FineTobacco[+] 01|21
FREUDE AM LEBEN, SPASS AM GENUSS
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FINE•LIFE<br />
bekennende Perfektionist von Anfang<br />
an in die Extreme. Gemäß seinem Credo<br />
„Nur das Beste hebt sich vom Rest<br />
ab!“ verwendet er ausschließlich die<br />
Komponenten, die seinem hohen Qualitätsanspruch<br />
genügen. Das geht ins<br />
Geld. „Zu teuer für den Markt!“ orakeln<br />
die Experten, die seine Werke in<br />
den höchsten Tönen loben. Aber der<br />
Pfälzer lässt sich von solchen Kommentaren<br />
ebenso wenig beirren, wie<br />
seine Kunden vom erhabenen Preisniveau.<br />
Und eigentlich will er nur noch<br />
Bässe bauen. Drei Jahre später folgt<br />
Jens Ritter seinem Herzen mit allen<br />
Hart, schön & leicht<br />
Dabei genießt er die grenzenlose<br />
Freiheit, den Beruf des Instrumentenbauers<br />
nie erlernt zu haben – komplett<br />
unbelastet experimentiert er mit Formen<br />
und Materialien. Mittels „trial and<br />
error“ greift Ritter auch zu Hölzern,<br />
die im traditionellen Instrumentenbau<br />
nicht vorkommen. Denn obwohl<br />
die E-Gitarre dieses Jahr ihren 90.<br />
Geburtstag feiert, ist sie oft noch der<br />
jahrhundertealten Akustikgitarre verhaftet,<br />
wo schwingungsfähiges Holz<br />
die Lautstärke liefert. Die elektrifizierte<br />
Version besitzt aber Tonabnehmer<br />
und Regler und wird an einen Verstärker<br />
angeschlossen, weshalb der<br />
akustische Klangkörper (der die Saitenschwingungen<br />
verstärkt) hier eine<br />
nicht ganz so große Rolle spielt. Jedenfalls<br />
lieben seine Kunden den Klang<br />
des harten Holzes von Anfang an. Trotz<br />
des schwereren Materials gelten seine<br />
Gitarren dennoch als Leichtgewichte,<br />
weil sie sehr flach ausgeformt sind<br />
und auch bei der Fertigung viel Holz<br />
lassen.<br />
Konsequenzen und kündigt den lukrativen<br />
Job. Der 27-jährige hat genügend<br />
Startkapital angespart, um ohne wirtschaftliche<br />
Zwänge die Instrumente zu<br />
realisieren, die in seinem Kopf Form<br />
angenommen haben.<br />
3000 Dollar-Brennholz<br />
Herbst 2019: Ein Besuch bei „Ritter<br />
Instruments“ in Deidesheim. Im<br />
Ortskern drücken sich die historischen<br />
Gebäude eng aneinander. Ende des 20.<br />
Jahrhunderts war das Weinbaustädtchen<br />
weltberühmt, weil der Altkanzler<br />
Helmut Kohl hier Gäste wie Margaret<br />
Thatcher oder Michail Gorbatschow<br />
empfing. Hinter einem dieser pittoresken<br />
Tore verbirgt sich ein lauschiger<br />
Innenhof, umrahmt von einem Fachwerkensemble<br />
aus dem 18. Jahrhundert.<br />
Vor ein paar Jahren konnte Jens<br />
Ritter das komprimierte Anwesen<br />
kaufen, das alle Bereiche in sich vereint<br />
– Wohnung, Werkstatt, Showroom<br />
und eine Ahnengalerie seiner Gitarren.<br />
In der Werkstatt feilt gerade der<br />
Mitarbeiter Lucas Popow am Korpus<br />
eines E-Bass’, die zuvor ausgesägte<br />
Grundform erhält ihre Rundungen. Im<br />
hoch aufragenden Raum entdeckt man<br />
Werkzeug, Schablonen und schwere<br />
Maschinen an den Wänden. Auf die<br />
Frage, wie die Temperaturen im alten<br />
Gemäuer sind, antwortet Jens Ritter:<br />
„Für den Winter haben wir hier einen<br />
sehr guten Ofen, wo wir die falsch<br />
produzierten Gitarren verheizen.“ Mit<br />
einem Lachen fährt er fort: „Nein, natürlich<br />
nicht – das wäre ein teures Feuer!“<br />
Tatsächlich kosten manche Hölzer<br />
ein Vermögen. Der Gitarrenbauer deutet<br />
auf eine wellenförmige Maserung:<br />
„Das ist ein Quilted Maple – sehr selten.<br />
In dieser Qualität bekommen Sie<br />
vielleicht fünf Stück pro Jahr.“ Kostenpunkt<br />
des Wölkchen-Ahorns in der<br />
erforderlichen Breite: 3000 Dollar. Bei<br />
aller Exotik achtet er aber immer darauf,<br />
dass sein Holz aus zertifizierter,<br />
nachhaltiger Forstwirtschaft stammt.<br />
Glitzern für Lady Gaga<br />
Manchmal sind die Korpusse aber<br />
auch von einer farbigen Lackschicht<br />
überzogen oder aufwendig mit Swarovski-Steinchen<br />
bestückt. Die Mitarbeiterin<br />
Danuta Fries weiß ein Lied<br />
davon zu singen, wenn es um die Sandokan-Gitarre<br />
geht. Denn um die etwa<br />
11.000 Swarovski-Steinchen einzeln<br />
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<strong>FineTobacco</strong>[+] 01·2021