass das Erschütterungsproblem<br />

tatsächlich eines ist. Das gilt auch für die Bürgerinitiative Sachsenhausen. Ich darf feststel-<br />

len, dass die Bürger von Frankfurt die Auffassung der Verwaltung in Frankfurt nicht in dem<br />

Maße leisten und dass die Äußerung von Herrn Dr. Wetterling gerade dort nicht akzeptiert<br />

wird.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja, aber es spielt keine Rolle. Wir müssen von Amts wegen prüfen.<br />

RA Baumann:<br />

Richtig, Sie müssen von Amts wegen prüfen. Die Relevanz für Griesheim, Weiterstadt und<br />

Erzhausen sowie für den südlichen Teil von Frankfurt ist in jedem Fall gegeben. Es ist ein<br />

Untersuchungsgegenstand, den wir auch einfordern.<br />

Dr. Mondré (Main-Taunus-Kreis):<br />

Eigentlich wollte ich dazu nichts mehr sagen, aber nachdem Sie signalisiert haben, Sie<br />

hätten auch Zweifel, ob eine Relevanz besteht – –<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein, ich habe keine Zweifel dazu geäußert. Ich lasse auch keine Diskussion mehr darüber<br />

zu. Es tut mir Leid. Selbst wenn ich Zweifel hätte: Ich bin hier nur Moderator. Es kommt<br />

allenfalls auf die Zweifel derjenigen an, die darüber zu entscheiden haben, und das bin nicht<br />

ich. Deswegen ist diese Diskussion jetzt zu Ende. Wir fangen hier doch nicht an, darüber zu<br />

diskutieren, ob die Zweifel des Moderators berechtigt sind. Ich glaube, es geht los!<br />

Mattheß (RP Darmstadt):<br />

Zu Lichtimmissionen: Vom UVS-Gutachter ist aufgeführt worden, dass Licht berücksichtigt<br />

wird. Dazu, wie das berücksichtigt wird, steht natürlich noch nichts in den <strong>Scoping</strong>-<br />

Unterlagen. Wenn Sie da noch Beiträge hätten, können Sie die jetzt äußern. Ansonsten<br />

muss man abwarten, was der UVS-Gutachter mit hineinnimmt.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Bei den Lichtimmissionen denke ich, dass Fraport sich an die Vorgaben hält, die in der<br />

landesplanerischen Beurteilung enthalten sind. Da hatten Sie schon Ausführungen gemacht,<br />

dass man es damals noch nicht konkret beurteilen konnte, weil die Planung noch nicht<br />

ausreichend konkret ist. Ich denke, wenn Sie Fraport auffordern, entsprechend der landes-<br />

planerischen Beurteilung unter Berücksichtigung des konkreteren Planungsstandes eine<br />

Untersuchung durchzuführen, ist das ausreichend.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 42<br />

Man sollte vielleicht noch überlegen, ob man eine 100-m-Störzone für ausreichend hält, und<br />

Fraport auch hier zu entsprechenden Aussagen in den Unterlagen auffordern.<br />

Böhm (HGON):<br />

Ich habe einen Wunsch in diesem Zusammenhang; ich weiß nicht, ob er zu realisieren ist.<br />

Könnte man Seismografen montieren, die diese Erschütterungen festhalten?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Irgendwelche technischen Möglichkeiten wird es sicher geben.<br />

Böhm (HGON):<br />

Die Erschütterungen sind ja nicht immer gerade dann, wenn zufällig ein Gutachter kommt.<br />

Thiele (RP Darmstadt):<br />

Wir hatten uns im Rahmen dieser Veranstaltung schon einmal ansatzweise mit Sicherheits-<br />

fragen beschäftigt, nämlich mit der Frage, ob das eine oder andere Sicherheitsproblem nicht<br />

sogar ein rechtliches Hindernis für die Landebahn Nordwest darstellen könnte. Darum geht<br />

es jetzt nicht, sondern es geht um Sicherheitsfragen insoweit, als sich daraus Auswirkungen<br />

auf die Schutzgüter des UVP-Gesetzes ergeben. Das hat zwei Wirkungsweisen, die dafür<br />

interessant sind: Zum einen geht es um das Risiko, dass sich für die Menschen außerhalb<br />

des Flughafens aus dem Regelbetrieb des Flughafens wie auch aus möglichen Störungen<br />

ergibt.<br />

Zum anderen ist die Frage, inwieweit sich Risiken oder Auswirkungen auf die genannten<br />

Schützgüter daraus ergeben können, dass der Flugbetrieb mit Anlagen in Wechselwirkung<br />

tritt, die sich außerhalb des Flughafens befinden, das heißt gewerbliche Anlagen, auf denen<br />

gegebenenfalls durch den Flugbetrieb eingewirkt wird, auch wiederum durch den Regelbe-<br />

trieb wie gegebenenfalls durch Abstürze oder sonstige Schadereignisse, die dazu führen,<br />

dass aus diesen gewerblichen Anlagen sich Risiken realisieren.<br />

Insofern würde ich Fraport jetzt bitten, zunächst zu dem vorgesehenen Konzept zur Untersu-<br />

chung dieser Sicherheitsfragen Stellung zu nehmen, um dann die Debatte eröffnen zu<br />

können.<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Aufbauend auf den Erkenntnissen der landesplanerischen Beurteilung und des Raumord-<br />

nungsverfahrens erstellen wir ein neues Gutachten zum externen Risiko. Dieses Risiko<br />

umfasst aufgrund des aktuellen konkreteren Planungsstandes die folgenden Punkte, die ich<br />

Ihnen hier näher erläutern möchte.<br />

Zum einen wird die Analyse des Ist-Zustandes auf der Basis von 460.000 Jahresbewegun-<br />

gen vorgenommen. Des Weiteren wird das externe Risiko für den Planungsnullfall von


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 43<br />

500.000 Jahresbewegungen und Planungsfall Nordwest mit 657.00 Jahresbewegungen<br />

ermittelt. Ermittelt wird das Einzel- und Gruppenrisiko analog zum Gutachten im Raumord-<br />

nungsverfahren.<br />

Zusätzlich zu den drei Berechnungen erfolgt eine Detailanalyse für den Bereich Ticona. Das<br />

ist eine Störfallanlage, wie wir wissen. Wir werden da sehr detaillierte Sicherheitsbetrachtun-<br />

gen vornehmen. Zusätzlich erfolgt die Auswertung nach Arbeitsplätzen. Das heißt, wir<br />

werden nicht nur die Wohnbevölkerungsdemografie den einzelnen Risikozonen hinterlegen,<br />

sondern zusätzlich auch die Arbeitsplatzdemografie, um entsprechende Werte für das<br />

Einzelrisiko zu ermitteln. Dies bezieht sich auf alle drei von mir genannten Szenarien.<br />

Weiterhin werden wir die betrieblichen Interdependenzen von Frankfurt zum Verkehrslande-<br />

platz Egelsbach qualitativ in dem Gutachten beschreiben. Hier wird insbesondere die<br />

Thematik aufgegriffen: Staffelung und Separierung des abfliegenden Verkehrs von der<br />

Startbahn 18 zum Verkehr auf dem Verkehrslandeplatz Egelsbach. Des Weiteren werden in<br />

dem Gutachten der Überflug von Bahnlinien bzw. Autobahnen und damit verbundene<br />

eventuelle Auswirkungen auf das externe Risiko, ebenso die Problematik des Überfluges<br />

und der möglichen Beschädigung von Pipelines und der Transport von Gefahrgut als<br />

Luftfracht berücksichtigt. Sie sehen an dem Untersuchungsumfang, dass es diesmal ein<br />

sehr, sehr vertiefendes Gutachten wird.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Zunächst nimmt das Auge verwundert etwas wahr: Ist es zutreffend und halten Sie von der<br />

Vorhabensträgerin an dem Plan fest, erneut die GfL mit diesem Gutachten zu beauftragen?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Es ist richtig: Die GfL wird dieses Gutachten erstellen.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Es ist die GfL, die bei dem Gutachten zum Raumordnungsverfahren, wo es um die Raumver-<br />

träglichkeit ging, die Ticona, wenn ich mich recht erinnere, glatt übersehen hat. Wir lehnen<br />

dieses Gutachten schon deswegen ab, weil die Quelle fachlich nicht geeignet ist. Ich<br />

ersuche, einen Gutachter, der schon bewiesen hat, dass er Wesentliches nicht sieht, auch<br />

nicht mehr zu beauftragen. Daher die Bitte, die <strong>Scoping</strong>-Unterlagen insoweit abzuändern und<br />

im Unterrichtungsschreiben die GfL auszuschließen.<br />

Zur Sicherheit gehört, insbesondere in gewerblichen Anlagen, die störanfällig sind und<br />

gewaltiges Schadenspotenzial in sich bergen, dass die akustischen Auswirkungen tiefer<br />

Überflüge auf die Arbeitssicherheit und die Sicherheit des Anlagenbetriebs geprüft werden.<br />

Solches ist auch gefordert worden. Wer soll dieses Gutachten fertigen?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 44<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

BeSB Berlin, Dr. Schaffert.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Taucht er in diesem Zusammenhang hier auf? Habe ich es übersehen? – Es macht also<br />

nicht die GfL? Darauf kommt es mir an.<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Ja, es macht nicht die GfL.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Sehr schön, immerhin. – Untersuchen Sie auch die Auswirkungen des Anlagenbetriebs<br />

Ticona auf den Luftverkehr oder nur – so konnte man es jedenfalls verstehen – die Gefah-<br />

ren, die den Anlagen auf dem Betriebsgelände der Ticona aus dem Luftverkehr durch<br />

Absturz drohen?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir untersuchen nur die Folgen eines Absturzes und die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Wenn etwa ein Störfall in der Störfallanlage auftritt – da gibt es ja erhebliche Brandlasten –<br />

gerade ein A 380 darüber fliegt, was passiert dann? Untersuchen Sie das nicht, gewisser-<br />

maßen die umgekehrte Kausalität?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Die Aussage von Herrn Mauel ist insofern richtig, als wir dies nicht untersuchen. Aber es sind<br />

Gutachten und Untersuchungen, die diese Themen betreffen, seitens der Landesregierung in<br />

Auftrag gegeben, und diese Gutachten werden – davon gehe ich aus – auch für Auswertun-<br />

gen in unserem Planfeststellungsverfahren zur Verfügung stehen, sodass diese Gutachten<br />

gemacht werden, aber nicht im Auftrag der Fraport.<br />

RA’in Distler:<br />

Ich bin froh, dass die Ticona gefunden wurde und dass die GfL nicht mit dem Gutachten<br />

beauftragt wird, obwohl sie die Kurzbeschreibung abgeliefert hat. Ich möchte auch gar nichts<br />

zu dem Thema Ticona sagen; damit soll sich Fraport selbst abmühen. Das ist unser schöns-<br />

tes Thema.<br />

In der landesplanerischen Beurteilung hieß es, dass keine abschließende Stellungnahme<br />

zugunsten der Nordwestvariante abgegeben werden könne, solange das Sicherheitsgutach-<br />

ten nicht vorliegt. Da die Fraport nur noch für die Nordwestvariante votiert, keine Alternativen<br />

prüfen möchte, wäre es für den weiteren Fortgang dieses Verfahrens von Bedeutung zu


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 45<br />

wissen, ob das Sicherheitsgutachten vorliegt. Sonst reden wir hier über etwas, das keinen<br />

Belang hat. Liegt es vor?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Belang hat es schon. Aber es liegt noch nicht vor. Es ist in Arbeit, aber es liegt noch nicht<br />

vor.<br />

RA’in Distler:<br />

Ich habe gehört, dass es Gutachten der Landesregierung geben soll.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein, es ist in Auftrag gegeben.<br />

RA’in Distler:<br />

Die Gutachten der Landesregierung sind auch erst in Auftrag gegeben?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Sie liegen noch nicht vor.<br />

RA’in Distler:<br />

Ich bin nicht der Meinung, dass Fraport sich hier auf Gutachten der Landesregierung<br />

verlassen kann. Wir wissen doch gar nicht, was die für einen Gutachterauftrag haben. Oder<br />

wissen Sie das?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Die Gutachten der Landesregierung werden nach dem BImSchG und in diesem Zusammen-<br />

hang der Störfallverordnung abgehandelt und sind deshalb in einem anderen Rechtsgebiet<br />

angesiedelt. Aber wenn es darauf ankommen sollte, warum gerade die Landesregierung das<br />

eine und Fraport das andere macht – – Inhaltlich spielt das keine Rolle. Auch wer es bezahlt,<br />

hat mit dem <strong>Scoping</strong> eigentlich nichts zu tun.<br />

RA’in Distler:<br />

Nein, sicher nicht. Aber die Inhalte des Gutachtens haben schon etwas mit dem <strong>Scoping</strong> zu<br />

tun.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja, ja, die Inhalte schon. Das ist sicher.<br />

RA’in Distler:<br />

Die wüssten wir ja nun gerne. Die sind in den <strong>Scoping</strong>-Unterlagen nicht beschrieben.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 46<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein, das ist richtig. Aber wenn Sie da besondere Inhalte wünschen, dann wird das selbst-<br />

verständlich aufgenommen. Wenn sie noch nicht enthalten sein sollten, werden die Gutach-<br />

ten entsprechend ergänzt werden müssen. Darum warten wir darauf. Deswegen sind sie<br />

auch nicht abgeschlossen. Sie können gar nicht abgeschlossen sein. Sie müssen ja noch<br />

offen für Ihre Vorschläge sein.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Habe ich das Gutachten von der GL, das angesprochen wurde, so zu erwarten, wie wir es im<br />

Raumordnungsverfahren hatten? Da hatten wir eine Karte. Da gab es diese „grüne Suppe“,<br />

die ein gewisses Risiko in Jahren abgestuft hat. Sehr eng um den Flughafen herum ist das<br />

Risiko dann gestiegen. Mich hat dabei sehr erstaunt, dass Störfallanlagen, die direkt unter<br />

den Anflugbahnen liegen, dasselbe Risiko hatten wie irgendwelche, über die nie ein Flug-<br />

zeug fliegt. Das war dieser Untersuchung im Allgemeinen zu entnehmen. Soll das so<br />

bleiben, oder konzentriert man sich tatsächlich auf die Flugrouten und schaut dort genauer?<br />

Denn da ist das Risiko logischerweise höher. Mir geht es darum, im Flugerwartungsgebiet<br />

oder bei den Routen dezidierter zu gucken und dies auch auszuweiten, also nicht den relativ<br />

kleinen Untersuchungsraum aus dem Raumordnungsverfahren so beizubehalten.<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Herr Mauel hat sehr gut und sehr deutlich und sehr ausführlich ausgeführt, dass dieses<br />

Gutachten all diesen Dingen Rechnung trägt, die möglicherweise im ersten Gutachten nicht<br />

zu 100 % Zufriedenheit beitrugen. Das wird im zweiten Gutachten aber jetzt so gemacht.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Wird der so genannte „Level of Safety“ berücksichtigt? Das ist die Staffelungsdichte in einem<br />

vorgegebenen Raum. Das heißt, wenn in einem Raum 100 Flieger gestaffelt werden können,<br />

man aber nur 50 Flieger dort hat, hat man natürlich eine relativ geringe Staffelungsdichte.<br />

Wir sind hier in einer anderen Situation. Die Staffelungsdichte nimmt immer mehr zu.<br />

Von Fraport und von der Deutschen Flugsicherung wird aber allgemein gesagt: Die Staffe-<br />

lungsdichte spielt keine Rolle, denn wenn zwei Flugzeuge zusammenstoßen, betrifft es<br />

Leute, die freiwillig an der Luftfahrt teilnehmen. Dabei wird vergessen, dass beim Zusam-<br />

menstoß zweier Flugzeuge diese irgendwann mal unten ankommen. Das heißt, es wird<br />

ausdrücklich aus der Untersuchung herausgenommen, es sei denn, es wäre bei Ihnen<br />

wieder reingekommen. Wenn nicht, bestehe ich darauf, dass die Staffelungsdichte berück-<br />

sichtigt wird.<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Herr Heldmaier, die Staffelungsdichte hat nichts mit externem Risiko zu tun. Das sind die am<br />

Luftverkehr Beteiligten. Deshalb wird es im Gutachten nicht berücksichtigt. Zweitens haben


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 47<br />

nicht nur wir, sondern auch die DFS große Zweifel an der Berechnungsmethode des LoS –<br />

„Level of Safety“. Auch daher wird sich das nicht in dem Gutachten finden.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Im Gutachten der Raumordnung haben wir gesehen, dass wir zu exorbitanten Werten<br />

kamen. Ich weise darauf hin, dass im RDF die LNR-Vertreter über die Werte sehr erschüttert<br />

waren. Wir haben auch noch in Erinnerung, dass die Starts damals beim Ausbaufall wegge-<br />

lassen wurden. Es wurden auch sämtliche Konfliktpunkte weggelassen, die im Dreidimensi-<br />

onalen passieren, also Kreuzungen, Abflugrouten, Anflugrouten. Wir können uns alle daran<br />

erinnern, dass die Anflüge praktisch senkrecht auf die Anfluggrundlinie gesetzt wurden und<br />

niemals in Konflikt gerieten mit irgendwelchen anderen eintretenden Flugzeugen – ich<br />

spreche hier jetzt speziell von der Situation in Hanau – oder gar mit startenden Flugzeugen.<br />

Dieses gesamte Konfliktpotenzial ist ausgeblendet gewesen. Ist man diesmal bereit, dieses<br />

Konfliktpotenzial hereinzunehmen?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Herr Heldmaier, auch im Raumordnungsverfahren war das Konfliktpotenzial nicht ausge-<br />

blendet. Die Routen waren nur nicht dargestellt. Im Planfeststellungsgutachten sind die<br />

Routen – sei es Gegenanflug, Queranflug, Endanflug und die Abflugrouten – dargestellt.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Ich spreche nicht von der Darstellung.<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Berechnet wurden sie im ROV auch schon. Jetzt sind sie berechnet und dargestellt.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Gut. – Es gibt klare Erkenntnisse in den Niederlanden – die sind natürlich auch durch den<br />

Absturz des Frachters in Amsterdam betroffen gewesen –, dass es einen engen Zusammen-<br />

hang zwischen Lärmkurven und Absturzrisiko gibt. Es ist klar: Da, wo Flieger sind, gibt es<br />

Lärm, und da ist das Risiko auch gegeben. Bei einem Absturzrisiko von 10 -5 hat man dort<br />

schon Absiedlungen vorgenommen. Bei einem Absturzrisiko von 10 -6 muss bis zum Jahr<br />

2005 abgesiedelt sein bzw. dürfen sich keine Betriebe mehr ansiedeln, nur noch Gärtnerei-<br />

en, die eine relativ geringe Beschäftigungsdichte haben. Ist in irgendeiner Weise von Fraport<br />

vorgesehen, ein Risikomanagement in die Unterlagen einzustellen?<br />

Wir haben bisher auch noch kein Lärmmanagement festgestellt. Wird analog zu dem, was im<br />

Planbereich fehlt und hoffentlich nachgeliefert wird, zum Risiko ein Risikomanagement<br />

mitgeliefert? Das wird in den Niederlanden gemacht. Die Bahnbelegungen richten sich nach<br />

dem statistischen Risiko.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 48<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir werden ein Gutachten zum externen Risiko vorlegen. Dieses Gutachten enthält kein<br />

Risikomanagement.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Ich habe hier die letzte Veröffentlichung der Vereinigung Cockpit zum Thema Vogelschlag.<br />

Viele nehmen das vielleicht nicht ernst. Da ist ein Foto, wie ein Flugzeug bei Zusammenstoß<br />

mit einem relativ kleinen Vogel schon aussieht. Ist vorgesehen, den Vogelschlag aufzuneh-<br />

men?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Es gibt ein separates Vogelschlaggutachten.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Ja, aber es muss statistisch auch in das Risikogutachten hinein. Ein separates Gutachten<br />

hilft Ihnen ja nicht. Es muss mit dem anderen verbunden werden.<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Es gibt die beiden Gutachten, die angesprochen worden sind. Damit ist auch eine Gesamt-<br />

bewertung möglich. Aber die Ergebnisse des Vogelschlaggutachtens selbst fließen nicht<br />

unmittelbar in das GfL-Gutachten ein.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Wenn wir die Fragen hier abarbeiten, müssen wir langsam an Alternativen denken – bei den<br />

Werten, die wir in Frankfurt derzeit schon haben, bei 10 -3 in Kelsterbach usw. Das drängt<br />

sich langsam auf, wenn man die Antworten hört.<br />

Ich gebe zu, Herr Amann: Einen sicheren Arbeitsplatz schaffen Sie durch die Nordwestvari-<br />

ante. Ich sage Ihnen auch, welchen: den des zentralen Lichtausmachers bei Ticona. Denn<br />

Sie sind mitten in der Anflugbefeuerung. Wie gedenkt man das Thema Kategorie-3a/3b-<br />

Anflüge, wo Sie mit null Sicht, Vertikalsicht anfliegen, zu lösen? Jeder weiß, wie hell beleuch-<br />

tet Ticona nachts ist. Das muss aus Sicherheitsgründen auch beleuchtet sein. Da stehen Sie<br />

am südlichen Anfang der Anflugbefeuerung. Wie gedenken Sie mit dieser Problematik<br />

umzugehen?<br />

Sie wissen, dass bei Kategorie-3-Anflügen ein enorm hoher Schutzbereich für die Elektronik<br />

erforderlich ist. Was machen Sie, wenn sich bei Ticona Bodenverkehre bewegen? Sehen Sie<br />

irgendeinen Koordinierungsbedarf zwischen dem Werksleiter von Ticona und dem Kapitän,<br />

oder wie machen Sie das?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 49<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist eine inhaltliche Debatte über die Frage, wie es aussieht, aber ich formuliere das<br />

insoweit um, dass Sie erwarten, dass zu diesem Thema in den Gutachten Ausführungen<br />

gemacht werden. Wie das dann im Einzelnen geschieht, wollen wir jetzt nicht erörtern.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Zum Thema Anflugbefeuerung bei Präzisionsanflügen: Ich möchte darauf hinweisen, dass<br />

die gefährlichste Situation gerade durch die Präzisionsanflüge entsteht. Es wird immer so<br />

getan, als ob die Präzisionsanflüge ein Stück Sicherheit darstellen, weil die Hindernisfreiheit<br />

gegeben ist. Es ist gerade umgekehrt: Der Präzisionsanflug ist der Anflug, der am knappsten<br />

über das Ticona-Gelände geht. Bei jedem anderen Anflug haben Sie ein Minimum von 400<br />

Fuß. Dann sehen Sie in 1,5, 2 km Entfernung schon den Flughafen. Dann wissen Sie, wo<br />

Ticona ist, und können sich entsprechend verhalten. Der Präzisionsanflug, wenn man ihn<br />

ernst nimmt, findet mitten in der „Suppe“ statt, und Sie sehen den Flughafen erst, wenn Ihre<br />

Räder praktisch am Boden sind. Da fliegen Sie in geringer Höhe über Ticona hinweg, und<br />

Sie fliegen mit dem Autopiloten. Sie sind gezwungen, mit dem Autopiloten zu fliegen, damit<br />

Sie eine zusätzliche Redundanzschwelle schaffen. Da ist die Frage der Störung der Elektro-<br />

nik eine ganz andere. Ein Pilot, der das Flugzeug in der Hand hat, reagiert natürlich nicht nur<br />

auf die Störung der Elektronik und macht sofort irgendwelche Steuerausschläge. Das ist also<br />

eine Frage, die unbedingt in die Sicherheitsdiskussion aufgenommen werden muss.<br />

Es wäre auch gut, wenn sich der Regierungspräsident mit den Unterlagen zum Allwetterbe-<br />

trieb an Flughäfen in Deutschland befassen würde. Da wird man sehen, wie schwierig das<br />

Problem zu lösen sein wird.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das gilt im Übrigen auch umgekehrt, denn auch in der Ticona gibt es Elektronik, die durch<br />

die Flugzeuge gestört werden kann. Das haben wir auch schon im Hinterkopf.<br />

Löbig (RP Darmstadt):<br />

Meine Frage richtet sich an Fraport: Sie haben im Anhang 3.16 zum <strong>Scoping</strong>-Papier ein<br />

Gutachten zur EMV/EMVU angekündigt. Ich bin kein Techniker, aber ich habe ungefähr<br />

verstanden, worum es geht. Nach der Kurzbeschreibung habe ich es so verstanden, dass<br />

sich das nur auf Menschen bezieht. Es ist nach meinem Verständnis ein gewisser Kreislauf.<br />

Bezieht sich dieses Gutachten auch auf den Funkverkehr des Luftfahrzeugs? Bezieht sich<br />

dieses Gutachten auch auf die Kommunikation bei Ticona? Ich weiß nicht, ob man EMV-<br />

Kommunikation sagen kann. Das ist mittelbar möglicherweise auch wieder das Schutzgut<br />

Mensch, denn wenn der Funkverkehr des Luftfahrzeugs und der Funkverkehr bei Ticona<br />

gestört sind, hat das möglicherweise auch negative Auswirkungen auf Menschen. Ist das mit<br />

angedacht? Ich habe es nur so verstanden, dass es möglicherweise um gesundheitliche<br />

Auswirkungen auf den Menschen geht.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 50<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Beides. Das ist mit drin.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ich weiß nicht, ob ein Vertreter der GfL da ist. Wir hatten im Raumordnungsverfahren das<br />

Einzelfallrisiko Todesfall mit 10 -3 angegeben. Herr Heldmaier hat auf die Niederlande<br />

verwiesen, wann mit Absiedlung begonnen wird. Ich möchte daran erinnern, dass in Berlin-<br />

Schönefeld bei dem Risikogutachten, das auch von der GfL erstellt wurde, das Einzelfallrisi-<br />

ko bei 10 -5 lag und von der Luftverkehrsbehörde oder Planfeststellungsbehörde gleichzeitig<br />

auch dieses Risiko als unzumutbar hoch eingestuft wurde, bei dem die Genehmigungsfähig-<br />

keit des Flughafens in Frage zu stellen sei. Aber hier im Raumordnungsverfahren wird mit<br />

einem Risiko von 10 -3 ohne weiteres fortgefahren und etwas gemacht.<br />

Im Zusammenhang mit der Frage der landesplanerischen Stellungnahme zum Raumord-<br />

nungsverfahren haben wir gesagt, die Geschäftsgrundlage ist entfallen. Wir hatten auch<br />

angedeutet, dass sich hier die Frage nach Vorhabensalternativen stellt. Herr Bickel, ich kann<br />

Ihnen spätestens morgen das Untersuchungsdesign geben. Ich habe da fünf Alternativen<br />

vorgestellt. Ich bitte, zumindest in der Frage der Risikoanalyse die Vorhabensalternativen mit<br />

zu betrachten.<br />

Der Flughafen Frankfurt hat mit dem Flughafen Hahn die Errichtung eines Flughafensystems<br />

beantragt. Dieses Flughafensystem könnte dann so aussehen – – Ich nenne es mal sehr<br />

allgemein ein Untersuchungsdesign, das zu untersuchen wäre, auch in der Risikoanalyse.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Darf ich Sie darauf hinweisen, dass wir die Alternativen schon diskutiert haben?<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Aber sie gehören hier noch mal mit hin. Die haben wir so nicht vollständig diskutiert. Wir<br />

hatten auch gesagt, dass wir sie noch mal diskutieren wollen. Ich will nur unter dem Ge-<br />

sichtspunkt des Risikos, der Gefahren diese Alternative diskutieren.<br />

Man könnte bei der Entwicklung eines solchen Flughafensystems Hahn zum interkontinenta-<br />

len Hub machen. Es wurde dieser Tage anders diskutiert. Ich selbst bin da anderer Auffas-<br />

sung; man kann es aber auch umgekehrt sehen. Man kann den Flughafen Frankfurt zum<br />

regionalen Hub machen. Das würde bedeuten, dass der Flughafen Frankfurt von 460.000<br />

auf etwa 300.000 bis 350.000 Bewegungen abnehmen würde. Das heißt, hier würde eine<br />

ganz andere Risikolage entstehen, wenn ich ein solches Flughafensystem sinnvoll betreibe,<br />

bei dem die Flughäfen mit einer Hochgeschwindigkeitsbahn verbunden sind und damit<br />

vernünftige Umsteigezeiten zwischen interkontinentalen Verkehren und regionalen Verkeh-<br />

ren gewährleistet wären. Das ist eines dieser Flughafensysteme. Das könnte auch in der<br />

umgekehrten Richtung funktionieren.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 51<br />

Wenn ich Interkontinentalverkehre mache, sieht die entsprechende Reduzierung in Frankfurt<br />

wiederum so aus, immer bezogen auf die 660.000 Bewegungen, die in diesem System<br />

gemacht werden und nicht nur in Frankfurt allein. Sie sehen, es führt zu einer Verbesserung<br />

der Sicherheitslage am Flughafen Frankfurt.<br />

Die weitere Alternative ist die Frage eines Standortsuchverfahrens und der Ausbau eines<br />

Satellitenairports ungefähr in der Größenordnung von 80 km um den Flughafen Frankfurt<br />

herum. Da hätte man allerdings nicht zwei getrennte Hubs, sondern einen Hub in Frankfurt,<br />

und der andere Flughafen wäre ein Originärflughafen, der die Originärverkehre und die<br />

Regionalverkehre, die nichts mit Transfer zu tun haben, bedient.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Die Frage, dass sich, wenn ich Verkehr irgendwo anders hinverlagere, automatisch das von<br />

der Dichte des Verkehrs abhängige Risiko vermindert, ist so trivial, dass Sie jetzt nicht<br />

sämtliche Alternativen noch mal aufzählen müssen, die Sie bereits aufgezählt haben.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ich wollte jetzt auch hier Schluss machen; ich hätte die anderen Alternativen nicht mehr<br />

aufgeführt. Ich wollte nur deutlich machen, dass hier die Trivialität greift und dass dies<br />

ebenfalls in dem Risikogutachten zu betrachten ist, dass nämlich die Alternative eines<br />

Satellitenairports ebenfalls zu einer Reduzierung um rund 200.000 Bewegungen im Jahr<br />

führen könnte. Genauso verhält es sich mit der Verlagerung zu anderen Airports. Das ist<br />

auch unter dem Gesichtspunkt des anderen Standorts mit zu untersuchen. Dort treten<br />

Risiken neu auf, die dort auch zu untersuchen sind.<br />

Herr Mauel hat soeben zugesagt, dass die Eindrehbereiche berücksichtigt werden. Aber sie<br />

liegen zum größten Teil nicht im Untersuchungsraum, Herr Mauel. Zumindest im Osten<br />

liegen sie nicht innerhalb des Untersuchungsraums.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wenn er sie berücksichtigt, ist es egal, wo sie sind.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Nein, der Untersuchungsraum ist nach den bisherigen Vorgaben limitiert. Da sagen Sie, das<br />

untersuchen wir, begrenzen aber gleichzeitig den Untersuchungsraum so, dass die Eindreh-<br />

bereiche nicht im Untersuchungsraum liegen. Also werden sie nicht mehr berücksichtigt.<br />

Ich fordere auch, dass Sie die zwölf genehmigungspflichtigen Anlagen in Offenbach berück-<br />

sichtigen, die Sie im Raumordnungsverfahren zuerst vergessen hatten. Das Gleiche gilt für<br />

die atomtechnischen Anlagen in Hanau und Biblis.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 52<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Was er angesprochen hat, sind zum größten Teil Inhalte. Die kommen mit dem Gutachten.<br />

Das kann zwangsläufig noch nicht vorliegen. Wenn Herr Mauel sagt, dass die Eindrehberei-<br />

che darin beinhaltet sind, sind sie mit drin.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Obgleich sie außerhalb des Untersuchungsraums sind?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Die Eindrehbereiche sind nicht außerhalb des Untersuchungsraumes. Es gibt mehrere<br />

Eindrehradien, die je nach Verkehrslast benutzt werden. Die sind drin.<br />

(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Das stimmt nicht, Herr Mauel!<br />

Aschaffenburg!)<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wollen wir mal unterstellen, es gäbe Eindrehbereiche, die nicht drin sind. Unterstellen wir<br />

mal ganz weite. Wenn dort eine Differenz besteht, was setzt sich durch, der Untersuchungs-<br />

raum oder der Eindrehpunkt? Wenn sie alle drin sind, ist die Frage von sich aus beantwortet.<br />

Wenn es differiert, bedarf es der Antwort. Was setzt sich durch?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Durchsetzen tut sich der Untersuchungsraum, weil außerhalb des Untersuchungsraums kein<br />

relevantes Risiko mehr vorherrscht.<br />

RA’in Fridrich:<br />

In einem Punkt stimme ich mit Herrn Dr. Wetterling ausnahmsweise überein: Es sind<br />

sicherlich Dinge weniger relevant und andere sehr relevant. Im Bereich Sicherheit bewegen<br />

wir uns in einem Bereich, der in dem Vorhaben mit der wichtigste ist, neben dem Lärm.<br />

Deshalb wird aus meiner Sicht auf die zu erstellenden Gutachten auch sehr große Sorgfalt<br />

zu verwenden sein, und es werden entsprechende Gutachter einzubeziehen sein.<br />

Ist die GfL eine nach § 29 a BImSchG anerkannte Stelle bzw. ein bekannt gegebener<br />

Sachverständiger?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Das muss sie, glaube ich, nicht sein, weil dieses Gutachten von jemand anderem gemacht<br />

wird. Die GfL macht das externe Risiko, Absturzwahrscheinlichkeit usw.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Im Zusammenhang mit Ticona?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 53<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Nein, im Zusammenhang mit dem Luftverkehr. Das Risiko, das von den Flugzeugen aus-<br />

geht, geht von ihnen aus, ob Ticona darunter ist oder nicht.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Aber speziell der Sachverhalt, was passiert, wenn ein Flugzeug abstürzt und auf dem<br />

Betriebsgelände der Ticona etwas passiert, ist in dem Gutachten mit drin?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Das ist ein anderes Thema, ein anderer Gutachter, ein anderer Bereich.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Und wer macht das Gutachten dann?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Das sind die von mir bereits erwähnten Gutachten, die vom Land Hessen in Auftrag gegeben<br />

worden sind.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Das heißt, es ist bei Ihnen in den Unterlagen momentan nicht drin?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Momentan kann es nicht drin sein, weil es keine Gutachten sind, die von uns in Auftrag<br />

gegeben worden sind.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Wir haben in der landesplanerischen Beurteilung schon mehrere Betriebe, die zu berücksich-<br />

tigen sind. Sie hatten in dem GfL-Kurzstatement den Bebauungsplan Taubengrund drin, und<br />

Sie hatten die Ticona besonders betrachtet. Es war aber im Raumordnungsverfahren auch<br />

seitens des Regierungspräsidiums noch weit mehr an Betrieben einzustellen bzw. Sachver-<br />

halten in ein solches Gutachten einzubeziehen. Ich möchte auf das Thema Caltex verwei-<br />

sen. Das vermisse ich hier. Ich vermisse auch die Auseinandersetzung mit DEA bzw. fordere<br />

das Regierungspräsidium auf, der Fraport aufzugeben, das in den noch zu erstellenden<br />

Unterlagen entsprechend zu berücksichtigen.<br />

Dann fehlt mir noch die Problematik des Güterverkehrszentrums. Das ist auch schon ein<br />

Sachverhalt aus dem Raumordnungsverfahren. Da gilt das Entsprechende.<br />

Sie haben vorhin dargestellt, dass das externe Risiko auf Sachverhalte außerhalb des<br />

Flughafens bezogen wird. Externes Risiko habe ich immer als das externe Risiko für denje-<br />

nigen verstanden, der sich außerhalb des Flugzeugs befindet. Wenn man den Flughafen, wo


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 54<br />

sehr viele Arbeitsplätze vorhanden sind und sehr viele Personen sich dauerhaft aufhalten,<br />

herausnimmt, stellt sich für mich die Frage: Wieso kann man das herausnehmen? Es gibt<br />

das Hotel, den Fernbahnhof. Inwieweit kann man bei der Berechnung des externen Risikos<br />

diese Bereiche aus dem Untersuchungsraum herausnehmen?<br />

Der Untersuchungsraum ist auch für mich nicht ganz nachvollziehbar abgegrenzt. Aber ich<br />

denke, das wird das Regierungspräsidium ohnehin noch einmal prüfen.<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Das externe Risiko ist so definiert, dass da nur die Personen zu ermitteln sind, die nicht mit<br />

dem Luftverkehr direkt zu tun haben. Das sind Leute, die sich nicht am Flughafen oder<br />

außerhalb der Flughafengrenze aufhalten.<br />

(Heldmaier [Hanau]: Wo ist das definiert?)<br />

– Das ist definiert in der Methode GfL und vom Gutachter. NLR definiert es übrigens auch<br />

so.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Diese Aussage wundert mich etwas. Ich bitte das Regierungspräsidium, Folgendes zu<br />

berücksichtigen: Wir haben am Flughafen selbst auch viele andere Nutzungen, den Fern-<br />

bahnhof zum Beispiel oder Gewerbebetriebe, die nicht den eigentlichen Flughafen betreffen.<br />

Das Gleiche gilt für den Süden, der bei der Nordwestvariante aber nicht so brisant ist. Hier<br />

muss man auch bei den Überflughöhen, die wir über dem nördlichen Bereich des bestehen-<br />

den Flughafens haben, eine Betrachtung einfordern.<br />

Ich gehe auch davon aus, dass das Regierungspräsidium der Fraport aufgeben wird, eine<br />

detaillierte Analyse beispielsweise der Eingabeparameter im Bereich Ticona zu machen,<br />

sprich: Leitungen darzustellen, einzelne Bereiche, in denen Schadstoffe gelagert werden. Ich<br />

gehe davon aus, dass das sehr detailliert von Ihnen eingefordert werden wird.<br />

Ich möchte die Forderung meiner Vorredner nach dem Risikomanagement ausdrücklich<br />

unterstützen. Ein Risikomanagement müssen Sie hier mit vorlegen. Das ergibt sich aus § 6<br />

Abs. 3 Nr. 2 UVPG, Minimierung der Auswirkungen. Ich denke, es kann nicht sein, dass Sie<br />

in einem Fall, der bei einem Absturz über Ticona auftritt, einfach sagen können: Wir prüfen<br />

gar nicht, inwieweit man eine Schadensbegrenzung für den Betrieb und ausgehend von dem<br />

Betrieb Ticona machen kann. Ich denke, das ist in diesem Zusammenhang auch angesichts<br />

des hohen Risikopotenzials hier einzufordern und würde auch den gesetzlichen Bestimmun-<br />

gen entsprechen.<br />

Deshalb auch mein Petitum an das Regierungspräsidium, das für die relevanten Anlagen,<br />

die Sie auch schon im Raumordnungsverfahren als relevant angesehen haben, einzufordern.<br />

Das DEA-Tanklager ist natürlich auch problematisch, weil es im unmittelbaren Nahbereich


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 55<br />

zum Main liegt. Man darf sich nicht ausmalen, was passieren kann, wenn da wirklich ein<br />

Flugzeug abstürzt und auch erhebliche Mengen an Kerosin oder Ähnlichem in den Main<br />

gelangen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wir machen jetzt bis 13.30 Uhr Mittagspause.<br />

(Unterbrechung von 12.32 bis 13.38 Uhr)<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wir fahren fort.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Ich habe es jetzt so verstanden, dass die GfL wohl ermittelt, ob Flugzeuge mit welchen<br />

zeitlichen Annahmen irgendwo abstürzen können. Das war auch im Raumordnungsverfahren<br />

so. Und in Berlin ist Herr Dr. Schaffert mit der Kommunikation beschäftigt. Wird auch<br />

geschaut, was im Katastrophenfall – es fliegt ein Flugzeug in die Ticona oder eine andere<br />

Störfallanlage – passiert? Werden Szenarien betrachtet, wie groß das Risiko überhaupt ist?<br />

Wer macht das?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Diese Untersuchungen sind Gegenstand der Gutachten, die nicht von Fraport, sondern vom<br />

Land Hessen in Auftrag gegeben werden.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Das ist also das, was das Land letztendlich macht. Es war mir nicht ganz klar, wo das<br />

hingehört. – Ich finde es erfreulich, dass Sie Ihre Gefahrgutgeschichten offensichtlich mit<br />

einstellen. Dass Sie selber Gefahrguttransporte betreiben, erhöht ja das Risiko, je nachdem,<br />

was da reinknallt. Ist davon auszugehen, dass die Informationen, was Sie an Ihrem Flugha-<br />

fen betreiben, an das Land Hessen gegangen sind, um dieses Risiko richtig zu ermitteln?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Die Gefahrgüter im Luftverkehr, also Gefahrgut als Luftfracht im Flugzeug, werden im<br />

externen Risikogutachten mit berücksichtigt.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Aber nicht bei der Frage, wie das Event dann aussieht, also wenn ein Gefahrgutfrachter auf<br />

die Ticona knallt, wie sich dann das Szenario erweitert.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 56<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wir haben aufgenommen, dass diese Frage untersucht werden muss. Wir werden dann<br />

sehen, wer es untersuchen wird.<br />

Kaller (Offenbach):<br />

Wenn wir es der Presse richtig entnommen haben, ist beabsichtigt, den Fernbahnhof nicht in<br />

der heutigen Form zu belassen, sondern das heute vorhandene Dach wegzunehmen und da<br />

einen Hochbau mit Hotel etc. draufzusetzen. Das ist alles hier nicht wichtig. Das heißt im<br />

Klartext: Sie bauen ein neues Hindernis, möglicherweise unmittelbar in den Anflug von Osten<br />

her, ein. Ist dies in Ihrer Risikoanalyse berücksichtigt? Wenn ja, in welcher Form? Man muss<br />

bedenken, dass so ein Dach selbst thermische Aufheizungen hat, die wiederum zu gewissen<br />

Wirbeln über der Fläche führen. Man kann sich vorstellen, dass darin gewaltige Klimaanla-<br />

gen vorhanden sind, deren Abluft ebenfalls über das Dach abgegeben wird. Ist dieses<br />

Problem erkannt? Wenn ja, wie wird es berücksichtigt?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Die Aufbauten des Fernbahnhofs sind entsprechend der Hindernisrichtlinie in den techni-<br />

schen Planungen berücksichtigt. Sie befinden sich unter den entsprechenden Flächen. Es ist<br />

also kein Problem.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Die Arbeitsteilung in der Bearbeitung der Risikobegutachtung ist nicht ganz einfach. Ich habe<br />

verstanden: Das Luft/Boden-Risiko macht die GfL, das Boden/Luft-Risiko macht das Land<br />

Hessen. Oder liege ich da falsch?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Im Prinzip ist es richtig, aber so ganz kann man es nicht aufteilen.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Auf diese Problemzone dazwischen möchte ich mit meiner ersten Frage hinaus. Sie lassen<br />

im Ausbaufall Flugzeuge über Rollbrücken rollen, die die Autobahn, die auch noch ausge-<br />

baut werden soll, und eine stark befahrene Bahnstrecke überspannen. Wohin zählt dieses<br />

Risiko? Wird es untersucht? Wer untersucht eine Havarie verursacht durch Fahrzeuge auf<br />

der Autobahn oder – man denke an Eschede – durch einen Brückenunfall unter der Rollbrü-<br />

cke?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Ich hatte vorhin ausgeführt, dass der Überflug von Bahnlinien und Autobahnen, das heißt<br />

auch das Rollen darüber, und damit verbundene eventuelle Auswirkungen auf das externe<br />

Risiko untersucht werden.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 57<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Also der Überflug im Sinne Ihrer vorherigen Äußerungen ist auch das Rollen über die<br />

Brücken. Das war nicht ganz klar.<br />

Was das Flugzeug auf dem Boden anrichtet, richtet sich natürlich danach, was das Flugzeug<br />

trifft. Eine Reihe von Anlagen wurden schon genannt. Ticona nennt die GfL im Exposé<br />

selbst. In der landesplanerischen Beurteilung werden Sie auch noch gebeten, die Anlagen<br />

auf dem InfraServ-Gelände zu behandeln. Wo sind sie bearbeitet? Ist die Ticona in Ihrem<br />

Exposé nur pars pro toto – Sie sehen, ich baue Ihnen goldene Brücken –, oder wie machen<br />

Sie das?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Ticona ist ein Störfallbetrieb, beispielhaft genannt. Weitere Störfallbetriebe werden in dem<br />

Gutachten berücksichtigt. Ganz konkret: Auch die Caltex wird berücksichtigt.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Die entsprechende Formulierung in der landesplanerischen Beurteilung lautet: „Die Auswir-<br />

kungen des Vorhabens auf die Sicherheit der westlich der geplanten Landebahn gelegenen<br />

Anlagen der Firmen Ticona und InfraServ Höchst sind näher zu untersuchen.“ Im Exposé<br />

findet man die Detailuntersuchung für Ticona, man vermisst aber die Detailuntersuchung zu<br />

InfraServ.<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Auf dem Ticona-Gelände gibt es zwei Betreiber von Anlagen, einmal InfraServ und einmal<br />

Ticona. Insofern ist das ein Gelände mit verschiedenen Anlagen. Das wird von der GfL in<br />

ihrem Gutachten mit betrachtet.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Im Exposé findet man auch die Aussage, im Rahmen eines Flugsicherheitsgutachtens<br />

müssten einzelne gefährdende Anlagen nicht individuell modelliert werden. Das wird einfach<br />

so hingesetzt, als wäre es ein Gesetz. Wie begründen Sie, dass Sie hier nichts mehr<br />

differenzieren? Was soll man sich da vorstellen? Gibt es dann eine Art Normanlage?<br />

Nehmen Sie ein Gebiet in den Blick, stellen fest, dass dort acht Anlagen sind – die Abgren-<br />

zung ist schwierig –, und dann setzen Sie eine Durchschnittsbrandlast oder Explosivität an?<br />

Ich habe nicht verstanden, was damit gemeint ist und wie Sie da zu einer zutreffenden<br />

Auswirkungsanalyse kommen wollen.<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir erwarten Eingangsdaten von der Ticona, die uns eine nähere Berechnung dazu ermögli-<br />

chen, das heißt ganz konkret die Art des Stoffes, die Menge des Stoffes und die genaue<br />

Verortung des Stoffes, und dann können wir eine entsprechende Detailanalyse durchführen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 58<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Ich ersuche das RP, in das Unterrichtungsschreiben das Begehren aufzunehmen, in den<br />

Bereich des relevanten Risikos – das kann nicht ein geometrischer Raum von 40 x 40 sein –<br />

alle Anlagen mit gegenüber der Durchschnittsbebauung erhöhtem Risiko aufzunehmen. Nur<br />

ein Beispiel, das mir einfällt: Unter anderem und wesentlich wegen des Flughafens gibt es<br />

die Isolierstation. Ich glaube, sie gehört zur Frankfurter Uniklinik. Dort gibt es Umgang mit<br />

pathogenen Keimen. Eine Havarie dort ist natürlich von ganz besonderem Interesse. Solche<br />

Dinge können und sollten Sie nicht ausblenden. Das Exposé ist ja kurz, und die <strong>Scoping</strong>-<br />

Unterlagen sind notwendigerweise lückenhaft; das ist mir klar. Aber wird so etwas mitbe-<br />

dacht?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir haben nur Anlagen und Störfallanlagen betrachtet, keine Krankenhäuser mit Isolierstati-<br />

on.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Der Umgang mit Pesterregern, Typhus und Cholera ist nicht interessant? – Das Ersuchen an<br />

das RP für das Unterrichtungsschreiben liegt auf der Hand.<br />

Zum Untersuchungsbereich stelle ich mir das schlicht so vor: Es gibt im Ausbaufall Verflech-<br />

tungsbereiche für den Luftverkehr, die für das Luft/Boden-Risiko stark erhöhte Werte<br />

ergeben. Andere Bereiche sind bei bestimmungsgemäßem Betrieb und Beflug des Luft-<br />

raums nahezu ohne Bewegung in der Luft. Das heißt, es gibt Bereiche mit erhöhtem Risiko<br />

und Bereiche mit geringerem Risiko, abhängig vom Flugbetriebsmodell. Es wird auch das<br />

Risiko, wenn man etwa ISO-Risikolinien rechnen würde, ähnliche Finger ergeben wie die<br />

Berechnung von Isophonen, sodass ich vor diesem Hintergrund die Bestimmung des<br />

Untersuchungsraums für völlig inadäquat halte und bitte, einen sachgerechten Untersu-<br />

chungsraum zu nehmen und das Flugbetriebsmodell – Sie können es also doppelt verwer-<br />

ten, ein weiterer Grund, es den Unterlagen beizulegen – Ihrer Risikoanalyse zugrunde legen,<br />

und bitte das RP, das auch zu fordern.<br />

Oschinski (Kreis Groß-Gerau):<br />

Ihnen ist sicher bekannt, dass wir in den letzten zehn Jahren drei Tankwagenunglücke im<br />

Zusammenhang mit der DEA-Raffinerie in den Einflugschneisen hatten. Wo und wie wird<br />

dieses Risiko untersucht? Wird es untersucht? Wenn nicht, bitte ich, auch dies in das<br />

Unterrichtungsschreiben für die Fraport aufzunehmen.<br />

Ott (Rüsselsheim):<br />

Es geht von der Firma Ticona auch eine Gefährdung des Luftverkehrs aus. Ich habe vorhin<br />

verstanden, dass das Gutachten dazu von der Hessischen Landesregierung beauftragt wird.<br />

Fraport lässt nur das Absturzrisiko untersuchen. Beispielsweise gibt es in einer Firma wie


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 59<br />

Ticona auch Szenarien für Notfälle, für Katastrophen, wo dann irgendwelche Stoffe abgefa-<br />

ckelt werden müssen. Tief darüber fliegende Flugzeuge wären dadurch auch gefährdet. Wird<br />

das untersucht? Wenn ja, wer untersucht es?<br />

Wäre die Landebahn schon da und Ticona wollte jetzt bauen, müsste selbstverständlich<br />

Ticona dieses Gutachten in Auftrag geben. Davon gehe ich aus. Ich habe es bisher so<br />

verstanden, dass das jetzt die Hessische Landesregierung beauftragt hat. Wer untersucht<br />

konkret die Gefahren, die von dieser Firma für den Luftverkehr ausgehen? Es kann dort zu<br />

Katastrophen kommen, die natürlich ganz konkret den Luftverkehr darüber gefährden.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Manche haben hier die Stirn gerunzelt, wieso das Land Hessen und wieso nicht die Antrag-<br />

stellerin die Ticona-internen Risiken abschätzt. Es sind immerhin Betriebsgeheimnisse zu<br />

verwerten, um ein solches Gutachten ordnungsgemäß zu erstellen. Deswegen ist es wohl<br />

klar, dass eine andere Firma nicht einfach in den Betrieb reingeht und anfängt, dort gutacht-<br />

lich tätig zu werden. Es geht ja nicht nur um die Rezeptur der augenblicklichen Fabrikation,<br />

sondern auch um die Frage: Was wird im Jahre 2015 produziert? Die ganze wirtschaftliche<br />

Planung muss einbezogen werden. Deswegen ist es für mich nachvollziehbar, dass nicht<br />

eine andere Firma, die mit Ticona nichts zu tun hat, dieses Gutachten in Auftrag gibt. Wer<br />

das dann bezahlt, ist nicht Gegenstand dieser Verhandlung.<br />

Aber Sie wollen wissen, wenn bei Ticona eine Katastrophe passiert, welche Auswirkungen<br />

das auf den Luftverkehr hat und wer das begutachtet.<br />

Ott (Rüsselsheim):<br />

Noch eine Frage: Bekommt die Hessische Landesregierung auch ein Unterrichtungsschrei-<br />

ben?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein. Warum? Wir erstellen uns das selbst, unser eigenes Anforderungsprofil. Das ergibt<br />

sich aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz, der Störfallverordnung usw.<br />

Lurz (Vorhabensträgerin):<br />

Wir gehen davon aus, dass dieses Risiko von den Gutachtern, die das Land Hessen beauf-<br />

tragen wird oder schon beauftragt hat, betrachtet wird. Wir betrachten die Risiken aus dem<br />

Flugverkehr.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Noch eine Anmerkung an die Herren der Fraport: Wenn ich heute Morgen gesagt habe, dass<br />

der Präzisionsanflug statistisch gesehen das größere Risiko ist als der Nichtpräzisionsanflug,<br />

dann möchte ich nicht, dass in Ihren Reihen gefeixt wird und mir mitgeteilt wird, es wäre gut,<br />

dass ich nicht mehr fliege, weil ich das verwechsle.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 60<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir private Auseinandersetzungen, die sich draußen beim<br />

Kaffee ergeben, hier nicht weiter erörtern.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Gut. – Mit wie viel Flughäfen wird das statistische Material angereichert, also die Absturzrisi-<br />

ken, die Verkehrsstruktur usw.? Wie viel Flughäfen werden Sie untersuchen lassen, um<br />

einen repräsentativen Verkehrsquerschnitt, sprich: Flugzeugalter, Flugzeuggrößen usw., für<br />

Ihre Untersuchung zu haben? Ich weiß, dass die NLR rund 40 Flughäfen als Grundlage<br />

nimmt, also versucht, weltweit 40 Flughäfen zu finden, die ein ähnliches Verkehrsprofil<br />

haben. Wie viel Flughäfen wählen Sie?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir haben eine statistische Analyse machen lassen, um wirklich vergleichbare Flughäfen zu<br />

finden. Die Antwort ist 44, also ähnlich wie NLR.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Wie oft passiert es bei Ticona, dass diese enormen Dämpfe abgelassen werden? Ich habe<br />

es jetzt des Öfteren gesehen. Das geschieht unterhalb der Kategorie-1-Minima, das heißt,<br />

das Flugzeug ist für eine Sichtverschlechterung an der Stelle natürlich überhaupt nicht<br />

vorbereitet. Man ist unter dem Minimum und kommt plötzlich in eine ganz dicke Dampfwolke<br />

hinein. Wie oft passiert das? Wird berücksichtigt, dass diese technischen Abläufe sich<br />

abspielen, und zwar ungefähr 20 Sekunden vor dem Aufsetzen?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir haben ausgeführt, dass die Gefahren oder Beeinträchtigungen, die von Ticona für den<br />

Luftverkehr ausgehen, in Gutachten des Landes Hessen untersucht werden. Darüber<br />

können wir hier nichts sagen.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Dann sind auch die Kühltürme nicht Gegenstand dieser Untersuchung?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Selbstverständlich.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Dann brauche ich auch die Fackel, die Herrn Fislake das letzte Mal so beschäftigt hat, nicht<br />

weiter anzuführen.<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Ist auch da drin.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 61<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Ein anderer Punkt ist das Durchstartverfahren, insbesondere von der anderen Seite. Ich rede<br />

hier nicht über Hindernisfreiheit. Ich möchte einfach solche Verwechslungen vermeiden.<br />

Sonst kommt es zu Missverständnissen. Wie ist das Durchstartverfahren modelliert?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Das Durchstartverfahren ist im Rahmen des Gutachtens für das externe Risiko modelliert,<br />

indem das Verfahren nach PANS-OPS abgebildet ist. In ICAO-PANS-OPS sind die entspre-<br />

chenden Verfahren definiert, und entsprechend wird es abgebildet.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Das kann man dann nachher auch im Gutachten alles so nachlesen, dass es so gemacht<br />

wird? – Gut.<br />

Wir haben vorhin über das Thema Management gesprochen. Ich habe hier die Unterlagen<br />

der Niederländer. Es ist dort in einem Kartenwerk eingestellt: die Risikokonturen, die ISO-<br />

Konturen, und zwar die ISO-Konturen nach verschiedenen Kriterien, nach Kevin oder nach<br />

dB(A). Sie können beides sozusagen in einem erfassen, und beides ist fast kongruent. Sie<br />

können dann ein Lärmmanagement und ein Risikomanagement zusammenführen.<br />

Deshalb möchte ich noch mal betonen, dass wir beides am Ende des Planverfahrens haben<br />

müssen. Ich glaube, zumindest an dieser Stelle ist eine Win-win-Situation vorhanden. Egal,<br />

ob wir den Flughafen ausbauen oder nicht, wir werden das auf jeden Fall brauchen. Es<br />

vereinfacht die Geschichte erheblich, weil es fast kongruente Footprints sind. Wenn Sie das<br />

noch nicht kennen, stelle ich Ihnen das gerne zur Verfügung, aber eigentlich müssten Sie es<br />

kennen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich denke, dass Managementregelungen, die völlig separat nebeneinander laufen können,<br />

sinnlos sind, denn ein Flugzeug kann ja nur in einer Situation fliegen. Die muss man ja<br />

zusammenführen. Das ist irgendwie trivial.<br />

Löbig (RP Darmstadt):<br />

Sie haben sich bereit erklärt, jetzt auch eine Risikoanalyse für die Beschäftigten zu erstellen.<br />

Damit wir nachvollziehen können, ob die Datengrundlage ausreichend ist, möchte ich<br />

wissen: Welche Daten fließen in diese Risikoanalyse ein?<br />

Vitzthum (Vorhabensträgerin):<br />

Können wir die Frage bitte zurückstellen und nachher beantworten?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 62<br />

Löbig (RP Darmstadt):<br />

Gut. – Sie haben gesagt, Sie prüfen das Risiko von Flugzeugabstürzen. Es gibt aber auch<br />

noch die Blue-Ice-Geschichten oder sonstige Dinge, die Flugzeuge verlieren können,<br />

irgendwelche Ventile usw. Wie beabsichtigen Sie, diese Dinge zu analysieren bzw. Unterla-<br />

gen dazu zu erstellen?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Es gibt Statistiken zu Blue-Ice-Vorfällen und zu herabfallenden Flugzeugteilen. Diese werden<br />

ausgewertet und qualitativ beschrieben. Vor allen Dingen die Verortung der Vorgänge ist<br />

sehr wichtig: Wo passiert was? Daraus kann man Schlüsse ziehen.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

Mir ist bei der Diskussion deutlich geworden, dass wir mit einem Dritten diskutieren, der hier<br />

ein Gutachten vorlegt, dem Land Hessen, das hier gar nicht präsent ist.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Doch.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

Ja, natürlich; Sie sind natürlich Landesbeamter. Aber da würde ich als Erstes darum bitten,<br />

dass die Aufgabenstellung, die Methodik und die Kriterien dieses Gutachtens, das wir jetzt<br />

erläutert bekommen haben, in der gleichen Präzision offen gelegt werden, wie es die<br />

Fraport AG uns offen gelegt hat. Zum Zweiten bitte ich darum, dass ein kompetenter,<br />

aussagefähiger Vertreter des Landes Hessen anwesend ist und zu dieser Beauftragung des<br />

Gutachtens Rede und Antwort steht.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Mir nicht.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

Aber wir müssen ihn zumindest befragen können, wenn wir unser Beteiligungsrecht hier<br />

ernst nehmen. Es kann ja nicht sein, dass die Fraport AG das stellvertretend für das Land<br />

Hessen macht.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein, nein.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

Sie verneinen das völlig zu Recht. Aber dafür muss doch wohl irgendjemand hier im Raum<br />

sein.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 63<br />

Thiele (RP Darmstadt):<br />

Die Anforderungen, die sich an die Begutachtung dieser Sicherheitsproblematik für unsere<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben, können wir durchaus diskutieren, ohne dass die<br />

konkreten Leistungsprofile von Gutachten, die bereits in Auftrag gegeben worden sind, jetzt<br />

hier bekannt gegeben werden müssen. Das ist ja auch zu großen Teilen bereits passiert.<br />

Aus Ihren Äußerungen und dem, was schon vonseiten des Podiums dazu gesagt worden ist,<br />

sind die Anforderungen an diese Begutachtungen relativ deutlich geworden.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

Herr Thiele, dann verstehe ich nicht, weshalb wir überhaupt den Ordner von Fraport bekom-<br />

men haben. Dann hätten wir ja ohne jede Vorbereitung herkommen können. Wenn es noch<br />

nicht einmal notwendig ist, für einen <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> die Methodik, den Untersuchungsge-<br />

genstand und die Kriterien für das Gutachten offen zu legen, das das Land Hessen in<br />

Auftrag gegeben hat, verstehe ich nicht so recht, auf welcher Basis Sie hier diskutieren<br />

wollen. Im Prinzip stellen Sie sich selbst frei, weil Sie immer in einem Interessenkonflikt mit<br />

dem Land Hessen stehen. Das kann ich nachvollziehen. Aber für uns als betroffene Kom-<br />

munen ist es nicht akzeptabel.<br />

Hermann (HMWVL Wiesbaden):<br />

Herr Möller-Meinecke, diese Gutachten sind in Auftrag gegeben worden in Vollziehung des<br />

Auftrages aus der landesplanerischen Beurteilung, wonach dieses Risiko raumordnungs-<br />

rechtlich besonders zu betrachten sei. Das Land Hessen hat durch die Landesregierung die<br />

Absicht erklärt, im Lichte der landesplanerischen Beurteilung vom vergangenen Sommer<br />

eine Landesentwicklungsplanänderung durchzuführen.<br />

Um diese LEP-Änderung durchführen zu können, brauchen wir bestimmte Grundlagen<br />

hinsichtlich dieser offenen Fragen. Wenn sie durchgeführt wird, wird sie gemäß dem Lan-<br />

desplanungsgesetz auch dazu führen, dass alle beteiligten Kommunen – im Übrigen alle<br />

Kommunen des Landes Hessen – Gelegenheit bekommen, dazu Stellung zu nehmen. Das<br />

heißt, dass sie zunächst einmal Gelegenheit bekommen, in die Entscheidungsgrundlagen<br />

Einsicht zu nehmen. In diesem Zusammenhang werden sie sich mit den Methoden und mit<br />

dem Untersuchungsgegenstand dieser Gutachten auseinander setzen können.<br />

Insofern geht es hier um ein völlig anderes Verfahren. Es geht um ein Verfahren, das das<br />

Land Hessen im Rahmen seiner raumordnungsrechtlichen Zuständigkeit vorbereitet, und<br />

nicht um die Planfeststellung der Flughafenerweiterung. In diesem anderen Verfahren<br />

werden die hier anwesenden Kommunen die Gelegenheit haben, sich mit diesen Leistungs-<br />

beschreibungen auseinander zu setzen.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

Herr Hermann, vielen Dank. Das war eine hilfreiche Aufklärung. Das heißt aber im Kern,<br />

dass wir das <strong>Scoping</strong>-Verfahren aussetzen können, bis die Änderung des Landesentwick-


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 64<br />

lungsplanes abgeschlossen ist. Denn insoweit werde ich vertröstet, dass ich zukünftig eine<br />

Akteneinsicht in die Aufgabenstellung eines Gutachtens bekomme, das auch verwendet<br />

werden soll, um Ihnen Erkenntnisse für das <strong>Scoping</strong>-Verfahren und die Unterrichtung des<br />

Vorhabenträgers zu geben. Daher denke ich: Wenn Herr Hermann so offen legt – das finde<br />

ich nachvollziehbar –, dass ein Beteiligungsrecht da zukünftig zu erwarten ist, würde ich für<br />

die von mir vertretenen Städte und Gemeinden und den Landkreis darum bitten, dass uns<br />

insoweit auch das Recht auf rechtliches Gehör nach Abschluss dieser Anhörung in dem<br />

<strong>Scoping</strong>-Verfahren noch eröffnet wird. Das heißt logischerweise, dass wir dieses Verfahren<br />

aussetzen müssen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass rechtliches Gehör im <strong>Scoping</strong>-Verfahren kein Gegen-<br />

stand ist. Es ist eine Beratung der Behörde. Es geht hier nicht um Rechte der Gemeinden.<br />

Es geht hier nur darum, dass wir Einsichten über Anforderungen an die Vorhabensträgerin<br />

gewinnen sollen und darüber hinaus selbstverständlich auch diejenigen Dinge erörtern, die<br />

für die Genehmigung nachher erforderlich sind. Ein Vorschlag, wie ein solches Gutachten<br />

auszusehen hätte, ist gar nicht erforderlich. Nur hat die Fraport AG das getan. Das bedeutet<br />

aber nicht, dass alle anderen das auch tun müssen. Deswegen sehe ich überhaupt keine<br />

Veranlassung zu einer Unterbrechung.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Ich wollte eine weitere Anregung geben. Wir haben nach dem Raumordnungsverfahren oft<br />

gehört, bei Ticona ist Hindernisfreiheit gewährleistet. Ich habe keinen Zweifel, wenn das so<br />

festgestellt wird. Das hat aber zum Beispiel nichts mit einem Allwetterflugbetrieb zu tun.<br />

Deshalb rege ich an, dass zu den Unterlagen – sonst ist das Ganze ja sinnlos – die Stel-<br />

lungnahmen der zulassenden Behöre, sprich: Luftfahrtbundesamt, zum Thema Allwetterbe-<br />

trieb beigefügt werden, damit wir im Erörterungstermin die Unterlagen haben, durch die<br />

sichergestellt ist, dass ein Kategorie-3b-Anflug – den wollen Sie ja machen – aufgrund der<br />

dort vorherrschenden Randbedingungen überhaupt möglich ist und dass es nachprüfbar ist.<br />

Das kann nicht die Flugsicherung machen. Das muss die zulassende Behörde machen.<br />

Denn sie muss es nachher auch genehmigen.<br />

Mit Hindernisfreiheit hat dies natürlich überhaupt nichts zu tun. Diese Zulassung ist nur ein<br />

Teilbereich.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Wenn ich Herrn Hermann richtig verstanden habe, hat das Gutachten, das das Land macht,<br />

das Ziel, den LEP zu ändern. Sehe ich das richtig? – Das soll vor dem Hintergrund des<br />

Raumordnungsverfahren geschehen. Das heißt, hier sind raumordnerische Kriterien von<br />

Belang. Da frage ich mich, ob die technischen Dinge, die wir hier besprochen haben – also


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 65<br />

ob da eine Qualmwolke abgeblasen wird oder nicht –, überhaupt Gegenstand dieses<br />

Gutachtens sein können. Denn das ist raumordnerisch kaum von Belang, vermute ich.<br />

Thiele (RP Darmstadt):<br />

Wir haben von Herrn Hermann gehört, dass die Begutachtung sich an dem orientiert, was<br />

auch in unserer landesplanerischen Beurteilung als Ergebnis des Raumordnungsverfahrens<br />

formuliert worden war. Da war formuliert worden, dass diese Untersuchung insbesondere<br />

darüber Auskunft geben soll, „ob zur Einhaltung der Anforderungen an die Anlagensicherheit<br />

Maßnahmen an den genannten Anlagen erforderlich und durchführbar sind und ob die<br />

Anlagen an den bisherigen Standorten weiterhin betrieben werden können“.<br />

Wenn das so präzise beantwortet werden soll, sind notgedrungen auch derartige Ereignisse,<br />

wie Sie sie gerade beschrieben haben, in die Betrachtung einzubeziehen. Insofern habe ich<br />

an der Detaillierung der Untersuchungen keinen Zweifel, wenn man dem folgt.<br />

(Ott [Rüsselsheim]: Die Frage müsste eigentlich heißen: Kann da ge-<br />

flogen werden?)<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wer da wem weicht, ist doch jetzt nicht das Thema.<br />

RA Baumann:<br />

(Ott [Rüsselsheim]: Die Anlage ist aber da!)<br />

Ich habe heute Morgen gelernt, dass die Fraport Risiken, die von anderen bodenbezogenen<br />

Anlagen außer dem Flughafen ausgehen, nicht zur Kenntnis nehmen möchte und auch einer<br />

Untersuchung nicht unterziehen möchte. Wenn ich das missverstanden haben sollte, bitte<br />

ich Sie, mich zu korrigieren.<br />

Die Risiken, die von Ticona und anderen technischen Anlagen ausgehen – es wurde auch<br />

der Bereich Hanau/Offenbach genannt; man könnte Aschaffenburg noch dazunehmen –,<br />

wären natürlich mit einzubeziehen.<br />

Zweitens habe ich heute Morgen gelernt, dass eine Risikoanalyse und auch ein Risikomana-<br />

gement als Ergebnis dieser Risikoanalyse von der Fraport nicht beabsichtigt sind. Insoweit<br />

steuert Fraport bei internationaler Bewertung auf ein Niveau zu, das mit ähnlichen Attributen<br />

belegt werden könnte wie die Schulstudien, die derzeit im Umlauf sind. Man ist sozusagen<br />

auf unterstem Niveau, am Ende der internationalen Linie.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Herr Baumann, die Frage, was wer möchte, ist völlig irrelevant. Denn was gemacht wird,<br />

steht im Unterrichtungsschreiben – ob das gemocht wird oder ob es nicht gemocht wird.<br />

Deswegen würde ich sagen: Eine Rekapitulation dessen, was der Antragsteller gerne


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 66<br />

möchte, mag vielleicht für die Psychologie ganz interessant sein. Rechtlich relevant ist das,<br />

was im Unterrichtungsschreiben steht.<br />

Wir erwarten von Ihnen jetzt einige nette Aufforderungen über die Dinge, die in das Unter-<br />

richtungsschreiben hineingehören. Bitte fahren Sie fort.<br />

RA Baumann:<br />

Hätten Sie mich nicht unterbrochen, hätte ich es schon gesagt.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich wusste nicht, wie lange Sie noch die Wünsche der Fraport rekapitulieren wollten.<br />

RA Baumann:<br />

Ich war gerade am Ende und möchte jetzt meine Ausführungen dahingehend fortführen,<br />

dass ich bestimmte Standards im Risikobereich erwarte. Aus meiner Sicht ist es erforderlich,<br />

dass eine Risikoanalyse durchgeführt wird. Insbesondere ist ein Risikomanagement, wie es<br />

internationalen Standards entspricht, durchzuführen.<br />

Aus meiner Sicht ist es auch völlig unzulässig, mit einem doppelt so hohen – nein, es ist ja<br />

potenziert höher; man muss sagen: vielfach höheren Risiko – zu fahren, als es nach den<br />

Standards bei Industrieanlagen zulässig wäre. Bei Industrieanlagen ist ein Ereignis bei<br />

einem Erwartungswert von 10 -6 noch zulässig. Bei Fraport soll es bei 10 -3 zulässig sein. Das<br />

kann nicht akzeptiert werden. Ich bin kein Risikoexperte. Aber hier sind Unterschiede von<br />

Welten. Hier müssen die Anforderungen verschärft werden.<br />

Das führt nämlich dann dazu, dass verstärkt über Alternativen nachzudenken sein wird, und<br />

zwar nicht nur über Alternativen am Mikrostandort, sondern Alternativen insgesamt. Diese<br />

Diskussion möchte Fraport nicht führen. Die wollen wir führen. Die wollen wir im Erörterungs-<br />

termin dann später führen.<br />

Deswegen ist es erforderlich, auch die von Herrn Faulenbach da Costa dargestellten<br />

Alternativmodelle in die Risikobetrachtung einzubeziehen, damit Vergleichsmomente bzw.<br />

Vergleichszahlen und Dokumentationen zur Verfügung stehen, um im Erörterungstermin und<br />

dann im Planfeststellungsverfahren eine entsprechende Diskussionsgrundlage zu haben.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Die 10 -3 ist ein Ergebnis eines Gutachtens, das noch erstellt werden soll, wie ich das mitbe-<br />

kommen habe. Ich erinnere mich, dass wahrscheinlich eine Grobabschätzung aus früherer<br />

Zeit der Sache zugrunde liegt. Aber das eigentliche Gutachten wird noch erstellt. Deswegen<br />

möchte ich mich mit der 10 -3 überhaupt nicht befassen.<br />

Aber eine andere Sache ist mir wichtig: Aus Ihrer Sicht sind Sie der Meinung, dass 10 -6 die<br />

Grenze sei. Das ist ja ein Petitum.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 67<br />

(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Das ist Standard!)<br />

Wir haben ja auch über Bewertungsstufen geredet. Es kann sein, dass Sie sagen: Standard<br />

im einen ist nicht Standard im anderen. – Das wollte ich nur festgehalten haben.<br />

RA Baumann:<br />

Dabei möchte ich sagen, dass mir nicht geläufig ist, welche Standards international im<br />

Flughafenbereich anzunehmen sind. Nach meiner Kenntnis sind die Anforderungen im<br />

Flughafenbereich höher anzusetzen als bei Industrieanlagen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist angekommen.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Herr Vorsitzender, ich weiß, dass es nicht erforderlich ist. Trotzdem bitte ich darum, dass ich<br />

sagen darf, dass ich Ihren letzten Ausführungen nicht ganz zustimme. Sie haben gesagt,<br />

dass das bisherige Risikogutachten des Raumordnungsverfahrens nur eine grobe Abschät-<br />

zung war.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein, das habe ich nicht gesagt.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Das habe ich so verstanden.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist ein Missverständnis. Ich wollte nur sagen, dass das eigentliche Risiko Gegenstand<br />

eines Gutachtens ist, das hier noch nicht vorliegt und vorgelegt werden soll. Ich wollte<br />

verhindern, dass wir einfach davon ausgehen, dass da schon ein Ergebnis vorliegt.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Zum Raumordnungsverfahren liegt ja ein Ergebnis vor.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja. Aber wenn das Ergebnis verbindlich wäre, bräuchte kein zweites Gutachten erstellt zu<br />

werden. Wenn aber ein Gutachten zu diesem Thema erstellt wird, ergibt sich schon daraus,<br />

dass hier eine andere Feinbeurteilung vorgenommen wird und dass wir diese Zahl einfach<br />

abwarten. Für uns im <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> spielt diese Zahl keine Rolle. Für uns im <strong>Scoping</strong>-<br />

<strong>Termin</strong> wäre es interessant, wo Sie Ihre Schwelle setzen. Herr Baumann hat sie bei 10 -6<br />

gesetzt. Wenn Sie eine andere Zahl nennen, würden wir sie aufnehmen und uns darüber


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 68<br />

Gedanken machen, wo man das Ergebnis, das bei Fraport herauskommen wird, einzuord-<br />

nen hat. Das ist alles.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Es wird von Fraport gesagt, dass der Gutachter alles in seinem Risikogutachten in der<br />

Raumordnung berücksichtigt habe und zu dem Ergebnis 10 -3 kam. Sollte er in seinem neuen<br />

Gutachten, das er für die Planfeststellung macht, zu einem anderen Ergebnis, wie 10 -5 oder<br />

10 -6 , kommen – ich sage Ihnen gleich einen Wert, den ich für vertretbar halte –, dann kann er<br />

damit rechnen, dass er auf dem Erörterungstermin an die Wand genagelt wird.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist eine andere Sache.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Er sollte also aufpassen, dass er es richtig macht. – Heute Morgen habe ich das Beispiel<br />

Berlin genannt. Da hat der gleiche Gutachter gearbeitet. In dem Gutachten wurde 10 -5 schon<br />

als kritischer Wert für die Genehmigungsfähigkeit des Ausbaus des Flughafens Schönefeld<br />

angesehen.<br />

Herr Baumann hat die Berücksichtigung der Alternativstandorte oder der Vorhabensalternati-<br />

ven in der Risikoanalyse angesprochen. Als eine Vorhabensalternative ist das Flughafensys-<br />

tem Flughafen Frankfurt mit dem Flughafen Hahn von Fraport selbst beantragt. Im Moment<br />

werden für den Flughafen Hahn gerade auch die Planfeststellungsunterlagen erstellt. Das<br />

Raumordnungsverfahren ist wohl abgeschlossen. Wenn – ich halte das durchaus für sinnvoll<br />

– ein solches Flughafensystem in Betracht gezogen wird, müssten doch diese beiden<br />

Verfahren als verbundene Verfahren betrachtet werden. In welchem Zusammenhang<br />

diskutieren wir das?<br />

Thiele (RP Darmstadt):<br />

Ich verstehe das Petitum nicht ganz. Vielleicht können Sie noch einmal erläutern, wie Sie<br />

sich das vorstellen.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ein Flughafensystem ist ja nur dann sinnvoll, wenn ich es alternierend oder wie auch immer<br />

sinnvoll nutzen kann und nicht einfach sage: Das ist ein Flughafen, der „low-cost carrier“<br />

macht, und den Rest des Luftverkehrs haben wir in Frankfurt. Dafür brauche ich kein<br />

Flughafensystem. Wenn Sie den Antrag der Fraport, zumindest so, wie er veröffentlicht<br />

wurde, lesen, ist er durchaus sinnvoll gestellt worden. Nur ist die Realität eine andere. Wenn<br />

Sie diese sinnvolle Antragstellung der Fraport zugrunde legen, müssen Sie zu der Überzeu-<br />

gung kommen: Beide Flughäfen, die im Moment in der Ausbauplanung sind und in die


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 69<br />

Planfeststellung wollen, müssen zusammen betrachtet werden, weil es dann zusammenge-<br />

hört. Ich kann beide nur gemeinsam entwickeln.<br />

Wenn ich den Flughafen Hahn als Teil eines Flughafensystems betrachte und auch nutze,<br />

erübrigt sich beispielsweise – das kann das Ergebnis sein – durch diese gemeinsame<br />

Betrachtung eine weitere Start- und Landebahn in Frankfurt. Dann könnte es passieren, dass<br />

die in Hahn sagen, es interessiert uns nicht, was ihr in Frankfurt macht; wir wollen unsere<br />

„low-cost carrier“ machen, und nicht berücksichtigen, dass sich aus der Überlegung eines<br />

Flughafensystems ergeben könnte, dass man in Hahn noch eine zweite Bahn in die Plan-<br />

feststellung einbringen muss. Da müssen auch entsprechende Vorfelderweiterungen,<br />

Kapazitäten für Passagierabfertigung usw. mit eingebracht werden.<br />

Auch die Frage eines Transfersystems, das auch planfeststellungspflichtig ist, ist dann im<br />

Zusammenhang zu betrachten. Das kann ich nicht gesondert betrachten, weil ich sonst kein<br />

Flughafensystem entwickeln kann. Sie können doch nicht dem Flughafen Frankfurt sagen,<br />

du machst jetzt ein Flughafensystem oder untersuchst es mit, und es stellt sich in der<br />

Untersuchung heraus, es ist eine erwägenswerte Vorhabensalternative, und wir untersuchen<br />

dann in einer gemeinsamen Planfeststellung nicht genau diese Fragen, die dort planfestzu-<br />

stellen sind. Denn wie soll man dann sagen: Sorry, das, was ihr beantragt, ist nicht genehmi-<br />

gungsfähig, sondern es muss das andere gemacht werden, nämlich das Flughafensystem?<br />

Insoweit bin ich der Auffassung: Ich muss es zumindest hier diskutieren und weiter themati-<br />

sieren. Da kann man – dazu wären längere Ausführungen erforderlich – durchaus zu der<br />

Überzeugung kommen, dass das ein verbundenes Verfahren nach § 78 VwVfG ist.<br />

Löbig (RP Darmstadt):<br />

Herr Faulenbach, Ihre Ausführungen einmal als zutreffend unterstellt, wäre das nicht eine<br />

Frage, ob das verbundene Planfeststellungsverfahren sind, sondern nach unserer Auffas-<br />

sung wäre das eine Frage der Planrechtfertigung in jedem einzelnen Verfahren. Das ist nicht<br />

Gegenstand dieses <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s hier.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ich bin kein Jurist, aber ich bin Planer. Wenn ich mir als Planer überlege, Sie machen zwei<br />

eigenständige Planfeststellungsverfahren und machen nur die Planrechtfertigung rein, dann<br />

wird doch in diesem Falle in der Planrechtfertigung Fraport für ihren Standort hier in Frank-<br />

furt niemals Bezug darauf nehmen und sagen, wir wollen das in der Planrechtfertigung<br />

machen, sondern das, was sie machen wollen, weiterverfolgen, ohne dass ihnen als Auflage<br />

kommt, die Alternative zu betrachten.<br />

Ebenso handelt der Flughafen Hahn, nämlich aus seinen lokalen Interessen aus dem<br />

Marktsegment, das er sich im Luftverkehr angesehen hat und für das er seinen Flughafen<br />

entwickeln will, und nicht in einer strategischen Allianz – so nenne ich es einmal –, wie man


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 70<br />

ein Flughafensystem gemeinsam entwickeln kann. Das kann durchaus völlig anders ausse-<br />

hen, als beide Flughäfen heute ihre Ausbauvorhaben vorantreiben.<br />

Wenn Sie jetzt sagen, die werden aber nach wie vor in zwei getrennten Verfahren beurteilt –<br />

sowohl in ihren Umweltauswirkungen, im Risiko und ich weiß nicht, was alles zur Beurteilung<br />

dazugehört – und völlig separat von einer Landesbehörde, nämlich von einer in Rheinland-<br />

Pfalz und einer in Hessen, sowohl ins Verfahren gebracht als auch nachher planfestgestellt,<br />

kommen Sie nie zu einer gemeinsamen Lösung.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das mag ja sein. Aber Gegenstand dieses Verfahrens ist der beabsichtigte Antrag von<br />

Fraport, wie er hier gestellt werden soll. Da kann ein Antrag auf ein Flughafensystem, der ja<br />

kein Planfeststellungsantrag ist und sich auf einem ganz anderen Gebiet abspielt, in einem<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>, der die Unterlagen für ein Planfeststellungsverfahren für die Erweiterung<br />

von Frankfurt aufzählen soll – das ist ja noch gar kein Genehmigungsverfahren; es ist noch<br />

nicht einmal ein Antrag da –, nicht Gegenstand dieses <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s sein.<br />

Sie können sagen, dass Sie es für politisch unsinnig halten, ein solches Verfahren weiter<br />

fortzusetzen. Das kann ja sein. Aber wenn jemand einen Antrag stellen will, hat er den<br />

Anspruch darauf, dass der Antrag behandelt wird, wie er ihn gestellt hat. Wenn der Antrag<br />

nachher aus irgendwelchen Gründen nicht bescheidungsfähig ist – das kann ja sein –, wird<br />

er vielleicht abgelehnt. Aber ich kann doch nicht von vornherein, bevor der Antrag gestellt<br />

wird, der Antragstellerin vorschreiben, wie groß das Vorhaben sein muss, das sie beantra-<br />

gen will. Sie bestimmt den Antrag; das ist nun einmal so. Wir sagen nur: Wenn der Antrag so<br />

gestellt werden soll, wie er beabsichtigt ist, dann müssen die Unterlagen A, B, C, D, E dabei<br />

sein. Dazu gehört nicht die zweite Rollbahn von Hahn. Denn die wird hier nicht planfestge-<br />

stellt. Das ist nun einmal so.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Im verbundenen Verfahren würde sie auch hier nicht planfestgestellt, sondern die Verfah-<br />

rensbehörde würde noch festgelegt. Ich bin da kein Jurist; dazu sollte vielleicht besser Herr<br />

Baumann die Argumente vorbringen.<br />

Ich möchte aus meiner Sicht noch einen Hinweis geben. Im Raumordnungsverfahren haben<br />

wir beim Erörterungstermin die Vorhabensalternativen gefordert. Die sind mit Hinweis auf<br />

den Landesentwicklungsplan abgelehnt worden. Das steht so in den Unterlagen von Fraport.<br />

Auch in der landesplanerischen Stellungnahme steht es so. Die landesplanerische Stellung-<br />

nahme ist entfallen. Nach dem Erhalt der landesplanerischen Stellungnahme beantragt<br />

Fraport bei der EU die Bildung eines Flughafensystems. Das ist eine völlig andere Aus-<br />

gangslage. Jetzt sage ich, da müssen wir uns auch darüber unterhalten. Ich kann doch<br />

nichts dafür, dass die Fraport einen unvollständigen Antrag vorlegt.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 71<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Es liegt noch gar kein Antrag vor. Wir sagen, was im Antrag drinstehen soll.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Umso besser. Dann können wir uns doch jetzt darüber unterhalten. – Vielleicht kann Herr<br />

Baumann rechtlich noch etwas dazu sagen.<br />

RA Baumann:<br />

Ich möchte Ihnen, Herr Löbig, und Ihnen, Herr Bickel, durchaus Recht geben, dass wir uns<br />

hier zunächst über den Antrag der Fraport im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersu-<br />

chung unterhalten. Das ist aber nur die eine Hälfte der Wahrheit. Die andere ist, dass auch<br />

jenseits der Planrechtfertigung, die Sie, Herr Löbig, genannt haben, zu Minimierungsge-<br />

sichtspunkten hier vorgetragen werden kann. Wir hatten das heute Morgen schon erwähnt<br />

und hatten im Rahmen der Schadstoffminimierung, der Lärmminimierung und der Sicher-<br />

heitsrisikominimierung Alternativen vorgetragen. Die sind nur ansatzweise vorgetragen<br />

worden. Sie würden als sich aufdrängende Alternativen im Planfeststellungsverfahren ein<br />

ganz anderes Eigenleben führen, als sie es jetzt in diesem Verfahren tun.<br />

Weil dem so ist, ist es aus meiner Sicht erforderlich, dass die Alternativen, die sich konkret<br />

anbieten und aufdrängen, in diesem <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> zur Umweltverträglichkeitsuntersu-<br />

chung eine Rolle spielen müssen. Ich habe es jedenfalls so verstanden, dass Sie sagen,<br />

dass Alternativen dabei natürlich mit zu berücksichtigen sind.<br />

Herr Faulenbach da Costa hat heute Morgen schon konkretere Hinweise gegeben, wenn<br />

auch nicht en détail, weil Sie die nicht haben wollten. Sie haben schon am Dienstag gesagt,<br />

dass Sie keine konkreten Angaben dazu wollen. Sonst hätte er verschiedene Szenarien als<br />

Alternativen präsentiert und auch erläutert. Ich persönlich halte die Vorgehensweise der<br />

Behörde nicht für richtig, aber das ist Ihnen völlig anheim gestellt. Sie sind Herr des Verfah-<br />

rens, und insoweit können Sie machen, was Sie wollen, wenn Sie sich an die Rechtsordnung<br />

an sich halten. Aber auch wenn Sie sich nicht daran halten, definieren Sie es trotzdem so,<br />

weil Sie die Definitionsmacht heute haben.<br />

Es ist erforderlich, auch in diesem Verfahren über Alternativen zu reden. Es ist auch erfor-<br />

derlich, zu diesen Alternativen, so sie sich aufdrängen, entsprechende Gutachten im Rah-<br />

men der Umweltverträglichkeitsuntersuchung einzubringen, weil das die Alternativenprüfung<br />

dann darstellt. Unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs – ALARA-Prinzip<br />

usw. – macht es natürlich Sinn und ist vor allen Dingen auch geboten, sich darüber Gedan-<br />

ken zu machen, insbesondere wenn, was wir zur Genüge vorgetragen haben und schon vor<br />

dem <strong>Termin</strong> zur Kenntnis aller gegeben ist, der Hessische Verwaltungsgerichtshof im LEP<br />

die entscheidende Passage gestrichen hat und jetzt die Landesregierung mit Windeseile<br />

hinterher hechelt, um eine passende entsprechende Formulierung aufnehmen zu lassen, um


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 72<br />

nicht das ganze System in der Landesplanung zusammenbrechen zu lassen und auf andere<br />

Kanäle und Diskussionswege zu kommen.<br />

Herr Bickel, Ihnen ist klar, dass die Diskussion darüber erfolgen muss. Sie haben nur gerade<br />

das verschärfte Interesse, den Erörterungstermin in dieser Woche noch zu Ende zu bringen.<br />

Ich buche alles, was in diese Richtung kommt, auf dieses Bestreben, dass Sie nächste<br />

Woche hier nicht mehr antreten müssen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich muss sowieso antreten. Ob ich nun hier antrete oder in meinen Diensträumen, ist egal.<br />

Ich habe ja deswegen keine Ferien.<br />

RA Baumann:<br />

Sie wollen jedenfalls hier nicht antreten.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich wollte es Ihnen nicht zumuten. Mir ist es egal.<br />

RA Baumann:<br />

In ihrer schönen Behördenstube ist es vielleicht anheimelnder als hier. – Aber wir sind<br />

interessiert, für unsere Mandantschaft, sprich: für unsere Kommunen, für die Bevölkerung in<br />

diesen Kommunen, jetzt das Größtmögliche an Untersuchungen herauszuholen. Das<br />

müssen Sie auch mal so verstehen: Ich bin nicht nur als Berater von Ihnen hier; so titulieren<br />

Sie uns. Ich würde mir nie anmaßen, Sie beraten zu wollen oder beraten zu müssen. Aber<br />

Sie titulieren uns gerne so, weil Sie verhindern wollen, dass wir unsere Interessen für unsere<br />

Kommunen artikulieren, oder diese zumindest nicht so in den Vordergrund treten lassen<br />

wollen. Wir wollen sie aber in den Vordergrund treten lassen. Das Interesse meiner Kommu-<br />

nen ist es jedenfalls, auch Alternativen dargestellt zu haben, so es erforderlich ist, um<br />

darstellen zu können, dass das, was bisher von Fraport präsentiert worden ist, den rechtli-<br />

chen Anforderungen nicht genügt.<br />

Deswegen mein Petitum, dass auch diese Alternativen bezüglich der Sicherheitsrisiken,<br />

bezüglich der Lärmbelastungen, bezüglich der Schadstoffbelastungen untersucht werden.<br />

Diese Alternativen kann Ihnen Herr Faulenbach da Costa noch mal präsentieren, damit Sie<br />

sehen, wie massiv sie sich in der jetzigen Situation aufdrängen, was Sie, glaube ich, noch<br />

nicht ganz rezipiert haben.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Herr Baumann, die Alternativen wurden am ersten Tag schon aufgezählt.<br />

RA Baumann:<br />

Nicht ordnungsgemäß – so, dass Sie es verstehen, meine ich.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 73<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich bitte Sie! Herr Baumann, PISA kam lange nach mir. Als ich ins Gymnasium ging, habe<br />

ich nicht nur das Lesen gelernt, sondern auch das Erfassen. Aber Schwamm drüber!<br />

RA Baumann:<br />

Wir unterhalten uns nicht über schiefe Türme, sondern wir unterhalten uns über Alternativen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich weiß, dass Sie dauernd darauf drängen, die Alternativen ausführlich darlegen zu können.<br />

Ich habe gesagt, das machen wir nicht. Die Alternativen hat Herr Faulenbach da Costa den<br />

Namen nach aufgezählt. Ich habe das damals aufgenommen; das war ein eigener Tages-<br />

ordnungspunkt. Ich werde natürlich nicht zulassen, dass es jetzt unter dem Teppich eines<br />

jeden anderen Tagesordnungspunkts heißt: Der Baum bräuchte nicht gefällt zu werden,<br />

wenn wir in Hahn eine weitere Landebahn bauen. Der Frosch müsste nicht umgesiedelt<br />

werden und der Vogel könnte friedlich brüten, wenn wir Hahn ausbauen würden. So ein<br />

Spielchen machen wir nicht. Ich werde jetzt Redebeiträge zu Alternativen einfach nicht mehr<br />

zulassen.<br />

Das Minimierungsgebot wurde angesprochen. Es ist aufgenommen. Dass Alternativen<br />

angedacht sind, ist bekannt. Welche Rolle das spielt und in welchem Umfang das abgeprüft<br />

werden soll, ist bei uns extra aktenkundig. Alles, was Sie jedes Mal neu unter einem anderen<br />

Gesichtspunkt aufzählen – wenn wir die Alternative hätten, würde das und das weniger –, ist<br />

reine Zeitverschwendung. Es bringt keinerlei Erkenntnisgewinn. Deswegen bitte ich Sie,<br />

darauf zu verzichten und hier konstruktiv zu diesen Dingen zu diskutieren.<br />

Es geht nicht unter, Herr Baumann, nicht, dass Sie meinen, das wäre abgebügelt. Wenn ich<br />

das ein bisschen knapp absäge, soll das nicht etwa zulasten Ihrer Gemeinden und Ihrer<br />

Gesichtspunkte gehen, sondern es ist hier aufgenommen, und wir werden der Sache<br />

nachgehen. Aber wir werden der Sache nicht intensiver nachgehen, wenn Sie das zweimal,<br />

viermal oder sechsmal vortragen, sondern wir werden das, egal, wie oft Sie es vortragen, in<br />

einer ganz bestimmten Tiefe erörtern, und im Unterrichtungsschreiben wird dazu eine<br />

Stellungnahme sein oder nicht. Das wird bestimmt, wenn wir dieses Unterrichtungsschreiben<br />

anfertigen. Da wird dieses Problem planfeststellungsrechtlich und UVP-rechtlich definiert<br />

werden. Wir haben das mitgenommen, und wir werden der Sache nachgehen. Ich glaube,<br />

das sollte nun eigentlich genügen. Lassen wir das jetzt mal!<br />

RA Baumann:<br />

Wir nehmen es zur Kenntnis.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist erfreulich, Herr Baumann.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 74<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Herr Vorsitzender, ich nehme die Gewalt zur Kenntnis. Entschuldigung, ich wollte sagen: Sie<br />

haben als Vorsitzender das Gewaltmonopol. Sie können ja nicht abgewählt werden.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich wollte auch keine Gewalt anwenden.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Lassen Sie mich noch eine Anmerkung dazu machen: Es geht auch nicht nur um die<br />

Frösche oder sonstiges Getier. Darin bin ich kein Spezialist.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Hier geht es nur um Gefahren.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Es geht um Gefahren und auch um Menschen. Deshalb war diese Frage der Vorhabensal-<br />

ternativen eine wichtige Sache. Lassen Sie mich noch einen Zusammenhang erklären,<br />

warum das auch kommt: Wir haben jahrelang in dieser Region in einem stillschweigenden<br />

Konsens gelebt, dass Fraport im Zaun machen kann, was sie wollen, und über den Zaun<br />

hinausgehend nichts. Diesen Konsens hat Fraport gebrochen. Jetzt versuchen wir, uns<br />

dagegen zu wehren. Jetzt bricht nicht nur Fraport den Konsens, sondern schlägt auch noch<br />

ein Flughafensystem vor. Ich habe früher gesagt: Hahn halte ich nicht für eine sinnvolle<br />

Alternative, aber nachdem Fraport dies selbst beantragt, soll sie die Suppe auch richtig<br />

auslöffeln.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja, aber nicht in diesem Verfahren. Jetzt lassen wir das mal draußen. Wir behandeln diesen<br />

Antrag, und zwar unabhängig davon, ob irgendjemand irgendetwas gebrochen oder sonst<br />

etwas getan hat. Wir wollen hier keine Moralitäten unterbringen. Wir haben einen Antrag vor<br />

uns, der noch nicht gestellt ist, und wir erörtern hier ausschließlich, was in diesen Antrag<br />

hineingehört. Die Emotionalitäten kommen in dem Erörterungstermin. Ich kann Ihnen Brief<br />

und Siegel geben: Da geht es so hoch her, da brauchen Sie jetzt nichts vorwegzunehmen.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ich werde das dann wieder aufwärmen, auch wenn Sie es heute nicht akzeptieren.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich denke schon. Darauf verlasse ich mich hundertprozentig. – Haben wir noch etwas zu<br />

diesem Thema?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 75<br />

Löbig (RP Darmstadt):<br />

Es steht noch die Antwort auf eine Frage von mir aus. Ich wiederhole sie noch mal kurz: Sie<br />

hatten in Ihrem G13-Gutachten im Raumordnungsverfahren erklärt, was Sie dem Gruppen-<br />

und Einzelrisiko usw. zugrunde legen. Sie haben sich jetzt bereit erklärt, auch das Risiko für<br />

die Beschäftigten darzustellen. Meine Frage war: Welche Daten gehen in diese Risikoanaly-<br />

se ein? Diese Daten bräuchten wir, um beurteilen zu können, ob sie für Ihre Risikoanalyse<br />

eine ausreichende Grundlage bilden.<br />

Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />

Was die Beschäftigten angeht, hat die Wohn- und Wohnumfeldanalyse die IHK-Daten und<br />

Daten des Hessischen Statistischen Landesamtes ausgewertet und Befragungen durchge-<br />

führt. Konkret kann man das auch in Anhang 3.9 zum <strong>Scoping</strong>-Papier nachlesen.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Ich habe eine Frage zum Untersuchungsraum beim Vogelschlaggutachten. In der Einleitung<br />

der Kurzbeschreibung zum Vogelschlaggutachten wird der Umgebungsraum entsprechend<br />

der Richtlinie des BMV als maßgeblich erachtet. Könnte bitte konkretisiert werden, was hier<br />

gemeint ist und in welchem Umfang das berücksichtigt wird?<br />

Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />

Es ist richtig, Frau Fridrich: Der Umgebungsraum wird von der entsprechenden Richtlinie des<br />

BMV abgeleitet. Wie er konkret aussieht, wird im Gutachten dargestellt. Ich kann hier keine<br />

weiteren Angaben dazu machen.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Meine Frage zielte darauf, ob es die Hindernisrichtlinie ist oder was für eine Richtlinie das ist.<br />

Es war mir unklar, weil es nicht zitiert war. – Es wird auf Seite 2 der Kurzbeschreibung darauf<br />

hingewiesen, dass das Vogelschlagrisiko, die Vogelschlagrelevanz als eine Häufigkeit bzw.<br />

Wahrscheinlichkeit, mit der Vogelarten an Vogelschlägen beteiligt waren bzw. beteiligt sein<br />

werden, definiert wird. Im zweiten Satz steht: Es ist ausschließlich ein qualitativer Parameter.<br />

Jetzt habe ich ein bisschen Schwierigkeiten, denn eine Häufigkeit ist eigentlich ein quantitati-<br />

ver und kein qualitativer Parameter. Da bitte ich um eine Klarstellung.<br />

Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />

Das Vogelschlaggutachten ermittelt erst mal die Vogelschlagrelevanz nach den betroffenen<br />

verschiedenen Vogelarten, leitet das Vogelschlagrisiko ab und daraus dann die Flugsicher-<br />

heitsrelevanz. Ich glaube, der Ausdruck „rein qualitativ“ ist ein bisschen irreführend, denn es<br />

werden auch quantitative Aussagen dahingehend gemacht, dass langfristige statistische<br />

Angaben, Erhebungen auch am Flughafen Frankfurt hierfür ausgewertet werden, das heißt,<br />

wie viele Vogelschläge in verschiedenen Zeiträumen stattgefunden haben.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 76<br />

RA’in Fridrich:<br />

Mir ist es zwar nicht ganz klar geworden, aber ich nehme es mal zur Kenntnis. – Ein weiterer<br />

Punkt: Als Vergleichsmaßstab sollen Auswertungen einer zehn Jahre lang erhobenen<br />

Statistik an anderen deutschen Verkehrsflughäfen angelegt werden. Beim Raumordnungs-<br />

verfahren hat sich Herr Norgall mit Herrn Hild ziemlich ausführlich darüber unterhalten. Herr<br />

Hild hat sehr stark auf den Münchner Flughafen abgehoben, und es war dann im Zweifel, ob<br />

es überhaupt vergleichbar ist. Deshalb meine Bitte an das Regierungspräsidium, in dem<br />

Unterrichtungsschreiben darauf zu achten, inwieweit man die Statistik, die an zehn deut-<br />

schen anderen Flughäfen erhoben wurde, überhaupt als Vergleichsmaßstab heranziehen<br />

kann.<br />

Auf Seite 3 wird zum Untersuchungsraum auch auf die Vorgaben des Bundesministers für<br />

Verkehr, Bau- und Wohnungswesen verwiesen. Da wäre sicherlich auch noch eine Aufklä-<br />

rung und eine Präzisierung von Fraport anzufordern. Es wird ausdrücklich nicht von einer<br />

Richtlinie gesprochen. Es ist einfach unklar, was damit gemeint ist. Das wäre sicherlich noch<br />

zu präzisieren.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Ich habe eine Frage zu Egelsbach: Herr Mauel, Sie haben gesagt, dass das mit in die<br />

Risikobetrachtung hinein soll. Wollen Sie den Frankfurter Flughafen und den Egelsbacher<br />

Flughafen getrennt betrachten und dann die Risiken verschneiden, oder betrachten Sie das<br />

quasi in einem Raum?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Ich habe ausgeführt, dass wir die Interdependenzen qualitativ beschreiben. Das heißt,<br />

beides in einem Raum. Wir beschreiben, warum der Verkehr mit den beiden Flughäfen<br />

aufgrund welcher Grundlagen und Verfahren heute sicher abgewickelt werden kann.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Was legen Sie bei Egelsbach an Bewegungen zugrunde?<br />

Mauel (Vorhabensträgerin):<br />

Eine qualitative Beschreibung ist ja unabhängig von den Bewegungen. Wir beschreiben die<br />

Verfahren, wie Flugverkehr sicher abgewickelt werden kann.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Das genügt mir nicht. Man muss auch die Bewegungszahlen berücksichtigen. Herr Heldmai-<br />

er hat gesagt, dass man an den Lärmkonturen ganz gut sehen kann, wo das hingeht.<br />

Vielleicht könnte man daran ein Risiko abschätzen, mit Egelsbach, und nicht einfach qualita-<br />

tiv ein paar Sätze dazu sagen. Ich fordere also, dass man die Bewegungszahlen einbezieht,<br />

auch die, die Egelsbach künftig haben wird.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 77<br />

Löbig (RP Darmstadt):<br />

Wie stellen Sie sich das mit den Bewegungszahlen vor? Im Gegensatz zu einem Großflug-<br />

hafen hängen die Bewegungszahlen an kleineren Flugplätzen, insbesondere am Verkehrs-<br />

landeplatz Egelsbach, von Witterungsbedingungen ab. Wenn man das Mittel der letzten<br />

Jahre nimmt, ist eigentlich immer ein bestimmter Level vorhanden. Wie wollen Sie das<br />

differenzieren?<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Man kann eine durchschnittliche Bewegung nehmen, man kann natürlich auch fragen: Was<br />

darf der Flugplatz überhaupt? Da kann man unterschiedliche Sachen zugrunde legen, wenn<br />

es um die Bewegungszahlen geht. Oder habe ich Sie da jetzt falsch verstanden?<br />

Löbig (RP Darmstadt):<br />

Nein, ich habe Sie nicht richtig verstanden. Deswegen habe ich gefragt, wie Sie Ihr Anliegen<br />

verifizieren wollen. Das erscheint mir ein bisschen schwierig. Wollen wir sagen, in dem einen<br />

Jahr hatten sie 80.000, im nächsten Jahr 82.000 usw.? Es ist die Frage, ob das Risiko<br />

erheblich ist, wenn das zum Beispiel um 2.000 differiert.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Ich will zu einer quantitativen Geschichte kommen. Das heißt, da sollen Zahlen eingesetzt<br />

werden, das soll berücksichtigt werden. Das fordere ich. Eine reine Betrachtung, wie das<br />

organisiert werden kann, ist mir zu wenig. Sie sagen, Sie haben Schwierigkeiten damit,<br />

welche Zahlen Sie einsetzen sollen. Sehe ich es jetzt richtig?<br />

Löbig (RP Darmstadt):<br />

Ja, in etwa. Es geht ja nicht um das Problem, was ich für Zahlen einsetze, sondern Fraport.<br />

Aber ich müsste es verstehen, um beurteilen zu können, ob Ihr Anliegen richtig oder nach-<br />

vollziehbar ist.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Deswegen habe ich gefragt, wie sie es vorhaben. Ich habe erfahren, dass sie es gar nicht<br />

vorhaben. Um das Risiko abzubilden, könnte man es in einem Raum verschneiden. Darüber<br />

könnte man nachdenken. Das ist ein Problem der Zahl. Aber ich kann mich auch nicht dazu<br />

äußern, welche da eingesetzt werden soll. Da müsste man genau gucken, wie das am<br />

Sinnvollsten wäre. Grundsätzlich will ich weg von der reinen Betrachtung, ob das funktioniert,<br />

sondern hin zu dem, dass man rechnet: Wie groß ist das Risiko? In Egelsbach ist ja schon<br />

einiges passiert.<br />

RA’in Distler:<br />

In der Kurzbeschreibung des Vogelschlaggutachtens werden Untersuchungsraum und<br />

Methodik meiner Ansicht nach ein bisschen vermengt. Deswegen werde ich es jetzt auch


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 78<br />

genauso vermengt abfragen. Beim Untersuchungsraum der Landebahn Nordwest betrifft<br />

meine Frage die Methodik. Sie sagen: „Es besteht eine weitgehende Vergleichbarkeit<br />

zwischen dem bestehenden Flughafengelände und dem künftigen Gelände der Landebahn<br />

Nordwest.“ Ich kann mich noch gut an das Raumordnungsverfahren erinnern. Da wurde sehr<br />

viel über mögliche Unterschiede diskutiert. Wurde inzwischen untersucht, dass der Bereich<br />

der Landebahn Nordwest tatsächlich mit dem bisherigen Bestand des Flughafens vergleich-<br />

bar ist, was den Vogelbestand und den Vogelflug angeht? Das ist hier einfach so festgelegt.<br />

Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />

Der Ausbaubereich Landebahn Nordwest – das ist der Bereich, der innerhalb des Zaunes<br />

liegt – wird hinsichtlich Topografie und Bewuchs exakt so aussehen, wie sich die Start- und<br />

Landebahnen oder die Situation im Bereich des bestehenden Flughafens derzeit darstellen.<br />

RA’in Distler:<br />

Dass er innerhalb des Zaunes liegt, ist für mich nicht so eine überzeugende Begründung,<br />

denn die Vögel scheren sich relativ wenig um den Zaun. Es geht hier mehr um die Frage,<br />

welchen Einfluss der etwas näher liegende Main und auch die verschiedenen Kiesgruben<br />

haben. Haben Sie es untersucht, oder werden Sie es untersuchen? Hilfsweise rege ich an,<br />

dass es untersucht wird.<br />

Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />

Auf der gleichen Seite steht in Kapitel 3 der Umgebungsraum der Landebahn Nordwest.<br />

Genau dort werden die entsprechenden Gebiete abgehandelt. Es sind auf der nächsten<br />

Seite auch im Einzelnen die verschiedenen Gewässer aufgeführt, die hier berücksichtigt<br />

werden.<br />

RA’in Distler:<br />

Abgesehen davon, dass ich grundsätzlich nicht verstehe, was Sie sagen, verstehe ich nicht,<br />

was der Umgebungsraum damit zu tun hat, denn er betrifft wohl die Hindernisrichtlinie. Die<br />

Hindernisrichtlinie geht ja nicht sehr weit um die geplante Landebahn. Ich möchte keine<br />

Untersuchung für Mühlheim oder gar für die Stadt Frankfurt fordern, aber meine Frage ist, ob<br />

sich ein Vogelschlagrisiko nicht jenseits des Bereichs der Hindernisrichtlinie auswirken kann.<br />

Ist das geprüft? Wird das geprüft? Wenn ja, wie gehen Sie damit um?<br />

Ich sehe weiter, dass Sie unter dem Spiegelstrich vier für einzelne verschiedene Gebiete<br />

noch Vogelschlagrisiken untersuchen. Wie ermitteln Sie die? Wie werden diese Gebiete<br />

definiert?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 79<br />

Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />

Die Abgrenzung der Hindernisrichtlinie hat nichts mit dem Umgebungsraum gemäß der<br />

Richtlinie zur Verhütung von Vogelschlag aus dem Jahre 1974 zu tun. Alles, was Sie<br />

angesprochen haben, wird in diesem entsprechenden Raum behandelt, berücksichtigt.<br />

RA’in Distler:<br />

Welcher Raum ist das dann, bitte?<br />

Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />

Der Raum ergibt sich daraus, wie er hier beschrieben ist, mit den entsprechenden Gewäs-<br />

sern und Bereichen, die hier einbezogen werden.<br />

RA’in Distler:<br />

Dann kann es sein, dass sich meine Fragen erübrigen, aber ich kenne die Richtlinie nicht.<br />

Sie haben sie leider nicht beschrieben.<br />

Böhm (HGON):<br />

Zum Thema Vogelschlag habe ich weitere spezifische Fragen. Sie schreiben auf Seite 4:<br />

„sowie die verschiedenen Naturschutzgebiete“. Die hätte ich gerne definiert, damit es nicht<br />

wieder vorkommt, dass ich bei meiner Betreuung von Naturschutzgebieten plötzlich Vertreter<br />

der Fraport im Gebiet antreffe, ohne jegliche Genehmigung des RP, dass sie das Gebiet<br />

überhaupt betreten dürfen und dort Bestandserhebungen machen. Ich will ganz klar und<br />

deutlich eine Definition, welche Naturschutzgebiete hier in Betracht kommen. Das ist für mich<br />

äußerst wichtig.<br />

Außerdem interessiert mich, außer den Gewässern, die Sie hier aufgeführt haben, welche<br />

Gewässer unter Umständen noch in Ihre Untersuchung einfließen sollen, zum Beispiel<br />

Walldorfer Badesee, Langener Waldsee etc.<br />

Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />

Ihre Hinweise werden aufgegriffen. Wir werden in den Unterlagen darstellen, welche Natur-<br />

schutzgebiete hier einbezogen werden und welche weiteren Badeseen oder Ähnliches<br />

entsprechend dieser Vorschrift einbezogen werden müssen.<br />

Böhm (HGON):<br />

Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie jetzt schon in gewissen Bereichen, zum Beispiel<br />

am Langener Waldsee, Untersuchungen bezüglich der Vogelschlaggefahr durchführen oder<br />

durchführen lassen?<br />

Dr. Baader (Vorhabensträgerin):<br />

Es laufen Untersuchungen im Hinblick auf die kleinräumigen Vogelbewegungen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 80<br />

Böhm (HGON):<br />

Es tut mir Leid, ich habe eine andere Information. Aber die möchte ich hier nicht weiter<br />

diskutieren.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Jeder kann sich über die Vogelschlagrisiken und die Anzahl der Vogelschläge unter<br />

www.davvl.de informieren. Das ist die Adresse der Geschäftsstelle in Traben-Trarbach, die<br />

sich mit dieser Problematik befasst.<br />

Jetzt komme ich zu einer anderen Sache, die ich, was das Flugtechnische angeht, für<br />

besonders wichtig halte. Ich nehme das Thema Vogelschlag wirklich sehr ernst. In der<br />

Veröffentlichung der Vereinigung Cockpit wird zur Schadensminderung und zur Unfallverhü-<br />

tungsproblematik empfohlen: „Durchfliegen Sie das kritische Höhenband von Grund bis ca.<br />

4.000 Fuß so rasch wie möglich. Hier halten sich die meisten Vögel auf.“ Ich stelle das ganz<br />

stark heraus, denn da führt die Flugsicherung über viele, viele Kilometer unsere Gegenanflü-<br />

ge. Die Strecken habe ich Ihnen vorhin schon genannt. Das heißt, hier wird auch die Risiko-<br />

minimierung von der Deutschen Flugsicherung überhaupt nicht wahrgenommen.<br />

Dann geht es weiter: „Reduzieren Sie die Anfluggeschwindigkeit im Endanflug auf das<br />

Minimum. Der mögliche Schaden am Luftfahrzeug wächst mit höherer Geschwindigkeit.“<br />

Derzeit sind zur Kapazitätssteigerung des bestehenden Systems höhere Anfluggeschwindig-<br />

keiten vorgesehen. „Sollte ein Vogelschlag unvermeidlich sein, keine Änderung der Flugla-<br />

ge.“ Was das für einen Piloten heißt, können Sie sich vorstellen. „Melden Sie jeden Vogel-<br />

schlag, und informieren Sie über Vogelschlag unter der angegebenen Adresse.“ Das heißt,<br />

man hat innerhalb der Vereinigung Cockpit gesehen, dass es hier um ein relativ großes<br />

Problem geht. Die Maßnahmen zur Abwendung der Schäden und der Unfallrisiken habe ich<br />

vorgelesen, weil genau das Gegenteil dessen flugbetriebstechnisch von der Deutschen<br />

Flugsicherung vorgenommen wird. Insofern sollte man wirklich darauf drängen, dass in den<br />

Planungsunterlagen auch in diesem Zusammenhang ein ordentliches Konzept vorgelegt<br />

wird.<br />

Wen interessiert, wie ein Vogelschlag aussieht, wie ein Flugzeug nachher aussieht und der<br />

Vogel natürlich auch, der kann sich das hier gerne in Bildern angucken.<br />

Kowol (Wiesbaden):<br />

Da hier eine ganz Reihe von Gewässern aufgezählt worden sind, vermisse ich die, die<br />

nördlich von Hochheim anzutreffen sind, insbesondere die Kiesgrube Bartsch und die<br />

Kiesgruben rund um den Golfplatz bei Delkenheim. Wir haben festgestellt, dass dort eine<br />

ganze Reihe von Vogelarten vorkommen, dass diese Kiesgruben zum Teil als Trittsteine für<br />

den Vogelzug dienen. Insofern sind auch diese Bereiche für das Problem Vogelschlag<br />

sicherlich von Interesse.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 81<br />

Hinzu kommt, dass wir dort einen erheblichen Austausch mit den RAMSAR-Gebieten am<br />

Rhein und Untermain haben, sodass wir durchaus einiges an Vogelzugbewegungen im<br />

örtlichen Bereich dort antreffen. Hinzu kommt die Deponie Dyckerhoff, ein sehr großes<br />

Gebiet, das ursprünglich Erweiterungsflächen vorgesehen hatte, die sich inzwischen zu<br />

hochwertigen Biotopen entwickelt haben und nicht mehr benötigt werden. Insofern ist dort<br />

auf Dauer damit zu rechnen, dass wir einiges an Vogelpopulationen antreffen werden.<br />

Vielleicht nimmt man das auch in den Bereich auf, der zu untersuchen wäre.<br />

RA Baumann:<br />

Ich komme auf Seite 4 Ihres Papiers zu sprechen, zu der Frage der Alternativen im Sinne<br />

der FFH-Richtlinie. Herr Vorsitzender, ist es gestattet, zu Alternativen noch Ausführungen zu<br />

machen?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Dass wir Alternativen haben, ist schon bekannt. Wir haben sie auch vorgestellt bekommen.<br />

Auf welcher Rechtsgrundlage dies geschieht, ob aufgrund der FFH-Richtlinie oder aufgrund<br />

des Minimierungsgebotes, da gilt das, was ich vorhin etwas flapsig mit den Fröschen und mit<br />

den anderen Tierchen gesagt habe. Jetzt kommen Sie mit der Alternative FFH-Richtlinie.<br />

RA Baumann:<br />

Das kommt nicht von mir, Entschuldigung.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein. Aber Sie bringen es jetzt ein.<br />

RA Baumann:<br />

Ich frage, was die zumutbare Alternative ist. Was soll es sein?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Meinen Sie das jetzt rechtlich oder konkret?<br />

RA Baumann:<br />

Das steht hier. Das steht in den Unterlagen: 3.5 Prüfung zumutbarer Alternativen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Kann sich Fraport dazu äußern?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Herr Baumann, ich kann Ihnen gerne erklären, was das ist. Aber ich denke, der Alternativen-<br />

vergleich aus der FFH-Richtlinie heraus hat nichts mit dem Thema Vogelschlag zu tun.<br />

Jedenfalls erkenne ich den Zusammenhang derzeitig nicht, sodass ich nur die Frage an


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 82<br />

Herrn Bickel zurückgeben kann, ob wir das Thema nicht sinnvollerweise unter dem Schutz-<br />

gut Tiere und Pflanzen abhandeln.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wenn Sie die Antwort kurz in einem Satz geben könnten, hätte man es jetzt behandeln<br />

können. Denn sonst ist die Diskussion über die Verortung des Themas länger als die<br />

Antwort.<br />

RA Baumann:<br />

Es geht offensichtlich um den Schutz der Vögel vor Flugzeugen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja, und hier geht es um den Schutz der Flugzeuge vor den Vögeln.<br />

RA Baumann:<br />

Damit ist es klargestellt, danke.<br />

Böhm (HGON):<br />

Ich hätte gerne, was den Vogelschlag betrifft, noch eine Frage geklärt: Es geht mir um die<br />

enorm großen Taubenschwärme, die in Verbindung mit Taubenflug aufgehen usw. Die<br />

schlagen – ich beobachte das sehr oft, da ich sehr viel draußen in der Natur bin – quer über<br />

die beiden Landebahnen ihren Zugweg ein, und zwar in Richtung Feldberg. Ich habe mich<br />

schon immer gewundert, dass Fraport einerseits die wildlebenden Vogelarten als Gefahr<br />

ansieht. Aber was ist eigentlich mit dieser Gefahrenquelle? Was wird gegen diese Gefahren-<br />

quelle unternommen, wenn Riesentaubenschwärme, bis zu 200 Tauben, die beiden Lande-<br />

bahnsysteme, nämlich Süd- und Nordbahn, vom Gehspitzweiher ausgehend in nordwestli-<br />

cher Richtung überfliegen?<br />

Müntze (Vorhabensträgerin):<br />

Es werden nicht nur die Wildtauben betrachtet, sondern selbstverständlich auch die<br />

Haustauben. Sie werden im Vogelschlaggutachten genauso abgehandelt wie die Wildtau-<br />

ben. Wir haben mit Haustauben keine Probleme, sonder eher mit Wildtauben.<br />

(Böhm [HGON]: Brieftauben!)<br />

– Ich habe Sie schon verstanden. Das ist klar.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das Thema ist jetzt abgehandelt, und wir kommen nach der Pause zum Schutzgut Erho-<br />

lungsfunktion.<br />

(Unterbrechung von 15.03 bis 15.29 Uhr)


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 83<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt:<br />

6.1.2 Erholungsfunktion<br />

Die Themen, die hier zu erörtern sind, werden sich mit dem, was wir früher besprochen<br />

haben, zum Teil decken. Frau Ohl wird kurz in das Thema einführen, damit Sie wissen, was<br />

hier besprochen wird.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Ich habe hier eine Untergliederung der Tagesordnung für das Schutzgut Freizeit- und<br />

Erholungsfunktion, das Schutzgut Landschaft und das Schutzgut Tiere aufgelegt. Wir wollen<br />

nach der gleichen Systematik erörtern. Das Thema FFH-Verträglichkeit wollen wir im<br />

Anschluss an das Schutzgut Tiere und Pflanzen besprechen.<br />

Ich beginne mit dem Schutzgut Freizeit- und Erholungsfunktion bzw. Schutzgut Mensch,<br />

Freizeit- und Erholungsfunktion. Die Fragen, die in den Stellungnahmen zu dem <strong>Scoping</strong>-<br />

Papier zum Untersuchungsrahmen aufgeworfen wurden, waren vor allen Dingen, der<br />

Untersuchungsraum sei nicht ausreichend abgegrenzt, wegen der Lärmbelastung und dem<br />

Überflug seien zusätzlich bestimmte Bereiche wie zum Beispiel der Taunus, das Rheintal<br />

und der Odenwald sowie auch zusätzliche Städte und Gemeinden einzubeziehen. Des<br />

Weiteren seien für die Erholungsfunktion im Untersuchungsraum auch solche Bereiche für<br />

die ruhige Erholung zu betrachten.<br />

Ich möchte jetzt gerne an Fraport übergeben, damit Sie noch einmal erläutern können, wie<br />

Sie den Untersuchungsraum abgegrenzt haben und welche Bereiche Sie zum Beispiel für<br />

die ruhige Erholung zusätzlich betrachten möchten.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ich wollte Ihnen jetzt kurz den Untersuchungsrahmen für das Schutzgut Freizeit- und<br />

Erholungsfunktion darstellen und dabei auch in die Oberpunkte gliedern, die Frau Ohl gerade<br />

angesprochen hat: Untersuchungsraum, Bestandserfassung und Auswirkungskategorien.<br />

Zum Untersuchungsraum selbst: Der Untersuchungsraum entspricht, wie auch in den<br />

<strong>Scoping</strong>-Unterlagen dargestellt, dem Untersuchungsraum des Schutzgutes Mensch, Wohn-<br />

und Wohnumfeldfunktion. Es ist in den Abgrenzungen derselbe Untersuchungsraum, wie er<br />

auch der UVS zum Raumordnungsverfahren zugrunde gelegen hat.<br />

Wir sind der Auffassung, dass wir alle entscheidungserheblichen Umweltauswirkungen,<br />

insbesondere auch die Lärmwirkung, in diesem Untersuchungsraum auf die Freizeit- und<br />

Erholungsfunktion abbilden können. Sofern sich aus den Untersuchungen ergeben sollte,<br />

dass wesentliche Verlagerungen von Erholungsverkehren stattfinden, müsste der Untersu-


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 84<br />

chungsraum spezifisch erweitert werden. Auf der Grundlage unserer jetzigen Arbeiten gehen<br />

wir allerdings davon aus, dass wir die Wirkungen innerhalb dieses Untersuchungsraums<br />

abbilden können.<br />

Die Erfassungskriterien – Herr Baader hat es gestern im Rahmen der Methodik dargestellt –<br />

bauen auf den Erfassungskriterien auf, die wir auch im Rahmen der UVS zum Raumord-<br />

nungsverfahren verwandt bzw. eingestellt haben. Diese werden entsprechend maßstäblich<br />

konkretisiert. Ich werde Ihnen jetzt im Schwerpunkt die Kriterien darstellen, bei denen wir<br />

gegenüber der UVS zum Raumordnungsverfahren die wesentliche Konkretisierung in der<br />

UVS zum Planfeststellungsverfahren sehen.<br />

Das ist insbesondere in der Erfassung der innerörtlichen Frei- und Grünflächen zu sehen.<br />

Hier werden neben den Landschaftsplänen die Flächennutzungspläne ausgewertet bzw.<br />

entsprechende Angaben der Gemeinde hinzugezogen. Ansonsten bezieht sich die Erfas-<br />

sung vorwiegend auf die Erholungsräume und Erholungszielpunkte, wie sie in den entspre-<br />

chenden Fachplänen dargestellt sind.<br />

Über diese fachplanerischen Kategorien oder die einzelnen Frei- und Grünflächen werden<br />

selbstverständlich die gesetzlich geschützten Bereiche insofern erfasst, als hier die Schutz-<br />

gebiete integriert werden, die auch in ihren Schutzzielen explizit auf die Erholungs- und<br />

Freizeitfunktion abstellen.<br />

Die beiden letzten Zeilen heben im Grunde genommen auf die Punkte ab, die spezifisch zur<br />

Planfeststellung erhoben werden sollen. Das ist die Bestimmung des Erholungsmusters<br />

anhand bestimmter Erholungskategorien. Was wir darunter verstehen, werde ich gleich noch<br />

einmal in den folgenden Folien kurz erläutern. Wir werden auch die aktuelle Erholungsnut-<br />

zung in entsprechenden repräsentativen Beispielsräumen erheben.<br />

Die Vorbelastungen spielen sicherlich, gerade, was die ruhige Erholung betrifft, eine beson-<br />

dere Rolle: Vorbelastungen durch entsprechende Lärmwirkungen und sonstige, auch visuelle<br />

Störungen innerhalb des Untersuchungsraums.<br />

Die Auswirkungskategorien sind in dem <strong>Scoping</strong>-Papier entsprechend dargestellt. Ich<br />

möchte an dieser Stelle nicht im Einzelnen darauf eingehen, allerdings auch hier den<br />

Verweis bringen, weil das auch in den Stellungnahmen zu dem <strong>Scoping</strong>-Papier deutlich<br />

wurde: Wir sind der Meinung, dass Gerüche, Blue-Ice-Effekte und auch andere Wirkungen,<br />

die von Ihnen in den Stellungnahmen angesprochen wurden, keine entscheidungserhebli-<br />

chen Umweltauswirkungen darstellen. Wir sind der Meinung, dass sich die Wirkungen im<br />

Schwerpunkt auf die Flächeninanspruchnahme, auf die Zerschneidungswirkungen, auf die<br />

Isolation von Erholungsräumen sowie auf die betriebsbedingten – das ist hier im Schwer-<br />

punkt Lärm – Wirkungen bzw. auch baubedingt konzentrieren.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 85<br />

Was verstehen wir unter Erholungskategorien? Wir sind dabei, innerhalb des Untersu-<br />

chungsraums Erholungskategorien einmal nach ihrem Raumbezug, nach ihrem Nutzungs-<br />

spektrum und nach ihrer Nutzungsfrequenz zu unterscheiden. Es ergeben sich daraus vier<br />

verschiedene Erholungskategorien: einmal die innerörtliche Kurzzeiterholung, die ortsrand-<br />

nahe Kurzzeiterholung, die regionale Naherholung und die regionale Erholung an spezifi-<br />

schen Ausflugszielen.<br />

Die Erholungskategorie „innerörtliche Kurzzeiterholung“ konzentriert sich auf die innerörtliche<br />

bzw. innerstädtische Erholung. Schwerpunkt ist das Spazierengehen und das Radfahren.<br />

Diese Nutzung findet vorwiegend werktags bzw. auch am Wochenende statt.<br />

Die ortsrandnahe Kurzerholung unterscheidet sich einmal von ihrem Raumbezug – der<br />

Radius ist größer. Diese Art der Erholungsnutzung findet in einem 1,5-km-Radius um den<br />

Siedlungsrand statt. Das Nutzungsspektrum erweitert sich hier nur wenig. Die Nutzungsfre-<br />

quenz verlagert sich hier allerdings auch stärker auf die Kurzzeiterholung bzw. auf das<br />

Wochenende. Wie gesagt, durch den unterschiedlichen Raumbezug finden andere Nut-<br />

zungsspektren statt. Die Frequenz und die Art der Nutzung unterscheiden sich.<br />

Die regionale Naherholung hat vom Raumbezug einen weiteren Umgriff. Diese Art der<br />

Naherholung findet bis zu einer Entfernung von maximal 50 km, orientiert an einem Zeitauf-<br />

wand von ca. einer Stunde zur Aufsuchung dieser Erholungsräume, statt. Das Nutzungs-<br />

spektrum bezieht sich hier einmal auf alle naturverbundenen Aktivitäten: Natur erleben,<br />

Wandern, Spazierengehen oder eben auch Badeaktivitäten. Die Nutzungsfrequenz konzent-<br />

riert sich nicht zuletzt aufgrund dieses größeren Raumbezuges vorwiegend auf das Wo-<br />

chenende. Diese Art der Nutzung findet anders als die Kurzzeiterholung im direkten Wohn-<br />

umfeld nicht regelmäßig statt, sondern in sehr viel größeren Zyklen.<br />

Die Erholungskategorie IV konzentriert sich auf bestimmte regionale Ausflugsziele. Das<br />

können Freibäder, Seen, Freizeitparks oder auch Zoos sein. Hier gibt es genauso wie bei der<br />

regionalen Naherholung die Bereitschaft, sehr viele größere Entfernungen zurückzulegen.<br />

Die Erfassung der Erholungsnutzung findet differenziert anhand der zu erwartenden Auswir-<br />

kungen statt. Wir versuchen, eine differenzierte Bewertung der derzeitigen Erholungsnutzung<br />

vor dem Hintergrund Verlust, Zerschneidung, Verinselung von Erholungsflächen insbesonde-<br />

re für die Räume durchzuführen, die durch den Ausbau des Flughafens direkt in Anspruch<br />

genommen werden. Da geht es um den Verlust von Erholungsflächen. In den Bereichen, in<br />

denen wir vorwiegend eine Beeinträchtigung der Erholungssuchenden bzw. Erholungsquali-<br />

tät durch zusätzliche Verlärmung erwarten, werden wir das auf der Grundlage vorhandener<br />

Unterlagen und Befragungen in bestimmten Beispielsräumen durchführen. Für die Bereiche,<br />

für die gegebenenfalls Verlagerungen von Erholungsverkehren stattfinden, werden wir dann<br />

auf der Grundlage von vorhandenen Unterlagen und ergänzenden Untersuchungen Ab-<br />

schätzungen vornehmen, inwieweit durch diese Verlagerung von Erholungsverkehren


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 86<br />

zusätzliche Umweltauswirkungen auftreten. Das möchte ich zum Untersuchungsrahmen für<br />

das Schutzgut Mensch, Freizeit- und Erholungsfunktion sagen.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Herr Müller-Pfannenstiel ist jetzt ein bisschen vorgeprescht und hat schon alles behandelt.<br />

Dann würde ich sagen, wir steigen auch in die Diskussion ein und diskutieren jetzt nicht<br />

getrennt nach Untersuchungsraum, Bestandserfassung und Auswirkungen, sondern diskutie-<br />

ren den ganzen Komplex.<br />

Die Abgrenzung des Untersuchungsraumes erfolgt ja wie bei dem Schutzgut Mensch, Wohn-<br />

und Wohnumfeldfunktion, aufgrund einer Lärmkontur. Welche Lärmkontur ist das? Welche<br />

Räume beziehen Sie noch zusätzlich ein? Sie schrieben nämlich in dem <strong>Scoping</strong>-Papier, es<br />

sollen auch noch speziell Räume für die ruhige Erholung betrachtet werden. Die werden sich<br />

wohl kaum in der Lärmkontur von 55 oder 57 dB(A) befinden.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Zu der Lärmkontur möchte ich Folgendes sagen. Wir werden uns auf die Lärmmediziner<br />

beziehen und hier den präventiven Richtwert für das Schutzziel Erholung bzw. Rekreation<br />

zugrunde legen. Das ist die 57-dB(A)-Realverteilung.<br />

(Lachen des RA Baumann)<br />

– Ich denke, die Diskussion um die Versuche Ihrerseits, die Lärmmediziner zu diskreditieren,<br />

müssen wir hier nicht noch einmal aufrollen. Ich beziehe mich auf die Lärmmediziner und<br />

denke, dass es eine hinreichende Begründung für die Abgrenzung des Untersuchungsrau-<br />

mes ist.<br />

Zur Frage der Einbeziehung von Erholungsräumen außerhalb dieses Untersuchungsraumes<br />

habe ich versucht zu erklären, dass wir den Untersuchungsraum dann erweitern, wenn wir<br />

mit der Verlagerung von Erholungsverkehren rechnen bzw. in den Räumen der Erholungska-<br />

tegorie III – regionale Naherholung – erhebliche Zusatzbelastungen durch den Ausbau des<br />

Frankfurter Flughafens erwarten.<br />

Wenn Sie sich vergegenwärtigen, dass durch den Ausbau des Frankfurter Flughafens in<br />

erster Linie die Erholungskategorien I und II – sprich: Naherholung im direkten Siedlungsum-<br />

feld – betroffen sind und wir bei dem derzeitigen Aufsuchen von Erholungsgebieten im<br />

Taunus oder im Erholungswald nicht damit rechnen, dass durch die Inanspruchnahme von<br />

Erholungsräumen durch den Ausbau des Flughafens hier wesentliche Verlagerungen von<br />

Erholungsverkehren stattfinden – einfach, weil die Nutzungsfrequenz und das Nutzungs-<br />

spektrum das nicht erwarten lassen –, gehen wir, wie gesagt, zum jetzigen Zeitpunkt davon<br />

aus, dass wir den Untersuchungsraum nicht erweitern müssen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 87<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Ich will hier keine Fachdiskussion mit Herrn Müller-Pfannenstiel führen. Deswegen würde ich<br />

Sie bitten, Ihre Anregungen zu diesem Thema – auch zur Abgrenzung des Untersuchungs-<br />

raums – noch einmal vorzutragen, aber ohne die Lärmdiskussion vollständig neu aufzurollen.<br />

Es geht vor allen Dingen darum, welche Werte Sie meinen, für die Erholungsfunktion<br />

heranziehen zu müssen.<br />

RA Schmitz:<br />

Zum Untersuchungsraum können wir, wenn Sie nach den Werten fragen, auf das verweisen,<br />

was zur Wohn- und Wohnumfeldfunktion von unserer Seite, insbesondere von Herrn<br />

Dr. Kühner, vorgetragen worden ist. Seine Aussage lautet – er ist heute nicht hier; ich gebe<br />

es deshalb wieder –, dass da aus seiner Sicht die identischen Forderungen zu erheben sind.<br />

Die Begründung ist nahe liegend. Wir hatten vorgetragen, das vonseiten der Lärmmediziner<br />

im Wesentlichen das Kriterium der Gesundheitsbeeinträchtigung rauf- und runterdekliniert<br />

wird. Es geht also um die menschliche Gesundheit. Auch bei der Erholung ist es so, dass<br />

das auch noch andere Aspekte hat, insbesondere den Bereich der Belästigung, der da eine<br />

wichtige Rolle spielt und der nicht unbedingt etwas mit der Gesundheitsbeeinträchtigung zu<br />

tun hat. Da dieser Bereich im Wesentlichen bei dem 57er-Wert ausgeklammert wird, müsste<br />

das wesentlich tiefer liegen. Zu den genauen Werten verweise ich, wie gesagt, auf die<br />

Angaben von Dr. Kühner.<br />

Eine Frage an Herrn Müller-Pfannenstiel zu den Erholungskategorien: Ist da eine Hierarchie<br />

drin, oder ist das mehr eine systematische Abgrenzung von verschiedenen Kategorien,<br />

worunter Erholung zu verstehen ist?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Das ist keine Hierarchie, das ist einfach eine Kategorisierung unterschiedlicher Erholungs-<br />

nutzungen nach Raumbezug, Frequenz und Spektrum.<br />

RA Schmitz:<br />

Gut. Das finde ich auch angemessen und richtig. – Meine zweite Frage bezieht sich auf die<br />

Kategorie I. Da frage ich mich, warum da insbesondere die Balkone und Gärten nicht mit<br />

erfasst sind. Wir wissen doch alle, dass für die Erholung im Nahbereich der Balkon und der<br />

Hausgarten eine wichtige Rolle spielen. Daher frage ich mich, wieso sie nicht in der Katego-<br />

rie I mit drin sind.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Es ist das grundsätzliche Problem, im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsstudie Grenzen<br />

zwischen unterschiedlichen Schutzgutbereichen zu ziehen. Diesen Aspekt, den Sie anspre-<br />

chen, haben wir unter Wohn- und Wohnumfeldfunktion gefasst. Das heißt, die Erholung auf


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 88<br />

dem Balkon, im eigenen Garten wird unter dem Funktionsbereich Wohn- und Wohnumfeld-<br />

funktion abgehandelt.<br />

RA Schmitz:<br />

Das ist eben das Schöne an der Dialektik, dass man damit auch zu den gewünschten<br />

Ergebnissen kommen kann, je nachdem, wie man sie anwendet. Das heißt also, man trennt<br />

das auf und hat dann gewisse Probleme beseitigt. Das ist gerade für Juristen auch eine<br />

vertraute Arbeitsweise. Die sollte man aber in diesem Falle natürlich bemängeln, weil durch<br />

dieses dialektische Vorgehen nun gerade ein wesentlicher Problembereich zur Einschätzung<br />

der Beeinträchtigung von Erholungsfunktionen ausgeklammert wird.<br />

Meiner Meinung nach ist es eben so, dass in der Kategorie I, also dem Bereich, wo es um<br />

die Kurz- bzw. Naherholung geht, gerade die Gärten und Balkone eine wesentliche Rolle<br />

spielen. Wir könnten die Kleingärten zum Beispiel noch mit dazurechnen. Das ist meiner<br />

Ansicht nach absolut vergleichbar mit einem Park oder sonst irgendetwas, was im Raume<br />

steht.<br />

Ich denke, wenn Sie das machen würden – ich stelle mir gerade vor, was herauskäme, wenn<br />

Sie es so machten –, würden Sie natürlich erheblich größere Probleme in Ihrer Umweltbe-<br />

wertung kriegen. Deswegen haben Sie es halt anders gemacht. Wir können das ja mal<br />

durchspielen. Wenn man es so darstellen würde, würden das Material und das Gewicht<br />

dieses Bereiches sich wesentlich erweitern.<br />

Wie auch immer, mein Petitum ist, dass diese Dinge der Kategorie I in diesen Bereich mit<br />

hineingehören.<br />

Kommen wir noch zur Bewertung? Oder sollten wir jetzt schon über die Bewertungskriterien<br />

von Ihnen sprechen, wie Sie vorhaben, das in der UVS zu machen? Habe ich es richtig<br />

verstanden, dass Sie zu den Bewertungskriterien noch gar nichts gesagt haben?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Es ist richtig, dass wir zu Bewertungskriterien noch nichts gesagt haben. Es schließt sich<br />

natürlich die Frage an, ob man, ausgehend von dieser Kategorisierung, überhaupt eine<br />

Bewertung durchführen muss. Das ist genau der Punkt, den Sie angesprochen haben. Eine<br />

Hierarchisierung in Form einer Bewertung, die regionale Naherholung ist bedeutender als die<br />

Kurzzeiterholung, ist aus unserer Sicht fachlich nicht sinnvoll.<br />

Zu der Frage des Verschiebens von Problemen möchte ich Folgendes sagen: Dass wir eine<br />

bestimmte Art der Erholungsnutzung in ein anderes Schutzgut verschieben, kann ich nicht<br />

sehen, zumal wir das Schutzziel Kommunikation gerade in dem Bereich des direkten<br />

Wohnumfeldes für besser zugeordnet sehen. Wenn wir die Zuordnung vornehmen würden,<br />

die Sie dargestellt haben, würden wir diesen Aspekt logischerweise aus der Wohnumfeld-<br />

analyse herausziehen müssen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 89<br />

Zu dem Punkt Kleingartenanlagen: Die Kleingartenanlagen sind in der örtlichen Kurzzeiter-<br />

holung aufgeführt.<br />

RA Schmitz:<br />

Ich hatte in der landesplanerischen Beurteilung gesehen, dass da verschiedene Wertstufen<br />

bei der Bewertung der Auswirkungen auf die Erholungsfunktion enthalten waren. Haben Sie<br />

die jetzt herausgenommen? Es hieß doch hier „starke Umweltauswirkungen“, „unerhebliche<br />

Umweltauswirkungen“ usw. Sie haben da auch vonseiten des Regierungspräsidiums eine<br />

Bewertung vorgesehen gehabt. Es gehört doch in eine UVS, dass man die Beeinträchtigun-<br />

gen von Schutzgütern bewertet.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Herr Baader hat gestern ausgeführt, dass auch mit Bezug zu § 6 Abs. 3 Nr. 3 UVPG wir als<br />

Bestandteil der UVS eine Beschreibung der Umweltauswirkungen vornehmen werden und<br />

wir unsererseits einen Bewertungsvorschlag machen werden, der aber nicht Gegenstand der<br />

Auseinandersetzung im Rahmen des <strong>Scoping</strong>-Verfahrens ist.<br />

RA Schmitz:<br />

Jetzt ist alles klar. Das ist wieder Dialektik, okay.<br />

Frau Eising (RP Darmstadt):<br />

Ich wollte noch einmal unterstützen, was Herr Müller-Pfannenstiel gesagt hat. Bei den<br />

einzelnen Schutzgütern, die Frau Ohl angesprochen hat, werden wir nicht über die Bewer-<br />

tungsvorschläge diskutieren. Sie können gerne Anregungen geben, aber das ist nicht<br />

Gegenstand hier.<br />

RA Schmitz:<br />

Dann gebe ich auch keine Anregungen.<br />

(Heiterkeit)<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Mir geht es im Wesentlichen erst einmal um den Untersuchungsraum und hier um die Frage<br />

der Orientierung an den lärmmedizinischen Vorgaben. Ich denke, das sind die für Wohnge-<br />

biete, unabhängig davon, ob, wie Sie es nennen, eine Realverteilung oder eine 100/100-<br />

Verteilung vorliegt.<br />

Ich will einmal ein Beispiel nennen. Wenn ich als Bewohner der Stadt Offenbach die Stunde,<br />

die Sie nennen, Richtung Osten fahre, um meine Freizeit in verschiedenen Freizeiteinrich-<br />

tungen, die dort vorhanden sind, zu nutzen, muss ich feststellen, dass ich immer noch vom<br />

Fluglärm betroffen bin. Das heißt also, es bringt mir immer noch nichts. Ich habe immer noch<br />

den Fluglärm.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 90<br />

Jetzt nehme ich mal die beiden Städte Offenbach und Hanau und muss feststellen, dass<br />

durch den Ausbau der Nordwestbahn Offenbach vollständig verlärmt wird und Hanau<br />

zusätzlich zur vollständigen Verlärmung noch Lärm drüber kriegt. Hanau ist heute als Stadt<br />

durch das Eindrehen in seiner gesamten Fläche verlärmt.<br />

Da ich mich da besser auskenne, nehme ich mal wieder Offenbach als Beispiel und sage<br />

Ihnen: Wir haben im Süden Offenbachs ein Freibad. Dahin gehe ich täglich schwimmen,<br />

wenn es wieder geöffnet ist. Da kann ich – ein bisschen übertrieben – beim Rückenschwim-<br />

men die Profilrillen der Flugzeugräder zählen. Da werden Sie sicherlich nicht unterstellen<br />

können, dass das Erholung in dem Sinne ist, wie man sich Erholung vorstellt.<br />

Wenn ich auf der anderen Seite in den Norden Offenbachs gehe, haben wir kein örtliches<br />

Erholungszentrum, sondern einen regionalen Erholungsbereich, nämlich den Schultheißwei-<br />

her. Er dient als regionales Erholungsgebiet und wird, wenn die Nordwestbahn kommt, von<br />

Fluglärm überzogen sein. Jetzt hier zu sagen, ihr habt im Wohnbereich und auch im Freizeit-<br />

bereich diese 57 dB(A) zu ertragen, das finde ich schon relativ unerträglich. Oder wollen Sie<br />

mir jetzt auch noch vorschreiben, ich darf nicht Richtung Osten Freizeit suchen, sondern ich<br />

muss in Nord- oder Südrichtung fahren – in der Hoffnung, dass ich dort auch etwas finde?<br />

Dann sage ich Ihnen, dann fahre ich Richtung Süden. Da nehme ich mal den südlichen<br />

Bereich von Offenbach und stelle fest, ich bin schon wieder unterm Fluglärm. Auch da habe<br />

ich nicht viel zu machen. Dann sage ich, okay, ich fahre durch Frankfurt durch und fahre in<br />

den Taunus. Auch da habe ich wieder Fluglärm.<br />

Ich muss feststellen: Innerhalb dieses Bereiches, zu dem Sie mir jetzt verkaufen wollen, dass<br />

ich dort Freizeit und Erholung machen kann, und den Sie nicht in den Untersuchungsbereich<br />

hineinnehmen wollen, komme ich als betroffener Bewohner aus dem Fluglärm nicht heraus.<br />

Da, meine ich, müssten Sie schon andere Kriterien anwenden und diesen Untersuchungsbe-<br />

reich größer ziehen. Entweder müssen wir für diese Region die Freizeitaktivitäten auf andere<br />

Gebiete verlagern, die außerhalb dieses Bereichs liegen, wo die Bewohner nicht mehr von<br />

Fluglärm betroffen sind. Oder aber es müssen Vorhabensalternativen diskutiert werden, mit<br />

denen wir erreichen, dass wir in dieser Region auch Freizeiterholung finden können.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das heißt, dass Sie sie dort nicht mehr finden, wo die Alternativen hinkommen. Ja, es ist gut.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

Ich möchte mir ersparen, mit Herrn Müller-Pfannenstiel eine Diskussion über die Zuarbeit der<br />

Lärmmediziner zu führen, da er sich an deren Vorgaben sklavisch gebunden fühlt, was<br />

sicher etwas mit den Weisungen des Auftraggebers zu tun hat.<br />

Ich möchte aber das Regierungspräsidium darauf hinweisen, dass die Aufgabenstellung jene<br />

ist, die Auswirkungen des Vorhabens auf die Naherholung zu ermitteln.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 91<br />

Die Frage stellt sich: Ist es eine Auswirkung, wenn eine Fläche, die bislang 0 % erheblich<br />

belästigter Gruppen in der Bevölkerung hat, zukünftig im Jahre 2015 zu erwarten hat, dass<br />

dort 10 % der Betroffenen erheblich belästigt sind? Sie werden mir sicher zustimmen: Diese<br />

Steigerung von 0 % auf 10 % ist Anlass, die UVP auf diese Fläche mit zu erstrecken. Denn<br />

diese Steigerung ist aus meiner Sicht unbestreitbar erheblich.<br />

Wenn Sie der Dogmatik der Fraport AG folgen, ist Ihre Logik aber einem Bruch ausgesetzt,<br />

weil die Fraport AG Ihnen vorspielt, dass diese Steigerung nicht untersuchungswürdig ist.<br />

Denn es gibt zahlreiche Flächen in dem Hoheitsbereich meiner Mandantschaft, die genau<br />

diese Steigerung im Jahr 2015 zu erwarten haben, und all diese Flächen sind nicht im<br />

Untersuchungsbereich erfasst, weil sie die magische Grenze von 57 dB(A) nicht erreichen,<br />

gleichwohl aber dort diese Steigerung von 10 % an erheblich Betroffenen gegeben ist. Das<br />

sind insbesondere die Gemeinden außerhalb des Kinzigtals, wie etwa Nidderau, im Randbe-<br />

reich aber auch Ronneburg und weitere Gemeinden, die einen sehr, sehr niedrigen Grundle-<br />

vel haben, der natürlich auch eine ruhige Naherholung sehr ermöglicht.<br />

Einen zweiten Widerspruch möchte ich aufzeigen. Die Bewohner einer alten Wohnanlage in<br />

Hanau-Steinheim oder in Maintal, die eine Wirkungssteigerung durch das Vorhaben zu<br />

erwarten haben, wenn sie den Außenbereich, den Garten ihrer alten Wohnanlage zur<br />

Naherholung nutzen, bleiben bei der gesamten Betrachtung der Fraport AG außen vor, weil<br />

auch dort das abstrakte Kriterium der 57 dB(A) nicht erfüllt ist, gleichwohl aber diese Grenze<br />

von 10 % der erheblich Belästigten in dieser schutzwürdigen Fläche erfüllt ist.<br />

Ergebnis: Das Kriterium eines äquivalenten Dauerschallpegels von 57 dB(A) ist kein geeig-<br />

netes Kriterium, um den Untersuchungsraum abzugrenzen.<br />

Meine Empfehlung und das Petitum meiner Mandantschaft ist, dass Sie die in der Recht-<br />

sprechung auch akzeptierte Grenze heranziehen, dass Sie den Untersuchungsbereich auf<br />

die Flächen ausweiten, die mehr als nur unerhebliche Steigerungen in der Lärmbetroffenheit<br />

zu erwarten haben. Das sind die Flächen, die mehr als 1 % der erheblich Belästigten<br />

zukünftig erwarten lassen.<br />

Das, was Ihnen die Fraport AG hier, um Ihnen einen Vergleich zu ermöglichen, vorschlägt,<br />

ist, dass überhaupt erst untersucht wird, wenn zukünftig mehr als 12 bis 15 % erheblich<br />

Belästigte in dem Gebiet vorhanden sind. Darunter soll gar nichts untersucht werden – um<br />

Ihnen dort einen qualitativen Vergleich zu ermöglichen. Es ist in der Bevölkerung nicht zu<br />

vermitteln, dass man einer in der Aktienmehrheit staatstragend beeinflussten Aktiengesell-<br />

schaft einen solchen Bonus zumisst. Es ist eine Besonderheit, die sich gegenüber jedem<br />

anderen Antragsteller bei einem Projekt, das der Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt,<br />

darstellt. Und es ist auch für die Betroffenen schwer einsichtig, warum dieser Bonus in einem<br />

Zwiespiel zwischen dem Verkehrsministerium und der Fraport AG längst abgesprochen ist.<br />

Denn sonst würde die Fraport AG nicht mit einem solchen Vorschlag in dieses Verfahren<br />

gehen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 92<br />

RA Baumann:<br />

Für die von mir vertretenen Städte und Gemeinden möchte ich zunächst feststellen, dass die<br />

Grundannahmen von Herrn Müller-Pfannenstiel nicht akzeptabel sind und dass insoweit die<br />

Erholungskategorie nicht mit den Werten „präventiver Richtwert“ belegt werden kann. Wir<br />

möchten noch einmal betonen, dass rechtliche Maßstäbe zu einer anderen Betrachtung<br />

führen. Ich möchte jetzt nicht wiederholen, was ich zu diesem Thema bislang schon ausge-<br />

führt habe, weil die Ausführungen aus meiner Sicht reichen, das Konzept der vier Professo-<br />

ren und damit auch Ihres zu erschüttern. Wenn Sie daran festhalten, dann mag dies ein<br />

Thema im weiteren Verfahren sein, so es zu einem solchen kommen sollte. Da wäre dann<br />

darüber zu diskutieren, inwieweit derartige Untersuchungen, die Sie dann anstrengen, einer<br />

rechtlichen Überprüfung durch die Richter auch standhalten.<br />

Bedenklich ist es, zu sagen, Erholungsgebiete haben einen minderen Schutzbedarf als reine<br />

Wohngebiete. Wenn ich in einem Wohngebiet lebe, dann möchte ich, wenn ich hinausfahre,<br />

eigentlich noch einen Erholungswert haben. Dieser Erholungswert stellt sich ja gar nicht ein,<br />

wenn ich dann in ein Gebiet komme, das zusätzlichen Belastungen ausgesetzt ist. Da ist<br />

eine Widersprüchlichkeit. Es wurde hier von Dialektik gesprochen. Vielleicht ist es eine<br />

Diabolik, die hier von Fraport angestrengt wird, um das Projekt durchzusetzen. Das kann<br />

nicht akzeptiert werden. Deswegen ist unser Petitum, dass Anforderungen an Fraport<br />

formuliert werden, die über das hinausgehen und anhand von rechtlichen Kategorien<br />

entsprechende Zielvorgaben enthalten.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Die Synopse kann man natürlich an keiner Stelle stehen lassen, wo immer man sie findet.<br />

Ich schließe mich dem an und wiederhole nicht, was wir gestern gesagt haben, um vorweg-<br />

zunehmen, Herr Bickel, was Sie zu sagen im Begriffe sind.<br />

Mit Diskreditierung hatte das nichts zu tun. Dem <strong>Scoping</strong>-Papier, Herr Müller-Pfannenstiel,<br />

entnehme ich, dass auch Sie Unbehagen ergreift, wenn Sie sich allein nach der Synopse<br />

richten. Denn dort liest man zunächst: „Abgrenzung nach Konturen. Ergänzend werden<br />

Erholungsgebiete mit einer besonderen Bedeutung [...] einbezogen.“ Es ist also eine Hilfs-<br />

hypothese mit „ergänzend“, wie wir es des Öfteren zur Unklarheit im <strong>Scoping</strong>-Papier finden.<br />

Haben Sie schon eine Idee, in welche Richtung Sie da gehen, was diese ergänzenden<br />

Gebiete sein könnten? Denn dann könnte der Umkreis der betrachteten Flächen völlig<br />

anders aussehen. Oder ist das gänzlich untergeordnet, was hier ergänzend noch in den Blick<br />

geraten könnte? Das ist natürlich vorläufig; Sie sind ja noch nicht fertig. Aber vielleicht haben<br />

Sie schon eine Idee dazu.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Die Hilfshypothese, Herr Schröder, ist deswegen wichtig, weil eigentlich die Erstellung einer<br />

Umweltverträglichkeitsstudie immer dadurch gekennzeichnet ist, dass mit zusätzlichem<br />

Erkenntnisgewinn der Untersuchungsraum oder auch die Inhalte entsprechend zu modifizie-


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 93<br />

ren sind. Die Rahmenbedingung für die Anwendung der Hilfshypothese, wie Sie sie bezeich-<br />

net haben, kommt dann zur Anwendung, wenn wir auf der Grundlage unserer Untersuchun-<br />

gen erkennen, dass wir durch den Ausbau des Flughafens bzw. durch die zusätzliche<br />

Verlärmung tatsächlich mit einer Verlagerung von Erholungsverkehren in Gebiete zu rechnen<br />

haben, die außerhalb unseres Untersuchungsraumes liegen. Das können, um Ihre Frage<br />

zumindest ansatzweise zu beantworten, dann Bereiche sein, die für die regionale Naherho-<br />

lung eine besondere Rolle spielen. Die werden vorwiegend im Bereich des Taunus bzw. des<br />

Odenwaldes liegen. Diese Entscheidung können wir aber zum derzeitigen Stand der Unter-<br />

suchungen nicht treffen.<br />

Zu dem Punkt, den Herrn Baumann aufgeworfen hat, möchte ich Folgendes sagen: Wir<br />

nehmen keine Abstufung der Bedeutung zwischen verschiedenen Erholungskategorien vor,<br />

ob sie nun im Wohnumfeld oder in den von mir genannten Kategorien liegen. Wichtig ist hier<br />

aber, zu sehen, dass wir sehr stark nach der Nutzungsart unterscheiden. Das heißt, das<br />

Ruhebedürfnis, auf das Sie hier immer wieder abheben, spielt in bestimmten Erholungskate-<br />

gorien eine größere Rolle als zum Beispiel bei der Kurzzeiterholung Radfahren/Inlineskaten.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Herr Müller-Pfannenstiel, Ihre Antwort führt mich gleich zur nächsten Frage. Sie sagten, Sie<br />

erwarteten für den Ausbaufall nicht, dass sich die Erholungsverkehre nach Frequenz und<br />

Zusammensetzung wesentlich oder erheblich verändern. Das wundert mich. Das scheint<br />

jeder Erwartung auf der Basis unbefangener Lebenserfahrung zu widersprechen, wenn man<br />

sich vorstellt, dass die Vorhabensträgerin ein Nachtflugverbot einführen will, also in den<br />

Tagstunden 660.000 Flugbewegungen abwickeln will, auch an Wochenenden und auch an<br />

Feiertagen, also ohne Unterschied, damit wesentlich mehr Lärm in den Ballungsraum<br />

bringen will. Sie gehen dennoch von der Hypothese aus, dass sich für diesen Fall die<br />

Erholungsverkehre nicht verändern werden. Habe ich Sie da richtig verstanden? Oder ist das<br />

einfach ein Missverständnis?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Herr Schröder, da haben Sie mich falsch verstanden. Die Betroffenheit der Erholungskatego-<br />

rien soll eigentlich genau die Frage beantworten, die Sie jetzt aufgeworfen haben. Es findet<br />

keine Substitution bestimmter Erholungsnutzungen statt. Sie können nicht die Kurzzeiterho-<br />

lung im direkten Wohnumfeld durch regionale Naherholung substituieren. Das heißt, wenn<br />

bestimmte Erholungsräume durch den Ausbau betroffen sind, die eine Kurzzeiterholung<br />

haben, wird es darum gehen, die Frage zu beantworten, was die Menschen machen, um an<br />

einer anderen Stelle das Bedürfnis nach Kurzzeiterholung im Wohnumfeld zu befriedigen.<br />

Sie werden nicht am Feierabend – der Erholungsanspruch ist keine regionale Naherholung –<br />

in den Taunus fahren. Das heißt, die Frage, ob es zu Erholungsverkehren kommt oder nicht,<br />

wird sich aus den Untersuchungen ergeben, aus der Analyse der Betroffenheit innerhalb<br />

dieser verschiedenen Erholungskategorien.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 94<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Da bin ich auf Ihre Ausarbeitung gespannt. Ich bin da kein Experte, ziehe das aber in<br />

Zweifel. – Ich komme zum nächsten Punkt. Ihr Erholungsuntersuchungsgebiet schneidet den<br />

Main-Taunus-Kreis mitten durch. Die nördlichen Gemeinden des Main-Taunus-Kreises<br />

weisen ganz wunderbare Umgebungen auf, die bis jetzt sehr ruhig sind und höchst sensibel<br />

reagieren, wenn sie zusätzlichen Lärm bekommen. Halten Sie es für gerechtfertigt, die<br />

Bereiche einfach auszuschließen, die dem Ballungsraum sehr nahe liegen und die mit<br />

erheblicher Mehrbelastung zu rechnen haben, sodass das Delta zwischen Jetzt und Dann<br />

groß sein wird? Ich meine diesen merkwürdigen Schnitt im Untersuchungsraum.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Es ist nicht Aufgabe der Umweltverträglichkeitsstudie, in einem wie auch immer gegriffenen<br />

Raum eine Bewertung der Erholungsqualität vorzunehmen. Unsere Aufgabe ist die Bewer-<br />

tung von Umweltauswirkungen durch den Ausbau des Flughafens. Wenn wir der Meinung<br />

sind, dass die Lärmmediziner den allgemeinen Kenntnisstand im Sinne von § 6 Abs. 3 Nr. 3<br />

UVPG abbilden, dann ist dies die Begründung für den Untersuchungsraum. Ich habe auch<br />

dargestellt – Hilfshypothese, wie Sie es genannt haben –, dass wir den Untersuchungsraum<br />

erweitern, sofern sich entsprechende Erkenntnisse ergeben und dies erforderlich machen.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

In dem Gebiet, von dem ich sprach, gibt es ein Landschaftsschutzgebiet. Es dient insbeson-<br />

dere der Erholung. Dort ist es jetzt sehr ruhig; dort wird es dann wesentlich lauter sein. Das<br />

ist eine normative Vorgabe. Aber wir haben das schon, dass die Fraport der Ansicht ist, die<br />

Lärmmedizin hülfe über geltendes Recht hinweg.<br />

Ich habe noch eine letzte Frage. In der Synopse steht auf Seite 36: „Bedeutende Erholungs-<br />

zielpunkte und Sport- und Freizeiteinrichtungen werden separat dargestellt. Eine Aggregati-<br />

on und Bewertung erfolgt nicht.“ Wie soll man sich das vorstellen? Erschöpft sich die<br />

Ausarbeitung an diesem Punkt in einer reinen Deskription, sodass die einzelnen Einrichtun-<br />

gen erratisch nebeneinander stehen? Bleibt Ihre Darstellung an dieser Stelle ein Rumpf? Sie<br />

aggregieren nicht, bewerten nicht. Bleibt das anekdotisch und deskriptiv – beim Bestand<br />

sogar?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Bezogen auf die Frage, die Herr Schmitz schon in einer ähnlichen Art und Weise gestellt hat,<br />

habe ich versucht, Ihnen gegenüber zu erläutern, dass wir es nicht für erforderlich und auch<br />

nicht für sinnvoll erachten, eine innerörtliche Kurzzeiterholung in Raunheim bewertungsme-<br />

thodisch mit einer innerörtlichen Kurzzeiterholung im Raum Kelsterbach entlang des Mains<br />

oder im Bereich des Kelsterbacher Waldes zu vergleichen. Wir werden für diese verschiede-<br />

nen Erholungsräume innerhalb der verschiedenen Kategorien darstellen müssen, wie sich<br />

die Umweltauswirkungen durch den Ausbau verändern. Wir sind der Meinung, dass wir diese


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 95<br />

Umweltauswirkungen viel besser auf der Sachdimensionsebene darstellen können, als dass<br />

wir es in einer wie auch immer gearteten Aggregation und in Bewertungsstufen – von mir aus<br />

auch „hohes Risiko“ – verstecken. Es müsste Ihnen eigentlich entgegenkommen, wenn wir<br />

auch gerade für die von Ihnen vertretenen Gemeinden darstellen – erratisch, Hermann-Löns-<br />

mäßig, wie auch immer Sie das bezeichnen möchten –, wo die Betroffenheiten liegen.<br />

Böhm (HGON):<br />

Herr Müller-Pfannenstiel, bei Ihrer Bestandsbewertung in Verbindung mit der UVS werden ja<br />

garantiert gewisse Flächen aus dieser Bewertung herausfallen, wenn es zu dem geplanten<br />

Ausbau kommt. Wo sehen Sie überhaupt in diesem Ballungsraum oder auch weiter draußen<br />

– wollen Sie die Leute dazu zwingen, weiter zu fahren, um sich zu erholen? – eine Möglich-<br />

keit, diesen Verlust auszugleichen?<br />

Werden Sie bei Ihrer Bewertung die im Kreis Offenbach bestehenden Landschaftsschutzge-<br />

biete anders bewerten als normale Flächen innerhalb dieses Kreises?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Zur Frage der Kompensationsmöglichkeiten, Frau Ohl, schlage ich vor, dass wir das morgen<br />

unter dem Thema „Kompensation“ mit diskutieren.<br />

In der Frage, ob eine Fläche eine höhere Bedeutung dadurch erhält, dass sie einen gesetzli-<br />

chen Schutzstatus hat, sind wir der Meinung, dass wir die Betroffenheit dieses Landschafts-<br />

schutzziels oder Landschaftsschutzgebietes bzw. die Frage, inwieweit das Schutzziel<br />

beeinträchtigt wird, getrennt von der Bedeutung der Flächen bzw. der Zuordnung zu einer<br />

Erholungskategorie bewerten werden. Das sind zwei Sachverhalte, die wir getrennt vonein-<br />

ander darstellen werden.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Sind es zwei getrennte Erfassungskriterien?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ja.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Was verstehen Sie unter den Gebieten, in denen eine ruhige Erholung stattfinden soll? Kann<br />

man da einen dB-Wert angeben? Wie grenzen Sie diesen Begriff „ruhig“ ab?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Bei der ruhigen Erholung, wie Sie sie jetzt gerade genannt haben, geht es im Grunde<br />

genommen um Nutzungsspektren, die primär auf naturverbundene oder naturgebundene<br />

Erholungsaktivitäten abheben. Das wird vorwiegend im Bereich des Wanderns, Spazieren-<br />

gehens oder Naturerlebens oder auch des Badens innerhalb von Seen liegen. Das ist aber


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 96<br />

wiederum eine Zuordnung zu einer bestimmten Erholungskategorie, was sich hier im<br />

Schwerpunkt auf die regionale Naherholung beziehen wird, da die Kurzzeiterholung inner-<br />

halb dieses Ballungsraums nicht nur bedingt durch den Fluglärm, sondern auch durch den<br />

Lärm anderer Verkehrsträger natürlich von vornherein die Grenzen für eine tatsächliche<br />

ruhige Erholung gesetzt bekommt.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Sie möchten Landschaftspläne berücksichtigen. Sind da auch Entwürfe von Landschaftsplä-<br />

nen einbezogen oder nur schon verabschiedete Landschaftspläne – so nenne ich sie einmal<br />

untechnisch?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Sofern wir diese Landschaftsplanentwürfe von den Gemeinden zur Verfügung gestellt<br />

bekommen, werden wir auch diese berücksichtigen.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Mein dritter Punkt sind visuelle Störungen. Sie haben in der Vorhabensbeschreibung bzw. im<br />

Untersuchungsprogramm ausgeführt, dass diese visuellen Störungen durch die Lärmwerte<br />

ausreichend abgebildet wurden. Darüber haben wir auch schon im Raumordnungsverfahren<br />

diskutiert. Ich denke, das ist sicherlich auch abhängig von der Einstellung. Jemanden, der<br />

Luftverkehrsfan ist, stört es natürlich nicht, wenn er über einem Gebiet, in dem er sich<br />

erholen will, Flugverkehr vorfindet. Wenn man auf Ihren Aussichtspunkt schaut, den Sie jetzt<br />

haben, wird man das sicherlich bestätigen können. Andererseits ist für denjenigen, der von<br />

Fluglärm betroffen ist, die visuelle Störung sicherlich auch eine Beeinträchtigung von<br />

Erholung, von Freizeit.<br />

Da ist meine Anregung an das RP, diesen Punkt noch einmal zu überdenken. Ich habe jetzt<br />

auch kein Konzept, wie man es lösen kann. Aber ich denke, dass es nicht ausreichend<br />

erfasst ist, wenn man nur sagt, man nimmt für die visuelle Störung als Maßstab die dB-Werte<br />

von 57 – gerade in einem Bereich, der belastet ist und der noch weiter belastet werden wird.<br />

Da möchte ich noch einmal das Petitum an das Regierungspräsidium richten, das in die<br />

Betrachtung einzubeziehen.<br />

Anknüpfend an das, was Herr Schröder zum Untersuchungsraum schon ausführte, möchte<br />

ich Folgendes sagen: Es gibt Bereiche, die Sie infolge der 57-dB-Kontur durchschneiden.<br />

Diese Bereiche gehen zum Beispiel beim Kühkopf direkt durch das Gebiet hindurch. Es ist<br />

für mich nur schwer nachzuvollziehen, wenn man mitten durch ein zusammenhängendes<br />

Gebiet, das der Erholung dient, die Grenze zieht.<br />

Bei der Abgrenzung des Untersuchungsraums Lärm war es so, dass die Gemeinden, die<br />

vom Hoheitsgebiet angeschnitten wurden, komplett drin sind. Mein Petitum ist, auch hier bei<br />

der Bestimmung des Untersuchungsraumes zu berücksichtigen, dass zusammenhängende


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 97<br />

Waldgebiete oder eben zusammenhängende Bereiche durchschnitten werden, und diese<br />

vollständig mit in die Betrachtung einzubeziehen.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Herr Müller-Pfannenstiel, Sie haben eben in Ihren Ausführungen gesagt, dass es eine<br />

Wechselwirkung zwischen Ihrer Erholungsstudie oder Umweltverträglichkeitsstudie zum<br />

Bereich Freizeit und Erholung auf der einen Seite und dem Lärmgutachten auf der anderen<br />

Seite gibt. Wir reden ja im Moment über die Inhalte und Festlegungen für diese Studien.<br />

Wenn ich jetzt einmal die Veröffentlichungen der Fraport AG zum Thema Planfeststellung<br />

ernst nehme – was ich immer tue, aber in diesem Fall besonders –, dann soll der Planfest-<br />

stellungsantrag im August eingereicht werden. So waren zumindest die letzten Veröffentli-<br />

chungen. Dann muss ich bei Kenntnis, wie man methodisch und zeitlich an so ein Thema<br />

herangeht und herangehen muss, davon ausgehen, dass Ihre Studie im Wesentlichen<br />

fertiggestellt ist, und sagen, wenn ich den August als Ziel nehme: Was Sie jetzt noch<br />

machen, ist ein bisschen Feinschliff, Fehlerbeseitigung – ich sage mal: Rechtschreibfehler<br />

und andere Verbesserungen, die Sie noch vornehmen können.<br />

Ich habe einmal beim Lärmgutachter nachgefragt. Er hat mir gesagt, das Lärmgutachten sei<br />

in den letzten Zügen, um es fertigzustellen. Wenn das alles fertig ist, frage ich Sie: Wie<br />

wollen Sie dann noch auf Ergebnisse der Lärmstudie oder der Lärmkurven Einfluss nehmen<br />

bzw. in Ihrer Umweltverträglichkeitsprüfung zum Naherholungs- und Freizeitbereich Rück-<br />

sicht nehmen, wenn das alles im Prinzip fertig gestellt ist und Sie im August in die Planfest-<br />

stellung gehen wollen?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein, wir wollen nicht darüber diskutieren, wie Fraport seine inneren Organisationsprobleme<br />

löst. Möglicherweise haut das dann mit dem August nicht hin. Aber das ist nicht Thema des<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s. Das Thema des <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s ist, wie die Unterlagen auszusehen<br />

haben, und nicht, wie sie in einer bestimmten Zeit fertig zu stellen sind. Diese technische<br />

Frage wollen wir hier ausklammern, sonst werden wir nämlich nie fertig.<br />

Hagemann (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald):<br />

Ich habe an einer anderen Stelle schon einmal darauf hingewiesen, dass etwa 300 bis<br />

350 ha Bannwald gerodet werden. Dies hat natürlich auch ganz erhebliche Auswirkungen<br />

auf die Erholung, und zwar auf die Naherholung, die unmittelbar erste Kategorie für Kelster-<br />

bach und Raunheim und mindestens die zweite Kategorie auch für viele Stadtteile von<br />

Frankfurt. Dieses Erholungsgebiet fällt im örtlichen Bereich allein schon durch die Rodung<br />

des Waldes weg, weil dann der Verkehrslärm von der Autobahn usw. dort ungehindert<br />

hinüberdringen kann. Dazu kommen die vielen anderen Gebiete von Frankfurt, die durch<br />

Überflug verlärmt werden und wo die Leute keine örtliche Naherholung mehr finden. Auch<br />

die Erholungsgebiete im Stadtwald von Frankfurt werden wesentlich entwertet.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 98<br />

Jetzt sagen Sie, Sie wollen die Kategorien nicht miteinander vergleichen oder mischen. Man<br />

muss aber doch wohl fragen: Wo wird denn die Naherholung dann stattfinden? Da müssen<br />

Kompensationsflächen gefunden werden.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist ein eigenes Thema. Das Thema kommt später dran. Deswegen möchte ich das jetzt<br />

nicht thematisieren.<br />

Hagemann (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald):<br />

Gut. – Aber den Erweiterungsrahmen möchte ich auch weiter gefasst finden. Wenn man<br />

sieht, dass in Wiesbaden auch wesentliche Erholungsflächen betroffen sind, muss man wohl<br />

weiter in den Taunus ausweichen, der dann nicht mehr betrachtet wird. Auch dort wäre<br />

festzustellen, inwieweit sich durch Verlärmung Nachteile für die Erholung ergeben.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Herr Müller-Pfannenstiel, ich habe eine Frage zu den Verdrängungseffekten der Erholungs-<br />

suchenden. Sehe ich das richtig, dass Sie dort den Verlust der Flächen durch den Ausbau<br />

zugrunde legen, dort eine Frequentierung zugrunde legen und sagen, das sind die Leute, die<br />

Erholung suchen, die verdrängt werden, die sich irgendwo anders Erholung suchen müssen?<br />

Um die neue Landebahn werden zumindest Teilbereiche von Wäldern und ähnlichen<br />

Bereichen noch stehen bleiben, die stark verlärmt sind. Das ist klar. Da werden keine<br />

Erholungssuchenden verdrängt. Sie legen also keine Lärmkontur irgendwo an, wo Sie<br />

sagen, da ist Erholung nicht mehr zu finden. Das wäre ja ein Denkmodell, wo man sagen<br />

könnte, ab 65 oder 70 dB ist keine Erholung möglich, die um die Landebahn herum geht –<br />

nicht nur um die Fläche, die verloren geht, sondern darum herum. Da wird keiner Erholung<br />

finden. Da verdrängen wir keine Leute, weil da keiner zur Erholung hingeht. Das würde ich<br />

als ein besseres Kriterium ansehen als den reinen Flächenverlust. Das will ich als Anregung<br />

mitgeben, dass man auf diesen Punkt setzen sollte.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Herr Müller-Pfannenstiel ist natürlich in seiner gutachterlichen Entscheidung frei, wie er das<br />

bewertet. Wir – oder die Planfeststellungsbehörde – werden das entsprechend zu würdigen<br />

wissen. Dann ist die Frage, ob man diese Bewertung letztendlich teilt oder nicht.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Das ist grundsätzlich klar. Ich wollte nur einmal fragen, ob das so geplant ist. Mein Vorschlag<br />

ist, es anders zu machen und eher zu schauen, wo Erholung grundsätzlich nicht möglich ist.<br />

Das ist für mich nicht nur der Flächenverlust. Das will ich damit klarstellen.<br />

Ich habe noch eine Frage: Wie wollen Sie denn die Bestandsaufnahme dieser ganzen Dinge<br />

machen? Wie haben Sie sie gemacht? Ich habe einmal gelesen, dass Sie das mit einem


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 99<br />

geografischen Informationssystem machen. Wollen Sie das auch damit machen? Wollen Sie<br />

raus, um die Bestandsaufnahme zu machen? Wie kommen Sie zu den Daten der in diesem<br />

Bereich Erholung Suchenden? Dazu hätte ich gerne noch eine Information von Ihnen.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ich kann die Beantwortung beider Fragen miteinander verknüpfen. Aus unserer Sicht ist der<br />

Ansatz, den Sie vorgeschlagen haben, aus folgendem Grund nicht zielführend: Wenn im<br />

Umfeld des Frankfurter Flughafens die Verlärmung von Erholungsgebieten das maßgebliche<br />

Kriterium dafür wäre, dass Menschen bestimmte Waldbereiche aufsuchen, dann wäre der<br />

gesamte Bereich Mark- und Gundwald und der Mönchbruch von der Erholungsbedeutung<br />

her nicht so einzustufen, wie er derzeitig einzustufen ist.<br />

Auf Ihre zweite Frage möchte ich Folgendes sagen: Es gibt im Mark- und Gundwald eine<br />

Vielzahl von Parkplätzen. Es lässt sich auf den Wegen und durch einzelne Interviews sehr<br />

wohl herausbekommen, in welchem Umfang diese Gebiete je nach Nutzungsspektrum<br />

wochentags bzw. am Wochenende genutzt werden, wie lange die Leute in diesen Gebieten<br />

bleiben und was sie dort tun, sodass man zu den von Ihnen angesprochenen Parametern<br />

zur Darstellung der Erholungsqualität und Erholungsnutzung alle Informationen zusammen-<br />

bekommt, die man braucht, um die Qualitäten für diese verschiedenen Räume zu bestim-<br />

men.<br />

Mondré (Main-Taunus-Kreis):<br />

Wir haben ja ausführlich über den Taunus und seine Bedeutung für das Verfahren gespro-<br />

chen. Das müsste sich auch bei den Bewertungsmaßstäben niederschlagen. Wir haben für<br />

den Taunus verschiedene Landschaftsschutzverordnungen, zum Beispiel die Landschafts-<br />

schutzverordnung Osttaunus, oder auch für das Gebiet Rheingau-Taunus. Auch in anderen<br />

Bereichen Richtung Odenwald und Spessart existieren solche Verordnungen, die die<br />

entsprechenden Zielsetzungen und Maßstäbe festlegen. Ich rege deshalb an, bei den<br />

Bewertungsmaßstäben die Landschaftsschutzverordnungen, die im Umfeld existieren, zu<br />

Rate zu ziehen.<br />

Der zweite Punkt ist noch einmal ein Hinweis auf den Unterschied zwischen der Freizeitfunk-<br />

tion und der Wohn-/Wohnumfeldfunktion. Da ist nämlich aus meiner Sicht ein entscheidender<br />

Unterschied. In einem Freizeitbereich gibt es so gut wie keine Rückzugsmöglichkeiten. Sie<br />

können kein Fenster zumachen, Sie können keine Tür zumachen, wenn gerade ein Flugzeug<br />

über Sie donnert, sondern Sie nehmen das unmittelbar und direkt wahr. Sie sind weit<br />

gefahren, wollen irgendwo spazieren gehen, wollen etwas machen und haben die entspre-<br />

chende Verlärmung. Ich denke, das sollte man auch bei der Frage des Untersuchungsrau-<br />

mes und der Parameter gut berücksichtigen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 100<br />

Kowol (Wiesbaden):<br />

Ich will jetzt nicht noch einmal – da Sie darum gebeten hatten – wiederholen, wie das mit<br />

dem Untersuchungsraum zu bewerten ist und anhand welcher Lärmkontur tatsächlich hier<br />

eine genauere Betrachtung notwendig ist. Ich erinnere noch einmal an die Konturen von<br />

Dr. Kühner mit 43 und 33 dB(A) als Erheblichkeits- oder Relevanzschwelle.<br />

Zum Untersuchungsraum, Herr Müller-Pfannenstiel: Ich bin etwas enttäuscht, dass Sie heute<br />

etwas mehr Wasser in den Wein gegossen haben, als ich es erwartet hatte. Denn zumindest<br />

in dem Papier, das uns hier vorliegt, wird zum Untersuchungsraum gesagt, dass einmal<br />

diese Kontur der entscheidende Gesichtspunkt ist. Dann heißt es: „Ergänzend werden<br />

Erholungsgebiete mit einer besonderen Bedeutung für die ruhige Erholung in den Untersu-<br />

chungsraum einbezogen.“ Und dann kommt es: „Die Auswahl dieser Erholungsgebiete<br />

erfolgt auf der Grundlage der Erfassung der tatsächlichen Erholungsnutzung.“ Sie haben uns<br />

jetzt gesagt, dass Sie solche Gebiete dann betrachten, wenn eine Verdrängung stattfindet<br />

oder zu befürchten ist. Das widerspricht etwas dieser Formulierung hier in Ihrem Papier.<br />

Insofern bitte ich um Aufklärung, weil es natürlich sinnvoll ist, Erholungsgebiete, die noch<br />

nicht in diesen Konturen liegen, aber eine besondere Qualität für den Raum haben, in diesen<br />

Untersuchungsraum hineinzunehmen.<br />

Sie sprechen hier von einer Vorbelastung durch verkehrsbedingte Geräuschimmissionen.<br />

Haben Sie das auch zeitlich differenziert? Denn wir haben ja eine quasi umgekehrt proporti-<br />

onale Situation, was die Lärmbelastung, die Vorbelastung in den Zeiten anbelangt, in denen<br />

diese Naherholung stattfindet, nämlich in den Tagesrandzeiten, insbesondere während der<br />

Woche. In den Abendstunden haben wir durchgängig eine Reduktion der verkehrsbedingten<br />

Vorbelastung. Da haben wir wiederum das Interesse der erholungssuchenden Bevölkerung,<br />

Erholung stattfinden zu lassen, und das dann bei einer geringeren Vorbelastung. Wird das<br />

bei Ihnen in irgendeiner Form differenziert?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Zur ersten Frage nach der Erweiterung des Untersuchungsraums: Ich habe eben schon<br />

einmal versucht, diese Frage in einem anderen Zusammenhang zu beantworten. Es ist nicht<br />

Aufgabe der Umweltverträglichkeitsstudien, im gesamten Rhein-Main-Taunus-Kreis eine<br />

Bewertung der Erholungsqualität vorzunehmen. Die Frage der Einbeziehung in einen<br />

Untersuchungsraum kann sich immer nur daran festmachen, ob man mit entscheidungser-<br />

heblichen Umweltauswirkungen zu rechnen hat – ja oder nein. Daher mag die Frage, die Sie<br />

aufgrund dieser Formulierung in dem <strong>Scoping</strong>-Papier aufwerfen, zwar berechtigt sein, ist<br />

aber aus der Gesamtzielsetzung einer Umweltverträglichkeitsstudie einfach zu beantworten.<br />

Zur Frage der Zeitpunkte der Vorbelastung: Die Rushhour in Ballungszentren findet über<br />

längere Zeiträume statt. Das sind in der Regel genau die Zeiträume, in denen die Kurzzeiter-<br />

holung im wohnungsnahen Umfeld stattfindet, sodass wir die Aspekte der Verlärmung


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 101<br />

gerade der Zeiträume, in denen die Kurzzeiterholung stattfindet, berücksichtigt haben, auch<br />

entsprechend für die regionale Naherholung.<br />

Kowol (Wiesbaden):<br />

Das würde ich erst einmal bestreiten. Denn zumindest aus meiner Lebenserfahrung muss<br />

ich feststellen, dass die wohnortnahe Naherholung bis in die Abendstunden hineingeht,<br />

insbesondere bei lauen Sommerabenden, und dann natürlich die Umgebungslärmbelastung<br />

deutlich reduziert ist, insbesondere beim Verkehrsbereich, aber auch aus Industrie-, Gewer-<br />

be- und sonstigen Quellen. Dann kommt halt eine gewisse Ruhe in die Region. Dann<br />

kommen entsprechende Bedürfnisse nach ruhiger Naherholung. Aber das kann man<br />

sicherlich so oder so sehen.<br />

Ich will jetzt noch eine Frage zu Seite 35 stellen. Hier ist mir ein Satz aufgefallen, den ich<br />

nicht verstehe und den ich zu erläutern bitte. Es geht erneut um den Untersuchungsraum.<br />

Hier steht im oberen Absatz: „Es dominieren siedlungsraumnahe Bereiche der Feierabend-<br />

und Wochenenderholung mit mittlerer bis geringer Erholungs- und Erlebnisqualität.“ Wo<br />

haben Sie diese mittlere und nur geringe Erholungs- und Erlebnisqualität ausgemacht?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Diese Frage ist mit dem Verweis auf den Landschaftsrahmenplan Südhessen zu beantwor-<br />

ten, wo auf einer Maßstabsebene von 25.000 bis 50.000 eine Bewertung der Erholungsquali-<br />

tät vorgenommen worden ist, unter anderem auch eine Kategorisierung von Erholungsberei-<br />

chen in beliebte Erholungsbereiche. Der Bereich Mark- und Gundwald bzw. Mönchbruch ist<br />

nach Landschaftsrahmenplan ein beliebter Erholungsbereich.<br />

Kowol (Wiesbaden):<br />

Angesichts der Vordiskussion ist es bei dem Gesichtspunkt Naherholung dringend erforder-<br />

lich, dass man in den Untersuchungsraum auch die hoch qualitativen Naherholungsbereiche<br />

für die regionale Naherholung hineinnimmt, die angesprochen sind, auch wenn die Konturen<br />

das so vielleicht nicht hergeben sollten. Denn gerade hier sind einmal diese Ausweichmög-<br />

lichkeiten, aber auch die Wochenendnaherholung von zentraler Bedeutung. Deshalb habe<br />

ich die Bitte an die Behörde, genau abzuwägen, ob man hier nicht eine entsprechende<br />

Forderung, selbst wenn es bislang in den Gutachten noch nicht so eingearbeitet wurde, in<br />

dem Unterrichtungsschreiben erheben sollte. Ich denke, hier wird eine zentrale Funktion<br />

unter ihrer eigentlichen Bedeutung abgehandelt.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Welche Bereiche hätten Sie denn gerne noch untersucht? Ist es der Taunus, das Rheintal,<br />

das Kinzigtal und der Odenwald vor allen Dingen?


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 102<br />

Kowol (Wiesbaden):<br />

Ich komme aus der guten Stube der Region, aus dem Rheingau. Aber den werde ich jetzt<br />

nicht explizit ansprechen. Denn er hat in der Tat eine relativ hohe Vorbelastung bei den<br />

Verkehrsimmissionen. Allerdings würde ich insbesondere die Taunuskammlagen hervorhe-<br />

ben. Wir haben dort Höhen um 500, 600 m. Wir haben Naherholung. Wir haben die Kurstadt<br />

Wiesbaden mit ihren Höhenzügen am Taunus und natürlich die Hochtaunusgemeinden, die<br />

erfolgreich vor dem VGH geklagt haben, wobei unter anderem diese Frage der ruhigen<br />

Naherholung in der Argumentation eine zentrale Rolle gespielt hat. Das Gericht mag dieser<br />

Argumentation zwar nicht in allen Punkten gefolgt sein, aber ich denke, das sind bei der<br />

Frage der Umwelterheblichkeit ganz gewichtige Bereiche, die zu untersuchen sind.<br />

Also: Taunuskammbereiche sowohl der Landeshauptstadt Wiesbaden wie der Hochtaunus-<br />

gemeinden, des Main-Taunus-Kreises und des Rheingau-Taunus-Kreises – soweit ich das<br />

jetzt für unseren Bereich überblicken kann.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

Es sind zwei Kriterien, die aus meiner Sicht und der meiner Mandantschaft untersuchungs-<br />

würdig sind. Es sind einerseits die Flächen, die bislang eine sehr, sehr geringe Grundbelas-<br />

tung haben – geringe Hintergrundgeräusche aus Verkehr und Gewerbe – und die zukünftig<br />

durch den Betrieb des Frankfurter Flughafens eine deutliche Erhöhung erleiden werden. Das<br />

sind insbesondere die Städte und Gemeinden, die außerhalb des Kinzigtals liegen – für den<br />

Bereich, den ich hier im Osten innerhalb des Main-Kinzig-Kreises vertrete.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Darf ich das von gestern zusammenfassen und in Erinnerung rufen: Da ging es um eine<br />

Erhöhung von 10 dB. Das war für diejenigen, die bisher Ruhe hatten und plötzlich stärker<br />

belastet werden, ein entscheidender Punkt für eine Benachteiligung. Da erinnere ich mich<br />

noch von gestern.<br />

RA Möller-Meinecke:<br />

Ich mache das nicht an dem Wert von 10 dB(A) fest, sondern mein Kriterium ist, dass die<br />

Schwelle der Erheblichkeit von 1 % der zukünftig durch Lärm erheblich Belästigten erreicht<br />

ist.<br />

Das zweite Kriterium ist, dass es zahlreiche Flächen – Naherholungsflächen – gibt, die im<br />

Maintal derzeit schon mit einer Belastung versehen sind und zukünftig noch mehr an<br />

Belastung tragen müssen. Das sind die Flächen, bei denen 5 bis 8 % erheblich Belasteter<br />

derzeit gegeben sind und die zukünftig bis zu 10 % der erheblich Belasteten erreichen. Das<br />

sind insbesondere die Naturschutzgebiete am Hang des Bergener Rieds, im Bereich der<br />

Stadt Maintal und im Bereich zwischen dem Fluss Main und den Siedlungsbereichen, die<br />

derzeit, wie gesagt, schon eine Grundbelastung haben, die schwer zu ertragen ist, um dort<br />

Naherholung zu betreiben, was aber von der Bevölkerung akzeptiert wird. Sie werden


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 103<br />

zukünftig aber eine Mehrbelastung bekommen, die deutlich hörbar ist und oberhalb von<br />

3 dB(A) liegt. Trotzdem werden sie von dem Kriterium der 57 dB(A) der Synoptiker nicht<br />

erfasst. Solche Flächen sind im Bereich zwischen Maintal und Gelnhausen zahlreich zu<br />

finden. Es sind insbesondere Bereiche, die auch dort der Rückzugsmöglichkeit der Men-<br />

schen im siedlungsnahen Bereich dienen und nicht zu den Flächen gehören, die hoch<br />

frequentiert sind. Da sind zahlreiche Flächen dabei, die eine mittlere bis geringe Frequenz<br />

haben.<br />

RA Schmitz:<br />

Jetzt haben wir schon mehrfach gehört, dass die Kriterien und Methoden der Bewertung hier<br />

nicht erörtert werden dürfen. Ich würde gerne noch einmal nachfragen, woher Sie diese<br />

Meinung haben. Mir geht das so nicht aus dem Kopf.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Wir haben nicht gesagt, dass wir grundsätzlich nicht über Bewertung sprechen wollen. Wenn<br />

Sie Bewertungsmaßstäbe benennen wollen, die aus Ihrer Sicht geeignet sind – das hat ja<br />

Fraport in ihrem <strong>Scoping</strong>-Papier auch getan –, dann sind wir für diese Anregungen natürlich<br />

offen. Ob die Fraport dann bei ihrem Bewertungsvorschlag berücksichtigt – –<br />

RA Schmitz:<br />

Das ist ein bisschen anders. Ich habe mehrfach gehört – nicht von Ihnen, Frau Ohl –, dass<br />

die Bewertung selbst nicht vom Regierungspräsidium vorgenommen wird. Das ist auch<br />

zutreffend; das macht am Schluss die Planfeststellungsbehörde. So weit war ich auch. Aber<br />

die Kriterien der Bewertung sind meiner Ansicht nach doch Gegenstand des Untersuchungs-<br />

rahmens. Über die Festlegung des Untersuchungsrahmens wird es ein Unterrichtungs-<br />

schreiben geben. Die Besprechung über diesen Untersuchungsrahmen ist nun wiederum der<br />

zentrale Inhalt eines <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s. Mir leuchtet nicht ein, dass immer dann, wenn es<br />

spannend wird, gesagt wird, über die Bewertung wollen wir uns hier nicht unterhalten. Das<br />

sind alles so dialektische Tricks, mit denen hier um die entscheidenden Fragen herumge-<br />

schippert werden soll.<br />

Auch Sie müssen sich mit der Frage von Bewertungen beschäftigen. Wenn wir das konkrete<br />

Beispiel der Erholung betrachten: Da hatte ich gefragt, wie es mit den Bewertungskriterien<br />

aussieht. Da ist gesagt worden, dass bezüglich des Untersuchungsraumes das mit Bewer-<br />

tungskriterien nicht der Gegenstand wäre. Auf den Untersuchungsraum hatte ich das auch<br />

nicht bezogen. Ich hatte es natürlich auf den Untersuchungsrahmen bezogen. Beim Unter-<br />

suchungsrahmen hatte ich auch nachgefragt: Wie sieht es denn mit den Bewertungskriterien<br />

aus? Da hieß es, es sei hier nicht Gegenstand der Besprechung. Da haben Sie zugestimmt.<br />

Aber ich würde gern einmal wissen, woher Sie die Rechtsansicht haben, dass im Untersu-<br />

chungsrahmen Sie als RP im Prinzip nicht die wesentlichen Weichenstellungen für die<br />

Anforderungen an die Bewertung in der UVS vornehmen müssen. Darauf will ich hinaus. Sie


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 104<br />

müssen die wesentlichen Weichen für die Bewertung im Unterrichtungsschreiben festlegen.<br />

Deswegen sind wesentlicher Gegenstand dieses <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s die Fragen der Bewer-<br />

tung.<br />

Wenn Sie mir jetzt eine Rechtsmeinung oder ein Zitat oder irgendeine Entscheidung geben<br />

könnten, würde ich Ihnen meine Zitate hier nennen können. Aber ich gehe davon aus, dass<br />

Sie da nichts haben. Denn die Rechtsmeinung, die Sie da vertreten, ist so abwegig, dass Sie<br />

nichts finden werden, was das stützt. Aber vielleicht haben Sie etwas, dann können wir<br />

darüber reden.<br />

Frau Eising (RP Darmstadt):<br />

Wir sprechen zum einen über den Untersuchungsraum, über die Bestandserfassung, die<br />

Bestandsbewertung und dann die Auswirkungsprognose. Das ist Gegenstand der UVS.<br />

Daran schließt sich die UVP an, die von der Behörde gemacht wird. Der Vorhabensträger<br />

macht halt einen Bewertungsvorschlag.<br />

RA Schmitz:<br />

Mir geht es um den Untersuchungsrahmen. Ich hatte Ihnen eben genau die Differenzierung<br />

schon genannt. Über den Untersuchungsraum rede ich jetzt nicht. Ich hatte es Ihnen auch<br />

als Anlage zu meiner Stellungnahme zugeschickt. Da hat man mich gefragt, warum ich das<br />

eigentlich mache. Das habe ich gemacht, weil ich manchmal den Eindruck habe, dass die<br />

grundlegenden Fragen der UVS möglicherweise nicht bekannt sind. Wir sprechen über den<br />

Untersuchungsrahmen. Gegenstand des Untersuchungsrahmens sind meiner Ansicht nach<br />

Bewertungskriterien. Und Sie müssen das vorgeben.<br />

Jetzt sagen Sie mir doch mal, woher Sie die Meinung haben, dass das nicht Gegenstand<br />

dieser Erörterung ist. Darauf wollte ich hinaus. Beim Untersuchungsraum sind wir uns völlig<br />

einig, dass da die Bewertung keine Rolle spielt.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Davon war doch die Rede. Wir redeten doch am Anfang vom Untersuchungsraum. In diesem<br />

Zusammenhang hat Frau Eising das gesagt. Bei allen Punkten, die wir vorher hatten, haben<br />

wir Sie doch gefragt, welche Bewertungsgrenzen und -stufen Sie vorschlagen. Ich verstehe<br />

auch nicht so ganz, was Sie jetzt kritisieren. Wir fragen Sie ja nach den Bewertungsstufen,<br />

nur nicht an der Stelle, wo es vorhin mal zur Sprache kam. Was Frau Eising sagte, war rein<br />

punktuell gemeint.<br />

Es war nicht so, dass wir grundsätzlich überhaupt nicht über Bewertungen reden. Natürlich<br />

tun wir das. Das haben wir die ganze Zeit getan, seit mehreren Tagen. Deswegen verstehe<br />

ich jetzt nicht, worin die Kritik bestand. Nur an dem einen Ort, wo es um den Untersuchungs-<br />

raum ging – da stimmen Sie mir ja zu –, spielte die Bewertung keine Rolle. Das war dann ein


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 105<br />

Missverständnis. Dann haben Sie das wahrscheinlich stärker verallgemeinert, als wir das<br />

gemeint haben. Ich meine, das dürfte jetzt ausgeräumt sein.<br />

RA Schmitz:<br />

Gut. Dann wäre jetzt die Frage an Herrn Müller-Pfannenstiel, wie es mit den Bewertungskri-<br />

terien im Bereich dieses Schutzgutes aussieht. Das muss ja irgendwann noch einmal<br />

besprochen werden.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Dazu haben die natürlich eine Idee, die sie ihrer Arbeit zugrunde legen.<br />

RA Schmitz:<br />

Ich wollte nur wissen, wie diese Idee aussieht.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja, ja. Sonst weiß er ja gar nicht, was er unter welchem Gesichtspunkt untersuchen soll.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Herr Schmitz, bei der Bewertung der Umweltauswirkungen selbst ist unser Standpunkt: § 6<br />

Abs. 3 Nr. 3 UVPG ist nicht Gegenstand des <strong>Scoping</strong>s. Wenn ich Sie jetzt richtig verstehe,<br />

zielen Sie unter anderem auf die Bewertung des Bestandes ab. Bei der Bewertung des<br />

Bestandes – sprich: Erholungsqualität – habe ich die klare Position bezogen, dass wir der<br />

Meinung sind, dort brauchen wir nicht zu bewerten.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich glaube, das ist ein Missverständnis. Wenn Sie irgendetwas untersuchen, dann haben Sie<br />

ja eine Fragestellung. Diese Fragestellung heißt doch zum Beispiel: Wird irgendetwas stark<br />

beeinträchtigt? Jetzt heißt es: Was heißt „stark“? Das ist das, was Herr Schmitz wohl meint.<br />

Diese Fragestellung müssen Sie irgendwie Ihrer Arbeit zugrunde legen. Danach war gefragt<br />

worden. Irgendwie müssen Sie ja ein Koordinatensystem haben, in das Sie Ihr Gutachten<br />

einbringen. Sie können ja nicht nur einfach sagen, die Leute bleiben weg, sondern Sie<br />

müssen fragen, was das für eine Bedeutung hat. So habe ich Herrn Schmitz verstanden.<br />

Dazu werden Sie sich sicher etwas gedacht haben.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ich denke, ich kann das an den einzelnen Umweltauswirkungen recht gut abarbeiten. – Wir<br />

werden uns, was die Verlärmung von Erholungsräumen betrifft, auf die Lärmmediziner<br />

zurückziehen, sodass die Frage, welche Umweltauswirkungen wir in welcher Schwere auch<br />

hinsichtlich ihrer Entscheidungserheblichkeit einstellen, sich an den dort formulierten<br />

Maßstäben festmacht, an den präventiven Richtwerten für Erholung und Rekreation.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 106<br />

Die Frage der Flächeninanspruchnahme erfordert kein Bewertungskriterium, um es zu<br />

klassifizieren, sondern dort werden für die verschiedenen Erholungskategorien die Flächeni-<br />

nanspruchnahmen bewertet.<br />

Bei der Frage der Verinselung oder Zerschneidung von Erholungsräumen wird sich das an<br />

den einzelnen Räumen und Flächen festmachen, inwieweit sie dann noch für die Erholung<br />

genutzt werden können. Beispiel: Der Kelsterbacher Wald hat eine regionale Bedeutung und<br />

eine Bedeutung für die Kurzzeiterholung. Die Frage, die wir beantworten müssen – aber das<br />

ist Ergebnis und nicht Untersuchungsrahmen –, ist, ob der Kelsterbacher Wald in Zukunft<br />

nach seiner Fragmentierung tatsächlich noch eine Bedeutung für die regionale Erholung hat<br />

oder nur noch für die Kurzzeiterholung. Das lässt sich aber nicht an bestimmten Maßstäben<br />

festmachen, sondern das lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Das sind im Grunde genom-<br />

men die Eingangsgrößen, die wir heranziehen, um im Sinne von § 6 Abs. 3 Nr. 3 UVPG die<br />

Umweltauswirkungen zu ermitteln und zu beschreiben.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Soweit ich sehe, ist damit diese Frage beantwortet. Wenn Sie auch vielleicht mit dem<br />

Ergebnis nicht zufrieden sind, aber die Frage ist beantwortet.<br />

RA Schmitz:<br />

Die Frage ist beantwortet.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Alles klar, wunderbar. Manchmal ist es einfach nur ein Missverständnis.<br />

Wir machen jetzt eine Pause bis 17.15 Uhr und kommen dann zum Schutzgut Landschaft.<br />

(Unterbrechung von 16.53 bis 17.16 Uhr)<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wir fahren fort mit Tagesordnungspunkt:<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

6.2 Schutzgut Landschaft<br />

Es hat sich gezeigt, dass unsere Unterteilung bezüglich Untersuchungsraum, Bestandser-<br />

fassung und Auswirkungen vielleicht doch zu differenziert ist. Daher will ich die einzelnen<br />

Punkte hier nennen, die angesprochen wurden, und anschließend Fraport Gelegenheit<br />

geben, das Untersuchungsprogramm kurz vorzustellen und auch gleich auf die Einwendun-<br />

gen oder Stellungnahmen einzugehen. Dann möchte ich Ihnen noch einmal Gelegenheit<br />

geben, die Anregungen vorzutragen.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 107<br />

Bezüglich des Schutzgutes Landschaft wurde vorgetragen, der Untersuchungsraum sei in<br />

Abhängigkeit von der Einsehbarkeit abzugrenzen. Deswegen sei der vorgesehene Untersu-<br />

chungsraum auch nicht ausreichend. Bei der Bestandserfassung sei der Erholungswert bzw.<br />

das Landschaftserleben als Merkmal zu berücksichtigen. Dieser lasse sich unter anderem<br />

als Kategorie Schutz- und Erholungswald messen. Des Weiteren wurde gebeten, dass die<br />

Grüngürtelplanung und der Freiflächenentwicklungsplan der Stadt Frankfurt als Grundlagen<br />

zu berücksichtigen seien und die Bestandsbewertungen offen zu legen seien.<br />

Bei den Auswirkungen wurde angesprochen, welche Beeinträchtigungen von Landschafts-<br />

bildeinheiten durch Gestaltungsmaßnahmen oder die naturschutzrechtliche Kompensation<br />

zu betrachten seien oder welche Störungen von Sichtbeziehungen betrachtet werden sollten.<br />

Des Weiteren wurde gefordert, dass als Auswirkungen auf das Schutzgut Landschaft auch<br />

die Auswirkungen durch Licht oder Überflug zu betrachten sei.<br />

RA Baumann:<br />

Vielleicht habe ich etwas übersehen oder überhört, aber das Thema Luftschadstoffe und<br />

Erholungsfunktion und sonstige Auswirkungen ist, glaube ich, noch nicht abgehandelt,<br />

sodass wir das zu einem späteren Zeitpunkt abhandeln.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Nein, nein.<br />

RA Baumann:<br />

Ich könnte mir durchaus vorstellen, am Montag dieses Thema – –<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Sie können sich das vorstellen. Das dürfen Sie auch tun. Aber wir haben am Anfang festge-<br />

stellt, dass Fraport den gesamten Punkt 6.1.2 en bloc abgehandelt hat. Das hat Frau Ohl<br />

auch so festgestellt und gesagt, wir nehmen Punkt 6.1.2 in seiner Gänze und eröffnen die<br />

Diskussion. Das haben wir auch getan. Bei Beginn der Pause habe ich gesagt: Dann fahren<br />

wir fort mit 6.2. Da hat sich auch kein Widerspruch erhoben. Wenn also irgendetwas mit<br />

diesem Punkt sein könnte, können Sie das beim Schutzgut Landschaft noch unterbringen.<br />

Aber ansonsten machen wir dieses Fass nicht mehr auf. Dafür habe ich das ja nun extra<br />

vorher gesagt.<br />

RA Baumann:<br />

Herr Bickel, ich will jetzt nicht würdigen und werten, wie sich Ihr Verhalten mir darstellt. Sie<br />

haben ja auch schon den Ausweg erläutert. Es ist nicht abgeschlossen, sondern es ist ein<br />

Thema. Sie machen gerade einen Themenkomplex auf, 6.1.2.2 bis 6.2. und 6.3. Insoweit<br />

können wir uns einigen, dass zu all diesen Themen vorgetragen werden kann. Insoweit


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 108<br />

würde ich von meinem Petitum Abstand nehmen, am Montag über dieses Thema zu verhan-<br />

deln.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Außerdem haben Sie für die Luftschadstoffe noch den Punkt 6.6. Ich kann mir also kaum<br />

vorstellen, dass Ihre Äußerungen so fein differenziert und zergliedert sind, dass Sie dort<br />

nicht etwas unterbringen können, was eigentlich in 6.1.2.2 unterzubringen gewesen wäre.<br />

RA Baumann:<br />

Sie wissen nicht, wie differenziert wir gerade eben noch vortragen wollten. Insoweit können<br />

Sie derartige Behauptungen nicht aufstellen. Ich weiß allerdings seit heute Mittag, dass Sie<br />

es nicht durchgehen lassen, Themen, die direkt anzusprechen sind, indirekt bei anderen<br />

Tagesordnungspunkten anzusprechen. Insoweit möchte mich an die Tagesordnung halten<br />

und habe das auch beherzigt, als Sie mich heute Morgen und heute Mittag darauf angespro-<br />

chen haben.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Gut. – Dann darf Fraport nun fortfahren. Wer trägt vor?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Lassen Sie mich etwas zum Untersuchungsrahmen Schutzgut Landschaft und zur Abgren-<br />

zung des Untersuchungsraumes, orientiert an den durch die Landebahn Nordwest zu<br />

erwartenden Auswirkungen auf das Schutzgut Landschaft, sagen. Vielleicht darf ich an<br />

dieser Stelle auch zur Begründung eine Visualisierung anhand von Fotos und damit auch<br />

eine Begründung für diese Abgrenzung vornehmen.<br />

Die Frage ist ja, wie weit der Untersuchungsraum zu greifen ist, um die Auswirkungen auf<br />

Landschaft bzw. Landschaftsbild abdecken zu können bzw. innerhalb dieses Raumes die<br />

Umweltauswirkungen auf das Schutzgut Landschaft, Landschaftsbild erfassen bzw. ermitteln<br />

zu können.<br />

Wir sind der Meinung, dass wir die Untersuchungsraumgrenze deswegen richtig gewählt<br />

haben, weil wir die Rodung der Landschaftsbildeinheit dieser vorwiegend waldgeprägten<br />

Landschaftsbildkomponenten dadurch abgrenzen können, dass wir den Main, also den<br />

benachbarten Landschaftsbildraum, in den Untersuchungsraum integrieren. Für Sie noch<br />

einmal zur Orientierung: Hier ist Ticona, hier ist das DEA-Tanklager, hier verläuft der Main.<br />

Wir sind der Meinung, dass wir die wesentlichen Sichtachsen, die sich auf diesen Bereich<br />

des Kelsterbacher Waldes über den Landschaftsbildraum des Mains hin erstrecken, abgren-<br />

zen können. Sofern sich aus Bildsimulationen Sichtachsen ergeben, die bisher nicht inner-<br />

halb dieser Raumabgrenzung enthalten sind, werden wir diese Sichtachsen auch außerhalb<br />

dieses Untersuchungsraumes darstellen.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 109<br />

Hier sehen Sie noch einmal eine Luftbildaufnahme auf den Kelsterbacher Wald. Man erkennt<br />

sehr gut die Heterogenität des Bestandes: Nadelwaldbestände, jüngere Bestände, Auffors-<br />

tungen, aus der Sicht einer Landschaftsbildbewertung auch sehr fragmentarisch in seiner<br />

Struktur.<br />

Hier sehen Sie einen Blick auf den Bereich des Umspannwerkes Kelsterbach, dahinter<br />

liegend die Ortschaft Kelsterbach. In diesem Bereich sehen Sie die Gewerbegebiete und<br />

letztendlich auch die starke Vorbelastung zwischen dem Siedlungskern und dem angrenzen-<br />

den Landschaftsbildraum durch die Gewerbegebiete.<br />

Dieser Bereich – hier angrenzend die Spange der B 43 –, Kelsterbach umschließend, bis auf<br />

die Linie Main, wird auch in die Landschaftsbilderfassung integriert.<br />

Im Westen des Untersuchungsraumes – hier die Startbahn 18 West, hier die Grube Mittel-<br />

dorf – verläuft die Landschaftsbildgrenze zwischen dem Flughafen und der Heidelandschaft.<br />

Im Süden sehen Sie hier die Startbahn 18 West, hier die Feuerwache, hier die Baustellenein-<br />

richtungsfläche, hier der jetzige Cargo-Bereich, der Bereich der Erweiterungsfläche Süd.<br />

Dabei denken wir, dass die visuellen Wirkungen auf das Landschaftsbild innerhalb der<br />

Waldbereiche sehr gut abgrenzbar sind. Wir sind nicht der Meinung, dass man in Zukunft<br />

vom Main bis auf die Autobahn A 5 durchschauen kann. Das wollte ich Ihnen zur Visualisie-<br />

rung der Abgrenzung des Untersuchungsraumes zeigen.<br />

Hier sehen Sie noch einmal zum Nachvollziehen die Grenze des Mains, der Umgriff um die<br />

Ortschaft Kelsterbach, hier die Abgrenzung im Osten und die Abgrenzung des Landschafts-<br />

bildraumes bis auf die Ebene der Gundwiesen, der Grenzen des Naturschutzgebietes, den<br />

Flughafen umfassend entlang der A 5 und dann in Richtung Kelsterbach.<br />

Die Erfassungskriterien sind die üblichen Landschaftsbildkomponenten: Relief, Landnutzung,<br />

landschaftsbildprägende Ortsränder, Siedlungsbereiche, Gewässer und die visuellen<br />

Leitlinien und Sichtbeziehungen. Wir versuchen, diese Landschaftsbildkomponenten nach<br />

bestimmten Gliederungsprinzipen und Anordnungsmustern zu kategorisieren.<br />

Bei Vorbelastungen denke ich im Zusammenhang mit dem Ausbau des Flughafens ganz<br />

wesentlich an eine visuelle Beeinträchtigung durch Freileitungen, Verkehrstrassen, Industrie-<br />

und Gewerbegebiete. Im Zusammenhang mit der Verknüpfung von Landschaftsästhetik, also<br />

Wahrnehmung mit allen Sinnen, geht es um Vorbelastungen durch Geräuschimissionen von<br />

Flugverkehr, aber auch durch die straßenbedingten Geräusche und durch Geruchsbelästi-<br />

gung. Darüber hinaus geht es um die Einbeziehung der Schutzgebietskategorien, in denen<br />

das Schutzziel Erhaltung der Eigenart, Vielfalt und Schönheit der Landschaft verankert ist.<br />

Hier sind sicherlich auch die einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete im Zusammen-<br />

hang mit der Ausweisung als FFH-Gebiet zu nennen.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 110<br />

Die Auswirkungskategorien sind wieder unterteilt in anlage-, betriebs- und baubedingte<br />

Wirkungen. Der Verlust und Funktionsverlust durch Flächeninanspruchnahme, auch Über-<br />

formung und Zerschneidung von bestehenden Landschaftsbildräumen, ist, wie vorhin auch<br />

dargestellt, nach den Landschaftsbildräumen und nach den entsprechenden Schutzgebiets-<br />

kategorien differenziert.<br />

Als weiterer Punkt ist die Störung von Sichtbeziehungen durch bauliche Anlagen zu nennen.<br />

Betriebsbedingt ist hier die Beeinträchtigung von Landschaftsbildräumen durch Geräusch-<br />

immissionen und die Beeinträchtigung durch Gerüche. Baubedingt ist der gesamte Komplex<br />

der temporären Flächeninanspruchnahme im Zuge des Ausbaus des Flughafens.<br />

Gegenüber dem Planfeststellungsverfahren, insbesondere aufgrund der konkretisierten<br />

technischen Planung, bietet sich die Möglichkeit, die gesamten Baukörper hinsichtlich ihrer<br />

Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, von Sichtachsen, von Sichtbeziehungen einbezie-<br />

hen zu können. Wir haben vertiefende Auswertungen von Dateninformationsgrundlagen<br />

aufgrund der anderen Maßstäblichkeit der Umweltverträglichkeitsstudie gegenüber dem<br />

Raumordnungsverfahren und die Möglichkeit der Ermittlung von baubedingten Beeinträchti-<br />

gungen auf der Grundlage des Baulogistikkonzepts.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Herr Müller-Pfannenstiel, wie machen Sie das bei der Ermittlung der Auswirkungen genau?<br />

Gehen Sie da mit Fotomontagen vor?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir versuchen, auf der Grundlage konkreter Erfassung und Geländebegehung einmal die<br />

Qualität der Landschaftsbildräume zu erfassen. Die Visualisierung werden wir mit Luftbildern,<br />

mit Fotos darzustellen versuchen. Inwieweit es sinnvoll ist, entsprechende Simulationen<br />

einzubeziehen, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht entscheiden. Es wird eine Frage der<br />

Darstellung werden, wie wir das auch im Sinne einer allgemein verständlichen Darstellung in<br />

den Planfeststellungsunterlagen entsprechend visualisieren können.<br />

RA Schmitz:<br />

Meine Frage ist natürlich – Sie können es sich sicherlich schon denken – die nach den<br />

Bewertungsmaßstäben. Dazu habe ich jetzt wieder nichts gehört.<br />

Mir ist allerdings auch noch etwas anderes aufgefallen. Im <strong>Scoping</strong>-Papier finden wir unter<br />

Punkt 7 – Bewertung von Umweltauswirkungen – den Punkt 7.1 – Maßstäbe zur Bewer-<br />

tung –, aber keinen Punkt 7.2. Wer A sagt, muss auch B sagen. An dieser Stelle sieht man<br />

wieder, wo die systematischen Schwächen möglicherweise liegen. So ist auch an dieser<br />

Stelle wieder ein Indiz dafür zu finden, dass immer, wenn in den Unterlagen irgendetwas<br />

nicht stimmt, wahrscheinlich das elfte Gebot eine Rolle spielt: Du sollst dich nicht erwischen<br />

lassen.


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<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 111<br />

Die Frage lautet also: Wie sind die Bewertungsmaßstäbe für die Beurteilung der Auswirkun-<br />

gen auf das Landschaftsbild?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Vielleicht bin ich als Nichtjurist sprachlich nicht so sauber. Die Bewertungsmaßstäbe leiten<br />

sich aus dem Bundesnaturschutzgesetz bzw. aus dem Hessischen Naturschutzgesetz ab.<br />

Beim Schutzgut Landschaft, Landschaftsbild, wie wir versuchen, es zu operationalisieren, ist<br />

es die Eigenart, Vielfalt und Schönheit und die Frage, inwieweit sich die Eigenart, Vielfalt und<br />

Schönheit der jeweils betroffenen Landschaftsbildräume verändert. Es ist eine sehr lange<br />

Diskussion im Bereich der Planerszene, das Landschaftsbild deskriptiv zu bewerten und<br />

über diesen deskriptiven Ansatz eine Intersubjektivierung von Bewertungsaussagen zu<br />

ermöglichen. Hier verbietet sich aus unserer Sicht ein, wie Nohl das macht, nutzwertanalyti-<br />

scher Ansatz. Wir werden das deskriptiv anhand der durch das Gesetz vorgegebenen<br />

Bewertungskriterien machen.<br />

Besondere Bedeutung spielen sicherlich die in den Grundsätzen des Naturschutzrechtes<br />

genannten historischen Kulturlandschaften und die Anwendung dieses Begriffes auf diese<br />

Waldbereiche, da sie aufgrund ihrer langen Kontinuität sicherlich auch daher eine besondere<br />

Bedeutung für das Landschaftsbild haben.<br />

Hagemann (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald):<br />

Wir haben auf dem ersten Bild, das Sie zeigten, sehr schön gesehen, dass ein geschlosse-<br />

ner Waldkomplex um den Flughafen herum liegt. Jetzt wird durch die Rodung für die neue<br />

Landebahn dort hinein ein großes Loch gerissen. Die Umgebung des Gesamtflughafens ist<br />

damit aufgerissen. Dadurch wird natürlich eine erhebliche neue Sichtbeziehung auch vom<br />

Umland aus, aus dem Sie das betrachten, aufgerissen.<br />

Ich glaube schon, dass das ein sehr wesentlicher Eingriff in die heutige Landschaft und in<br />

das heutige Landschaftsbild dort ist, über das wir gegenwärtig sprechen. Dieser Eingriff in<br />

das Landschaftsbild, der auch vom Main aus sicher sehr deutlich sichtbar ist, ist doch<br />

hoffentlich sehr hoch zu bewerten.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Könnten Sie noch einmal Ihr zweites Bild auflegen, auf dem Ihre Tabelle war? – Herr<br />

Baumann, da unten sehen Sie als dritten Punkt „Geruchsbelästigung“. Ich möchte nicht,<br />

dass Sie nachher sagen, ich hätte irgendwo Ihre Belange abgeschnitten. Da ist etwas bei<br />

Erfassungskriterien und bei Geruchsbelästigung. Sie wollten sich ja, wenn irgendwo Gele-<br />

genheit wäre, noch zu der Frage der Luftschadstoffe im Zusammenhang mit der Landschaft<br />

und der Erholungsfunktion äußern. Ich wollte Ihnen jetzt die Gelegenheit geben, da einzuha-<br />

ken, damit Sie nicht den Eindruck haben, ich hätte Sie vertröstet und nachher untergebuttert.<br />

Das sollte nicht sein. Als Sie vorhin von Geruchsbelästigung sprachen, dachte ich, das wäre


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 112<br />

der geeignete Punkt, wo Sie Ihren Gesichtspunkt, der vorhin vielleicht etwas zu kurz ge-<br />

kommen ist, unterbringen können. Jetzt bitte ich Sie, das zu tun.<br />

RA Baumann:<br />

Herr Vorsitzender, ich weiß es zu schätzen, dass Sie meine Wortmeldungen berücksichtigen<br />

und auch die inhaltlichen Aussagen, die ich ankündige, entsprechend abrufen.<br />

Ich war gerade etwas überrascht, weil ich über die abflauende Nachfrage bei der Lufthansa<br />

in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gelesen und die Außerbetriebnahme von 55<br />

Flugzeugen festgestellt habe. Ich habe gerade überlegt, ob das den Flughafen Frankfurt in<br />

irgendeiner Weise tangiert.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Aber das wollen wir jetzt nicht erörtern.<br />

RA Baumann:<br />

Ich wollte Sie gerade fragen, ob es aus Ihrer Sicht ein für die Erörterung wesentliches Thema<br />

ist, wenn die Flugzeuge der Lufthansa beim Fraport-Flughafen gar nicht mehr eingehen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist ein Problem, das wir schon im Raumordnungsverfahren am Rande des 11. Septem-<br />

ber hatten, ob das eine Delle ist und ob das die langfristige Prognose beeinträchtigt. Aber wir<br />

sind jetzt nicht bei Prognosen.<br />

RA Baumann:<br />

Ich wollte jetzt auch nicht über die Delle sprechen, weil die Delle gar keine Delle mehr ist,<br />

sondern zwischenzeitlich eine Entwicklung.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das wissen wir nicht. Das ist aber jetzt nicht das Thema.<br />

RA Baumann:<br />

Das sind inzwischen zwei Jahre.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich gebe Ihnen nunmehr Gelegenheit, das Thema, das Ihnen aus Versehen und unabsicht-<br />

lich verkürzt worden ist, hier nachzuholen, und bitte Sie, das auch zu tun.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 113<br />

RA Baumann:<br />

Ich danke Ihnen. Ich habe eine erste Frage an Herrn Müller-Pfannenstiel: Wie breit ist der<br />

Gürtel um den Flughafenkernbereich herum, den Sie zugrunde legen, wenn Sie Schadstoff-<br />

belastungen aus dem Flughafenbereich im Erholungsgebiet untersuchen?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Es gibt keine spezifische Erfassung der Luftschadstoffe aus dem Schutzgut Landschaft<br />

heraus, sondern wir werden uns hier – die Untersuchungsraumabgrenzung ist ja bereits<br />

diskutiert worden – auf die Untersuchungsraumabgrenzung beim Schutzgut Luft bzw. der<br />

Schadstoffgutachten beziehen. Aber es ist natürlich die grundsätzliche Frage, inwieweit die<br />

Erholungs- oder Landschaftsbildräume durch Luftschadstoffe hinsichtlich ihrer Qualität<br />

beeinträchtigt werden und ob dies eine entscheidungserhebliche Umweltauswirkung ist oder<br />

nicht.<br />

Wir sind der Meinung – das werden wir im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie unter<br />

der Auswirkungsanalyse darstellen –, dass die Beeinträchtigung durch Luftschadstoffe im<br />

Bereich Erholung und Landschaft in dem hier abgegrenzten Raum keine entscheidungser-<br />

hebliche Umweltauswirkung darstellt.<br />

Anders – bzw. dies wird zu bewerten sein – stellt es sich bei dem Thema Gerüche dar.<br />

RA Baumann:<br />

Ich weiß jetzt nicht, Herr Müller-Pfannenstiel, welchen Tagesordnungspunkt Sie bei den<br />

Gerüchen ansprechen. Ich ging davon aus, dass die Gerüche auch durch Luftschadstoffe<br />

entstehen können, zumindest durch Partikel, die in der Luft vorhanden sind. Sie haben<br />

natürlich Recht, das ist ein spezielles Thema. Das ist aber in der Tagesordnung nicht<br />

vorgesehen. Das ist vielleicht für Montag oder Dienstag gedacht; ich weiß es nicht.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Aber nächstes Jahr.<br />

(Heiterkeit)<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir haben eine Gliederung nach Schutzgütern und nicht nach Wirkfaktoren. Das ist der eine<br />

Punkt. Der andere Punkt: Wir sprechen als Planer da immer von einer Transmission. Das<br />

heißt, bestimmte Luftschadstoffe stellen sich unter dem Aspekt Gerüche relevant für das<br />

Schutzgut wahrnehmbar dar. Den Aspekt Gerüche in das Schutzgut Landschaft zu integrie-<br />

ren kommt daher: Wenn Landschaft, Landschaftserleben, Landschaftsbild etwas mit Land-<br />

schaftsästhetik zu tun hat, ist das Wahrnehmung mit allen Sinnen. Da gehören die Gerüche<br />

oder das Riechen dazu.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 114<br />

Inwieweit das eine entscheidungserhebliche Umweltauswirkung darstellt und das Land-<br />

schaftserleben, das Landschaftsbild hier beeinträchtigt, wird Ergebnis der Umweltverträglich-<br />

keitsstudie sein. Wichtig ist für uns nur, da es ein bestimmender Parameter ist, diese<br />

Auswirkungen auch in die Auswirkungsprognose einzubeziehen.<br />

RA Baumann:<br />

Herr Müller-Pfannenstiel, ich weiß nicht, ob Sie die Äußerung von Herrn Bickel wahrgenom-<br />

men haben, dass er mir noch einmal Gelegenheit geben wollte, zur Erholungsfunktion<br />

Stellung zu nehmen, nämlich unter dem Gesichtspunkt Luftschadstoffe und sonstige Auswir-<br />

kungen, weil ich das moniert hatte. Ich hatte eben ein bisschen den Eindruck, dass Sie jetzt<br />

auf das Schutzgut Landschaft abstellen, aber den Gesichtspunkt Erholungsfunktion gar nicht<br />

mehr so im Blickwinkel haben.<br />

Warum frage ich das Ganze? Ich frage deswegen, weil bei Autobahnen oder sonstigen<br />

Straßenbauten jenseits der Fahrbahnen jeweils hüben und drüben bestimmte Bereiche als<br />

erholungsfunktionelle Bereiche ausscheiden. Wir haben in bis zu 4 bis 5 km Entfernung eine<br />

Lärmbelastung. Wir haben auch eine Schadstoffbelastung, die zu berücksichtigen ist. Und<br />

wir haben natürlich im Rahmen der Schadstoffbelastung auch eine Geruchsbelastung.<br />

Ich habe nicht ganz verstanden, warum Sie nur auf die Geruchsbelästigung abstellen und<br />

nicht auch die Luftschadstoffe insgesamt berücksichtigen, die gewisse toxische oder sonsti-<br />

ge Auswirkungen haben. Die werden natürlich nicht wahrgenommen, das ist klar. Aber wenn<br />

jemand, der sich in der Sache auskennt, in der Region nach Erholung sucht, wird er sich<br />

schon Gedanken machen, ob er in die Nähe des Flughafens geht, wo doch von dort Schad-<br />

stoffpartikel zu erwarten sind, die ihn nicht unbedingt gesünder machen – sagen wir es<br />

einmal so – und vielleicht auch zu Atemwegserkrankungen und zur Schwächung des<br />

Immunsystems führen. Da wird er sich einfach überlegen, ob er das wirklich tut.<br />

Das ist nicht allein durch die Wahrnehmung über den Geruchssinn abzudecken, sondern das<br />

sind rationale Überlegungen, dass man sagt: 2, 3 km neben dem Flughafen würde ich mich<br />

sowieso nicht aufhalten wollen. Oder sind es mehr Kilometer? Ich weiß nicht, was Sie<br />

ansetzen. Deswegen habe ich Sie ja gefragt. Sie sagten, es gibt keine standardisierten<br />

Größen. Ich würde sagen: Im Umfeld von 5 km des Flughafens scheidet jede Erholungsfunk-<br />

tion aus. Das wäre ein Pflock, den man einsetzen könnte. Vielleicht sagen Sie, es sind<br />

10 km. Ich weiß es nicht.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Diese Analogie zu Straßen, die Sie mit den 4 bis 5 km Funktionsbeeinträchtigung von<br />

Erholungsräumen herstellen, kenne ich nicht. Dieser Raum hat für den gesamten Ballungs-<br />

raum eine sehr hohe Bedeutung als Erholungsraum. Es gibt keine Korrelation zwischen der<br />

von Ihnen dargestellten lufthygienischen Belastung und der Eignung dieser Räume als<br />

Erholungsräume.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 115<br />

Inwieweit es eine toxikologische – wie Sie es dargestellt haben – Belastung der Menschen in<br />

den Räumen gibt, wird ein Ergebnis der Schadstoffgutachten bzw. des humantoxikologi-<br />

schen Gutachtens sein, sodass wir die von Ihnen aufgeworfene Frage in der Umweltverträg-<br />

lichkeitsstudie entsprechend bewerten können. Derzeit erwarten wir das auf der Grundlage<br />

der Kenntnisse, die wir im Raumordnungsverfahren haben, für diese Räume aber nicht.<br />

RA Baumann:<br />

Heißt das, dass Sie diese Untersuchungen, die noch gemacht werden würden, in Ihre<br />

Begutachtung einbeziehen?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Es ist das Wesen der Umweltverträglichkeitsstudie, dass sie die Ergebnisse der verschiede-<br />

nen Fachgutachten, die erarbeitet werden, integriert.<br />

RA Baumann:<br />

Gut. – Das bedeutet auch, dass das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsuntersuchung, die ja<br />

jetzt wohl beginnt, in Ihrer eigenen Stellungnahme noch Berücksichtigung findet, gerade im<br />

Hinblick auf die Erholungsfunktion und die Landschaft?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ja.<br />

RA Baumann:<br />

Danke.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Sie haben die Störung der Sichtbeziehungen dargestellt. Was meinen Sie damit? Wodurch<br />

wird die Sichtbeziehung in Ihrem Untersuchungsprogramm gestört?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ich kann auf das Bild zurückkommen. Es gibt in einer Landschaft immer bestimmte visuelle<br />

Leitlinien. Diese visuellen Leitlinien orientieren sich an bestimmten Strukturen. An diesem<br />

Bild wird deutlich, dass sich die Leitlinien einmal entlang des Mains orientieren. Es hängt<br />

immer sehr stark vom Standpunkt des jeweiligen Betrachters oder der Betrachterin ab. Hier<br />

ist es so, dass es eine visuelle Leitlinie entlang des Waldrandes gibt.<br />

Die Frage ist jetzt: Wird im Rahmen des Landschaftserlebens entlang der Uferwege des<br />

Mains diese visuelle Leitlinie gebrochen oder nicht? Wie verändern sich dann Sichtbezie-<br />

hungen? Sie werden sich durch die Schneise der Landebahn Nordwest verändern, sodass<br />

man hier eine Störung von Sichtbeziehungen haben wird, eine Veränderung gegenüber dem<br />

jetzigen Zustand.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 116<br />

RA’in Fridrich:<br />

Im Süden haben wir vor allem Baukörper, also Gebäude. Da wären sicherlich auch, da es im<br />

Untersuchungsraum liegt, visuelle Störungen durch Gebäude zu berücksichtigen. In welcher<br />

Höhe werden sie berücksichtigt? Ich glaube, es heißt „bis zu 50 m“. Da wäre meine Bitte,<br />

wirklich die maximal möglichen Gebäudehöhen zu berücksichtigen, vor allem im südlichen<br />

Bereich. Das betrifft weniger die Landebahn Nordwest.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Das wird berücksichtigt. Das ist ein wesentlicher Unterschied in der UVS zum Raumord-<br />

nungsverfahren, weil wir hier Angaben über den Baukörper haben, sein Volumen bzw. auch<br />

die Höhen, und wir dann, ausgehend von verschiedenen Standpunkten, entscheiden<br />

können, ob man diesen Baukörper sieht oder nicht und ob er in irgendeiner Form negativ auf<br />

das Landschaftsbild wirkt. Das wird berücksichtigt.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Wie behandeln Sie Lichtimmissionen? Das war auch ein Thema im Raumordnungsverfah-<br />

ren. Wie gehen Sie mit diesem Thema um? Sagen Sie, es hat gar keine Auswirkungen auf<br />

das Landschaftsbild? Wie möchten Sie das behandeln?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Dazu kann ich Ihnen jetzt noch kein Ergebnis sagen. Wir wissen, dass wir uns mit dem<br />

Thema Licht und Auswirkungen auf Landschaft, Landschaftsbild auseinander setzen<br />

müssen. Wir werden das behandeln; mit welchem Ergebnis, kann ich Ihnen jetzt noch nicht<br />

sagen. Auch die Relevanz des Themas können wir für uns noch nicht abschließend greifen.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Das ist also auch wieder dieser Prozess, während der Erstellung der Unterlagen zu schauen,<br />

ob sich da etwas ergibt.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ja.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Mein dritter Punkt sind visuelle Störungen. Die haben Sie auf Tabelle 30 bei den baubeding-<br />

ten Auswirkungen mit drin, aber nicht bei den betriebsbedingten Auswirkungen. Da ist mein<br />

Petitum, auch visuelle Beeinträchtigungen des Landschaftserlebens, des Landschaftsbildes<br />

unabhängig von den 57 dB unter dem Punkt Landschaftsbild, Erholungsfunktion in die<br />

Untersuchung einzubeziehen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 117<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Darf ich zum Verständnis fragen, was Sie mit „betriebsbedingt“ meinen? Meinen Sie die<br />

optische Wirkung eines Riesenfliegers, der über Ihren Kopf fliegt?<br />

(RA’in Fridrich: Überflug!)<br />

– Ich wollte nur wissen, ob Sie das gemeint haben.<br />

Böhm (HGON):<br />

(RA’in Fridrich: Ja! Das ist richtig so!)<br />

Herr Müller-Pfannenstiel, mir geht es um die Abgrenzungen der von Ihnen vorgegebenen<br />

Flächen. Unser Verband ist der Auffassung, dass eine Abgrenzung nach Osten durchaus<br />

erweitert werden müsste, und zwar in Bezug auf Gerüche und Luftschadstoffe betreffend den<br />

Stadtteil Zeppelinheim und unter Umständen auch Walldorf. Denn auf der einen Seite haben<br />

Sie oben die amerikanische Siedlung im Bereich, und im nächsten Moment klammern Sie<br />

Zeppelin voll aus. Ich bitte den RP, hier genauestens zu prüfen, ob nicht doch die Notwen-<br />

digkeit besteht, diesen Untersuchungsraum zu erweitern.<br />

Außerdem beziehe ich mich mit dieser Bitte auch auf den anstehenden Bau des <strong>Termin</strong>als 3<br />

sowie die Neuanbindung des Autobahnanschlusses südlich des Zeppelinheimer Kreuzes.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Da wir gerade diesen Plan aufliegen haben, habe ich eine konkrete Frage zu dem nördlich<br />

der neuen Landebahn liegenden Weiher, der dort im Wald ist und mit der Rodungsfläche<br />

tangiert wird, wo Sie auf einer Länge von etwa 200 m diesen Waldsaum zu dem Weiher hin<br />

öffnen. Wie wird das bei Ihnen behandelt?<br />

Am Anfang hatten Sie ein Bild mit Blick von Westen über diesen Wald – rechts Ticona –<br />

gezeigt. Gibt es möglicherweise eine Simulation, wo Sie die Landebahn hineingelegt haben,<br />

sodass man einmal die Folgen sehen kann? Dann könnte man das vielleicht anders beurtei-<br />

len, weil man nicht nur den Wald heute sieht, sondern auch die Folgen. Möglicherweise<br />

haben Sie das dabei und können das einmal darstellen.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Der Ufersaum dieses Sees bleibt erhalten. Das ist die jetzige Einschätzung der Situation<br />

dort. Ich habe vorhin dargestellt, dass wir die Gliederungsprinzipien und Anordnungsmuster<br />

und die verschiedenen Landschaftsbildkomponenten erfassen. Wir werden auch für diesen<br />

Bereich natürlich eine Aussage machen müssen, inwieweit sich dort der Charakter, die<br />

Eigenart dieses Sees in Einbindung in die angrenzenden Flächen verändern wird.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 118<br />

Zur Einbeziehung von Zeppelinheim sind wir der Meinung, dass das Vorhaben – hier ist<br />

primär der Erweiterungsbereich im Süden relevant – keine visuellen Auswirkungen auf den<br />

Bereich von Zeppelinheim hat.<br />

Bezogen auf das Gutachten zur Geruchsprognose sind die Untersuchungsraumabgrenzun-<br />

gen schon entsprechend dargestellt worden. Das bezieht sich auf alle Siedlungen im Umfeld<br />

des Flughafens.<br />

Die visuellen Wirkungen von Baukörpern werden sich nicht bis in den Bereich Zeppelinheim<br />

erstrecken. Das zeigen erste Ergebnisse von Simulationen.<br />

Herr Faulenbach da Costa, eine Fotosimulation der Lage der Landebahn Nordwest im<br />

Kelsterbacher Wald haben wir noch nicht erstellt. Die können wir Ihnen daher heute auch<br />

nicht präsentieren.<br />

(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Haben Sie vor, die zu erstellen?)<br />

– Wir haben vor, sie zu erstellen und in die Planfeststellungsunterlage zu integrieren.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ich glaube, es gibt ein Missverständnis. Die Frage der Luftschadstoffe und Gerüche für<br />

Zeppelinheim war schon Gegenstand von 6.1.1 Wohn- und Wohnumfeldfunktion. Dort ist das<br />

zur Sprache gekommen. Deswegen ist es hier nur noch unter der Sichtfunktion behandelt<br />

worden, aber nicht mehr unter dem anderen Punkt. Den hatten wir nämlich ganz am Anfang.<br />

Das ist also nicht abgelehnt oder untergegangen, sondern es wurde unter einem anderen<br />

Punkt diskutiert.<br />

(Heldmaier [Hanau]: Was ist die rote Linie im Norden?)<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Diese rote Linie stellt nach derzeitigem Planungsstand den Zaunverlauf dar. Nach innen zur<br />

Bahn wären dann von da an keine Bäume mehr.<br />

– Ja.<br />

(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Wollen Sie den Wald drum herum<br />

erhalten?)<br />

(Faulenbach da Costa [Offenbach]: In welcher Höhe?)<br />

– Die Bäume bleiben dort stehen. Dieser See hat eine Böschung. Nehmen Sie einfach heute<br />

mit: Der Waldsaum bleibt dort erhalten. Wenn wir in der Planfeststellung sind und das<br />

erörtern, haben wir auch ein Luftbild dabei und Fotomontagen und Visualisierungen. Dann<br />

können wir das alles darlegen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 119<br />

(Heldmaier [Hanau]: Wie hoch sind dann die Bäume?)<br />

– So, wie sie jetzt sind, wenn sie nicht umgemacht werden. Ich weiß wirklich nicht, wie hoch<br />

die Bäume sind.<br />

Bellut (RP Darmstadt):<br />

Das sind Buchen- und Eichenbaumhölzer mit einer Höhe von 20 bis 30 m.<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

An der Stelle, wo der Zaun steht, sind keine Buchen von 20 m Höhe. Wir haben andere<br />

Bilder, auf denen man das ganz genau sieht. Die sind dort niedriger. Da ist ein Bewuchs an<br />

dem Saum, an dem Rand des Sees, an der Böschung. Die bleiben dort erhalten, eben in der<br />

Höhe, wie die Möglichkeit der Hindernisfreiheit es zulässt.<br />

Böhm (HGON):<br />

Herr Bickel, ich muss noch einmal ganz kurz auf das, was Herr Müller-Pfannenstiel gesagt<br />

hat, eingehen. Beispiel: Die verlängerte Flughafenstraße in Richtung A 5 beinhaltet ganz klar<br />

und deutlich, dass gerade dadurch, dass auf dieser alten Straße keine Bäume stehen, die<br />

ganzen Lärmquellen und auch Geruchsbelästigungen durch diese Schneise durchziehen,<br />

und zwar genau an dem Punkt, an den dieser Busbahnhof hin sollte. Ich meine nicht die<br />

Hurenschneise, sondern die verlängerte Flughafenstraße in Zeppelinheim mit der Unterfüh-<br />

rung, IC-Strecke und dann geradeaus weiter. Diese Schneise ist in mancher Hinsicht ein<br />

negativer Aspekt, wenn es um Lärm- und Geruchsemissionen geht.<br />

RA Baumann:<br />

Ich habe noch eine Nachfrage wegen dieses Sees. Ist es richtig, dass es der Mönchwaldsee<br />

ist? – Gut. Da führt die Nordwestbahn dann entlang. Sie sagten jetzt, Sie würden erst im<br />

Laufe der weiteren Untersuchungen, der UVU, insbesondere der Lärmwerte, feststellen<br />

wollen, ob da Beeinträchtigungen vorliegen, auch Beeinträchtigungen der Erholungsfunktion<br />

und der Landschaft. Ist es nicht offenkundig, dass dieser Bereich nun so verlärmt sein wird,<br />

dass da eine Erholungsfunktion nicht mehr wahrgenommen werden kann?<br />

Welche konkrete Entfernung von der Startbahn bzw. der Landebahn anzunehmen ist, wird<br />

sich natürlich aus den Untersuchungen ergeben. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass<br />

außer einer Gehörlosenschule sich dort jemand aufhalten möchte.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Der Untersuchungsraum Erholung greift sehr viel weiter als dieser Untersuchungsraum. Ich<br />

habe gesagt, dass der Untersuchungsraum Erholung erweitert wird, sofern wir dort mit<br />

Lärmbeeinträchtigungen zu rechnen haben.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 120<br />

Vom Inhalt her, Herr Baumann, gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Für diesen Bereich wird<br />

zu beurteilen sein, wie sich durch Verlärmung und Schadstoffeintrag gegebenenfalls eine<br />

Minderung der Erholungsqualität oder auch eine Veränderung des Landschaftsbildes<br />

ergeben wird. Das können Sie dann in der Planfeststellungsunterlage nachlesen. Wir werden<br />

dieser Thematik auch unabhängig von Ihrem Beitrag nachgehen.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ich habe hier eine Ausschnittsvergrößerung des Mönchwaldsees. Wenn Sie sich das<br />

ansehen, kann Ihre Aussage dazu nicht ganz stimmen. Sie haben, wenn Sie den Mönch-<br />

waldsee und die Wasserfläche nehmen, erst einmal diesen Ufersaum, der wohl mit Bü-<br />

schen – –<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Herr Faulenbach, wir wollen hier nicht inhaltlich über die Sache diskutieren. Haben Sie einen<br />

bestimmten Auftrag?<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ja, natürlich, dazu komme ich gleich. Ich muss es nur vorher erklären. – Dann kommt<br />

anschließend nach dem Ufersaum dieser Waldweg. Da machen Sie diesen Einschnitt. In<br />

diesem Einschnitt werden Sie mit Sicherheit keine Bäume mehr stehen lassen können, weil<br />

sie sonst im Hindernisbereich stehen. Von hier nach da beträgt die Entfernung etwa 110 m.<br />

Hier sind Sie im Hindernisbereich, den Sie selbst definiert haben.<br />

Wir kommen später noch einmal beim Thema Vogelschlag darauf zurück. Das spielt da auch<br />

eine Rolle. Meine Frage ist nun, wie Sie mit dieser Ecke umgehen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Diese Ecke war ja schon Gegenstand des Raumordnungsverfahrens.<br />

(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Es geht aber um Hindernisfrei-<br />

heit!)<br />

– Ja, ja. Aber das ist Gegenstand der Gutachten.<br />

(Faulenbach da Costa [Offenbach]: Wir diskutieren ja das Thema<br />

Landschaft! Es ist im Moment eine entscheidende Frage!)<br />

– Ja, ja. Ich sage bloß, das war schon Thema beim Raumordnungsverfahren. Damals<br />

wusste man noch nicht genau, wie es liegen sollte.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 121<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Die technische Planung haben wir. Wir wissen, wie es dort aussieht. Wenn Sie die Unterlage<br />

haben, können Sie es ganz genau sehen. Wir werden es in ausreichender Art darstellen,<br />

sodass Sie erkennen können, wie diese Ecke sowohl unter dem Gesichtspunkt Vogelschlag<br />

als auch unter dem Gesichtspunkt Wald und Bäume und Landschaft aussieht. Einfach<br />

abwarten!<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Jetzt haben wir das Schutzgut Landschaft unter diesen Gesichtspunkten abgehandelt. Nun<br />

kommt Tagesordnungspunkt:<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

6.3 Schutzgut Tiere und Pflanzen<br />

Zum Schutzgut Tiere und Pflanzen wurden in den Stellungnahmen zum <strong>Scoping</strong>-Papier<br />

bezüglich des Untersuchungsraums verschiedene Punkte angeregt. Unter anderem sei er<br />

nicht ausreichend abgegrenzt, da der Eingriffsraum durch den gewählten Untersuchungs-<br />

raum nicht abgedeckt werde, weil zur Erfassung der indirekten Projektwirkungen wie<br />

Schadstoffe, Licht etc. die angesetzte Pufferzone von 1.000 m nicht ausreichend sei.<br />

Außerdem sei geplant, Gewässer zu verfüllen, die auch im Untersuchungsraum nicht<br />

dargestellt wären. Vor allen Dingen im Bereich Stadtwald Frankfurt, also im Osten, sei der<br />

Untersuchungsraum größer zu wählen, da hier Beeinträchtigungen durch Überflug zu<br />

erwarten sind. Vorgeschlagen wurde eine Abgrenzung in Form der A 5 und eine nördliche<br />

Abgrenzung in Form der Eisenbahnlinie Frankfurt – Kelsterbach; das entspricht der Abgren-<br />

zung im Raumordnungsverfahren.<br />

Dann sei der Untersuchungsraum für die Artengruppe der Vögel auf alle im Vogelschlaggut-<br />

achten untersuchten Flächen auszudehnen, und der Untersuchungsraum sei für jede<br />

Tierartengruppe einzeln zu begründen.<br />

Ich schlage jetzt vor, dass Fraport Gelegenheit bekommt, zum Untersuchungsraum und zur<br />

Abgrenzung Stellung zu nehmen.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Die Untersuchungsraumabgrenzung beim Schutzgut Pflanzen und Tiere war schon Gegens-<br />

tand des <strong>Scoping</strong>s zum Raumordnungsverfahren. Dort sind die Inhalte und Methoden bereits<br />

dargelegt gewesen. Der Untersuchungsrahmen geht auf die Untersuchungen zurück, die die<br />

Naturforschende Gesellschaft Senckenberg sowohl für den Flughafenbereich wie auch für<br />

Teile des Stadtwaldes Frankfurt durchgeführt hat. Es ist ein sehr umfassendes Untersu-


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 122<br />

chungsprogramm über verschiedene Tierartengruppen, sowohl von Säugern wie auch von<br />

Wirbellosen.<br />

Die Untersuchungsraumabgrenzung für die UVS zum Raumordnungsverfahren konzentriert<br />

sich auch hier wieder auf die Vorhabensteile, die jetzt Bestandteil der Planfeststellungsunter-<br />

lage sind, das heißt auf die Landebahn Nordwest und den Erweiterungsbereich im Süden.<br />

Die Frage der Abgrenzung und die Punkte, die Frau Ohl eben als Kritikpunkte an der<br />

Abgrenzung des Untersuchungsraums aufgeworfen hat, beantworten wir so, dass das<br />

Untersuchungsdesign vom Forschungsinstitut Senckenberg insofern richtig ist, als wir alle<br />

vom Flughafenausbau ausgehenden Wirkungen auf die verschiedenen Tierartengruppen<br />

innerhalb dieses Untersuchungsraums abgrenzen können. Die Frage, welche Tierartengrup-<br />

pe zur Untersuchungsraumabgrenzung herangezogen wird, bemisst sich aus unserer Sicht<br />

danach, welche Tierartengruppe hier den größten Raumanspruch hat bzw. bei welcher<br />

Tierartengruppe die größten Empfindlichkeiten gegenüber bestimmten Projektwirkungen<br />

vorhanden sind.<br />

Für den Bereich des Kelsterbacher Waldes haben wir es mit dem Umstand zu tun, dass es<br />

ein sehr großer Waldbereich ist, der aber einer Zerschneidungswirkung durch die Autobahn<br />

bzw. durch die B 43 unterliegt. Es grenzen Räume an, die eine andere Habitatstruktur, eine<br />

andere Biotopstruktur haben.<br />

Wir sind der Meinung, dass wir tatsächlich alle Umweltauswirkungen durch die Landebahn<br />

Nordwest innerhalb dieses Waldbereiches Kelsterbacher Wald auf die relevanten Artengrup-<br />

pen erfassen können. Relevante Artengruppen sind aus unserer Sicht die, die die Bedeutung<br />

dieser Waldbereiche indizieren.<br />

Für den Erweiterungsbereich im Süden ist der gesamte Mark- und Gundwald und angren-<br />

zend die Gundwiesen bzw. das NSG Mönchbruch Bestandteil des Untersuchungsraumes, im<br />

Westen die Waldbereiche über die Heidelandschaft hinaus. Im NSG Mönchbruch selbst<br />

erwarten wir keine entscheidungserheblichen Umweltauswirkungen durch den Erweiterungs-<br />

bereich im Süden. Es ist immer wieder angesprochen worden, dass mögliche Änderungen<br />

im Grundwasserhaushalt, in der Grundwasserdynamik als Begründung heranzuziehen sind,<br />

den Untersuchungsraum zu erweitern. Aus den hydrogeologischen Gutachten haben wir die<br />

Erkenntnisse, dass mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass es zur Grundwasser-<br />

veränderung im Bereich des Mönchbruchs kommt. Daher sehen wir nicht die Notwendigkeit,<br />

den Untersuchungsraum in Richtung Süden zu erweitern.<br />

Als Artengruppe, an der sich die Untersuchungsraumabgrenzung bemisst, haben wir<br />

insbesondere auch die Vögel herangezogen. Die Ausprägungen der Vogellebensgemein-<br />

schaften, auch gerade parallel zur Startbahn 18 West, zeigen, dass offensichtlich andere<br />

Parameter als die Beeinträchtigung von Lärm, nämlich bestimmte Parameter, die die<br />

Habitatqualität bestimmen, für die Raumnutzung der Arten, auch der Vögel, maßgeblich sind.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 123<br />

Es gibt viele Artengruppen, die auch in der Literatur als lärmempfindlich beschrieben sind,<br />

die insbesondere im Übergangsbereich von der Startbahn 18 West in den Mark- und<br />

Gundwald brüten. Die Untersuchungsraumabgrenzung mit 1.000 m Umgriff um die Lande-<br />

bahn herum reicht aus unserer Sicht aus, die Auswirkungen auf alle Artengruppen und auch<br />

die Vögel hinreichend genau prognostizieren zu können.<br />

Böhm (HGON):<br />

Auch hier geht von uns die Voraussetzung aus, dass der Untersuchungsraum nach Osten<br />

hin erweitert werden sollte, unter Einbeziehung des Naturschutzgebietes Gehspitzweiher in<br />

der Gemarkung Neu-Isenburg sowie des Langener und auch des Walldorfer Badesees.<br />

Zum Langener Waldsee möchte ich Folgendes darstellen: Nach unseren neuesten Erkennt-<br />

nissen aufgrund intensiverer Betreuung dieses Bereiches entwickelt sich der Langener<br />

Waldsee eindeutig als ein Kriterium von hessenweiter Bedeutung mit hauptsächlich überwin-<br />

ternden Vogelarten.<br />

Zum Walldorfer Badesee kann ich keine Aussage machen. Aber beim Gehspitzweiher in<br />

Neu-Isenbug kann ich die Aussage machen, dass hier in erster Linie Großvögel ihr Brutge-<br />

schäft betreiben, nämlich Graugänse, Höckerschwan etc. Wenn hier auch schon das<br />

Vogelschlagsrisiko einbezogen werden soll, bin ich der Meinung, dass hier klar und deutlich<br />

der Faktor Vogelwelt einzubeziehen wäre, indem man die Fläche vergrößert.<br />

Hagemann (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald):<br />

Ich muss mich der Auffassung des Vorredners anschließen. Ich bin auch der Meinung, dass<br />

hier ein Gebiet – eben auch wieder im Bannwald – völlig zerstört wird, eigentlich entwertet<br />

wird, was den Mönchbruchsee anbetrifft, auch bezüglich der Vogelwelt. Die Greifvögel haben<br />

bestimmt größere Radien, als es hier dargestellt ist. Auch muss ein Austausch der Tierwelt<br />

insgesamt zwischen den einzelnen Teilen auch über die jetzige Grenze hinaus auf alle Fälle<br />

gegeben sein. Das ist einfach auch nötig, um die Regeneration der einzelnen Tierarten zu<br />

ermöglichen, damit dort nicht eine Art Inzucht entsteht, wenn man es einmal so nennen will.<br />

Es ist also auch weiter östlich notwendig, den Untersuchungsraum zu erweitern, um festzu-<br />

stellen, welcher Austausch für die einzelnen Tierarten dort stattfindet. Denn von der Nord-<br />

westbahn über den Flughafen hinweg nach Süden wird wahrscheinlich wenig Austausch<br />

stattfinden, aber zum Beispiel über die Heidelandschaft und auch in die Gebiete östlich,<br />

sodass das Gesamttiervorkommen im gesamten Wald um den Flughafen durch diese neue<br />

Landebahn sicher ganz erheblich gestört wird.<br />

Wie sich das bei den Abholzungen im Süden verhalten wird, vermag ich jetzt nicht zu sagen.<br />

Aber sicherlich gibt es da auch Probleme im Austausch.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 124<br />

Kaller (Offenbach):<br />

Ich möchte mich dem Petitum meiner Vorredner anschließen. Wir fordern ebenfalls die<br />

Ausdehnung der zu untersuchenden Gebiete nach Osten, auch im Hinblick auf Verträglich-<br />

keitsstudien für FFH-, Vogelschutz- und IBA-Gebiete. Es sind insgesamt vier Flächen. Es ist<br />

einmal die Fläche des Untermains mit der Aue von Frankfurt-Sachsenhausen bis Hainburg,<br />

Großkrotzenburg. Sie hat Bedeutung als Rasthabitat und Winterquartier für zeitweilig<br />

mehrere Zehntausende eurasischer Sumpf- und Wasservögel, die diesen Mainabschnitt<br />

überfliegen. Als Zugstraße von Großvögeln wie zum Beispiel Kranichen, Wildgänsen, Rot-<br />

und Schwarzmilanen hat dieses Gebiet eine hervorragende Bedeutung. Dass es aufgenom-<br />

men werden muss, sage ich insbesondere deshalb, weil es ein erhebliches Risikopotenzial<br />

im Sinne von Vogelschlag darstellt.<br />

Ein weiterer Punkt ist die Fläche der Diedesheimer Basaltseen im östlichen Untermaingebiet.<br />

Das sind Steinbruchseen, die durch früheren Basaltabbau entstanden sind. Diese haben<br />

inzwischen ebenfalls erhebliche Bedeutung als Rast- und auch als Brutgewässer für Was-<br />

servögel erlangt.<br />

Die dritte Fläche ist das Naturschutzgebiet und der Wildpark Alte Fasanerie bei Klein-<br />

Auheim, wo es mittlerweile auch eine Großkolonie von Reihern gibt, in der Tendenz zuneh-<br />

mend. Hier ist ebenfalls wieder ein erhöhtes Risiko für Vogelschlag gegeben.<br />

Last but not least ist es die Fläche der Rodauwiesen zwischen Hausen und Weiskirchen, wo<br />

ebenfalls erhebliche Beeinträchtigungen durch einen weiteren Ausbau des Flughafens zu<br />

erwarten sind. Ich erlaube mir, Ihnen eine Karte zu überreichen, wo die vier eben genannten<br />

Gebiete abgegrenzt sind.<br />

(Kaller [Offenbach] übergibt dem RP Unterlagen.)<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Zum Thema der Gefahren aus dem Vogelschlag möchte ich den Plan noch einmal an die<br />

Wand werfen. – Das hier ist die Grenze. Das ist der Zaun; bis dahin wird geholzt. Anschlie-<br />

ßend bauen Sie eine Übergangsfläche auf, im Prinzip einen Waldrand. Ich weiß nicht, wie<br />

lang der sich entwickelt. Ich gehe einmal von 25, 30 m aus. Gehen wir davon aus, wir haben<br />

auf diesem Mönchwaldsee Enten oder schwere Vögel, die ein relativ mäßiges Steigverhalten<br />

wie schwere Flugzeuge haben. Wir haben gleichzeitig ab hier etwa über eine Strecke von<br />

600 m zusätzlich die Aufsetzzone für die Flugzeuge. Dann befindet sich die Lücke in diesem<br />

See genau im Bereich der Aufsetzzone für die Flugzeuge, die vom Westen her anfliegen.<br />

Jetzt hat mir ein Vogelkundler gesagt, wenn man Enten oder andere schwerfällige Vögel<br />

nimmt, die ein mäßiges Steigverhalten haben, entsteht hier im Aufsetzzonenbereich, wo die<br />

Flugzeuge noch in der Luft sind, mit den Vögeln, die in diesen geöffneten Wald hinein starten<br />

– das andere sind ja hohe Wälder drum herum –, der Konflikt mit den Flugzeugen, das heißt<br />

ein erhebliches Vogelschlagrisiko. Wie bewerten Sie das?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 125<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das wird das Ergebnis des Gutachtens sein. Das haben wir doch schon besprochen. Was<br />

meinen Sie, was der Gutachter für ein Vogelschlaggutachten macht?<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ich hatte bisher den Eindruck, dass diese Frage, diese Lücke im Wald, nur nachrangig<br />

behandelt wurde.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Der Gutachter hat nicht vorrangig und nicht nachrangig, sondern vollständig zu behandeln,<br />

alle Vögel überall, die mit Flugzeugen in Konflikt geraten. Wenn er diese Ecke und diese<br />

Geschichte nicht erkennt, wird Fraport ihm keine müde Mark für sein Gutachten bezahlen.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Sind Sie da so sicher?<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ja. Sie dürfen davon ausgehen, dass Gutachter wenigstens ihre Mindestqualifikation haben.<br />

Sie können meinetwegen nicht lesen, aber eine Karte können sie wahrscheinlich doch sehen<br />

und wahrscheinlich schon wissen, was sie machen.<br />

Ich möchte damit nicht die Fragestellung als solche abweisen, will aber den Versuch, über<br />

eine Frage eine inhaltliche Diskussion darüber zu führen, wie sie das Problem bewältigen,<br />

nicht zulassen, auch nicht auf Umwegen mit Fragezeichen.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Ich wollte sehr direkt auf mögliche Konflikte hinweisen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Auf diesen Konflikt brauchten Sie nicht hinzuweisen, denn darüber haben wir, glaube ich,<br />

einen ganzen Tag im Raumordnungsverfahren diskutiert, insbesondere über die Frage, wie<br />

genau eigentlich die Bahn schon projektiert ist. 50 m nach Norden und 50 m nach Süden<br />

durfte sie verschoben werden, ohne dass man ein neues Verfahren machen muss. All das<br />

haben wir erörtert.<br />

Faulenbach da Costa (Offenbach):<br />

Sehen Sie, Herr Bickel, das war bei mir der Anlass der Nachfrage. Inzwischen gehe ich<br />

davon aus, dass möglicherweise im Rahmen der bisherigen Bearbeitung schon Lösungen<br />

gefunden wurden.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 126<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das kann durchaus sein. Aber wir werden abwarten und uns gedulden. Denn wir wollen<br />

keine Bruchstücke kriegen, die nicht aufeinander abgestimmt sind.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Herr Bickel, ich abstrahiere frei, was Sie sagten: Der Gutachter hat alles überall zu ermitteln.<br />

Das ist ein gutes Motto. Das schließt an mein Petitum zu dem Untersuchungsraum an.<br />

Wenn man den Untersuchungsraum anschaut, wirkt er schon deshalb unplausibel, weil im<br />

Bereich um die Nordwestbahn, wo die größten zusätzlichen Belastungen zu erwarten sind,<br />

der Untersuchungsraum für Tiere und Pflanzen an das Projekt am nächsten heranrückt. Das<br />

ist merkwürdig und unplausibel. Es ist insbesondere deshalb unplausibel, weil sich jenseits<br />

des Mains, auf Okrifteler und Eddersheimer Seite, zusammenhängende und auch zusam-<br />

menhängend unter Schutz gestellte Gebiete befinden. Schließlich müssten, Richtung Norden<br />

weitergehend, aus naturschutzfachlichen Gründen die Weilbacher Kiesgruben hineingehö-<br />

ren.<br />

Vielleicht kann Herr Müller-Pfannenstiel mir die Unplausibilität erklären, warum man im<br />

Südbereich, wo es nur um ein <strong>Termin</strong>al geht, ewig weit wegrückt und oben, wo die Flugzeu-<br />

ge mit Heulen – ich hätte beinahe gesagt: und Zähneknirschen – landen, so nahe heran-<br />

rückt.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Diese Frage lässt sich relativ einfach beantworten. Wir haben in der <strong>Scoping</strong>-Unterlage eine<br />

Karte, Anhang 3.20, in der alle FFH- und IBA-Gebiete dargestellt sind, für die wir eine FFH-<br />

Verträglichkeitsprüfung bzw. eine Erheblichkeitsabschätzung durchführen wollen. Dieser<br />

Karte können Sie entnehmen, dass wir über diese Untersuchungsraumabgrenzung aus der<br />

Thematik UVS heraus eine Erweiterung des Untersuchungsraums genau auf diese Gebiete<br />

vornehmen werden. Selbstverständlich, Herr Schröder, ist dann unter dem FFH- oder<br />

Vogelschutzgebietsaspekt zu berücksichtigen, ob es wesentliche Bestandteile außerhalb der<br />

Schutzgebietsgrenzen gibt, also in Richtung Norden, die einzubeziehen sind, um eine<br />

erhebliche Beeinträchtigung der dort geschützten Arten oder Lebensraumtypen beurteilen zu<br />

können.<br />

Ich bitte Sie daher, zur Beantwortung Ihrer Frage auch die Karte im Anhang 3.20 heranzu-<br />

ziehen, um die Untersuchungsraumabgrenzung vollständig beurteilen zu können.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Sie haben auf die Frage von Herrn Schröder, wieso Sie die Bereiche jenseits des Mains bei<br />

Kriftel nicht berücksichtigt haben, mit der FFH-Verträglichkeitsstudie argumentiert, aber<br />

gleichzeitig gesagt, in der UVS wird es anders gemacht. Meines Erachtens vermischen Sie<br />

hier etwas. Das zeigt sich auch dadurch, dass Sie die FFH-Prüfung, die eigentlich außerhalb


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 127<br />

der UVS stattfinden soll, schon in den Unterlagen gekennzeichnet haben. Ich weise das<br />

Regierungspräsidium darauf hin, dass die Prüfung nach FFH und die Festlegung des<br />

Untersuchungsraums nach UVS meines Erachtens strikt zu trennen sind und an dieser Stelle<br />

nicht vermengt werden können, weil es andere Anforderungen sind.<br />

Zum Zweiten, Herr Müller-Pfannenstiel, sagten Sie, Auswirkungen auf das FFH-Gebiet im<br />

Süden im Bereich Grundwasser oder Absenkung könnten nach den Ergebnissen des<br />

hydrogeologischen Gutachtens ausgeschlossen werden. Ich gehe davon aus, dass Sie auch<br />

in diesem Punkt das noch zu erstellende Gutachten meinen. Falls sich dort neue Erkenntnis-<br />

se ergeben würden, die diese Annahme widerlegen würden, gehe ich davon aus, dass Sie<br />

dann den Untersuchungsraum hinsichtlich der UVS nach Süden noch erweitern. Ist das<br />

richtig so?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Das ist richtig. Wir würden ihn erweitern, wenn wir mit dem hydrogeologischen Gutachten<br />

zum Raumordnungsverfahren nicht schon die Erkenntnisse hätten, dass wir diese Auswir-<br />

kung ausschließen können.<br />

Zur Frage der Ausdehnung über den Main hinaus möchte ich sagen, dass Sie im Bereich<br />

des Kelsterbacher Waldes aufgrund der bestehenden Zäsuren – auch der Main gehört dazu<br />

– eine Vergesellschaftung von ganz bestimmten Tierlebensgemeinschaften haben, die<br />

primär an waldgeprägte Lebensraumtypen gebunden sind. Es hat daher überhaupt keinen<br />

Sinn, aus der Beurteilung der Auswirkungen, die sich primär in den Waldbereichen auf<br />

bestimmte Tierlebensgemeinschaften beziehen und erst recht auf bestimmte Biotoptypen,<br />

den Schluss zu ziehen, der Untersuchungsraum sei bis in die von Herrn Schröder vertretene<br />

Gemeinde Hattersheim zu erweitern, weil es in der Regel keine Artengruppen geben wird,<br />

die diesen Gesamtlebensraum nutzen.<br />

Wenn es solche Artengruppen gibt – vorhin ist einmal der Schwarzmilan angesprochen<br />

worden, der im Bereich der Eddersheimer Schleuse oder auch in den Waldbereichen<br />

brütet –, werden wir das selbstverständlich im Zusammenhang mit dem Schwarzmilan bei<br />

den Populationen im Bereich Kühkopf oder auch in anderen Bereichen zu betrachten haben.<br />

Wenn es also Arten gibt, die bestimmte Teillebensräume in diesem Untersuchungsraum<br />

haben, können wir das natürlich nur im Zusammenhang mit der Auswertung von Unterlagen<br />

außerhalb dieses Raumes machen. Der Untersuchungsraum reicht aus, um die entschei-<br />

dungserheblichen Auswirkungen beurteilen zu können. Wir sehen nicht die Notwendigkeit,<br />

ihn zu erweitern oder andere Tierartengruppen zu untersuchen.<br />

Die Trennung zwischen UVS, IBA und Vogelschutzgebietsproblematik bzw. FFH haben wir<br />

in den Unterlagen strikt durchgehalten.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 128<br />

Böhm (HGON):<br />

Warum ist bei einem solchen Fachthema heute die Staatliche Vogelschutzwarte nicht<br />

vertreten?<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Die Staatliche Vogelschutzwarte hat eine Einladung zu dem <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> erhalten. Sie<br />

wissen aber auch, dass die Staatliche Vogelschutzwarte nicht nur für Hessen zuständig ist,<br />

sondern für drei Bundesländer, und im Zusammenhang mit der Vogelschutzgebietsmeldung<br />

einen Auftrag hat. Insofern hat sich Herr Dr. Werner entschuldigt. Es sind die obere Natur-<br />

schutzbehörde und die oberste Naturschutzbehörde anwesend, die kompetent sind, die<br />

naturschutzfachlichen Belange zu vertreten.<br />

RA‘in Philipp-Gerlach:<br />

Vom BUND wird eingewandt, dass der Untersuchungsraum viel zu klein abgegrenzt worden<br />

ist. Wir haben das schriftlich vorgetragen. Deswegen möchte ich meine schriftliche Stellung-<br />

nahme nicht wiederholen. Wir verweisen auch und insbesondere auf die Stellungnahme im<br />

Raumordnungsverfahren.<br />

Wir meinen, dass auf jeden Fall eine funktionale Abgrenzung der einzelnen Tiergruppen zu<br />

erfolgen hat. Was mich in diesem Zusammenhang interessiert, ist die Frage, ob Sie mit<br />

diesem Untersuchungsrahmen in der Lage sein werden, auch Populationen von Tierarten zu<br />

erfassen.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Erfassung von Populationen, Populationsbiologie, Populationsökologie, Populationsgefähr-<br />

dungsanalysen – wir alle wissen, dass das ein Fachbereich ist, der im Grunde genommen in<br />

den Kinderschuhen steckt. Aus der Sicht eines UVS-Gutachters kann es nicht unsere<br />

Aufgabe sein, hier grundlagenwissenschaftliche Studien zu betreiben, was Populationsge-<br />

fährdungsanalysen betrifft. Wenn ein Forschungsinstitut wie das Senckenberg-Institut hier<br />

entsprechende Erfassungen mit entsprechenden Methoden durchführt, fühlen wir uns als<br />

UVS-Gutachter aber relativ sicher, Abschätzungen vornehmen zu können, inwieweit der<br />

Erhaltungszustand der Population, der Metapopulationen innerhalb der durch den Flugha-<br />

fenausbau betroffenen Bereiche betroffen ist. Wir werden entsprechende Abschätzungen<br />

vornehmen, ausgehend von den Aktionsradien und Minimalarealen, und auch versuchen, mit<br />

Bezug zu den Untersuchungen von Senckenberg in Zusammenarbeit mit Senckenberg<br />

Populationsgrößen abzuschätzen.<br />

Ihre Forderung, Populationen in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu erfassen, ist einfach<br />

nicht umsetzbar. Es ist auch aus unserer Sicht einem Vorhabenträger nicht zumutbar, dass<br />

man im Rahmen eines vorhabenbezogenen Projektes Populationen von allen relevanten<br />

Artengruppen für Gesamthessen durchführt.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 129<br />

RA’in Philipp-Gerlach:<br />

Eine Nachfrage zum Senckenberg-Institut: Wir wissen aus dem Raumordnungsverfahren,<br />

dass es einen so genannten Zwischenbericht gegeben hat. Sie geben im Literaturverzeichnis<br />

zu den Unterlagen, die uns vorliegen, das Jahr 2002 als Endbericht an. Liegt dieser Endbe-<br />

richt vor bzw. wann liegt er vor? Wann ist er für den BUND einsichtbar?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Der Endbericht von Senckenberg liegt jetzt im Entwurf vor und wird in Kürze über den RP<br />

freigegeben werden. Da sind noch einige Fragen zu klären – bis hin zu dem Punkt, ob in den<br />

Karten Fundorte insbesondere der nach Bundesartenschutzverordnung geschützten Tier-<br />

und Pflanzenarten tatsächlich dargestellt werden oder nicht.<br />

RA’in Philipp-Gerlach:<br />

Kann ich jetzt davon ausgehen, dass das, was im Literaturverzeichnis unter Endbericht 2002<br />

genannt ist, als solches nicht vorliegt, sondern erst noch in diesem Jahr vorgelegt wird?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ja.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Herr Müller-Pfannenstiel, Sie sagten, Sie hielten es strikt durch, UVS einerseits und<br />

FFH/IBA-Dinge andererseits zu trennen. Auf Seite 41, wo es um die Abgrenzung des<br />

Untersuchungsraums geht, scheinen Sie doch eine Vermischung vorzunehmen, insbesonde-<br />

re wo es um den südlichen, südwestlichen, südöstlichen Bereich des Untersuchungsraums<br />

geht. Da sagen Sie, man merke schon, dass es richtig sei, weil es als FFH-Gebiet gemeldet<br />

sei usw.<br />

Mich interessiert noch etwas zur Methode. Auf Seite 43 des <strong>Scoping</strong>-Papiers steht unter 3.4<br />

zur Bestandsbewertung: „Die Bewertung erfolgt gemäß der vom Forschungsinstitut Sen-<br />

ckenberg entwickelten Methode auf der Ebene der Biotoptypen.“ Das ist in der Abstraktion<br />

gegenüber dem Gesetzeswortlaut, der einfach nur von Tieren und Pflanzen spricht, eine<br />

Steigerung um zwei Stufen. Das Biotop ist schon ein Abstraktum. Ein Bewertungsbiotop an<br />

sich gibt es nicht. Und bei Biotoptypen geht es noch einmal abstrakter zu. Diese Methode ist<br />

mir völlig unklar. Man vermutet fast schon wieder ein Synopse dahinter. Was ist die Methode<br />

Senckenberg?<br />

Frau Eising (RP Darmstadt):<br />

Ich wollte nur sagen, dass wir im Augenblick erst über den Untersuchungsraum sprechen.<br />

Herr Müller-Pfannenstiel wird gleich noch einmal die Bestandserfassung im Einzelnen<br />

darstellen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 130<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Wenn es zum Untersuchungsraum keine Meldungen mehr gibt, können wir auch zu meinem<br />

Untergliederungspunkt „Bestandserfassung und -bewertung“ übergehen. Da würde ich die<br />

wichtigsten Argumente, die vorgetragen wurden, kurz darstellen. Dann stellt Herr Müller-<br />

Pfannenstiel das kurz dar, und Sie haben Gelegenheit, konkret Ihre Nachfragen zu stellen.<br />

Zur Bestandserfassung und -bewertung wurden in den Stellungnahmen zum <strong>Scoping</strong>-Papier<br />

verschiedene Dinge vorgetragen. Zum einen seien die Bestandserfassung und auch -bewer-<br />

tung sowie ihre Methoden offen zu legen. Das, denke ich, versteht sich im Rahmen des<br />

Planfeststellungsverfahrens von selbst. Der Bannwald sei hinsichtlich seiner Qualitäten<br />

ebenfalls zu berücksichtigen. Er sei bei den geschützten Biotopen und bei den Schutzgebie-<br />

ten aufzunehmen.<br />

Die Erfassung der Biotop-Komplexe sei zur Beschreibung der Waldeigenschaften nicht<br />

geeignet. Dazu müssten zusätzlich Strukturparameter berücksichtigt werden. Als zusätzli-<br />

ches Kriterium seien die Pflanzengesellschaften zu erfassen. Die Untersuchungen seien<br />

über einen längeren Zeitraum – zwei bis drei Jahre – durchzuführen.<br />

Bei der Fauna seien das Wild, die aquatische Fauna und die Reptilien zu erfassen. Insbe-<br />

sondere seien die Arten des Anhangs 4 der FFH-Richtlinie, die Arten des Anhangs 1 der<br />

Vogelschutzrichtlinie sowie weitere besonders oder streng geschützte Arten zu berücksichti-<br />

gen. Die Bestandsbewertung sei offen zu legen.<br />

Als zusätzliche Unterlagen, die Fraport bei ihrer Auswertung berücksichtigen kann, wurden<br />

noch die Wildbewirtschaftungsunterlagen, die Forsteinrichtungswerke sowie die Be-<br />

standsaufnahmen der Stadt Kelsterbach genannt, zum Beispiel zum Bebauungsplan<br />

Mönchwald.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Zum Untersuchungsprogramm des Forschungsinstituts Senckenberg möchte ich sagen,<br />

dass das bereits Bestandteil des <strong>Scoping</strong>s zum Raumordnungsverfahren gewesen ist. Die<br />

Ergebnisse von Senckenberg sind, soweit sie vorlagen, bereits in die Ergebnisse der UVS<br />

zum Raumordnungsverfahren integriert worden.<br />

Untersucht worden sind Biotoptypen und die Vegetation. Im Rahmen dieser Vegetationser-<br />

fassung sind sowohl pflanzensoziologische Aufnahmen vorgenommen worden wie auch die<br />

Pflanzenarten erfasst worden, die über Anhang 4 der FFH-Richtlinie oder über die Bundesar-<br />

tenschutzverordnung entsprechend zu schützen sind.<br />

Herr Schröder, dass man über Biotoptypen und Vegetation das Schutzgut Pflanzen nicht<br />

abdecken kann, ist, denke ich, eine eher juristisch-akademische Diskussion. In der Praxis<br />

der Umweltverträglichkeitsstudie wird das Schutzgut Pflanzen in der Regel über Biotoptypen<br />

erfasst. Man erfasst dann zusätzlich, wie es hier auch stattgefunden hat, Pflanzengesell-


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 131<br />

schaften und bestimmte Pflanzenarten, wenn sie innerhalb der Gebiete eine besondere<br />

Bedeutung haben.<br />

Das Schutzgut Tiere wird über die hier dargestellten Artengruppen erfasst. Das sind sowohl<br />

die Groß- und Mittelsäuger wie die Kleinsäuger wie auch Fledermäuse, Vögel, Amphibien,<br />

Tagfalter, Nachtfalter, Libellen, Heuschrecken, Holzkäfer, Laufkäfer, Spinnen, Weberknechte<br />

und Reptilien. Wir kennen aus unserer Erfahrung wenig Projekte, in denen in einem derarti-<br />

gen Umfang verschiedene Tierartengruppen erfasst worden sind. Ich wiederhole mich hier<br />

noch einmal, weil Frau Ohl unter Bezug auf die Stellungnahmen angesprochen hat, dass<br />

noch weitere Tierartengruppen zu untersuchen sind.<br />

Wir sind der Meinung, dass wir mit diesen Artengruppen – auch unter Bezugnahme auf<br />

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Erforderlichkeit von Bestandserfassun-<br />

gen bzw. Kriterien für die Bestandserfassung – in der Lage sind, diese Lebensräume mit<br />

mehr als nur hinreichender Wahrscheinlichkeit entsprechend ihrer Bedeutung zu indizieren.<br />

Soll ich noch im Einzelnen auf die Erfassungsmethoden des Forschungsinstituts Sencken-<br />

berg eingehen? Ist das Diskussionsgegenstand vonseiten des Publikums? Ich kann das<br />

gerne tun. Ich weiß nur nicht, ob wir das in diesem Auditorium erschöpfend diskutieren<br />

können.<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Es wäre gut, wenn Sie nicht jedes Detail bis auf die molekularbiologische Ebene hinunter<br />

darstellten, es aber ein bisschen ausführten. Ich schlage eine mittlere Abstraktionsebene vor;<br />

das wäre noch verdaulich.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Dann mache ich das gerne. Bei den Biotoptypen ist eine flächendeckende Kartierung im<br />

gesamten Untersuchungsraum erfolgt. Dann hat eine Differenzierung stattgefunden, pflan-<br />

zensoziologische Vegetationsaufnahmen, flächendeckende Vegetationskartierung in der<br />

Kernzone, also im 200-m-Bereich um die Start- und Landebahn herum, um insbesondere<br />

auch die Lebensräume genauer erfassen zu können, die direkt durch das Vorhaben betrof-<br />

fen sind. In diesem Rahmen gab es, wie auch eben dargestellt, eine flächendeckende<br />

Erfassung der geschützten bzw. gefährdeten Pflanzenarten.<br />

Die Bewertungskriterien sind einmal die Bedeutung des Lebensraums für Pflanzen und die<br />

Bedeutung als Lebensraum für Tiere. Brennnesselfluren sind zum Beispiel sicherlich unter<br />

dem Aspekt des Lebensraums für Pflanzen nicht von besonderer Bedeutung, bilden aber ein<br />

essenzielles Habitat für Tagfalter. Deswegen gibt es hier die Differenzierung in Naturnähe,<br />

Gefährdungsgrad, Wiederherstellbarkeit und Seltenheit als klassischen Kriterien einer<br />

Biotoptypenbewertung.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 132<br />

Die Erfassungsmethoden müsste ich für die einzelnen Tierartengruppen durchgehen. Das<br />

würde sehr lange dauern. Die Tierartengruppen sind mit spezifischen Erfassungsmethoden<br />

erfasst worden, bei den Groß- und Mittelsäugern insbesondere Wildbeobachtung, Schein-<br />

werferzählungen, Schneespurensuche, bei den Kleinsäugern Gewölleanalysen, Schlagfallen<br />

und Bodenfallen, teilweise auch Telemetrierung.<br />

Bei Fledermäusen waren es Detektorerfassung und Netzfänge als typische Erfassungsme-<br />

thoden. Bei Vögeln war es eine Siedlungsdichteuntersuchung auf Probeflächen und flächen-<br />

deckende Erfassung des Artenspektrums, eine Brutbestandserfassung mit Einsatz von<br />

Klangattrappen und entsprechende Literaturauswertung, die natürlich auch über dieses<br />

Untersuchungsgebiet hinausgeht.<br />

Bei Amphibien war es die Erfassung des Artenspektrums im gesamten Untersuchungsgebiet<br />

und eine flächendeckende Kartierung aller Laichplätze.<br />

Bei Tagfaltern war es die Erfassung aller relevanten Biotopstrukturen und wiederum die<br />

Erfassung des vollständigen Artenspektrums mit entsprechenden Häufigkeitsabschätzungen,<br />

um zum Beispiel auch entsprechende Populationsdichten abschätzen zu können.<br />

Bei Nachtfaltern – Stichwort Lichtwirkung – war es die entsprechende Erfassung durch<br />

Lichtfänge oder auch Köderfänge. Bei Libellen war es entlang der potenziellen Entwick-<br />

lungsgewässer eine Arterfassung und wiederum eine Schätzung der Anzahl und Erfassung<br />

des Status der verschiedenen Libellenarten.<br />

Bei Heuschrecken waren es, wiederum gebunden an relevante Biotopstrukturen, semiquanti-<br />

tative Häufigkeitsabschätzungen und eine Erfassung des Gesamtartenspektrums. Zum<br />

Einsatz kamen Abklopfen, Käscherfänge, wiederum übliche Bestandserfassungsmethoden.<br />

Bei Holzkäfern gab es die gezielte Suche durch Handaufsammeln und das Einbringen so<br />

genannter Stammeklektoren zur Erfassung der Arten, Nachtfänge mittels Lichtfallen und<br />

entsprechende Literaturauswertung zum Vorkommen von Holzkäfern im Untersuchungs-<br />

raum.<br />

Bei Laufkäfern, Spinnen, Weberknechten gab es eine Erfassung anhand von repräsentativen<br />

Probestellen mittels Bodenfallen, Einsatz von Stammeklektoren und vereinzelte Käscherfän-<br />

ge und Handaufsammlungen.<br />

Das war das, was ich zu den Erfassungsmethoden für die verschiedenen Artengruppen<br />

sagen wollte. Zusammenfassend gebe ich die Einschätzung unsererseits wieder: Hier ist<br />

sehr umfassend kartiert worden. Wir sind in der Lage, Abschätzungen von Siedlungsdichten,<br />

von Populationsgrößen machen zu können. Wir können annähernd den Erhaltungszustand<br />

der Arten beurteilen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 133<br />

RA Dr. Schröder:<br />

Bei den springenden und hüpfenden Tieren, also bei denen, die schwer zu fangen sind,<br />

gliedern Sie nach Artenspektrum auf, nehmen das also auf. Habe ich es recht verstanden,<br />

dass bei den Pflanzen aber nur die Artengruppen ermittelt werden und das Artenspektrum<br />

innerhalb der verschiedenen Gattungen von Pflanzen, die hier vorkommen und beeinträchtigt<br />

werden, und auch ihr Gesundheitszustand, der von Art zu Art sehr verschieden sein kann,<br />

nicht aufgenommen wird? Ist hier also ein Unterschied zwischen der Erfassung hinsichtlich<br />

der Tiere in Dichte und Differenziertheit einerseits und bei den Pflanzen andererseits? Dabei<br />

nehme ich an, dass Sie die Pilze zu den Pflanzen rechnen.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Auf bestimmte Fragen, denke ich, brauche ich nicht zu antworten. Es sind Moose, Farne,<br />

Pilze entsprechend mit erfasst worden. Die Personen hier im Saal, die die Arbeiten von<br />

Senckenberg im Rahmen der Stadtbiotoptypenkartierung kennen, wissen, dass Sencken-<br />

berg sehr fein verschiedene Strukturparameter unterscheidet. Im Rahmen dieser Strukturpa-<br />

rameter werden neben der Schichtung von Waldbeständen, den Gesundheitszuständen von<br />

Waldbeständen alle relevanten Strukturparameter angesprochen.<br />

Das, was Sie mit Gattung bezeichnet haben, spiegelt sich letztendlich in pflanzensoziologi-<br />

schen Vegetationsaufnahmen wieder. Hier werden von der Artzusammensetzung her, von<br />

der Häufigkeit bestimmter Artvorkommen bestimmte Pflanzenfamilien – so nenne ich es jetzt<br />

einmal, um es allgemeinverständlich zu übersetzen – abgegrenzt. Es findet eine Zuordnung<br />

statt. Es ist die Pflanzensoziologie, die das ermöglicht, was Sie als scheinbaren Mangel<br />

erkannt haben, dass hier keine Zuordnung zu Gattungen stattfindet.<br />

Die Erfassung anhand von Biotoptypen, die Bewertung von Biotoptypen, ist eine anerkannte<br />

Methode zur Erfassung und Bewertung des Schutzgutes Pflanzen.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Ich nehme das so einmal zur Kenntnis, wenngleich die Kommentarliteratur aus rechtlicher<br />

Sicht etwas anderes sagt. Ich bin andererseits natürlich auch beeindruckt, was man alles<br />

machen kann. Ich finde das phänomenal. Leider verstehe ich von diesen biologischen<br />

Dingen nicht so viel. Das wäre vielleicht etwas für die Zeit nach der Pensionierung.<br />

Zum Thema Biotoptypen bei den Pflanzen und Begrifflichkeiten nach § 2 Abs. 1 UVPG<br />

müssen wir jetzt nichts weiter ausführen. Da bestehen einfach unterschiedliche Auffassun-<br />

gen, die sicherlich aus rechtlicher oder biologischer Sichtweise begründet sind.<br />

Sie haben die Biotoptypenkartierung der Stadt Frankfurt zugrunde gelegt, wie ich den<br />

Unterlagen entnehmen konnte. Inwieweit ist die hier repräsentativ? Kann sie hier überhaupt<br />

als Einstufungsmaßstab genommen werden? Oder hat sie nicht irgendwelche speziellen<br />

Ausrichtungen, weil sie ja für die Stadt Frankfurt gemacht wurde?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 134<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Sie ist insofern mehr als nur repräsentativ, als sich das, was sich hinter dem Begriff „Stadtbi-<br />

otopkartierung“ verbirgt, natürlich auch auf den gesamten Frankfurter Stadtwald bezieht.<br />

Repräsentativ ist sie insbesondere deswegen, weil es ein spezifischer Biotoptypenschlüssel<br />

ist, der von Senckenberg für den Stadtwald entwickelt worden ist. Hier sind sehr ähnliche<br />

Strukturen wie im Umfeld des Flughafens vorhanden, sodass dieser Biotoptypenschlüssel in<br />

der Lage ist, auf diesen Untersuchungsraum abgestellt spezifischere Differenzierungen<br />

vornehmen zu können, als wenn Senckenberg damals den hessischen Biotoptypenschlüssel<br />

herangezogen hätte. Das bietet uns ein Mehr an Differenzierung, zurückgehend auf die<br />

jahrelangen Arbeiten vom Forschungsinstitut Senckenberg in den Wäldern um Frankfurt<br />

herum.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Dann hatten Sie in einem Sternchen-Verweis zu einer Tabelle auf Untersuchungen, auch<br />

von Senckenberg, Bezug genommen. Ich gehe davon aus, dass die Fundstellen in den<br />

Unterlagen, die Sie erstellen, konkreter ausgeführt werden, weil das momentan noch fehlt.<br />

Zur Thematik der Biotope wäre vielleicht noch ein Argument, dass man nach § 30 BNatSchG<br />

den Begriff „Biotop“ kennt und das schon eine Bewertung voraussetzt. Jetzt weiß ich nicht,<br />

wie man damit umgehen kann, weil wir immer sagen, der Bestand und die Bewertung sollten<br />

getrennt werden, bzw. alles, was Bewertung ist, ist nur ein Vorschlag, das andere aber<br />

notwendiger Bestandteil der Unterlagen. Das ist für mich etwas unklar.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Die hessische Ausgleichsabgabenverordnung, die AAV, spricht von Biotop- und Nutzungsty-<br />

pen. Der Biotopbegriff, wie ihn Herr Müller-Pfannenstiel oder auch die Stadtbiotopkartierung<br />

der Stadt Frankfurt gebraucht, sagt nichts über die Schutzwürdigkeit des Biotops. Vielleicht<br />

ist es sinnvoller, hier den Begriff der AAV zu gebrauchen: Biotop- und Nutzungstypen.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Also aus juristischer Sicht „Biotop“ im untechnischen Sinne.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Ja – nicht wertend.<br />

Battefeld (HMULV):<br />

§ 30 BNatSchG nimmt die Unterscheidung vor, dass es sich um gesetzlich geschützte<br />

Biotope handelt. Das heißt, die Unterscheidung von den sonstigen Biotopen wird hier durch<br />

das Attribut des gesetzlichen Schutzes hervorgehoben. Allgemein ist der Begriff des Biotops<br />

darüber hinaus durchaus auch für andere Biotope anwendbar.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 135<br />

RA Baumann:<br />

Die Untersuchung des Senckenberg-Instituts hatte sich im Raumordnungsverfahren nur auf<br />

einen Teil des Gebietes bezogen. Ist jetzt die Untersuchung fortgeschrieben, sodass der<br />

gesamte Untersuchungsraum abgedeckt ist, den wir im Raumordnungsverfahren angefordert<br />

hatten?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Es gab im Zuge der Kartierung, die dann Grundlage zum Raumordnungsverfahren war, wie<br />

Sie wissen, Auseinandersetzungen um die Betretung der Grundstücke. Den Mangel, den wir<br />

damals hatten, haben wir durch verschiedene andere Methoden aufgefangen. Im Zuge der<br />

UVS zum Planfeststellungsverfahren werden wir eine flächendeckende Erfassung im<br />

Geländer zugrunde legen können.<br />

RA Baumann:<br />

Darf ich daraus schließen, Herr Müller-Pfannenstiel, dass Sie selbst jetzt die Untersuchun-<br />

gen durchführen und dass es nicht vom Senckenberg-Institut gemacht worden ist?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Es gibt selbstverständlich eine Kontinuität in der Erfassung durch das Senckenberg-Institut.<br />

RA Baumann:<br />

Was heißt „Kontinuität“?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Senckenberg macht es.<br />

RA Baumann:<br />

Das ist ein Wort. Ich bedanke mich. Herr Amann, Ihre direkte Diktion hat mir während des<br />

gesamten <strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong>s sehr gut gefallen. Man wusste immer, woran man ist.<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Bitte.<br />

RA Baumann:<br />

Wir hatten während des Erörterungstermins zum Raumordnungsverfahren moniert, dass die<br />

Gebiete Rüsselsheimer Wald, Wald bei Walldorf und der Kelsterbacher Wald sowie der<br />

Schwanheimer Wald nicht berücksichtigt worden sind. Sind diese Bereiche jetzt alle um-<br />

fasst?<br />

Amann (Vorhabensträgerin):<br />

Ja.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 136<br />

RA Baumann:<br />

Sehen Sie es auch so, Herr Müller-Pfannenstiel?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ja, Herr Amann hat Recht.<br />

RA Baumann:<br />

Danke. – Was den Bannwald angeht, ist mir nicht ganz klar geworden, welche Untersuchun-<br />

gen da durchgeführt werden. Wie stellen Sie die Funktionalität unter dem Gesichtspunkt des<br />

§ 22 des Forstgesetzes fest?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ich verstehe unter Funktionalität aus naturschutzfachlicher Sicht, dass wir Biotoptypen bzw.<br />

Tierartengruppen innerhalb bestimmter Tierlebensgemeinschaften erfassen, die an bestimm-<br />

te Biotopstrukturen und bestimmte Habitatstrukturen gebunden sind. Wir sind der Meinung,<br />

dass sich das im Bereich der Landebahn Nordwest an den Gebietsgrenzen des Waldes<br />

festmacht, umrahmt von den Zerschneidungslinien der A 3, der ICE-Strecke, der B 43 und<br />

des Mains. Im Süden ist es der Funktionsraum Mark- und Gundwald.<br />

Der Bannwald ist für uns eine gesetzlich normative Inwertsetzung von bestimmten Waldbe-<br />

reichen. Die Auffassung, dass aus dem Status Bannwald heraus spezifische Erfassungsnot-<br />

wendigkeiten abzuleiten sind, teilen wir nicht. Im Bereich der Umweltverträglichkeitsstudie<br />

werden wir uns unter dem Schutzgut Wechselwirkungen – dabei wird sicherlich noch die<br />

Aufhebung der Bannwaldverordnung zu diskutieren sein – mit dem Bannwald auseinander<br />

setzen – Bannwald mit seinen verschiedenen Funktionen im Naturhaushalt; auch für den<br />

Menschen ist die Lärm- und Sichtschutzfunktion angesprochen worden, aber nicht unter dem<br />

Thema Tiere und Pflanzen.<br />

RA Baumann:<br />

Darf ich das so verstehen, dass Ihr Ansatz, die Funktionalität zu untersuchen, auch zu den<br />

Gesichtspunkten Klima, Wasserhaushalt, Bodenschutz und Luftreinigung in Beziehung<br />

steht?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Es ist so, wie Sie sagen, Herr Baumann. Deswegen haben wir auch die Betrachtung des<br />

Themas Bannwald unter dem Aspekt der Wechselwirkungen vorgenommen.<br />

RA Baumann:<br />

Gut. – Das ist im Rahmen des jetzt diskutierten Tagesordnungspunktes Tiere und Pflanzen,<br />

wird aber auch ansonsten generell so abgehandelt?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 137<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Wald ist kein eigenes Thema, sondern kommt überall immer wieder vor.<br />

RA Baumann:<br />

Zumindest in Ihrer Tagesordnung ist es kein eigenes Thema.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das hat seinen Grund. Es ist auch kein eigenes Rechtsgut, das geschützt wird, sondern es<br />

ist immer „im Zusammenhang mit“ geschützt.<br />

RA Baumann:<br />

Ich weiß es, weil es im UVPG so steht.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Eben. Deswegen haben wir es auch so gemacht.<br />

RA Baumann:<br />

Was sich hinter den Begrifflichkeiten verbirgt, ist natürlich die nächste Frage. Wir kennen ja<br />

die verschiedenen Auslegungsmethoden. Hier wäre es vom Schutzzweck her natürlich ein<br />

wichtiger Punkt, weil es sich auch um Überschneidungen mit anderen gesetzlichen Vorschrif-<br />

ten handelt.<br />

RA’in Philipp-Gerlach:<br />

Ich habe zwei konkrete Nachfragen zu Seite 40 der Unterlagen. Dort wird unter Ziffer 3.1 im<br />

fünften und sechsten Spiegelstrich davon gesprochen, dass die Planfeststellungsunterlagen<br />

eine konkretisierte Methodik zur Ermittlung der Umweltauswirkungen beinhalten, insbeson-<br />

dere bei den indirekten Beeinträchtigungen. Was für eine konkretisierte Methode ist das?<br />

Im sechsten Spiegelstrich wird von zwischenzeitlichen Bestandsveränderungen geredet, die<br />

aktualisiert sind. Welche Bestandsveränderungen gibt es im Untersuchungsgebiet? Worauf<br />

sind sie zurückzuführen?<br />

Herold (Vorhabensträgerin):<br />

Auf Ihre Frage bezüglich der konkretisierten Prognosemethode möchte ich sagen, dass Herr<br />

Dr. Baader unter dem Thema „Allgemeine Methodik“ ein Beispiel gebracht hat, was darunter<br />

zu verstehen ist. Wir können jetzt mit der konkretisierten, detaillierten technischen Planung<br />

auch die Wirkfaktoren nach Wirkintensitäten besser einschätzen. Ein Beispiel hat Herr<br />

Dr. Baader bezüglich der Maßnahmen zur Hindernisfreiheit gebracht. Da kommen wir viel<br />

genauer und feiner an die Wirkfaktoren heran und können die Prognosemethode entspre-<br />

chend feiner machen.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 138<br />

Der zweite Punkt waren die eingetretenen Veränderungen. Dieser Absatz bezieht sich<br />

letztendlich auf einen Punkt, der vorhin schon angesprochen wurde. Zur Raumordnung hatte<br />

das Forschungsinstitut Senckenberg das Problem, dass wir aufgrund des Betretungsverbo-<br />

tes bei manchen Teilbereichen mit Luftbildinterpretationen arbeiten mussten. Mittlerweile ist<br />

das Betretungsverbot aufgehoben worden, und es konnte vollständig nachkartiert werden,<br />

sodass die Veränderungen, die gegenüber älteren Luftbildern zum Ist-Zustand eingetreten<br />

sind, jetzt konkret erfasst werden können.<br />

RA’in Philipp-Gerlach:<br />

Das habe ich natürlich nicht gemeint. Das wurde nämlich vorhin schon erläutert. Das hatte<br />

ich auch so verstanden. Hier ist ein Nebensatz im sechsten Spiegelstrich, in dem es heißt:<br />

„zwischenzeitliche Bestandsveränderungen“. Darunter verstehe ich, dass es eine Änderung<br />

im Bestand gibt, dass dort also vielleicht ein Waldbereich zum Acker gemacht wurde. Ich<br />

weiß nicht, was darunter verstanden wird; deswegen frage ich nach.<br />

Herold (Vorhabensträgerin):<br />

Wenn Sie mit Luftbildinterpretationen arbeiten, haben die Luftbilder natürlich immer ein<br />

gewisses älteres Datum. Sie haben nie die Möglichkeit, genaue aktuelle Luftbilder zu haben,<br />

sodass vom Zeitpunkt der Aufnahme des Luftbildes bis zum jetzigen Zustand natürlich<br />

Veränderungen eingetreten sein können. Dieser Umstand ist hiermit gemeint.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Das dürfte doch eigentlich gar nicht relevant sein, weil Sie diese Bestandsänderung jetzt in<br />

der Fläche erfasst haben. Ich hätte das dann auch eher so verstanden, dass Sie zum<br />

Beispiel bei den Flächen im Stadtwald Frankfurt vielleicht noch einmal draußen in der Fläche<br />

waren.<br />

Herold (Vorhabensträgerin):<br />

So ist es auch zu verstehen. Das ist jetzt flächendeckend alles in der Fläche, vor Ort kartiert<br />

worden.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Jetzt kommt das Thema Auswirkungen.<br />

Frau Ohl (RP Darmstadt):<br />

Bezüglich der zu untersuchenden Auswirkungen wurden noch Auswirkungen angemahnt, die<br />

zu untersuchen seien und die der Fraport-Gutachter in seinem Untersuchungsprogramm so<br />

nicht vorgesehen hat. Das waren unter anderem Veränderungen der Geländemorphologie,<br />

temporäre visuelle Auswirkungen, temporäre Einleitungen, Schadstoffeinträge, Vergrä-<br />

mungsmaßnahmen, Grundwasserhaltungsmaßnahmen, Eingriffe ins Grundwasser, struktu-<br />

relle Veränderungen von Oberflächengewässern, Maßnahmen zur Hindernisfreiheit, Zer-


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 139<br />

schneidungs- und Verinselungseffekte, Randschäden sowie die Stadien des Baugesche-<br />

hens.<br />

Vielleicht geben wir Fraport noch einmal Gelegenheit, ihre Auswirkungskategorien zu<br />

erläutern und darzulegen, warum bestimmte Auswirkungen aus ihrer Sicht relevant sind und<br />

warum andere nicht relevant sind.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Aber Grundwasser und Oberflächenwasser lassen wir im Augenblick draußen.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Hier sehen Sie die Kategorisierung nach anlage-, bau- und betriebsbedingten Wirkungen<br />

und den Verlust durch Flächeninanspruchnahme von Biotopen, Biotoptypen, differenziert<br />

nach den geschützten Biotoptypen nach § 15 d bzw. § 30 BNatSchG, die Inanspruchnahme<br />

von verschiedenen Schutzgebietskategorien und Lebensraumtypen bzw. Pflanzenarten nach<br />

Anhang 1 und Anhang 4 der FFH-Richtlinie und von Bereichen von besonderer Eignung für<br />

künftige Maßnahmen des Naturschutzes als fachplanerischer Gebietskategorie.<br />

Neben dem Verlust durch die direkte Flächeninanspruchnahme gibt es den Funktionsverlust<br />

und die Beeinträchtigung durch Waldrandeffekte, das heißt durch den Anschnitt von Wäldern<br />

bzw. durch Maßnahmen zur Hindernisfreiheit, und wiederum die Betroffenheit der eben<br />

genannten Funktionsausprägungen bzw. gesetzlichen und fachplanerischen Gebietskatego-<br />

rien.<br />

Daneben haben wir den Funktionsverlust und die Beeinträchtigung durch Grundwasserbe-<br />

standsveränderungen oder Einleitung in Oberflächengewässer, den Funktionsverlust und die<br />

Beeinträchtigung durch Verinselung von Lebensräumen für Pflanzen und Tiere sowie den<br />

Funktionsverlust und die Beeinträchtigung durch Schadstoffeintrag, Grundwasserstandsän-<br />

derung oder Einleitung in Oberflächengewässer durch betriebsbedingte Auswirkungen.<br />

Den gleichen Komplex haben wir unter baubedingten Beeinträchtigungen, wiederum durch<br />

die temporäre Flächeninanspruchnahme bzw. durch temporäre Schadstoffeinträge, Verände-<br />

rung des Grundwasserstandes oder Einleitung in Oberflächengewässer.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Mir geht es um die Auswirkungsprognose, vor allem für den Prognosenullfall 2015. Da<br />

interessiert mich, wie Sie diese Prognose machen möchten, weil man Populationen oder<br />

Entwicklungen nicht so richtig über 15 Jahre vorhersehen kann. Wie möchten Sie das<br />

machen?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 140<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir können hier letztendlich nur auf der Grundlage vorhandener Daten eine Abschätzung der<br />

Bestandsentwicklung vornehmen. Hier wird man sicherlich auf längere Zeitreihen von<br />

Untersuchungen im NSG Mönchbruch oder auf entsprechende Analysen zur Entwicklung<br />

von Populationen in anderen Gebieten zurückgreifen können. Wie gesagt, das wird primär<br />

über Analogieschlüsse erfolgen. Was die Entwicklung von Tierpopulationen, von Siedlungs-<br />

dichten betrifft, wird es sicherlich auch in einen hessen- oder bundesweiten Trend der<br />

Entwicklung von bestimmten Arten einzubetten sein, weil wir wissen, dass wir für verschie-<br />

dene Artengruppen derzeit ganz unterschiedliche Entwicklungstendenzen haben. Hätten wir<br />

vor fünf bis zehn Jahren über die Entwicklung von bestimmten Fledermauspopulationen<br />

gesprochen, hätte man rückläufige Bestandstrends festgestellt. All das wird in die Frage<br />

einbezogen, wie sich die Populationen im Untersuchungsraum entwickeln.<br />

Daneben gibt es, ausgehend von den Status-quo-Prognosen, in den Lärm- bzw. Schadstoff-<br />

gutachten den Versuch, diese Entwicklung im Status quo für den Prognosenullfall 2015<br />

fortzuschreiben, um die Frage beantworten zu können, ob es bestimmte Strukturverände-<br />

rungen in den Biotoptypen gibt und ob es durch zusätzliche Verlärmung eine Veränderung<br />

von Lebensräumen gibt. Das wird eine szenarienhafte Prognose sein müssen, wie sich der<br />

Ist-Zustand zum Prognosenullfall 2015 verändert.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Wir haben schon eingangs heftig darüber diskutiert, welche Vergleichsmaßstäbe anzuwen-<br />

den sind, also Ist-Zustand, Prognosenullfall, Planungsfall. Ich möchte das nicht wiederholen.<br />

Ich denke aber, dass das Beispiel des Versuches, den Prognosenullfall 2015 bei den Tieren<br />

und Pflanzen in den Griff zu bekommen, schon zeigt, dass dieser Maßstab nicht als Ver-<br />

gleichsmaßstab geeignet ist. Dass Analogieschlüsse gezogen werden müssen, was in<br />

anderen Gebieten alles einbezogen wird, und auch die Notwendigkeit von Vergleichsberech-<br />

nungen, Erfahrungen und einer Literaturauswertung zeigt, wie relativ unsicher diese Progno-<br />

se sein wird.<br />

Ich denke, dass die Prognose des Planungsfalles, da hier tatsächlich Wald gerodet werden<br />

muss, sehr viel klarer den Unterschied hinsichtlich Tiere und Pflanzen darstellt, als es der<br />

Prognosenullfall kann. Deshalb richte ich mein Petitum an das Regierungspräsidium, bei der<br />

Bewertung und bei der Auswirkungserfassung für Tiere und Pflanzen im Prognosenullfall<br />

2015 diesen nicht als Vergleichsmaßstab zum Ist-Zustand zugrunde zu legen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Das ist eine Frage, wie man das Gutachten, wenn es vorgelegt wird, gewichtet und welche<br />

Bedeutung man ihm beimisst. Das ist ja wie beim Gerichtsverfahren auch.<br />

Zweitens möchte ich fragen: Wie wollen Sie eigentlich nach 15 Jahren auch im Planungsfall<br />

die Populationen prognostizieren? Da ist ja die gleiche Unsicherheit. Um die Startbahn West


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 141<br />

ging es in den 80er-Jahren. Meinen Sie, Sie hätten damals sagen können, was heute links<br />

und rechts der Startbahn West ist?<br />

Wir wollen natürlich alles so gut prognostizieren und prognostizieren lassen, wie wir können.<br />

Wir sollten uns nur davor hüten, zu meinen, wir hätten da eine Präzision oder eine Voraus-<br />

schau, die über den Kaffeesatz sehr weit hinausgeht. Wir müssen einfach mit dem leben,<br />

was wir kriegen.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Herr Bickel, ich bin insoweit völlig Ihrer Meinung. Ich denke aber, es ist hinsichtlich der<br />

Auswirkungen und der Prognose ein Unterschied, ob ich den Kelsterbacher Wald in einem<br />

Fall noch als existent, als vorhanden beurteile und dann frage, wie er 2015 aussieht. Es ist<br />

sicherlich schwieriger, diesen Fall zu erfassen – ich spreche nicht von hundertprozentiger<br />

Sicherheit –, als den Fall, in dem der Kelsterbacher Wald gerodet ist. Denn da brauche ich<br />

mir über die Entwicklung der Tiere und Pflanzen in dem betroffenen Gebiet keine großen<br />

Gedanken mehr zu machen. Das heißt, dieser Vergleichsmaßstab ist wesentlich präziser als<br />

im Prognosenullfall.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

In diesem Punkt haben Sie Recht. Aber wenn Sie zum Beispiel Hindernisfreiheitsbereiche<br />

nehmen, wo vorher Wald ist und jetzt nur noch Verstrauchungen sind, dürfte es auch nicht<br />

einfach sein, zu prognostizieren, wer sich da ansiedelt. Natürlich: Wo Beton ist, ist niemand.<br />

Das ist klar. Aber das ist ja nicht das Problem. Dafür brauche ich keinen Gutachter. Aber für<br />

das, was drum herum ist. Um zu prognostizieren, wie sich das entwickelt, was die Vögel<br />

dazu meinen, wenn 10 m neben dem berühmten Weiher des Herrn Faulenbach da Costa<br />

eine Maschine startet, ob die sich vergrämen lassen oder nicht, dazu brauchen Sie Vogel-<br />

psychologie.<br />

Ich möchte damit nur sagen: Wir dürfen nicht zu gutachtengläubig sein, sondern wir müssen<br />

unsere Entscheidungen im Bewusstsein der Tatsache, dass wir nicht wissen, was kommt,<br />

plausibel machen. Das ist so. Damit ist, glaube ich, diese Frage geklärt.<br />

Heldmaier (Hanau):<br />

Ich habe eine Nachfrage zur Hindernisfreiheit. Wie viel Meter stören da? Wie groß ist die<br />

Fläche, die da bearbeitet werden muss? Es muss ja nicht gleich heißen, dass sie gerodet<br />

wird.<br />

Ist Herrn Müller-Pfannenstiel bekannt, dass es in Hamburg den Begriff der Niendorfer Bäume<br />

gibt? Da konnte durch einen Schwellenversatz das Abholen dieser Bäume vermieden<br />

werden. Ich möchte nur daran erinnern, dass 10 m Hindernisfreiheit, die stören, ungefähr<br />

einen Schwellenversatz von 180 m bedeuten. Bei 2.800 m wäre auch daran zu denken,<br />

wenn es sich hier um wesentliche Eingriffe handeln würde.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 142<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Im Sinne des Vermeidungs- und Minimierungsgebots werden wir die Möglichkeiten der<br />

Hindernisrichtlinie ausnutzen, die zu einer Vermeidung von Eingriffen in Waldbestände durch<br />

diese Hindernisrichtlinie führen. Das wird sich dann nur von Bestand zu Bestand klären<br />

lassen. Das können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht machen. Aber es ist auch aus natur-<br />

schutzfachlicher Sicht sicherlich ein wichtiger Hinweis.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Herr Müller-Pfannenstiel, Sie sprachen gerade auch bei der Bewertung von den Waldan-<br />

schnitten. Wie nehmen Sie die Wirktiefe nunmehr an? Wir haben schon einmal hinreichend<br />

diskutiert, ob wir 100 oder 300 m annehmen. Das wurde mit der Forstgeschichte diskutiert.<br />

Was nehmen Sie bei frischem Waldanschnitt, den Sie ja produzieren, an, wie tief die<br />

Auswirkungen in den Wald hineingehen? Soweit ich mich entsinne, haben Sie bisher immer<br />

massiv 100 m vertreten, und da sind die Auswirkungen vorbei.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Welchen Ansatz wir dort von der Meterzahl wählen, kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt<br />

nicht sagen. Wir versuchen, mit Bezug zur Startbahn 18 West diese Aussage von uns mit<br />

100 m bzw. die andere Extremposition mit 300 m zu validieren und unsere Prognoseaussa-<br />

gen abzusichern. Die Antwort wäre: zwischen 100 und 300 m.<br />

Aus unserer Sicht ist ganz wichtig, die Exposition bzw. Inklination mit zu betrachten, sodass<br />

wir in der konkreten Prognose gegenüber dem Raumordnungsverfahren insofern eine<br />

Modifizierung bekommen werden, als wir je nach Exposition und Inklination mit unterschied-<br />

lichen Wirkbändern arbeiten werden.<br />

Gessenich (Offenbach):<br />

Das heißt, Sie werden im Rahmen der UVS keinen einheitlichen Ring machen und sagen,<br />

ich nehme einmal an, dass wir 250 oder 300 oder was auch immer haben, sondern Sie<br />

werden das sehr differenziert – – Okay.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Hat jemand dazu noch eine Frage? – Das ist nicht der Fall.<br />

Frau Eising (RP Darmstadt):<br />

Dann kommen wir zum Thema FFH. Die Fraport hat den Unterlagen ein eigenes Programm<br />

für die FFH-Verträglichkeitsstudie beigefügt, was alles untersucht werden soll. Jetzt möchte<br />

ich Sie bitten, diesbezüglich Anregungen kundzutun.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 143<br />

RA’in Fridrich:<br />

Ich habe eine Frage zu Begrifflichkeiten, die in der Karte in Anhang 3.20 enthalten sind. Was<br />

ist denn bitte ein „weiteres potenzielles FFH-Gebiet“?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ein „weiteres potenzielles FFH-Gebiet“ ist ein Gebiet, das die Kriterien des Anhangs 3 der<br />

FFH-Richtlinie erfüllt. Für diese weiteren potenziellen FFH-Gebiete ist zu entscheiden, ob mit<br />

Bezug auf die Ergebnisse der Potsdamer Konferenz das Land Hessen diese oder andere<br />

Gebiete entsprechend der vorkommenden Lebensraumtypen oder Arten nachmelden muss<br />

oder nicht. Das ist ein Hinweis von uns Fachgutachtern – hier sind die Anforderungen des<br />

Anhangs 3 erfüllt – an die Fachbehörde, darüber zu entscheiden, ob dieses Gebiet melde-<br />

pflichtig ist.<br />

RA’in Fridrich:<br />

Wie wollen Sie dann mit diesem Punkt in der FFH-Verträglichkeitsprüfung umgehen? Sagen<br />

Sie, wir unterstellen als Gutachter, das sei ein Gebiet, oder sagen Sie, wir prüfen es nicht<br />

und gehen nicht davon aus, dass es ein nach FFH zu meldendes Gebiet ist?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Wir werden für den Kelsterbacher Wald ein Als-ob-Verfahren durchführen. Wir gehen davon<br />

aus, dass es ein potenzielles FFH-Gebiet ist. Es erfüllt für verschiedene Lebensraumtypen<br />

und Anhangarten die Kriterien des Anhangs 3. Es kommen keine prioritären Arten vor. Die<br />

Frage ist dann, ob es dem Regime der Art. 6.3, 6.4 der FFH-Richtlinie unterliegt oder ob<br />

hier das primärrechtliche Verschlechterungsverbot gilt, das heißt ob die Meldewürdigkeit<br />

erhalten bleiben muss. Das ist letzten Endes die Frage, die sich am Status des Gebietes<br />

festmachen wird.<br />

Ob der behördliche Naturschutz oder das Land Hessen bis zu diesem Zeitpunkt über die<br />

Nachmeldung dieser Gebiete entschieden hat, wird sich dann zeigen. Wir gehen jedenfalls<br />

davon aus, dass es ein potenzielles FFH-Gebiet ist, und so werden wir es auch behandeln.<br />

RA Schmitz:<br />

Ich gehe davon aus, dass Sie keinen Einführungsvortrag zum Thema FFH halten, wie Sie es<br />

bisher gemacht haben. Ich habe die Definition für ein „weiteres potenzielles FFH-Gebiet“<br />

gehört. Jetzt wollte ich fragen, was ein potenzielles FFH-Gebiet ist.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Ich denke, das Bundesverwaltungsgericht hat hinreichend definiert, was ein potenzielles<br />

FFH-Gebiet ist. Das wissen Sie als Jurist besser als ich.


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 144<br />

RA Schmitz:<br />

Ja, gut. Jetzt haben Sie mir natürlich eine Steilvorlage geliefert. Dann könnte ich Sie natür-<br />

lich fragen, was der Unterschied zwischen einem gemeldeten und einem potenziellen FFH-<br />

Gebiet ist.<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Nach Gellermann gibt es keinen Unterschied zwischen einem gemeldeten und einem<br />

potenziellen FFH-Gebiet. Nur ist der Status insofern ein anderer, als es sich sicherlich im<br />

Sinne der Rechtssicherheit empfiehlt, für gemeldete Gebiete Art. 6.3 und 6.4 der FFH-<br />

Richtlinie anzuwenden, wohingegen sich bei potenziellen Gebieten die Frage stellt, ob man<br />

nicht Art. 10 des EU-Vertrages zugrunde legt. Darin sehe ich den Unterschied.<br />

RA Schmitz:<br />

Ich will mich jetzt nicht über die rechtliche Einordnung streiten. Das ist in Ordnung.<br />

RA’in Philipp-Gerlach:<br />

Ich möchte noch einmal die Unterscheidung zwischen potenziellem und weiterem potenziel-<br />

len FFH-Gebiet wissen. Denn die Definition, die Sie uns eben gegeben haben, ist meiner<br />

Ansicht die, die von der Rechtsprechung entwickelt wurde. Das einzige Kriterium, das fehlt,<br />

ist, dass es von der Behörde als solches schon benannt worden ist. Aber ansonsten ent-<br />

spricht das, was Sie uns eben an Definition gegeben haben, doch dem eines potenziellen<br />

FFH-Gebiets. Wo sehen Sie den graduellen Unterschied?<br />

Müller-Pfannenstiel (Vorhabensträgerin):<br />

Der graduelle Unterschied liegt genau in dem, Frau Philipp-Gerlach, was Sie gerade ange-<br />

sprochen haben, dass für den Kelsterbacher Wald, den Schwanheimer Wald und den Mark-<br />

und Gundwald das Regierungspräsidium Darmstadt den Status eines potenziellen FFH-<br />

Gebietes benannt hat und zu entscheiden ist, ob im Zuge der Nachmeldung des Landes<br />

Hessen, der Umsetzung der Anforderungen der Potsdamer Konferenz diese Gebiete<br />

nachzumelden sind oder nicht. Das liegt bisher in dieser Form für den Rüsselsheimer Wald<br />

nicht vor, sodass wir versucht haben, in dieser Kategorisierung eine Differenzierung auch<br />

dahingehend vorzunehmen, dass wir zum Beispiel der Meinung sind, dass die Bereiche des<br />

Rüsselsheimer Waldes oder auch Teile der Heidelandschaft durch das Ausbauvorhaben<br />

nicht erheblich beeinträchtigt werden, sodass wir auch für diese Bereiche nicht vorsehen,<br />

eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchzuführen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Ist damit die Frage beantwortet?


Regierungspräsidium Darmstadt – Projektgruppe Flughafen<br />

<strong>Scoping</strong>-<strong>Termin</strong> am 10.04.2003 Seite 145<br />

RA’in Philipp-Gerlach:<br />

Für mich ist die Frage nicht ausreichend beantwortet. Aber ich möchte sie hier auch nicht<br />

weiter diskutiert haben. Ich habe keine weiteren Fragen.<br />

Verhandlungsleiter Bickel:<br />

Gut, danke. Bei uns gibt es auch keine Fragen mehr. Dann können wir das Thema „Schutzgut<br />

Tiere und Pflanzen“ abschließen. Das ist schön.<br />

Wir können jetzt natürlich für heute Schluss machen, aber nur, wenn Herr Baumann mir<br />

verspricht, dass er für Montag kein Thema hat.<br />

(Heiterkeit)<br />

Sonst bin ich hart. Er wird jetzt hier zum Buhmann gemacht.<br />

Wir haben für den Freitag die Kompensationsmaßnahmen an den Anfang gesetzt. Danach<br />

geht es weiter mit dem Schutzgut Boden.<br />

Ich schließe hiermit im allgemeinen Einvernehmen für heute die Sitzung. Ich wünsche uns<br />

allen, dass wir morgen die restlichen Punkte noch abhandeln können – und wenn es bis<br />

Mitternacht dauert.<br />

(Schluss: 19.32 Uhr)

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