04.07.2022 Aufrufe

deHerisauer_07-22_WEB

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

34 · Hintergrund <strong>07</strong>/20<strong>22</strong><br />

EIN SONNIGES «HOLA, QUÉ TAL!»<br />

BEI DER BÄCKEREI ABDERHALDEN<br />

Beim Betreten des Ladenlokals an der Gossauerstrasse 41 wähnt man sich schon bei der<br />

Begrüssung in südlicheren Gefilden. Die Dominikanerin Rosa Abderhalden ist Seele des<br />

Geschäfts und verleiht den Backwaren ihres Mannes Kurt ein zusätzliches Flair.<br />

Der Mensch lebt bekanntlich nicht vom<br />

Brot allein und der beste Beweis dafür sind<br />

die neckischen und erfrischenden Kommentare,<br />

von denen Rosa eine unerschöpfliche<br />

Auswahl auf Lager hat. Bei jeder Bestellung<br />

kommen sprudelnde Wortsalven als Extras<br />

gratis dazu, frei nach dem Motto «darf’s ein<br />

bisschen mehr sein?». Mit ihrem temperamentvollen<br />

Naturell gelingt es ihr, bei der<br />

Kundschaft oftmals ein herzliches Lachen<br />

hervorzuzaubern und nicht wenige verlassen<br />

bestens gelaunt das Ladenlokal. Dass sie<br />

zudem auch eine zentrale Stütze und ausdauernde<br />

Kraft im Betrieb ist, wertschätzt<br />

ihr Mann Kurt Abderhalden anerkennend.<br />

Er hat im Jahr 1991 die Bäckerei von seinem<br />

Vorgänger Mathäus Vetsch übernommen. In<br />

Spitzenzeiten wurden 24 Mitarbeitende beschäftigt<br />

und man betrieb zusätzliche Ladengeschäfte<br />

an der Schwellbrunnerstrasse und<br />

im Dorf Schwellbrunn. Im vergangenen Jahr<br />

konnten die Abderhaldens gemeinsam das<br />

30-jährige Bestehen ihres Geschäfts feiern.<br />

Eine treue Stammkundschaft über Herisau hinaus<br />

schätzt ihre Produkte. Heute wird nebst<br />

dem Hauptgeschäft an der Gossauerstrasse<br />

noch die Filiale an der Kasernenstrasse 54 betrieben,<br />

ein Standort, der nebst Anwohnern<br />

Rosa Abderhalden hat für alle Kund*innen ein paar freundliche Worte und ein Spässchen parat.<br />

(Bilder: nr)<br />

und Passanten auch oft von Militärangehörigen<br />

frequentiert wird. Dazu kommen Bestellungen<br />

für Anlässe wie Hochzeitsapéros, Kirchenfeiern,<br />

Firmenanlässe oder Firmenznüni.<br />

Aktuell ist die Personalsituation auf acht Mitarbeitende<br />

reduziert und die Rekrutierung<br />

schwierig. Kurt Abderhalden und seine Familie<br />

sind kräftemässig sieben Tage die Woche<br />

gefordert. Die Produktion für die beiden Ladengeschäfte<br />

muss weiterlaufen, auch wenn<br />

derzeit deutlich weniger Frequenzen festzustellen<br />

seien, aufgrund der grossen Baustelle<br />

bei der Katholischen Kirche. So absurd es<br />

tönt, das kommt ihnen derzeit entgegen, bis<br />

hoffentlich wieder geeignetes Personal für<br />

die Backstube eingestellt werden kann.<br />

Eine Vielfalt an Brotsorten, Confiserieprodukten,<br />

Biber und allerlei süsse Mehlspeisen<br />

wie Fruchttörtchen, Hefegebäcke, Nussgipfel,<br />

Frucht-, Käse- und Spinatwähen trifft<br />

den Geschmack der Kundschaft. Es wird täglich<br />

frisch produziert und Produkte wie Mehl<br />

und Fleisch werden von Schweizer Firmen<br />

bezogen. Bei den Milchprodukten und den<br />

Eiern unterstützt man regionale Bauern. Das<br />

knusprige Handbürli mit allerlei Füllungen<br />

ist die eigentliche Spezialität der Bäckerei<br />

Abderhalden. Das Rezept wird gehütet und<br />

stammt noch vom Vor-Vorgängerbäcker Krähenmann.<br />

Letzthin habe er sich aber von einem<br />

Pensionierten erweichen lassen und ihm<br />

das Rezept verraten, lacht Abderhalden, weil<br />

der geklagt habe, dass er am ganzen Bodensee<br />

kein so gutes Bürli bekomme. Seine Backwaren<br />

bietet er als Bürlibeck auch auf dem<br />

Pausengelände der Oberstufe an, nun – nach<br />

der Schliessung der Bäckerei Nef an der Alpsteinstrasse<br />

– beliefern sie beide Schulhäuser<br />

Ebnet Ost und West. Auch die grosszügig<br />

gefüllten Meterbrote sind ein Markenzeichen<br />

und werden gerne für Apéros bestellt. Während<br />

die Filiale an der Kasernenstrasse ein<br />

reiner Verkaufsstandort ist, befindet sich die<br />

Backstube an der Gossauerstrasse im Untergeschoss.<br />

Die Familie wohnt direkt über dem<br />

Ladenlokal. Kurt und Rosa Abderhalden sind<br />

Eltern von drei Kindern im schulpflichtigen<br />

Alter, was «fit hält», wie Abderhalden lachend<br />

erzählt. Die dominikanischen Wurzeln seiner<br />

Frau und Kinder bereichern auch sein Leben<br />

mit viel Fröhlichkeit und Energie.<br />

Der Snackbereich hat sich in den vergangenen<br />

Jahren stark entwickelt, was er als Bäcker<br />

teilweise auch bedauert, weil dadurch<br />

sein eigentliches Handwerk an Bedeutung<br />

verloren hat. Als er den Betrieb seinerzeit<br />

übernahm, existierten noch 4 500 Bäckereien<br />

schweizweit, heute sind es noch 1 100. Die<br />

Grossverteiler und Tankstellenshops hätten<br />

vieles verdrängt. Abderhalden nimmt aber<br />

auch wahr, dass ein neues Wertebewusstsein<br />

für Selbstgemachtes einkehrt und sieht<br />

durchaus Chancen für die Branche. Seine<br />

Zukunft betrifft das nur mehr bedingt, denn<br />

die Pension rückt näher. Rosa Abderhalden<br />

hingegen ist voller Energie, sie bietet heute<br />

schon hausgemachte, feine Menus an, die<br />

nach Wunsch auch direkt vor Ort für den<br />

Verzehr erwärmt werden. Manchmal ist wohl<br />

auch etwas Exotisches aus der Heimat mit dabei,<br />

an Ideen mangelt es nicht. Heuer haben<br />

die Abderhaldens geplant, nach vier Jahren<br />

endlich wieder einmal drei Wochen Ferien in<br />

der Dominikanischen Republik zu verbringen<br />

und mitten auf der Insel zwischen Pazifik und<br />

Atlantik neue Kräfte zu tanken.<br />

<br />

Nadja Rechsteiner<br />

Die Serie «kulinarisches Herisau» berichtet<br />

über Herisauer Unternehmen<br />

oder Vereine, welche sich der Produktion<br />

und dem Verkauf von Nahrungsmitteln<br />

widmen. Dabei wird von Grossverteilern<br />

und Vertriebsketten abgesehen.<br />

In der aktueller Berichterstattung wurde<br />

die Bäckerei der «dreischiibe» bewusst<br />

ausgelassen, da die Institution zu einem<br />

späteren Zeitpunkt aufgegriffen wird.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!