2021-08_RegioBusiness
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August 2021 I Jahrgang 20 I Nr. 227
Politik & Wirtschaft 09
Mission Fördergold
Die Suche nach geeigneten Finanzierungen und die Hilfe bei der Antragstellung war
von Anfang an eines der wichtigsten Anliegen der Wirtschaftsförderer des Landkreises.
Für die Gründerväter der
Wirtschaftsförderungsgesellschaft
(WFG) Schwäbisch
Hall war es von Beginn an
ein Anliegen, geeignete Fördertöpfe
von Land, Bund und EU
aufzuspüren und so den Aufbau
von Strukturen, Wirtschaft und
Wohlstand im Landkreis zu forcieren.
Hierfür nutzen sie verschiedene
Möglichkeiten.
ELR Das Entwicklungsprogramm
Ländlicher Raum des
Landes Baden-Württemberg,
kurz ELR, gibt es seit 25 Jahren.
Es ist das wichtigste Strukturförderprogramm
im Landkreis
und unterstützt die Städte und
Gemeinden bei strukturell bedeutsamen
Vorhaben. Gefördert
wird die Schaffung von zeitgemäßem
Wohnraum, die Sicherstellung
der Grundversorgung, gewerbliche
Maßnahmen und Gemeinschaftseinrichtungen.
Dem
Zeitgeist entsprechend wird der
Nachhaltigkeitsgedanke mit einem
Zuschlag für den Einsatz
von CO 2
-bindendenden Baustoffen
in der Tragwerkskonstruktion
gefördert.
Besondere Bedeutung hat
der Förderschwerpunkt Wohnen.
Dabei wird die Umnutzung
landwirtschaftlicher Gebäude
zu Wohnraum, die umfassende
Modernisierung bestehender
Wohngebäude sowie ein
ortsbildgerechter Neubau in den
Zentren der ländlich geprägten
Orte gefördert. Vom Förderzweig
„Grundversorgung“ können
Dorfgasthäuser aber auch
Bäckereien, Metzgereien, Handwerksbetriebe
und medizinische
Praxen profitieren. Im Förderschwerpunkt
„Arbeiten“ können
kleine und mittlere Unternehmen
mit unter 100 Beschäftigten
gefördert werden, insbesondere
mit dem Ziel Gewerbebrachen
zu reaktivieren oder Gemengelagen
zu entflechten.
SPITZE AUF DEM LAND! Mit
dieser Sonderlinie fördert das
Land kleine und mittlere Unternehmen
mit unter 100 Beschäftigten
bei Investitionen, die zur
Entwicklung und wirtschaftlichen
Nutzung neuer Prozesse,
Produkte, Dienstleistungen oder
verbesserter Produktionsverfahren
dienen. Das Förderinstrument
wird durch Mittel der EU
kofinanziert und bis 2027 fortgeführt.
Von den 16 Anträgen,
die von der WFG gestellt wurden,
waren neun mit einem Fördervolumen
von über 3,8 Millionen
Euro erfolgreich.
Neugestaltet: Der Dorfplatz in Rot am See - Brettheim konnte mit LEADER Der Name steht für
ELR-Fördergeldern saniert werden. Foto: WFG „Liaison entre actions de déve-
www.wfg-sha.de
loppement de l’économie rurale“.
Die EU unterstützt damit die
Förderung in sogenannten Aktionsgebieten.
Der Landkreis Schwäbisch Hall
ist mit 24 Gemeinden und Teilorten
aus drei weiteren Kommunen
in der Förderperiode 2014 bis
2020 an den drei Aktionsgruppen
Hohenlohe-Tauber, Jagstregion
und Schwäbischer Wald beteiligt,
die als Vereine organisiert
sind. Aus dem Landkreis Schwäbisch
Hall waren bisher 45 Projekte
mit einem Fördervolumen
von rund 2,7 Millionen Euro erfolgreich.
Die Förderperiode ist
in der Schlussphase. In einer
letzten Tranche erhält jede Aktionsgruppe
voraussichtlich Fördermittel
in Höhe von 500 000
Euro. Die Nachfrage aus dem
Landkreis ist ungebrochen sehr
hoch.
REGIONALBUDGET 2020
erhielten 35 Projekte aus dem
Landkreis die Förderung in
Höhe von insgesamt 230 000
Euro bewilligt. Die Auswahl der
Projekte für 2021 ist ebenfalls
abgeschlossen und der Landkreis
konnte sich über Zuschüsse
in Höhe von 215 000 Euro für
17 Antragssteller freuen. pm
Weiterbildung: Mit dem Stipendium ging es für Zimmerermeister Marc
Hoefner auf der Karriereleiter schneller nach oben. Foto: HWK
Mit Finanzspritze
Wer eine gute Abschlussprüfung hinlegt, kann
sich um ein Stipendium bewerben.
Handwerker, die sich nach
ihrer Ausbildung weiter
qualifizieren möchten und
gute Noten vorweisen können, haben
die Möglichkeit, sich für ein
Stipendium der SBB – Stiftung Begabtenförderung
berufliche Bildung
zu bewerben und bis zu
8100 Euro zu erhalten. Die Handwerkskammer
vergibt jedes Jahr
17 Plätze.
Diese Chance hat sich auch Marc
Hoefner nicht entgehen lassen.
„Für mich war das damals ein Ansporn,
mich anzustrengen und
ein gutes Prüfungsergebnis zu erreichen“,
erinnert sich der junge
Handwerker aus Gaildorf. Mit Erfolg:
Dank seiner guten Leistung
in der Gesellenprüfung konnte er
sich für das Stipendium bewerben.
Finanziert hat er sich damit
die Weiterbildung zum Zimmerermeister
– und das bereits nach
nur einem Jahr als Geselle. Neben
den Gebühren für die Kurse und
Prüfungen, konnte die Förderung
auch die Fahrtkosten helfen abzudecken.
Für das Stipendium können sich
junge Handwerker bewerben, die
nicht älter als 24 Jahre sind und
ihre Abschluss- oder Gesellenprüfung
mit einem Gesamtergebnis
von mindestens 87 Punkten oder
der Durchschnittsnote 1,9 bestanden
haben. Auch wer beim Leistungswettbewerb
des Handwerks
auf Landesebene einen der ersten
drei Plätze erreicht und vom Arbeitgeber
oder der Berufsschule
mit Begründung vorgeschlagen
wird, hat Chancen. Bewerbungsschluss
ist der 31. Oktober. pm
www.hwk-heilbronn.de
Gastkommentar
„Tragt Auseinandersetzungen anders aus!“
Walter Döring: Boykott der Olympischen Spiele 2022 in China bringt nichts – Verlierer sind die Sportler.
Die Geschichte der Olympischen
Spiele ist leider auch
eine lange Geschichte von
Olympia-Boykotten, die sich fortzusetzen
scheint: Das britische
Parlament hat soeben einen Boykott
der Olympischen Winterspiele
2022 in China beschlossen. Die
USA „denken darüber nach“, es
den Briten gleichzutun. Andere
werden folgen.
Sehr zu bedauern und falsch zugleich:
Noch nie hat ein Boykott
von Olympischen Spielen irgendetwas
von dem gebracht, was die
Leidenschaft: Jahrelang haben die Sportler sich auf den Wettkampf
vorbereitet, das soll auch richtig gewürdigt werden.
Foto: NPG-Archiv
Boykott-Befürworter vorgaben
beziehungsweise vorgeben erreichen
zu wollen: Weder sind die
Nazis 1936 durch den Boykott
der Spiele in Berlin durch Spanien
von ihrem verheerenden Weg
abgewichen, noch hat der Boykott
beziehungsweise der Ausschluss
der Sportler von Südafrika von
den Olympischen Spielen 1968 in
Mexiko die Apartheid in Südafrika
beendet, weder hat die Sowjetunion
nach dem Boykott der Spiele
1980 in Moskau durch die USA
und nahezu 60 weiteren Ländern
ihre aggressive Politik gegenüber
und in Afghanistan geändert,
noch hat sich in den USA irgendetwas
geändert, weil die Sowjetunion
und ihre Satelliten wie die
DDR 1984 die Olympischen Spiele
in Los Angeles boykottiert haben.
Was also haben die verschiedenen
Boykottierungen gebracht?
Nichts, rein gar nichts.
Aber was haben sie angerichtet:
Die Boykottmaßnahmen haben
unzählige Sportlerinnen und
Sportler um ihren Lohn für jahrelanges
hartes Training gebracht.
Sportler aus aller Welt haben ihr
ganzes Sportlerinnen- und Sportlerleben
auf das eine große Ziel
ausgerichtet: auf die Teilnahme
an Olympischen Spielen.
Schauen wir doch auf die Spiele
in Tokyo: Leidenschaftlich kämpfende
Sportler, die zusammen lachen,
sich freuen und bei Erfolgen
ihre Tränen nicht zurückhalten
können. Mit einer Medaille
bricht alles aus ihnen heraus, der
Lohn für die Mühen entlädt sich
in Tränen; begeisternde Bilder.
Und wie sagte gerade der Bundestrainer
des Ruder-Achters
Uwe Bender stellvertretend für
alle Sportler: „Ich wünsche mir,
dass wir das, was wir uns die letzten
fünf Jahre hart erarbeitet haben,
bei Olympia bestätigen können“.
Fünf Jahre harte Arbeit für
ein Ziel! (Fünf Jahre nicht vier wie
sonst wegen der Verschiebung im
letzten Jahr).
Dr. Walter Döring
Der gebürtige Stuttgarter Dr.Walter Döring war
lange eine der Galionsfiguren der FDP. Er war Gemeinderat
in Schwäbisch Hall, Vorsitzender der
Landtagsfraktion und Wirtschaftsminister von
Baden-Württemberg. Heute arbeitet der 67-Jährige
als Consultant und hält Vorlesungen an
Hochschulen. Im Kreistag ist er für die Freien Demokraten
politisch aktiv. Döring ist Initiator und
Mitorganisator des Kongresses „Gipfel der Weltmarktführer“
in Schwäbisch Hall und gründete
die Akademie Deutscher Weltmarktführer.
Und dabei ist zunächst die Teilnahme
erstmal wichtiger als das
Gewinnen; „Dabeisein ist alles!“
Dieser olympische Gedanke
„trägt“ seit den ersten olympischen
Spielen 776 vor Christus,
als sich in der alten griechischen
Stadt Olimpia erstmals Sportler
zum Wettkampf trafen.
Und jeder Boykott von olympischen
Spielen widerspricht voll
und ganz dem hehren Gedanken
und dem Ziel, denen das olympische
Feuer ein verpflichtendes
Zeichen setzen möchte: ein Zeichen
für den Frieden. Deshalb
durfte es während der Olympischen
Spiele keine Kriege im Land
geben.
Und nicht zuletzt ist auch die
olympische Flagge ein weiteres
Symbol für die friedliche Idee der
Wettkämpfe. Die auf weißer Flagge
miteinander verbundenen Ringe
stehen für ein friedliches Miteinander
der Kontinente.
Olympia-Boykotteure treten die
hier aufgeführte olympische Idee
mit Füßen und schaden den
Sportlerinnen und Sportlern in
nie wieder gut zu machender Art
und Weise.
Lassen wir Sportlerinnen und
Sportler zu Wort kommen, die
unter dem Boykott der Olympischen
Spiele 1980 in Moskau gelitten
haben: Der heutige IOC Chef
Thomas Bach, damals Aktivensprecher,
„schäumt noch heute
vor Wut und Enttäuschung“ und
sagte: „Im Nachhinein gibt es keinen
Trost für diese Sinnlosigkeit“.
Der Weltklasse-Zehnkämpfer Guido
Kratschmer, 1980 in der Form
seines Lebens und Gold-Kandidat,
sagte 40 Jahre nach dem Boykott:
„Das war schlimm. Ich war
auf dem Tiefpunkt, aber sportlich
absolut auf der Höhe“. Heiner
Brand, der mit seiner Handball-Mannschaft
1978 Weltmeister
geworden war, sah seine
„Olympia-Träume geplatzt“, nicht
wieder gut zu machen. Ulrike Nasse-Meyfarth,
zweifache Goldmedaillengewinnerin,
sagte im Rückblick:
„Man weiß doch, dass immer
die Athleten die Dummen
sind.“ Klaus Wolfermann, Speerwurf-Olympiasieger
1972, urteilte
2020: „Was damals entschieden
wurde, war nicht richtig. Ein
Boykott bringt nichts. Das gilt für
Moskau wie auch für Los Angeles“.
Selbst Helmut Schmidt bekannte
40 Jahre „danach“: „Der
Boykott war ein Fehler“.
Warum also Fehler wiederholen?
Warum wieder Sportlern ihren
Traum von Olympia, den Höhepunkt
ihres Sportlerlebens nehmen,
wenn man doch weiß, dass
ein Boykott nichts, aber auch gar
nichts bringt! Lasst „der Jugend
der Welt“ ihre Olympischen Spiele
und tragt politische Auseinandersetzungen
nicht auf deren Rücken
aus!