FineTobacco[+] 01|21
FREUDE AM LEBEN, SPASS AM GENUSS
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so nahm er am Wettbewerb zum „Mister<br />
Universum“ in London teil. Mit dem<br />
Sieg wurde es zwar nichts, aber für das<br />
Musical „South Pacific“ war man in der<br />
Metropole auf der Suche nach kräftigen<br />
Nebendarstellern, die sehr gut bezahlt<br />
wurden. Stattliche 14 britische Pfund die<br />
Woche sowie eine eigene Fußballmannschaft<br />
des Ensembles überzeugten Connery<br />
sofort, mit der Truppe in den folgenden<br />
zwei Jahren durch Großbritannien<br />
zu touren. Wenn der Jungdarsteller also<br />
nicht auf der Bühne Holz sägend „There<br />
Is Nothing Like A Dame“ schmetterte,<br />
spielte er mit den anderen gegen jede<br />
Mannschaft, die zu einem Match bereit<br />
war. Und dann erhielt der 22-jährige von<br />
Manchester United ein Angebot, von dem<br />
er immer geträumt hatte. Ganz euphorisiert<br />
überraschte er seinen Schauspielkollegen<br />
Robert Henderson mit dieser<br />
Nachricht. Doch der brachte ihn aus dem<br />
Konzept: „Aber hast du nicht gesagt,<br />
dass dir die Schauspielerei großen Spaß<br />
macht?“ Und dass ihm als Fußballer<br />
vielleicht noch zehn Jahre blieben, während<br />
er als Darsteller bis zum Umfallen<br />
dabeibleiben könne, leuchtete Connery<br />
schmerzlich ein. Das Hauptproblem war<br />
nur sein unverständliches schottisches<br />
Genuschel, weswegen ihn ein Ensemblemitglied<br />
anfangs für einen Polen gehalten<br />
hatte. Der Arbeitersohn krempelte<br />
die Ärmel hoch, leistete sich für 60 Pfund<br />
ein Tonbandgerät und arbeitete stetig an<br />
seiner Aussprache. Außerdem empfahl<br />
ihm Henderson zehn Werke der Weltliteratur<br />
– von Shakespeare, über Hemingway<br />
bis Proust – die den Leser in ihren<br />
Bann zogen. Er hatte viel nachzuholen<br />
und er warf sich voller Begeisterung in<br />
diese neue Welt.<br />
„Ich würde Bond gerne töten“<br />
In der Folgezeit schlug er sich mit<br />
kleineren Film-, Fernseh- und Theaterrollen<br />
durch und freundete sich mit<br />
seinem Schauspielkollegen Michael<br />
Caine an, der ebenfalls der Arbeiterklasse<br />
entstammte und nicht viel von<br />
den gestelzten Figuren jener Zeit hielt.<br />
„Der britische Film – das waren damals<br />
seichte Geschichten, nichts für Sean“,<br />
meinte Caine in einem Interview. „Ich<br />
wusste, dass seine Zeit kommen würde,<br />
wenn das Filmbusiness soweit war.“<br />
Als die Produzenten Albert R. Broccoli<br />
und Harry Saltzman Anfang der 1960er<br />
Ian Flemings populäre Romanserie um<br />
den Geheimagenten James Bond verfilmen<br />
wollten, ging es um die elementare<br />
Frage: Wer soll ihn verkörpern? Eigentlich<br />
sollte es ein noch unbekannter<br />
Schauspieler sein, der die Rolle nicht<br />
durch seine Vergangenheit überlagert.<br />
Als der schottische Newcomer ins Gespräch<br />
kam, der dem Team durch seine<br />
maskuline Präsenz aufgefallen war,<br />
sträubte sich der Autor Fleming mit<br />
Händen und Füßen – „zu haarig, zu grobschlächtig“.<br />
Möglich, dass der ehemalige<br />
Eton-Schüler Standesdünkel gegenüber<br />
dem ehemaligen Milchmann hatte. Seine<br />
Vorstellung von Bond war jedenfalls<br />
geschmeidiger, doch die meisten seiner<br />
Favoriten gaben ihm einen Korb: Cary<br />
Grant (wollte nur einen einzigen Film<br />
machen), Richard Burton (angeblich zu<br />
teuer), Patrick McGoohan (war die Rolle<br />
zu promiskuitiv). Schließlich überzeugte<br />
Connery durch seine Ausstrahlung und<br />
selbstsichere Art. Mit einem Budget von<br />
lediglich 1,1 Millionen US-Dollar ging<br />
„Dr. No“ 1962 an den Start und landete<br />
eine Hit: So viel Sex Appeal, gepaart<br />
mit zynischem Pragmatismus, hatte das<br />
britische Publikum noch nicht auf der<br />
Leinwand erlebt. Auch international war<br />
der Film erfolgreich. 60 Millionen spielte<br />
der Streifen ein, lächerliche 17.000<br />
Dollar erhielt Sean Connery, während<br />
Ursula Andress (das erste Bond-Girl) mit<br />
6.000 Dollar abgespeist wurde. Für den<br />
Schauspieler mit dem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn<br />
war das eine lehrreiche<br />
Erfahrung. In den Folgejahren kämpfte<br />
er manchmal auch rückwirkend für eine<br />
angemessene Gage und riskierte, wenn<br />
er sich mit Hollywood anlegte, dabei Kopf<br />
und Kragen. Aber er gewann. Und jedes<br />
Jahr, wenn ein neuer 007 in die Kinos<br />
kam und das Vorjahresergebnis übertraf,<br />
konnte der Leinwandstar entsprechend<br />
<strong>FineTobacco</strong>[+] 01·2021 67