Stahlreport 2022.01/02
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Wissenswertes<br />
Berichte<br />
US-Prüfung von nahtlosen Rohren<br />
Manuelle US-Prüfung Rohrbogen<br />
[Kontakt]<br />
Dr. Axel Willauschus<br />
Breddert 10 a<br />
40723 Hilden<br />
+49 2103 80929<br />
www.drwillauschus.de<br />
q hätte man die Testklassen TC1 und<br />
TC2 auch auf aus Blech umgeformte<br />
und geschweißte Fittings übertragen<br />
können. Man hätte hierfür nur<br />
den Einsatz US-geprüfter Bleche<br />
vorschreiben müssen. Warum man<br />
jedoch auf gleiche Kriterien für aus<br />
Rohren und Blech gefertigte Fittings<br />
verzichtet hat, erschließt sich mir<br />
nicht.<br />
Die späte, erst jetzt in der Ausgabe<br />
11/2<strong>02</strong>1 erfolgte Splittung der<br />
Schweißfittings in TC1 und TC2,<br />
anstatt gleich bei der Erstausgabe<br />
9/2008, ist auch deshalb schwer<br />
nachvollziehbar, weil US-geprüfte<br />
Bauteile insbesondere im Heizkraftund<br />
konventionellen Kohle oder Gas<br />
befeuerten Großkraftwerksbau mit<br />
hohen Prozessdrücken und Temperaturen<br />
relevant sind. Diese Anpassung<br />
kommt letztlich zu spät, da<br />
durch die Energiewende konventionell<br />
befeuerte Kraftwerkstechnologie<br />
zumindest langfristig obsolet<br />
wird. Und will man wirklich bei<br />
Instandhaltungen noch in Betrieb<br />
befindlicher konventioneller Kraftwerke<br />
bei Ersatz von Fittings auf<br />
TC2 umstellen? Aus meiner Sicht<br />
muss man sich hier dann auch<br />
Betriebsgenehmigungen ansehen<br />
und ggfs. überarbeiten.<br />
Die Relevanz<br />
für das Tagesgeschäft<br />
Die wesentliche Änderung bei der<br />
Neuausgabe der Norm ist die Trennung<br />
der Schweißfittings umgeformt<br />
aus Rohren in TC1 und TC2.<br />
Die Relevanz ist auf drei Ebenen zu<br />
betrachten: für die Hauptanwenderbranchen,<br />
für die Händler – und hier<br />
insbesondere die Lagerhalter der<br />
Produkte – sowie für die Projektplaner<br />
und die PED.<br />
Schweißfittings wie Rohre in<br />
TC2 sind insbesondere im Kraftwerksbau<br />
relevant. Und hier in<br />
Abhängigkeit von den Betriebsdrücken<br />
und Temperaturen neben unlegiert<br />
in P235GH bzw. P265GH auch<br />
viel in legierten Güten vom 16Mo3<br />
bis zu den 9 %-igen Chromstählen<br />
P91 und P92. In Chemie und Petrochemie<br />
sind zu 85 % niedrige Drücke<br />
bis i.d.R. max 16 bar und Temperaturen<br />
bis ca 250 °C relevant bis auf<br />
Crackingöfen, in denen auch legierte<br />
Güten wie 5- und 9 %-ige Chromstähle<br />
partiell zum Einsatz kommen.<br />
Der Kesselrohrmarkt, der TC1<br />
und TC2 schon lange kennt, ist ein<br />
guter Indikator für die zu erwartenden<br />
Entwicklungen bei Schweißfittings.<br />
Gut 80 % der im Handel georderten<br />
Rohre sind heute unlegiert<br />
und TC1. Der Anteil unlegiert in TC2<br />
und legierte Güten und damit als<br />
EN-Rohr immer TC2 liegt bei etwa<br />
20 %.<br />
Die zukünftigen Verhältnisse<br />
bei Schweißfittings dürften analog<br />
einzuschätzen sein. Lagerhalter, die<br />
bisher nur P235GH-TC1 gelagert<br />
haben, müssen nur in der EDV ihre<br />
Gütenbenennung um TC1 erweitern,<br />
da nach Erfahrung alle unlegierten<br />
Fittings aus Vorrohren TC1<br />
oder multizertifizierten ohne<br />
US-Prüfung umgeformt worden<br />
sind.<br />
Fittings-Spezialisten<br />
müssen Bestände prüfen<br />
Die Spezialisten für legierte Fittings,<br />
die in Deutschland mit den Lagerhaltern<br />
Buhlmann, rff und Starofit<br />
Klose weitestgehend benannt sein<br />
dürften, müssen mehr tun. Sie müssen<br />
ihre EDV-Systeme bei den Fittings<br />
um TC2 erweitern und insbesondere<br />
ihre Bestände in legierten<br />
Kesselrohrfittings überprüfen, ob<br />
diese aus legierten Rohren EN<br />
1<strong>02</strong>16-2 mit US-Prüfung umgeformt<br />
worden sind oder aus den parallelen<br />
legierten ASTM-Güten, die i.d.R. bis<br />
auf die 9 %-igen Chromstähle ohne<br />
US-Prüfung sind.<br />
Anlagenplaner und Regelwerksfachleute<br />
müssen diese Splittung in<br />
TC1 und TC2 etwas differenzierter<br />
betrachten. Zwar werden die Usancen<br />
im EN-Normen- und Regelwerkskreis<br />
nicht so streng gehandhabt<br />
wie unter ASTM/ASME, wo<br />
Änderungen in ASTM-Normen erst<br />
konstruktionsrelevant werden,<br />
wenn die neue ASTM-Ausgabe auch<br />
in ASME IIA als ASME-Norm veröffentlicht<br />
sind. Aber formal sind neue<br />
EN-Ausgaben unter der PED erst<br />
dann zwingend zu beachten, wenn<br />
sie unter Druckgeräterichtlinie<br />
online im Normen- und Gütenverzeichnis<br />
aufgeführt sind.<br />
In jedem Fall müssen sich die<br />
Regelwerksfachleute für EN 13480,<br />
EN 13445 und EN 12952 mit dieser<br />
neuen Normenausgabe befassen<br />
und die Gütentabellen der entsprechenden<br />
Normenteile 2 aktualisieren.<br />
Gleiches gilt z.B. für den<br />
Arbeitskreis Rohrleitungen in ProcessNet,<br />
der die DIN 21057 für die<br />
Rohrklassen in der Chemieindustrie<br />
inhaltlich im Abschnitt Schweißfittings<br />
anpassen muss. 2<br />
64 <strong>Stahlreport</strong> 1/2|22