Mind-Mag 140
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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SCHULE UND HOCHBEGABUNG<br />
lich, mit einem guten Chef lässt<br />
es sich auch mal diskutieren.<br />
Welche Tipps würdest du<br />
Eltern geben, die jetzt wegen<br />
der Coronamaßnahmen eher<br />
unfreiwillig ihre Kinder zu<br />
Hause unterrichten müssen?<br />
Man sollte Vertrauen in die Fähigkeiten<br />
seiner Kinder haben<br />
und vor allem sich und die Kinder<br />
nicht unter Druck setzen.<br />
Aber es ist schwierig, Tipps zu<br />
geben, wenn die Eltern sich an<br />
die Vorschriften der Lehrer halten<br />
und einen Abgabetermin<br />
einhalten müssen.<br />
Wo finden Eltern Informationen<br />
darüber, wie sie ihren Kindern<br />
den Lernstoff vermitteln<br />
können? Etwas zu wissen<br />
bedeutet ja nicht, dass man es<br />
kindgerecht erklären kann.<br />
Kinder müssen das Lernen nicht<br />
erst lernen. Sie tun es von Natur<br />
aus, nur jeder auf seine Art und<br />
Weise. Am besten lässt man sich<br />
von den Kindern leiten. Vor allem<br />
hochbegabte Kinder haben<br />
oft ihre eigenen Lösungswege.<br />
Aber das Internet bietet viele<br />
Hilfestellungen an.<br />
Hier einige Links:<br />
• alliasbl.lu/de/home-de/<br />
(dort findet man viele Infos<br />
übers Homeschooling und<br />
Unschooling)<br />
• skoyo.de (Lernportal)<br />
• vs-material.wegerer.at,<br />
www.cned.fr<br />
(französische Fernschule)<br />
• web-individualschule<br />
(Skype-Schule, sie haben Erfahrung<br />
mit Hochbegabten<br />
und Autisten)<br />
• duolingo oder babbel<br />
(für Sprachen)<br />
In<br />
Luxemburg<br />
gibt es<br />
Lernpflicht<br />
aber keine<br />
Schulpflicht.<br />
Was hättest du gerne gewusst,<br />
bevor du mit dem Homeschooling<br />
angefangen hast?<br />
Nichts, es ist ein laufender Prozess<br />
und mit der Zeit lernt man,<br />
im Hier und Jetzt zu leben.<br />
Keiner weiß, wie die Welt in<br />
ein paar Jahren aussehen wird,<br />
und was die Anforderungen an<br />
uns und unsere Kinder sein werden.<br />
Die Auseinandersetzungen mit<br />
den Lehrern müssen anstrengend<br />
gewesen sein. Haben sie versucht,<br />
euch unter Druck zu setzen, damit<br />
die Kinder in der Schule bleiben?<br />
Am Anfang hofft man noch auf<br />
den guten Willen der Lehrer,<br />
aber wenn man mit der Zeit bemerkt,<br />
dass sie dir nicht glauben,<br />
dann fängt man an, sauer<br />
zu werden und manchmal ist<br />
man schon erschöpft.<br />
„Kinder müssen das Lernen<br />
nicht erst lernen. Sie tun<br />
es von Natur aus, nur jeder<br />
auf seine Art und Weise.<br />
Am besten lässt man sich<br />
von den Kindern leiten.“<br />
Es waren ja nicht nur die Lehrer.<br />
Die erste Psychologin meinte,<br />
ich würde meine Tochter als<br />
emotionalen Abfalleimer benutzen,<br />
da ihr Wortschatz so weit<br />
fortgeschritten war und mein<br />
Mann zu der Zeit arbeitsbedingt<br />
oft im Ausland war. Dazu kam<br />
das Getuschel der anderen Eltern<br />
und im Dorf. Meine Tochter<br />
ist anders als die anderen Mädchen,<br />
liebt Kleider und mag keine<br />
Hosen und Socken. Natürlich<br />
hat jeder versucht, uns zu überzeugen,<br />
wir seien nicht fähig<br />
und sie würde nur unsere Grenzen<br />
testen. Meine Eltern übrigens<br />
auch. Aber ich habe immer<br />
auf mein Bauchgefühl gehört.<br />
Als ich dem Schulpsychologen<br />
mitteilte, solange man meine<br />
Tochter nicht in der Schule<br />
unterstützt, bleibt sie zu Hause,<br />
bis sie selbst wieder hinmöchte,<br />
meinte er, das sei eine super<br />
Idee, wenn man dem Patienten<br />
die Wahl lässt. Im Moment könne<br />
keiner genau sagen, ob es ein<br />
Fehler ist oder nicht, das würde<br />
man erst in 20 Jahren wissen.<br />
Er hat sich nicht sonderlich angestrengt,<br />
sie wieder zur Schule<br />
zu bewegen, da er nie mit ihr gesprochen<br />
hat.<br />
Tut es dir nicht manchmal<br />
leid, dass du in deinem Beruf<br />
nicht arbeiten kannst, sondern<br />
dich um die Kinder kümmerst?<br />
Oder ist dafür auch Zeit?<br />
Es tut mir nicht leid, dass ich<br />
bei den Kindern geblieben bin.<br />
Es war eine bewusste Entscheidung.<br />
Es wäre chaotischer geworden,<br />
wenn ich zu der Zeit gearbeitet<br />
hätte. Und im Moment<br />
arbeite ich wieder ein bisschen<br />
von zu Hause aus. Wie du siehst,<br />
habe ich ja Zeit.<br />
mind magazin <strong>140</strong>/februar 2021 | 29