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Flensburg Journal - 226 Juli 2021

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150 Abbildungen.

Autor: Jan Kirschner

nur 19,80 Euro

Sünderup 46 · 24943 Flensburg

Tel.: 0461– 670 00 00

ISBN 978-3-932635-77-9

Die mit der Abschlussprüfung beauftragte Deutsche

Versuchsanstalt forderte weitere Unter-

Wilhelmstraße warf die Besatzung einen Fa l-

drehte eine Schleife über das Zentrum. Über der

lagen an. Es ging im Wesentlichen um einige schirm mit einem großen Blumenstrauß, der für

statische Fragen und das Blaugas, das anstelle

des herkömmlichen Benzins als Treibstoff des war, ab. Die Überraschung verfing sich a lerdings

Reichspräsident Paul von Hindenburg gedacht

LZ127 verwendet werden so lte. Für den ersten in den Telegraphendrähten und musste von einem

Polizisten gerettet werden.

Testaufstieg hatte der „Graf Zeppelin“ noch die

Auflage, nicht über Siedlungen zu fliegen. Nach Derweil diskutierte die Öffentlichkeit über den

klärenden Gesprächen im Kurgartenhotel waren Abstecher der vergangenen Nacht in die Niederlande.

Die nationalkonservative Presse hatte

die Unstimmigkeiten zwischen Berlin und Friedrichshafen

ausgeräumt. Nach dem geglückten berichtet, dass der LZ 127 über das Haus Doorn,

Jungfernflug scherzte Hugo Eckener: „Die Ventile dem Exil des letzten deutschen Kaisers geflogen

haben so gut funktioniert, dass ich beschlossen wäre. „Das stimmt nicht“, musste Hugo Eckener

habe, im Schiff einen Luftkurort einzurichten.“ dementieren. „Wir nahmen direkten Kurs auf Rotterdam,

weil es mit seinen erleuchteten Hafenan-

Am 28. September 1928 kam seine Stimme über

den Äther: „Meine sehr verehrten Damen und lagen der beste Ausgangspunkt für eine nächtliche

Navigationsfahrt über See ist.“ Das „Haus

Herren, guten Morgen!“ Es war das erste Mal,

dass ein Luftschiff an den deutschen Rundfunk Doorn“ lag etwa 20 Kilometer nördlich der Route

angeschlossen war. Der inzwischen 60 Jahre alte des Zeppelins.

Zeppelin-Kommandant bedankte sich bei a len Hugo Eckener befand sich mit seinen Gedanken

Hörern, die zum Bau des LZ 127 beigetragen hatten.

Es ging an diesem Tag über mehrere bayden

brauchen, bis wir drüben sind“, teilte er in

bereits in den USA. „Wir werden 50 bis 80 Stunrische

Städte. Eine knappe Woche später stand Friedrichshafen der versammelten Presse mit.

die 35-stündige Dauerfahrt über die gesamte „Im Luftschiff fliegt man nicht, fährt man nicht,

Republik an.

sondern reist man in der schönsten Art, die man

Am 3. Oktober, einem Mittwoch, war im Morgengrauen

ein Spaziergänger auf der Lecker den 20 Passagieren, die am 10. Oktober an Bord

mit dem Worte Reisen verbindet“, versprach er

Chaussee, vor den Toren Flensburgs, unterwegs. gingen. A les war vorbereitet. Doch auf dem Atlantik

tobten Stürme, viele Drohbriefe Dampfer bekommen, gerieten in dass auf die beiden Luft-

Plötzlich hörte er ein vom Süden kommendes,

undefinierbares Motorengeräusch. Er geriet Seenot. Hugo Eckener schiffe vertagte aus den Nazi-Deutschland Aufstieg, Anschläge verübt

in Panik. „Im Kriege hat man es ja gelernt, das bekam in der Nacht vor werden Anspannung so len. kein Oder Auge war a les nur eine Falschmeldung?

unzähligen Der 68-Jährige Schaulus-wo lte nicht wahrhaben,

Singen der feindlichen und das tiefe Brummen zu. Er spürte den Druck der

der unsrigen Luftvögel zu erkennen“, erzählte er tigen, die ein Spektakel dass erwarteten seine langjährigen – es klatsch-Bestrebungeten aber nur Regen und Wind Liniennetz an das zu Fenster. scheitern Erst drohten. Erst im Februar

um einen

später. Nur 150 Meter über dem Wanderer flog

etwas Gewaltiges: „eine Zigarre mit Feuer an um 5 Uhr legte sich das hatte Unwetter, er sich drei in Stunden Staaten aufgehalten, um die

beiden Enden und in der Mitte.“ Es war der „Graf später erhob sich der „Graf neue Saison Zeppelin“. vorzubereiten. Am 11. Das fliegende Luxusschiff,

auf das den den Atlantik Atlantik und schon 34 Mal erfolgreich

Zeppelin“, der kurz darauf die Flensburger Innenstadt

querte, die Marineschule mit einer Neigung New York.

überquert hatte, so lte in den nächsten Monaten

Oktober 1928 nahm er Kurs

grüßte und gen Kiel entschwand. Wegen

der frühen Morgenstunde hatten

ren. Sogar ein Vertrag mit einem amerikanischen

18 Mal von Frankfurt in die USA und zurück fah-

nur wenige Nordlichter die Passage

Partner war ausgearbeitet, um den Liniendienst

bemerkt. „Doktor Eckener hätte unterwegs

anhalten und einen Grog trinken

Mit dem Schlaf war es vorbei. Hugo Eckener grü-

auf gemeinsame Beine zu stellen.

sollen, bis wir a le aufgestanden sind“,

belte. Weitere Anrufe verbesserten den Kenntnisstand

und schärften das Bild der Katastrophe. Der

schmunzelte man auf den Straßen.

Derweil verkündeten die Morgenblätter,

dass der „Graf Zeppelin“ am

von ungünstigen Winden etliche Stunden Verspä-

„Hindenburg“ hatte über dem Ozean aufgrund

Vormittag in Berlin eintreffen würde.

tung angesammelt, musste dann an der US-Ostküste

heftige Gewitter abwarten. Nach rund drei

Sämtliche Plätze, die einen freien Ausblick

gestatten, wurden von dichten

Stunden nieselte es in Lakehurst nur noch. Die Landung

begann. Plötzlich breitete sich vom Heck in

Menschenmengen belagert. Auf den

Straßen stauten sich die Verkehrsmittel,

Richtung Bug ein Wasserstoff-Feuer aus. Binnen

die Lufthansa ließ zur Begrüßung drei

32 Sekunden verbrannte der „Hindenburg“ zu

Flugzeuge aufsteigen. Das Luftschiff

einem Haufen Aluminiumschrott. 13 Passagiere,

22 Besatzungsmitglieder und ein Mitarbeiter des

Bodenpersonals starben. Lakehurst und der 6. Mai

1937 stehen seitdem für das größte Unglück in der

zivilen Luftschifffahrt.

60 61

Vom „Hindenburg“ blieben nur Trümmer

Am 3. Oktober 1928 über Flensburg: der „Graf Zeppelin“ Starts und Landungen des LZ127 lösten riesige Begeisterung aus

Am nächsten Morgen erreichte der lange Arm

des Berliner Reichsluftfahrtministeriums den Zeppelin-Experten

in Graz. Er musste sofort in die

Hauptstadt kommen, er so lte einer deutschen

Untersuchungskommission angehören, die

schleunigst über den Atlantik entsendet werden

sollte. Schwarzumrandete Extrablätter verkündeten

an a len Ecken und Plätzen in großen Lettern:

„Luftschiff Hindenburg vernichtet“. Um 11.30 Uhr

entstieg Hugo Eckener am Flugplatz Wien-Aspern

einem Maybach-Cabriolet. Einige Reporter

lauerten ihm auf. „Der Zeppelin-Gedanke darf

dennoch nicht untergehen, wir haben noch eine

große Aufgabe zu erfü len“, diktierte der Abreisende

in die Notizblöcke. Zur Unglücksursache

befragt, schloss er einen Sabotage-Akt nicht aus.

Für diese Deutung wurde Hugo Eckener am

Nachmittag in Berlin kritisiert. Sofort wurde er

zum Luftfahrtminister Hermann Göring begleitet.

„Ich habe nie viel von Luftschiffen gehalten,

aber jetzt muss man durchhalten“, sagte dieser.

Hugo Eckener empfahl für das andere Luftschiff

„Graf Zeppelin“, das gerade erst Recife verlassen

hatte, einen Betriebsstopp – bis der Hergang

der Katastrophe gelüftet sein würde. Am Abend

sprach er via Rundfunk zur Nation: „Erst nach eingehender

Prüfung wird man festste len können,

welche Ursachen zu dem tragischen Verlust des

Luftschiffes und dem Tod so vieler Passagiere und

verdienter Besatzungsmitglieder geführt haben.“

Von der Lakehurst-Katastrophe nahm die ganze Welt Kenntnis

Die HAPAG warb für die DELAG Die Fahrten der Zeppeline waren nationale Ereignisse

Überhaupt war Frankfurt in jenen Wochen die den Horizont dann und wann mit einer aufflammenden

Linie säumten.“

Drehscheibe schlechthin. Drei Monate lang wirkte

die „Internationale Luftfahrt-Ausstellung“ (ILA) Am 16. November 1909 war für die neue Aktiengese

lschaft ein Stammkapital von drei Mi lio-

wie ein Magnet auf die Massen. Gerade die Zeppelin-Fabrikate

und die Parseval-Ba lons lieferten nen Mark gezeichnet. Viele Oberbürgermeister

sich ein Rennen um die größte Beliebtheit. Am 11. wo lten in den Aufsichtsrat, keiner wo lte den

September startete der neue LZ 6 in Friedrichshafen

gen Main. Über Freiburg warf Hugo Eckeendienst

unter den deutschen Großstädten –

Anschluss an den Luftverkehr verlieren. Ein Lininer

eine Luftpost ab: „Im Luftschiff funktioniert so lautete das Fernziel. Vorerst gab es aber nur

a les andauernd tade los. Bei den Dörfern stehen

hunderte von Menschen, die das Luftschiff der „fliegenden Zigarren“ zu fördern. Auch das

Rund- und Sonderfahrten, um die Popularität

erwarten und begeistert begrüßen.“ Eindrucksvo

l beschrieb der PR-Chef später die Ankunft in steckte noch in seinen Kinderschuhen.

war damals ein großer Fortschritt: Das Flugzeug

Frankfurt: „Leise und langsam glitten wir durch Mit Alfred Colsmann bereiste Hugo Eckener in

eine lange, sti le Nacht über das weite Dunkel den nächsten Wochen die Städte, die eine Luftschiffstation

wünschten. Letztendlich kamen

dahin, in dem die Erde sich unter uns breitete. Im

fernen Nordosten, scheinbar über dem Vogelgebirge,

stand ein heftiges Gewitter, dessen Blitze chen, Leipzig, Dresden und Hamburg zum

Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Baden-Baden, Mün-

Zuge.

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