Ami du Vin 1/22-D
Offizielles Organ der Schweizerischen Vereinigung der Weinfreunde ANAV
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Bandbreite, Tiefe, Entdeckungen, Hochkarätiges und Kostengünstiges:
Was eine gute Weinkarte ausmacht
Alljährlich werden die besten Weinkarten von Restaurants ausgezeichnet. 2021 hat The Chedi Andermatt diese Auszeichnung
zum vierten Mal in Folge erhalten. Doch was macht eine gute Weinkarte aus? Die Redaktion des Ami du Vin
hat bei zwei Sommeliers – wovon einer im The Chedi Andermatt arbeitet – nachgefragt.
Eine grosse Bandbreite müsse eine gute Weinkarte aufweisen,
sagt Vinzenz Greving, Sommelier im The Chedi Andermatt.
«Dabei müssen die typischen Weinregionen der Welt vertreten
sein, aber auch aufstrebende Regionen. Deshalb haben
wir beispielsweise armenische oder englische Weine auf der
Karte.» Der Weinkeller des The Chedi Andermatt umfasst 1700
Positionen. «Wir wollen auch für den Spanienliebhaber eine
Entdeckung bereithalten», schmunzelt Vinzenz Greving. Wichtig
sei es, aus einer Region verschiedene Winzer, aber auch
Weine zu unterschiedlichen Preisen anbieten zu können.
Die Kompetenzen eines Sommeliers
Dieser Meinung ist auch Marco Franzelin, Sommelier in
Andrea Caminadas Schlosshotel Schauenstein in Fürstenau.
«In der Jahrgangstiefe zeigt sich schnell, ob ein Sommelier
sich mit einer Weinregion oder einem Weingut beschäftigt
hat», urteilt Marco Franzelin. Zufriedenstellend ist die Karte für
ihn nur dann, wenn der Sommelier die guten Jahrgänge der
Region ausgewählt hat. Und auch ältere Jahrgänge müssten
enthalten sein. Eine gute Weinkarte trägt laut Marco Franzelin
die Handschrift des Sommeliers. «Dies ist natürlich erst nach
zwei bis drei Jahren möglich, wenn die Bestände des Vorgängers
ausgetrunken sind.» Trotz dem Bekenntnis zur Handschrift
des Sommeliers müsse die Weinkarte die Vorlieben der
Gäste, den Standort des Restaurants und nicht zuletzt auch
das Budget im Blick behalten. «Ich persönlich mag kalifornische
Pinot Noirs sehr», erklärt er, «da wir aber so nah an der
Bündner Herrschaft mit einer Vielzahl an Pinot Noirs liegen, ist
ein kalifornischer Wein aus dieser Rebsorte gegenüber dem
Gast höchstens als Weinbegleitung zum Menue vertretbar.
In der Situation kann ich erklären, wieso ich einen kalifornischen
einem Bündner Wein vorziehe». Gleichzeitig müsse die
Balance stimmen; neben den Weinen aus der Region solle
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