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1957<br />
Erste Frau an der Urne: Die Schweizer<br />
Männer stimmen über das<br />
Zivilschutzdienst-Obligatorium für<br />
Frauen ab. Die Walliser Gemeinde<br />
Unterbäch lässt daraufhin erstmals<br />
Frauen abstimmen. Ein Skandal.<br />
Die erste Frau, die an die Urne tritt,<br />
ist die Frau des Gemeindepräsidenten,<br />
Katharina Zenhäusern.<br />
1958<br />
Durchbruch: Gertrud Späth-<br />
Schweizer wird in den Riehener<br />
Bürgerrat gewählt – als<br />
erste Schweizerin in einer<br />
politischen Behörde.<br />
1959<br />
Rückschlag: Das Frauenstimmrecht<br />
wird in einer ersten Abstimmung<br />
mit 67 % Nein-Stimmen<br />
abgelehnt.<br />
1960<br />
Ausnahme-Kantone: Nur Waadt,<br />
Neuenburg und Genf stimmen<br />
der Vorlage zu und führen<br />
das kantonale und kommunale<br />
Frauenstimmrecht ein.<br />
1968<br />
Ein Jahr, das vieles verändert: Ein Polizist weist an der Landsgemeinde in<br />
Trogen, Appenzell Ausserrhoden, eine Frau vom Platz. Im selben Jahr sorgen<br />
Studentenrevolten für soziale Umbrüche.<br />
Verteidigung der Eidgenossenschaft vor<br />
fremden Mächten. «Freiheit meinte in der<br />
Schweiz nicht zwingend die Freiheit des<br />
Individuums, sondern die Unabhängigkeit<br />
der Nation», sagt Joris. Der freie<br />
Schweizer Bürger war somit ein wehrpflichtiger<br />
Soldat, der sein Vaterland verteidigte.<br />
Da die Frauen aber nicht dienstpflichtig<br />
waren, standen ihnen keine<br />
politischen Rechte zu. Was heute absurd<br />
erscheint, war lange ein legitimes Argument:<br />
So war an der Appenzeller Landsgemeinde<br />
noch bis ins Jahr 1991 ein<br />
Degen, Bajonett oder Säbel die Voraussetzung,<br />
um abstimmen zu dürfen. «Frauen<br />
hatten keinen Degen», sagt Joris, «deshalb<br />
durften sie nicht abstimmen.»<br />
Während nach dem Ersten und Zweiten<br />
Weltkrieg immer mehr Nationen das<br />
Frauenstimmrecht einführten, gingen die<br />
Schweizer Frauen leer aus. «Die Schweiz<br />
verspielte ihre demokratische Vorreiterrolle<br />
nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend»,<br />
sagt Historikerin Joris. «Die<br />
Männer im Parlament und im Bundesrat<br />
zeigten keinen Willen, daran irgendetwas<br />
zu ändern.» Es habe schlicht keine Notwendigkeit<br />
gegeben, den Frauen mehr<br />
Mitsprache zu gewähren.<br />
Männer bleiben eisern<br />
Sinnbildlich dafür steht der Umgang<br />
mit zwei Motionen, mit denen die<br />
Nationalräte Herman Greulich (SP) und<br />
Emil Göttisheim (FDP) Ende 1918 das<br />
Frauenstimmrecht forderten. Jahrzehntelang<br />
liess der Bundesrat das Geschäft<br />
uner ledigt in der Schublade verstauben –<br />
«wegen dringenderer Probleme». Um die<br />
Regierung zum Handeln zu bewegen,<br />
Fotos: Keystone/Fotostiftung Schweiz/Theo Frey, Photopress-Archiv/Str (3), ATP/RBA, Aktionskommitee gegen das Frauenstimmrecht, 1968, Orell Füssli<br />
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