FineTobacco[+] 01|21
FREUDE AM LEBEN, SPASS AM GENUSS
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war der Produzent nicht Albert R. Broccoli<br />
und die Gage von fünf Mio. US-Dollar<br />
konnten Connery und seine Stiftung<br />
gut gebrauchen. Mit über 50 Jahren war<br />
der Charakterdarsteller gefragter denn<br />
je. Mitte der 1980er spielte er in einer<br />
ganzen Reihe eindrucksvoller Filme mit:<br />
Etwa in „Highlander“, in „Der Name der<br />
Rose“ oder in „Die Unbestechlichen“, wofür<br />
er 1987 den Oskar und Standing Ovations<br />
von Hollywoods Crème de la Crème<br />
erhielt. Legendär auch seine Darstellung<br />
in „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“,<br />
wo er sich mit seinem Filmsohn<br />
Harrison Ford einen Schlagabtausch<br />
nach dem anderen liefert. Ähnlich abwechslungsreich<br />
waren die 1990er,<br />
voller Abenteuerfilme, Thriller und Dramen.<br />
Das Erstaunliche dabei: Dieser<br />
Mann alterte nicht – er reifte! 1989 und<br />
1999 wählte ihn das People Magazine jeweils<br />
zum “Sexiest Man Alive“, bzw. zum<br />
„Sexiest Man of the Century“. Da war er<br />
zuletzt 69 Jahre alt.<br />
Scotland forever<br />
Aus seiner Verbundenheit mit seiner<br />
Heimat hatte Connery nie ein Geheimnis<br />
gemacht. Bei Interviews trug<br />
er gerne mal das Schottenkaro auf<br />
Hemd oder Krawatte, scherzte über die<br />
Vorurteile gegenüber seinen Landsleuten<br />
und war ständig auf dem Golfplatz.<br />
Diesen „Virus“ habe er sich bei<br />
den Dreharbeiten zu „Goldfinger“ eingefangen:<br />
„Bei unserem schottischen<br />
Nationalsport ist man ganz bei sich.<br />
Hier zügelt man sein Temperament<br />
und findet sein Maß – ich wünschte,<br />
ich könnte mein Leben lang Golf spielen!“<br />
Neben seiner Stiftung engagierte<br />
er sich nun auch politisch für die<br />
Unabhängigkeit Schottlands und war<br />
Mitglied der linksliberalen „Scottish<br />
National Party“. Und die Ehrung seiner<br />
Heimatstadt Edinburgh, die ihm 1991<br />
die Auszeichnung „Freedom of the City“<br />
verlieh, bewegte ihn weit mehr als der<br />
Ritterschlag der Queen anno 2000 (wo<br />
er selbstverständlich im Schottenrock<br />
erschien). Acht Jahre später machte<br />
der Schauspieler in seiner Autobiographie<br />
„Being a Scot“ („Mein Schottland,<br />
mein Leben“) klar, worum es ihm<br />
ging: „Dass Schottland ein eigenes<br />
Gesicht erhält.“ Anmerkungen, dass er<br />
aber im spanischen Marbella bzw. auf<br />
den Bahamas lebe, ließ er nicht gelten<br />
– sein Seemannstattoo „Scotland<br />
forever“ sei zwar verblasst, aber noch<br />
lesbar. 2003 stand er das letzte Mal vor<br />
der Kamera. Zuvor hatte der 72-jährige<br />
die Rolle des Gandalf in der „Herr der<br />
Ringe“-Trilogie abgelehnt. Es wäre eine<br />
kleine Gage gewesen, plus 15 Prozent<br />
der Filmeinnahmen. Nachdem aber die<br />
drei Folgen insgesamt drei Milliarden<br />
US-Dollar einspielten, wären unglaubliche<br />
450 Millionen Dollar auf sein Konto<br />
geflossen. Stattdessen also „Die Liga<br />
der außergewöhnlichen Gentlemen“,<br />
den das Empire Magazin als „deprimierend<br />
plumpen Action-Film“ bezeichnete.<br />
Die Dreharbeiten machten es Sean<br />
Connery leicht, sich vom Filmbusiness<br />
zu verabschieden. Wegen kreativer Differenzen<br />
gerieten er und der Regisseur<br />
Stephen Norrington ständig aneinander.<br />
Die Auseinandersetzungen drohten<br />
gar in einer Prügelei zu enden. Als<br />
der Regisseur der Abschlussparty demonstrativ<br />
fernblieb und Connery gefragt<br />
wurde, wo Norrington sei, antwortete<br />
der nur: „Check the local asylum!“<br />
(„Sieh im örtlichen Irrenhaus nach!“).<br />
Schlussakt<br />
„Er wusste exakt, wann es Zeit ist,<br />
aufzuhören“, sagte sein Freund Jackie<br />
Stewart. Langweilig wurde es dem Ruheständler<br />
in den folgenden Jahren<br />
nie. Er setzte sich für den Schutz der<br />
Bahamas ein, unterstützte das Klimaschutzprojekt<br />
von Al Gore finanziell und<br />
flog immer wieder in die Heimat, um<br />
„die schottische Sache“ voranzutreiben.<br />
Ob er noch mal vor die Kamera wolle?<br />
„Wenn mich noch irgendetwas aus dem<br />
Ruhestand holen könnte, dann ein Indiana<br />
Jones-Film. Aber letztlich macht<br />
Ruhestand einfach zu viel Spaß.“ So<br />
lehnte er auch die Vaterrolle im 2008 erschienenen<br />
„Indiana Jones und das Königreich<br />
des Kristallschädels“ ab. Connery<br />
ist immer authentisch geblieben.<br />
Deswegen hatte er auch in keiner Rolle<br />
den schottischen Akzent oder seine vernuschelte<br />
Aussprache beim „S“ wegpoliert.<br />
„Warum auch? Alle Emotionen sind<br />
international gleich“, lautete sein Credo.<br />
So ist einer seiner vielen Vermächtnisse<br />
die Tatsache, dass der schottische Zungenschlag<br />
heute nicht mehr so belächelt<br />
wird. „Ich habe viele gute Zeiten erlebt“<br />
steht als Schlusssatz in seiner Autobiografie.<br />
Sean Connery starb am 31.Oktober<br />
2020 im Alter von 90 Jahren. An seinem<br />
Todestag schrieben in den sozialen<br />
Medien viele Fans „Rest in Peace“ so, wie<br />
es Connery ausgesprochen hätte: „Resht<br />
in Peash.“<br />
<strong>FineTobacco</strong>[+] 01·2021 69