der gemeinderat September 2020
Unsere Themen in der September-Ausgabe: Digitalisierung in den Kommunen, Rathaus 4.0, Energieversorgung, Bevölkerungswarnung und Katastrophenschutz.
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Wirtschaft & Finanzen<br />
Energieversorgung<br />
Wirtschaft & Finanzen<br />
Stromspeicher<br />
Energie nach Bedarf<br />
mend grün: Biogenes Flüssiggas, das sich<br />
aus Biomasse wie tierischen und pflanzlichen<br />
Rest- und Abfallstoffen gewinnen<br />
lässt, reduziert die Treibhausgasemissionen<br />
von LPG noch einmal um bis zu<br />
90 %. Bio-LPG wird seit 2018 im deutschen<br />
Wärmemarkt genutzt.<br />
Speichertechnologien spielen eine entscheidende Rolle in <strong>der</strong> Energiewende. In<br />
einem Pilotprojekt in Großrettbach werden die Einsatzmöglichkeiten eines<br />
Batteriespeichers untersucht: Regelenergie bereitstellen, die Frequenz im Netz<br />
stützen, Leistungsspitzen reduzieren.<br />
240-kWh-Batteriespeicher in Großrettbach: Die Teag untersucht, inwieweit diese Speichergröße<br />
ausreicht, um Schwankungen im Stromnetz auszugleichen.<br />
Foto: TEAG<br />
Die Produktion von Ökostrom in<br />
Deutschland erreicht Höchststände.<br />
Das Problem: Der erzeugte<br />
Strom kann ohne ausreichende Speichermöglichkeiten<br />
nicht vollständig genutzt<br />
werden. Außerdem sorgen erneuerbare<br />
Energien wie Fotovoltaik o<strong>der</strong> Windkraft<br />
für Schwankungen im Stromnetz. Diese<br />
sogenannte Volatilität stellt für Netzbetreiber<br />
eine enorme Herausfor<strong>der</strong>ung dar.<br />
Dezentrale Batteriespeicher können einen<br />
wichtigen Beitrag leisten, um Regelenergie<br />
bereitzustellen und die Frequenz<br />
im Netz zu stützen o<strong>der</strong> um Leistungsspitzen<br />
zu reduzieren und somit den kabelgebundenen<br />
Netzausbau zu vermeiden.<br />
Einen solchen sogenannten netzdienlichen<br />
Stromspeicher testen das Versorgungsunternehmen<br />
Thüringer Energie<br />
(Teag) und seine Tochterunternehmen<br />
Thüringer Energienetze (Ten) und Komsolar<br />
in einem Gemeinschaftsprojekt in<br />
Großrettbach (Landkreis Gotha). Großrettbach<br />
ist <strong>der</strong> ideale Standort für dieses Pilotprojekt,<br />
weil die zahlreichen Fotovoltaikanlagen<br />
zu Spitzenzeiten mehr grünen<br />
Strom ins Ortsnetz einspeisen, als zur<br />
gleichen Zeit benötigt wird.<br />
Ohne Speicher wird überschüssiger Solarstrom<br />
über den Ortsnetztransformator<br />
zurück in das Mittelspannungsnetz gespeist<br />
und weiter verteilt. Die Rückspeisung<br />
vermin<strong>der</strong>t die Aufnahmekapazität<br />
für weitere Erzeugungsanlagen im vorgelagerten<br />
Mittelspannungsnetz. Somit wäre<br />
hier ein weiterer Netzausbau unvermeidbar.<br />
Ziel <strong>der</strong> Energiewende ist jedoch, die<br />
verfügbare erneuerbare Energie bedarfsabhängig<br />
und effizient zu nutzen. Der<br />
Speicher erfüllt also mehrere Ziele gleichzeitig,<br />
indem er den Eigennutzungsanteil<br />
des Solarstroms im Ort erhöhen kann und<br />
das vorgelagerte Netz entlastet.<br />
Der installierte Lithium-Ionen-Speicher<br />
hat eine Speicherkapazität von 240 Kilowattstunden<br />
(kWh) und könnte beispielsweise<br />
einen Kühlschrank und eine Tiefkühltruhe<br />
einer vierköpfigen Familie ganzjährig<br />
betreiben. Inwieweit diese Speichergröße<br />
ausreicht, um die Schwankungen im<br />
Netz auszugleichen, ist wichtigster Untersuchungsgegenstand<br />
des Projektes. An<br />
dem Speicher werden nun verschiedene<br />
„Netzfahrweisen“ langfristig getestet.<br />
Ein Ende des Pilotprojektes ist noch<br />
nicht im Blick. Für viele Testszenarien<br />
reicht ein Sonnenjahr nicht aus. Bei <strong>der</strong><br />
Bedeutung, die erneuerbare Energien und<br />
Speichertechnologien künftig haben, wäre<br />
eine Ausweitung des Projektes denkbar.<br />
Das Potenzial von Fotovoltaikanlagen ist<br />
noch lange nicht ausgeschöpft. Auch die<br />
Windausbauszenarien versprechen enormes<br />
Potenzial für Speichertechnologien.<br />
Auch Eigenheimbesitzer können mit<br />
einem Fotovoltaikspeicher, <strong>der</strong> beispielsweise<br />
im Keller steht, einen gewissen Grad<br />
an Autarkie erreichen. Wie diese Speicher<br />
im Zusammenspiel mit zentralen Stromspeichern<br />
sinnvoll eingesetzt werden können<br />
und welche Rolle große Anlagen wie<br />
etwa Pumpspeicherkraftwerke o<strong>der</strong> die<br />
Stromspeicherung im Erdgasnetz spielen,<br />
sind weitere Aspekte, mit denen sich die<br />
Teag beschäftigt. Denis Schuldig<br />
DER AUTOR<br />
Denis Schuldig ist Projektleiter beim<br />
Versorgungsunternehmen Thüringer Energie<br />
(Teag) in Erfurt<br />
Foto: Rheingas<br />
Bau einer Sammelversorgung: Flüssiggas wird ober- o<strong>der</strong> unterirdisch außerhalb des Hauses in<br />
einem Tank gelagert. Ein Anschluss an ein Leitungsnetz ist nicht nötig.<br />
Energieversorgung<br />
Flüssiggas statt Öl<br />
Viele noch mit Öl beheizte Gebäude liegen in Gebieten ohne Erdgas- und<br />
Fernwärmeanschluss. Hier bietet Flüssiggas die Lösung. Es kann ein Quartier<br />
leitungsungebunden versorgen, ist energieeffizient und wird zunehmend grün.<br />
Noch fast 6 Millionen Wohngebäude<br />
sind in Deutschland mit Ölheizungen<br />
ausgestattet. Nach Erhebungen<br />
des Bundesverbands <strong>der</strong> Energie- und<br />
Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) von 2019<br />
ist ein Großteil dieser Heizungssysteme<br />
veraltet und arbeitet in <strong>der</strong> Folge nicht<br />
energieeffizient.<br />
Während sich knapp die Hälfte <strong>der</strong><br />
installierten Ölheizungen grundsätzlich<br />
auf Erdgas o<strong>der</strong> Fernwärme umrüsten ließen,<br />
liegen ca. 3 Millionen <strong>der</strong> mit Öl beheizten<br />
Gebäude in Gebieten ohne Erdgasund<br />
Fernwärmeanschluss, viele davon in<br />
ländlichen geprägten Gebieten. Eine umweltfreundliche,<br />
bezahlbare und bereits<br />
erprobte Alternative bietet hier Flüssiggas<br />
(LPG für Liquefied Petroleum Gas).<br />
Flüssiggas hat den Vorteil, dass es sich<br />
bei relativ geringem Druck von unter 10<br />
bar verflüssigen und flexibel mittels Flaschen,<br />
Tank- und Kesselwagen leitungsungebunden<br />
transportieren lässt. Damit kann<br />
es auch Gebiete versorgen, die nicht über<br />
einen Erdgas- o<strong>der</strong> Fernwärmeanschluss<br />
verfügen.<br />
Gegenüber Heizöl bietet Flüssiggas weitere<br />
Vorteile: Es emittiert bei <strong>der</strong> Verbrennung<br />
ca. 45 % weniger Feinstaub und bis<br />
zu 20 % weniger CO 2 und Stickstoffoxide<br />
(NOx). Im Vergleich zu Ölheizungen ohne<br />
Brennwerttechnik stößt ein LPG-Brennwertkessel<br />
sogar bis ca. 30 % weniger CO 2<br />
aus. Gegenüber Braunkohle emittiert LPG<br />
ca. 50 % weniger CO 2 .<br />
Eine Analyse <strong>der</strong> DBI Gas- und Umwelttechnik<br />
GmbH im Auftrag des Deutschen<br />
Verband Flüssiggas e. V. (DVFG) kommt<br />
zu dem Ergebnis, dass sich durch den Umstieg<br />
von 3 Millionen Ölheizungen auf<br />
Flüssiggas jährlich ca. 4 Millionen Tonnen<br />
CO 2 in Deutschland einsparen ließen.<br />
Flüssiggas ist zudem nicht wassergefährdend<br />
und lässt sich deshalb problemlos<br />
in Wasserschutz- und hochwassergefährdeten<br />
Gebieten einsetzen. Dazu zählen<br />
oft auch landwirtschaftlich genutzte<br />
Flächen. Flüssiggas wird zudem zuneh-<br />
UMWELTVORTEIL ERKANNT<br />
Mithilfe von synthetischem Flüssiggas lassen<br />
sich Heizsysteme sogar treibhausgasneutral<br />
betreiben. Erste Projekte für die<br />
Produktion von synthetischem LPG, wie<br />
das Projekt „FutureLiquidGas“, an dem<br />
Rheingas beteiligt ist, befinden sich bereits<br />
in den Startlöchern. Wasser wird dabei<br />
unter Einsatz von (Öko-) Strom in Wasserund<br />
Sauerstoff aufgespalten, mit CO 2 in ein<br />
Synthesegas überführt und dann in synthetisches<br />
LPG umgewandelt. Das CO 2<br />
kann direkt aus <strong>der</strong> Luft aufgefangen werden<br />
o<strong>der</strong> auch aus industriellen (Verbrennungs-)<br />
Prozessen stammen<br />
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) erkennt<br />
den Umweltvorteil von konventionellem<br />
und biogenem Flüssiggas an. § 22<br />
regelt, welche Werte bei Neubauten zur<br />
Ermittlung des Primärenergiebedarfs für<br />
den nicht erneuerbaren Anteil des Brennstoffs<br />
anzusetzen sind. Wird Bio-LPG in<br />
einem Brennwertkessel eingesetzt, gilt ein<br />
Primärenergiefaktor von 0,7. In einer<br />
hocheffizienten KWK-Anlage kann sogar<br />
ein Wert von 0,5 angesetzt werden. Treibt<br />
konventionelles Flüssiggas im Rahmen<br />
einer Quartiersversorgung eine KWK-Anlage<br />
an, gilt ein Faktor von 0,6.<br />
Mit Blick auf die Umwelt- und Klimavorteile<br />
des Brennstoffs als Alternative zu<br />
Öl- und Kohleheizungen sollte das Potenzial<br />
von Flüssiggasheizungen in Deutschland<br />
dringend gehoben werden. Red.<br />
GESETZ TRITT IN KRAFT<br />
Flüssiggas ist ein wichtiges Thema für die<br />
Quartiersversorgung: Am 13. August <strong>2020</strong><br />
wurde das Gebäudeenergiegesetz (GEG)<br />
im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Am 1.<br />
November <strong>2020</strong> tritt es offiziell in Kraft. Das<br />
GEG schränkt den Einbau und den Betrieb von<br />
Öl- und Kohleheizungen ab 2026 ein.<br />
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<strong>der</strong> gemein<strong>der</strong>at 9/20<br />
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