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Elbufer Rundschau: "Meyer's Gasthof" wird zu "Schillers Landhaus"

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Katemin<br />

Es gab bei den Neu Darchauern einige<br />

,streitbare‘ Familien, und so fanden auch<br />

mal Saalschlachten statt, die bis <strong>zu</strong>r<br />

Brücke reichten! Sogar ein paar Frauen<br />

waren beteiligt, die den Kontrahenten<br />

mit Schuh-Absätzen auf den Kopf<br />

gehauen haben. Und einmal ist sogar<br />

ein Polizist im Krankenhaus gelandet.“<br />

„Alle kamen <strong>zu</strong>m Fußballgucken“<br />

Die lebhaften Erinnerungen reißen nicht ab: „Heinz<br />

Meyer war der erste im Dorf, der ein Fernsehgerät anschaffte.<br />

Wenn Fußballübertragungen der deutschen<br />

Nationalmannschaft stattfanden, war der Klubraum<br />

brechend gefüllt. – Heinz Meyer war ein richtig guter<br />

Typ und clever. Er ist hier in seinem Haus gestorben.“<br />

Seine Ehefrau Paula Meyer hat schließlich im Jahre<br />

1978 den Gasthof verkauft. „Später, <strong>zu</strong>r Zeit vom<br />

,Landhaus Katemin‘, haben da auch mal ein paar Damen<br />

,angeschafft‘. Die leichten Mädchen gingen mit<br />

ihren Freiern nach oben, wo sie Zimmer hatten.“ Bruno<br />

Scheffel schmunzelt: „Ich erinnere mich dabei an<br />

das Drama mit einer Ehefrau aus dem Dorf...“<br />

Der neue Besitzer Christoph Piencka hat die ganze<br />

Zeit aufmerksam <strong>zu</strong>gehört, stellt zwischendurch immer<br />

mal eine Frage. Auch er ist sichtlich gefesselt von<br />

den Schilderungen des Bruno Scheffel, der die großen<br />

Zeiten seiner jetzigen Immobilie auferstehen läßt.<br />

„Alte Häuser erzählen viele Geschichten“<br />

2019 hat Piencka das abrißreife Landhaus erworben. Er<br />

berichtet über sich: „Ich finde alte Häuser einfach faszinierend.<br />

Sie erzählen uns ihre Geschichten. Dieses etwa<br />

war über Jahrzehnte Mittelpunkt des gesellschaftlichen<br />

Dorflebens von Katemin. Viele Generationen haben hier<br />

gefeiert, getanzt und wilde Zeiten erlebt. Es ist grundsätzlich<br />

etwas Gutes, wenn ein Objekt mit so langer<br />

Geschichte wie dieses erhalten <strong>wird</strong>. Und mir bringt es<br />

Spaß, daraus etwas Neues <strong>zu</strong> formen.“<br />

Wir fragen ihn, was für eine Vorgeschichte ihn da<strong>zu</strong><br />

gebracht hat, jetzt dieses alte Haus <strong>zu</strong> renovieren.<br />

Piencka holt weit aus: „Ich habe von 1997<br />

bis 1998 meinen Zivildienst hier in der<br />

Gegend geleistet, auf dem damaligen<br />

‚Demeterhof Tangsehl‘. Das war eine<br />

interessante Zeit, in der ich viel gelernt<br />

habe. Aber ich war immer eher an den<br />

Menschen interessiert. Deshalb habe ich<br />

gerne Aufgaben im Bereich Vermarktung<br />

übernommen, viele der Produkte<br />

gingen nach Hannover und Hamburg.“<br />

„Nach meinem Jahr Zivildienst habe ich mich der Naturkost<br />

so verbunden gefühlt, dass ich meinen ersten<br />

Bioladen aufgemacht habe. Das war nah bei Lüneburg<br />

an der B4. Ein Landwirt hatte seine Milchwirtschaft<br />

eingestellt. Für mein Geschäft habe ich mir seinen<br />

Kuhstall ausgebaut. Dort habe ich Bioware von den<br />

Höfen in dieser Region verkauft. Gleichzeitig war das<br />

die Phase, wo ich gemerkt habe, wieviel Spaß mir das<br />

Handwerkeln macht.“<br />

Und so ging es weiter: „2003 habe ich den ‚Biomarkt<br />

Vitalis‘ in Lüneburg aufgemacht. Da war <strong>zu</strong>vor ein<br />

Aldi-Geschäft drin. Als mein Geschäftsführer abgesprungen<br />

ist, habe ich den Laden an meinen Bruder<br />

verkauft, der ihn nochmal vergrößert hat und noch<br />

heute erfolgreich führt.<br />

Ich hatte mittlerweile gemerkt, dass es Zeit für etwas<br />

Neues ist — das liegt bei uns in der Familie“, schmunzelt<br />

er. „Schon länger reifte in mir die Vision, dass ich<br />

ein Bistro oder Hotel aufmachen wollte, da das Hotelfach<br />

einer meiner erlernten Berufe war. Da entdeckte<br />

ich im Jahre 2007 in Hitzacker ein altes Mehrfamilienhaus,<br />

das ich damals – ziemlich blauäugig – erwarb,<br />

nachdem ich den Bioladen im alten Bauernhof bei<br />

Lüneburg verkauft hatte. Übrigens an ehemalige Mitarbeiter<br />

vom Demeterhof Tangsehl, den Schlachter<br />

Aleksej und seine Frau Martina, die die Käserei und die<br />

Vermarktung dort machte.<br />

Piencka bemerkt abschließend: „Heute habe ich viel<br />

über die vergangenen Zeiten hier erfahren. Wenn ich<br />

die Erinnerungen von Bruno Scheffel höre, würde ich<br />

gerne die alten Zeiten wieder auferstehen lassen.“<br />

Christoph Piencka im <strong>Schillers</strong> Stadthaus in Hitzacker<br />

Text: Hoffmann, Bestuhlungsplan: Architekturbüro Meyer Arc, Fotos: W. Soltau (2), B. Scheffel (1), Ch. Piencka (1), Grafik: S. Reichmann<br />

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