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Geschlechtergerechte Sprache<br />
Gendern<br />
Wer gendert, verwendet geschlechterbewusste<br />
Sprache – und bezieht<br />
damit weibliche, männliche, intergeschlechtliche,<br />
Trans- oder nicht<br />
binäre Menschen mit ein.<br />
Beidnennung<br />
Werden sowohl<br />
männliche als auch<br />
weibliche Personenbeschreibungen<br />
nebeneinander<br />
genannt,<br />
spricht man von Beidnennung,<br />
Doppelnennung<br />
oder der Paarform,<br />
zum Beispiel:<br />
«Bürgerinnen und<br />
Bürger». Nicht binäre<br />
oder Transmenschen<br />
sind hierbei jedoch<br />
nicht eingeschlossen.<br />
Gender-Pause<br />
Geschlechtergerechte Bezeichnungen werden mit einer Pause<br />
zwischen Wortstamm und Endung ausgesprochen. In der Linguistik<br />
nen<br />
heisst diese gesprochene Pause Knacklaut oder Glottisschlag.<br />
Warum kämpften Sie weiter?<br />
Ich bin eigentlich keine Aktivistin oder Kämpferin,<br />
sondern sehe mich eher als gründliche Analytikerin.<br />
Und ich habe schnell erkannt, wie unglaublich<br />
interessant das Gebiet ist. Und dass ich<br />
richtig lag. Von dieser Erkenntnis konnte mich<br />
nichts mehr abbringen.<br />
Hat sich diese Beharrlichkeit gelohnt?<br />
Absolut. Der Verlust meiner wissenschaftlichen<br />
Karriere hat mir letztlich einen anderen Weg<br />
eröffnet als Vortragsrednerin und freie Publi zistin.<br />
Ich hatte viele Freiheiten, erreichte ein grosses<br />
Publikum und bekam viel Einfluss. Vor allem<br />
lernte ich so meine Lebensgefährtin kennen.<br />
Wirklich, ich hatte und habe ein aufregendes und<br />
gutes Leben.<br />
Generisches Maskulinum<br />
Der Ausdruck beschreibt, wie in der deutschen<br />
Sprache maskuline Bezeichnungen traditionell<br />
geschlechtsübergreifend verwendet werden.<br />
Zum Beispiel meint «Die Bank hat wenige<br />
Kunden» Kundinnen mit. Vor allem diesen<br />
Umstand kritisiert die feministische Linguistik.<br />
Divers<br />
In Deutschland und Österreich können sich Menschen, die<br />
sich als nicht binär (weder männlich noch weiblich) identifizieren,<br />
im Personenstandsregister als «divers» eintragen<br />
lassen. Davon profitieren etwa Intersexuelle und Transmenschen.<br />
In der Schweiz sind bisher nur die Geschlechtseinträge<br />
«männlich» und «weiblich» erlaubt. Die Nationale Ethikkommission<br />
empfiehlt aber die Einführung einer dritten Kategorie.<br />
Geschlechtsneutral<br />
Geben Formulierungen keinen Rückschluss auf<br />
das Geschlecht, sind sie geschlechtsneutral.<br />
Zum Beispiel: Mensch, Kind, Lehrkraft, Verkaufspersonal,<br />
Studierende, Mitarbeitende.<br />
Der Schrägstrich<br />
war insbesondere in<br />
der Schweiz lange die<br />
am häufigsten benutzte<br />
Variante<br />
(«Lehrer/-innen« oder<br />
«Lehrer/innen»)».<br />
Die Bundeskanzlei<br />
empfahl diese Variante<br />
2009 in ihrem «Leitfaden<br />
zum geschlechtergerechten<br />
Formulieren<br />
im Deutschen».<br />
Inzwischen wird der<br />
Gender-Doppelpunkt<br />
immer häufiger eingesetzt.<br />
Seit 2018<br />
verbreitet sich die<br />
Schreibweise im<br />
deutschsprachigen<br />
Raum.<br />
Warum sollen<br />
wir überhaupt<br />
gendern?<br />
In der Sprache sollen alle Geschlechter<br />
gleich behandelt<br />
werden, das ist das Ziel des<br />
Genderns. Denn bisher wurden<br />
männliche Bezeichnungen verallgemeinernd<br />
für alle Geschlechter<br />
verwendet. In den 1960ern forderte<br />
die Frauenbewegung, dass<br />
weibliche Bezeichnungen vermehrt<br />
Eingang in die Sprache<br />
finden. Ab Ende der 1970er kritisierten<br />
feministische Sprachwissenschaftlerinnen<br />
wie Luise F.<br />
Pusch die deutsche Sprache als<br />
«sexistische Männersprache».<br />
In der Folge erschienen ab 1980<br />
in Hochschulen und in Verwaltungen<br />
erste Richtlinien für eine geschlechtergerechte<br />
Sprache. So<br />
wurde in der Schweiz etwa das<br />
Berufsverzeichnis der Berufsverwaltung<br />
im Jahr 1988 geschlechtergerecht.<br />
1993 beschloss der<br />
Bundesrat, die sprachliche<br />
Gleichbehandlung in der Verwaltung<br />
umzusetzen; 2007 wurde<br />
sie im Sprachengesetz rechtlich<br />
verankert.<br />
Zu Beginn der 2000er-Jahre<br />
forderten Menschen aus der<br />
Queer-Community eine Sprache,<br />
die nicht nur Frauen und Männer,<br />
sondern auch nicht binäre<br />
Geschlechtsidentitäten wie<br />
Transgender-Menschen sichtbar<br />
macht. Und zwar mit Schriftzeichen<br />
wie dem Genderstern,<br />
dem Doppelpunkt oder dem<br />
Gender-Gap.<br />
Geschlechtergerechte Sprache<br />
traf stets auf grossen Widerstand.<br />
Eine Mehrheit lehnt diese laut<br />
Umfragen im deutschsprachigen<br />
Raume weiter ab. Eine Norm für<br />
korrektes Gendern besteht ohnehin<br />
nicht, der Duden schreibt<br />
keine solche vor. Dass das Wörterbuch<br />
aber jüngst das generische<br />
Maskulinum abgeschafft<br />
hat, sehen einige als Wendepunkt:<br />
«Die Lehrer» meint nun<br />
wirklich nur Männer.<br />
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