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FineTobacco[+] 01|21

FREUDE AM LEBEN, SPASS AM GENUSS

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FINE•LIFE<br />

FL: Sie durften sich nicht als Künstler<br />

sehen?<br />

JR: So bin ich aufgewachsen: Künstler<br />

ist man, wenn man Kunst studiert und<br />

Kunst macht. Aber auf einmal bezeicheinen<br />

fünfstelligen Betrag versteigert<br />

werden. Ab und an packt den Deidesheimer<br />

jedoch das Fernweh. „Ich muss<br />

ein Mal im Monat raus aus Deutschland,<br />

ich brauche Kulturfutter, Action,<br />

Weltstadt.“ Nach zehn Tagen in seiner<br />

Lieblingsmetropole New York zieht es<br />

ihn aber wieder heimwärts. Und dann<br />

fährt er Samstagmorgens mit dem Rad<br />

hinauf zum Eckkopfturm, um Bratwurst<br />

tionen in der Musikwelt initiiert hat? Was<br />

ist das für eine Persönlichkeit, was hat sie<br />

mit uns gemacht?“ Immer öfter taucht er<br />

„in die Psychologie dahinter“ ein, spielt<br />

mit der Formensprache: „Wann triggert<br />

es den Betrachter, dass es sich um eine<br />

E-Gitarre handelt?“ Jens Ritters Suche ist<br />

also noch lange nicht zu Ende. Und das ist<br />

gut so. Denn bis dahin wird er wohl noch<br />

viele schöne Stücke erschaffen.<br />

Definition „Künstler“<br />

Fine Life: Sie hatten eine Ausstellung in<br />

der Hohmann Art Gallery, einer sehr bekannten<br />

Kunstgalerie in Palm Springs.<br />

Wurden dort auch Ihre spielbaren Gitarren<br />

gezeigt?<br />

Jens Ritter: Nein. Das möchte ich strikt<br />

voneinander trennen: Auf der einen<br />

Seite die spielbaren Gitarren zum Musizieren<br />

oder Sammeln, auf der anderen<br />

Seite die reine Kunst – nichtfunktionale<br />

Instrumente, Objekte und Installationen.<br />

FL: Bezeichnen Sie sich selbst als<br />

Künstler?<br />

JR: Ich habe mich jahrelang nicht als<br />

Künstler wahrgenommen. Als Kunsthandwerker,<br />

ja. Ich bin gelernter Ingenieur<br />

als Maschinenbauer. Und ich<br />

konnte mich, von meiner psychologischen<br />

Seite aus, nie als Künstler sehen.<br />

Das hat Jahre gedauert, bis ich<br />

vor mir selbst zugeben konnte, dass<br />

ich „Künstler“ bin.<br />

zu essen und zu chillen. „Das ist meine Basis.“<br />

Diese Reduktion auf das Wesentliche<br />

findet man in der Formensprache seiner<br />

Instrumente und als Maximalkonzentrat<br />

in seinen Kunstobjekten. Von der japanischen<br />

Kultur beeinflusst, strebt er nach<br />

Minimalismus. Durch das bewusste Weglassen<br />

werden Dinge sichtbar, die nicht zu<br />

sehen sind. So bringen es seine Skulpturen<br />

auf den Punkt: Auf den ersten Blick<br />

sehen sie aus wie Gitarren, doch es sind<br />

klare Symbole – ohne Saiten, Regler oder<br />

Tonabnehmer ihrer ursprünglichen Funktion<br />

beraubt. „Die E-Gitarre hat sich selbst<br />

ersetzt“, sagt Ritter. Mit dem Grunge in<br />

den 1990ern ist auch sie verschwunden.<br />

„Durch meine Kunstobjekte bin ich da ein<br />

bisschen auf der Suche.“ Viele Sammler,<br />

die keine Gitarre spielen, sich aber extrem<br />

zur Musik hingezogen fühlen, hängen sich<br />

die Stücke an die Wand oder stellen sie<br />

als Symbol für eine bestimmte Ära, als<br />

„Kulturdenkmal“ auf. Gemeinsam mit seiner<br />

Ehefrau, der Künstlerin Simone Rutz,<br />

betreibt der Designer mit „Ritter 27“ eine<br />

nahe gelegene Galerie, wo diese Arbeiten<br />

zu sehen sind. Seit einem Vierteljahrhundert<br />

baut er nun schon Gitarren, doch viele<br />

Fragen sind für ihn noch offen. „Wer ist<br />

die Gitarre, die eine der größten Revolu-<br />

60<br />

<strong>FineTobacco</strong>[+] 01·2021

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