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EqualVoice

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<strong>EqualVoice</strong><br />

Nationalrätin<br />

Kathrin Bertschy<br />

«Die Schweiz hat<br />

noch immer<br />

Aufholbedarf»<br />

«Die Schweiz<br />

ist noch eine<br />

sehr junge<br />

Demokratie»,<br />

sagt Kathrin<br />

Bertschy, Co-<br />

Präsidentin des<br />

Frauendachverbands<br />

Alliance F und Nationalrätin<br />

der Grünliberalen. «Das ist<br />

vielen nicht bewusst.» Wirklich<br />

demokratisch sei das Land erst<br />

seit dem Frauenstimmrecht.<br />

Zwar haben Frauen heute alle<br />

politischen Rechte. In der Politik<br />

sind sie dennoch in fast allen<br />

Gremien in der Unterzahl<br />

– vor allem auf Gemeinde- und<br />

Kantonsebene. «Hier hat die<br />

Schweiz noch viel Aufholbedarf.»<br />

Um mehr Frauen in die<br />

Politik zu bringen, initiierte Bertschy<br />

vor den Wahlen 2019 die<br />

überparteiliche Kampagne<br />

«Helvetia ruft». Diese motivierte<br />

Frauen gezielt, für das Parlament<br />

zu kandidieren, und setzte<br />

sich bei Parteien dafür ein,<br />

Frauen auf gute Positionen in<br />

den Wahllisten zu setzen. Mit<br />

Erfolg: 84 Frauen wurden in den<br />

Nationalrat gewählt, so viele wie<br />

nie zuvor. «Das war ein Wendepunkt.»<br />

Nun arbeitet «Helvetia<br />

ruft» daran, dass die ausgewogene<br />

Geschlechterverteilung<br />

mit den nächsten Wahlen zum<br />

Normalfall wird. Besonders im<br />

Blick hat Bertschy den Ständerat:<br />

Dieser hat einen Frauenanteil<br />

von bloss 26 Prozent. «Wenn<br />

wir mehr Frauen als Vorbilder<br />

ins Stöckli bekommen, hat das<br />

eine grosse Sogwirkung.» Dem<br />

politischen Feminismus will<br />

Bertschy so ein anderes Gesicht<br />

geben: Überparteilich, humorvoll,<br />

mehrheitsfähig. Es gebe<br />

schlicht keine Argumente mehr<br />

dafür, Frauen aus der Politik<br />

auszuschliessen. «Es wäre daher<br />

an der Zeit, dass wir nicht<br />

mehr für gleiche Mitspracherechte<br />

kämpfen müssen.»<br />

1990<br />

Nur unter Zwang: Als letzter Kanton führt<br />

Appenzell Innerrhoden das Frauenstimmrecht<br />

ein – aber erst, nachdem er vom Bundesgericht<br />

dazu gezwungen wird.<br />

1991<br />

Erster Frauenstreik: Am 14. Juni<br />

demonstrieren Hunderttausende in der<br />

Schweiz für die Gleichberechtigung.<br />

1996<br />

Das Gleichstellungsgesetz tritt in Kraft:<br />

Es verbietet jede Art der Diskriminierung<br />

am Arbeitsplatz.<br />

2010<br />

Langer Weg: Erstmals gibt es eine<br />

Frauenmehrheit im Bundesrat.<br />

14<br />

che Rechte.» Es sei nötig gewesen, diese<br />

auszubuchstabieren. «Nur so konnten die<br />

Frauen ihre Rechte endlich einfordern.»<br />

Auf dem Papier war die Gleichstellung<br />

damit zwar erreicht. Die systematische<br />

Diskriminierung von Frauen in Gesellschaft,<br />

Wirtschaft und Politik war derweil<br />

weiterhin bittere Realität. Die Wut<br />

der Frauen entlud sich am 14. Juni 1991<br />

in einem landesweiten Frauenstreik, an<br />

dem sich Hunderttausende beteiligten.<br />

Sie empörten sich über das zögerliche<br />

Umsetzen des Gleichstellungsartikels,<br />

der zehn Jahre zuvor vom Volk angenommen<br />

wurde, und forderten Lohngleichheit,<br />

die Bekämpfung sexueller Belästigung<br />

und sexueller Gewalt sowie mehr<br />

soziale Sicherheit und Krippenplätze.<br />

Weiterhin viele Baustellen<br />

Die Proteste wirkten: 1996 verabschiedete<br />

die Schweiz das Gleichstellungsgesetz,<br />

das jede Art der Diskriminierung am Arbeitsplatz<br />

verbietet. «Leider», sagt Gesine<br />

Fuchs, «ist das Gesetz nach wie vor ziemlich<br />

lasch.» Die Frauen müssten bei Diskriminierungen<br />

immer noch selber vor<br />

Gericht klagen. «Staat und Unternehmen<br />

haben dagegen nur wenige Pflichten.»<br />

Zwar müssten seit vergangenem Jahr<br />

etwa grössere Unternehmen eine Lohnanalyse<br />

durchführen. Wird eine Lohndiskriminierung<br />

festgestellt, habe dies<br />

aber keine unmittelbaren Konsequenzen.

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