Mind-Mag 140

ALL YOU NEED IS LO V E
MARTIN HAHN
Alles andere ist
höchstens Sex …
Über die Tantra-Massage.
Du hast dieses Wort, also „Tantra“, schon einmal gelesen
oder davon gehört? Du würdest es in Verbindung mit
„Massage“ instinktiv und fast ohne Zögern dem „ältesten
Gewerbe“ zuordnen?
W
ohl kaum ein Begriff wird
im Umfeld der erotischen
Erfahrungen so oft missverstanden
und auch missbraucht wie
der Begriff „Tantra-Massage“.
Der Grund ist so einfach wie verhängnisvoll:
Der Begriff ist nicht
geschützt.
Daraus folgt, dass sich den Begriff
„Tantra-Masseur/-in“ praktisch
jeder Mensch neben die
Türklingel heften darf, ohne
hier schwerwiegende Folgen befürchten
zu müssen. So entwickelte
sich im Rotlicht-Bereich
freilich eine große Beliebtheit
für den Begriff „Tantra-Massage“
– ist ja auch recht werbewirksam.
Nur wird dadurch die eigentliche
Tantra-Massage sehr oft als
schlichte erotische Dienstleistung
missverstanden.
Darum möchte ich nun helfen,
alles ins rechte Licht zu rücken
und lade dich herzlich dazu ein,
einen „Aha-Effekt“ zu erleben.
Was hat es also wirklich mit der
Tantra-Massage auf sich, was ist
der Hintergrund?
Die Grund- und
Leitsätze
Wenn ich im Folgenden von
Tantra-Massage spreche, meine
ich ausschließlich die Massage
nach den Regeln und Maßgaben
des Tantra-Massage-Verbands
(TMV), hierzu später mehr.
Es geht im Kern – entgegen einer
häufig vorkommenden Auffassung
– nicht um etwas Kneten
mit „Happy End“, das im
Zweifel in recht wenigen Minuten
erledigt sein kann und mit
Sinnlichkeit und einem ganzheitlichen
Erleben wenig zu tun
hat. Vielmehr steht der Mensch
mit all seinen Facetten im Vordergrund,
wird als wundervolles,
energetisches und sexuelles
Wesen begriffen. Die Grundsätze
für eine Tantra-Massage sind:
• Achtsamkeit
• Langsamkeit
• Ziel- und Absichtslosigkeit
• Liebe und Hingabe
Was hier geneigten Lesenden
direkt ins Auge fällt (oder eben
gerade nicht!): Da steht nichts
von einem Höhepunkt oder einer
Erektion oder gar von „Happy
End“. Im Gegenteil, einer der
Haupt-Punkte hier ist die Langsamkeit
und das Massieren
ohne eine Absicht, ohne ein Ziel,
ohne etwas zu „wollen“.
Die Tantra-Massage (nach
TMV) stellt dem oder der Empfangenden
der Massage einen
geschützten Raum und ist stark
rituell geprägt. Von der Begrüßung
bis zu einer (optionalen)
Intim-Massage sind die Abschnitte
und die Art der sinnlichen
Berührung fließend aufgebaut,
eine komplette Tantra-Massage
kann auch mal vier
Stunden dauern.
Dabei hat die Massierende mit
höchster Achtsamkeit dafür zu
sorgen, dass es der Empfangenden
gut geht (selbstverständlich
auch gut für sich selber zu sorgen,
mit eingeschlafenen Beinen
ist das weitere Massieren
schwerlich möglich). Natürlich
kann auch mal ein schnelleres
46 | mind magazin 140/februar 2021