Mind-Mag 140

ALL YOU NEED IS LO V E
dieser auch gewahrt bleibt. Umgekehrt
wird der oder die Massierende
auch einschreiten, falls
die Empfangende auf einmal etwas
„will“, und im Zweifel die
Massage abbrechen.
Wenn sich für den Empfangenden
etwas nicht stimmig anfühlt,
so ist er gehalten, dieses
zu äußern, die Kommunikation
ist enorm wichtig. Diese offene
Art, dass hier gerne etwas mehr
oder weniger Druck eingesetzt
werden soll, die Geschwindigkeit
zu reduzieren oder die Bewegung
zwei Millimeter weiter
links zu machen … fällt am Anfang
nicht leicht. Doch umso
stimmiger und auch intensiver
kann das Erleben werden.
Das neue Erleben der
sexuellen Energie
Da hier in der Tantra-Massage
kein Bereich des Körpers ausgelassen
wird (es sei denn, der
Empfangende setzt eine entsprechende
Grenze), kann das
Erleben einer solchen achtsamen
und absichtslosen Berührung
tiefe und tiefste Gefühle
– oft aus der Vergangenheit
– auslösen. Das kann mitunter
sehr heftig verlaufen, wenn alte
Traumata hochkommen. In einem
solchen Fall ist es hochgradig
wichtig, dass der oder
die Massierende nicht zurückschreckt,
sondern sehr achtsam
dabeibleibt, einfach nur haltend.
In Seminaren kann es sinnvoll
sein, dass andere behutsam
dazukommen und ebenfalls
Halt bieten. Von höchst
ekstatischem Vergnügen bis zu
tiefer Trauer können wirklich
alle Gefühle auftreten, in allen
Fällen aber ist es wichtig, sich
nicht angstvoll zurückzuziehen,
sondern in höchster Achtsamkeit
dabei zu bleiben (als Gebende).
Wenn solche Gefühle in
dem Moment akzeptiert werden,
kann man sie auch einfach wieder
gehen lassen (als Empfangende).
Mit freundlicher Erlaubnis
darf ich aus dem Manuskript
von AnandaWave® zitieren: „Sexualität
als Lebenskraft – und
als nichts anderes: In unserer
westlichen Kultur ist die Sexualität
fast immer verknüpft mit
anderen Themen: Beziehung,
Liebe, Schuld, Scham, Bedürftigkeit,
Opfer-Täter, Verachtung,
Ehe, Politik usw. In der tantrischen
Massage geht es aber um
die sexuelle Kraft an sich. Es
ist die Bewegung der sexuellen
Energie, die an nichts gebunden
ist. Dies ist die Kraft, ohne die es
kein Leben gäbe.“
Kein Heilungsauftrag
Der Absatz über die Verarbeitung
alter Probleme klingt beinahe,
als ob Tantra-Massagen
als Heilmittel eingesetzt werden
könnten. Das ist so allerdings
nicht der Fall, auch wenn man
sie vielleicht begleitend oder ergänzend
zu einer Therapie machen
kann.
Die Tantra-Massage an sich
hat keinen Heilungsauftrag,
auch wenn – ich zitiere einen
Mitschüler – man bei richtiger
Anwendung fast gar nicht um
die Heilung herumkommt. Aus
eigenen Beobachtungen weiß
ich, dass durch das intensive Erleben
so mancher alte Knoten
aufgelöst werden kann.
Atmung und
Ruhepunkte
Um sowohl sich selber beim Geben
als auch dem Empfangenden
während der Massage die
Zeit zum Spüren zu geben, bieten
sich Ruhepunkte an. Mit
weichen, warmen Händen und
praktisch ohne jeden Druck
werden ein oder zwei Punkte
am Körper der Empfangenden
schlicht nur gehalten. Hat man
die Empfangende gerade in der
Lage verändert, beispielsweise
auf die Seite gelegt, kann auch
der eigene Körper dazu dienen,
Ruhe, Nähe, Wärme und Geborgenheit
zu schenken.
Natürlich ist es für Gebende in
aller Regel anstrengender während
einer Massage, doch gerade
das gemeinsame, synchrone
Atmen mit dem Empfangenden
schafft eine wohltuende Verbindung
und sollte häufig – gerade
bei den Ruhepunkten – Anwendung
finden.
Hygiene in der
Tantra-Massage
Die professionelle Tantra-Massage
nach TMV findet stets unter
höchsten hygienischen Maßnahmen
statt (und in den aktuellen
Zeiten auch mit Mund-/
Nasenmasken). Gebende für
Tantra-Massagen achten darauf,
dass Finger- und Fußnägel ge-
48 | mind magazin 140/februar 2021