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FREUDE AM LEBEN, SPASS AM GENUSS

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GENUSS•PORTRAIT<br />

„Ich würde sagen, das ist ein etwa 30 Jahre alter, mittelmäßig verschnittener Cognac mit<br />

etwas zuviel Bon Bois“, urteilt James Bond in „Goldfinger“. Als 007 war Sean Connery ein<br />

durchtrainierter Genießer in Sachen Champagner, Wein und – natürlich – Wodka Martini.<br />

mehr verlangen. Der weltweite Hype um<br />

den Agenten Ihrer Majestät hatte aber<br />

auch Schattenseiten: Immer öfter litten<br />

er und seine damalige Ehefrau Diane<br />

Cilento unter dem hartnäckigen Medieninteresse.<br />

Außerdem konnten weder der<br />

Hitchcock-Thriller „Marnie“ noch Sidney<br />

Lumets hervorragender Antikriegsfilm<br />

„The Hill“ (unpassend eingedeutscht mit<br />

„Ein Haufen toller Hunde“) verhindern,<br />

dass man seine Rollen mit James Bond<br />

verglich – „das war frustrierend“. Einem<br />

Reporter von "The Guardian" gestand er<br />

eines Tages: "Ich habe diesen verdammten<br />

Bond immer gehasst. Ich würde ihn<br />

gerne töten." 1967, Connery hatte mit<br />

„Man lebt nur zweimal“ gerade den fünften<br />

Teil abgedreht und erklärt dass er<br />

nicht mehr den Geheimagenten spielen<br />

würde, überraschte er durch seinen Dokumentarfilm<br />

„The Bowler and the Bunnet“,<br />

in dem er das Werftensterben und<br />

die sozialen Missstände seiner Heimat<br />

anprangerte.<br />

Mach’s noch einmal, Sean<br />

Nachdem Broccoli und Saltzmann<br />

einsehen mussten, dass es der Schauspieler<br />

mit seiner 007-Kündigung ernst<br />

meinte, engagierten sie für den nächsten<br />

„Bond“ schließlich den australischen<br />

Dressman George Lazenby, weil er eine<br />

ähnlich maskuline Präsenz versprach<br />

wie der beliebte Vorgänger. Doch „Im<br />

Geheimdienst Ihrer Majestät“ lieferte<br />

1969 nicht den ersehnten Erfolg, weshalb<br />

die Produzenten Sean Connery<br />

bald beknieten, zurückzukehren. Vergeblich.<br />

Schließlich löste der Präsident der<br />

US-amerikanischen Filmgesellschaft<br />

United Artists das Problem in altbewährter<br />

Weise: Er flog persönlich nach<br />

London und bot dem sturen Schotten<br />

1,25 Millionen US-Dollar nebst einer Beteiligung<br />

von 12,5 % am Einspielergebnis<br />

sowie zwei Filme seiner Wahl. Connery<br />

handelte noch eine Wochengage von<br />

10.000 Dollar zusätzlich heraus, falls der<br />

Dreh länger dauern sollte und sagte zu.<br />

Damit wurde er zum bis dato bestbezahlten<br />

Schauspieler. Den Großteil spendete<br />

er aber seiner Stiftung „Scottish International<br />

Education Trust“, die er 1971<br />

mit dem ehemaligen F1-Rennfahrer Jackie<br />

Stewart gegründet hatte: „Ich wollte<br />

Schottland etwas zurückgeben, aber<br />

nur denen, die ambitioniert sind.“ Auf die<br />

Frage, ob er nach „Diamantenfieber“ die<br />

Bond-Reihe fortführen wolle, erklärte er<br />

kategorisch „Nie wieder!“. Damit schien<br />

der Bann gebrochen. Der Schauspieler<br />

war endlich frei für die unterschiedlichsten<br />

Rollen. Wobei sie fast alle etwas<br />

gemein haben – Sean Connerys<br />

Stabilität scheint vielen Filmen eine Art<br />

Sicherheit zu verleihen; so als könnte<br />

nichts die Szenen erschüttern in denen<br />

er präsent ist. Manchmal bricht sich<br />

aber auch seine dunkle Seite Bahn, der<br />

dominante Alpha-Rüde, der zu impulsiver<br />

Gewalt neigt. In Sidney Lumets Psychothriller<br />

„The Offence“ („Sein Leben in<br />

meiner Gewalt“) spielte er 1973 einen<br />

Polizisten, der an einem mutmaßlichen<br />

Kinderschänder Selbstjustiz übt. Seine<br />

überzeugende Darstellung schwappte<br />

ein Jahr später in die Realität, bei den<br />

Dreharbeiten zu „Zardoz“. In diesem seltsam-artifiziellen<br />

Film musste Connery<br />

für eine komplexe Alterungsszene stundenlang<br />

geschminkt werden. Und wenn<br />

der Schauspieler etwas hasste, dann<br />

Dummheit, Inkompetenz und Makeup.<br />

Nachdem der Dreh aus technischen<br />

Gründen schief gegangen war und die<br />

Prozedur am nächsten Tag von neuem<br />

begann, hatte sich seine Stimmung verdüstert<br />

und er war mehr als ungehalten.<br />

Doch als man dem brodelnden Schotten<br />

mitteilte, dass nun der Kameraassistent<br />

den Film überbelichtet hatte und er erneut<br />

in die Maske sollte, rastete Connery<br />

aus. Drei Mann mussten ihn von dem<br />

Assistenten losreißen, sonst hätte er den<br />

Unglücklichen erwürgt.<br />

Connery, der Leitwolf<br />

„Er ist ein Berg von einem Mann“,<br />

schwärmte seine Frau, die Malerin Micheline<br />

Roquebrune, mit der er seit 1975<br />

verheiratet war. Andererseits sei er sehr<br />

empfindsam gewesen: Als zu seinem<br />

60. Geburtstag alle Hollywoodgrößen erschienen<br />

und auch noch Dudelsackmusik<br />

erklang, musste der „tough guy“ die<br />

Tränen verbergen. Und sein Sohn Jason<br />

erinnerte sich, dass der Vater schon bei<br />

der Ankündigung einer Blutabnahme<br />

automatisch in Ohnmacht fiel. Michael<br />

Caine bezeichnete ihn schmunzelnd als<br />

Hypochonder, weil Sean die angelsächsische<br />

Begrüßungsformel „How are you?“<br />

immer mit irgendeinem Wewechen beantwortete.<br />

Am Filmset verkörperte er<br />

aber professionell den Archetyp Mann,<br />

der in den Produktionen des 20. Jahrhunderts<br />

so gefragt war: Körperlich und<br />

mental stark – der geborene Leitwolf.<br />

Sehr oft spielte er Anführer; mal in der<br />

Gegenwart (als U-Boot Kommandant in<br />

„Jagd auf Roter Oktober“), mal in der Zukunft<br />

(als Marshal in „Outland – Planet<br />

der Verdammten“) oder in der Vergangenheit<br />

(als König Artus in „Der Erste Ritter“).<br />

1983 reiste der Schauspieler selbst<br />

in die Vergangenheit, als er ein allerletztes<br />

Mal in die Rolle des James Bond<br />

schlüpfte. Zwölf Jahre zuvor hatte er<br />

zwar „Nie wieder!“ erklärt, aber diesmal<br />

68<br />

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