deHerisauer_07-22_WEB
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<strong>07</strong>/20<strong>22</strong> Hintergrund · 35<br />
BÄCKEREI-KONDITOREI FRISCH-<br />
KNECHT: DIE MISCHUNG MACHT’S<br />
Seit dreissig Jahren bietet die Familie Frischknecht in ihrer Bäckerei sowohl traditionelle<br />
wie auch aktuelle Backwaren und Süssigkeiten an. Ein Augenschein in Laden und Backstube.<br />
Vor zwei Jahren gab es essbare WC-Rollen,<br />
im vergangenen Jahr dann Impfkrapfen und<br />
seit vergangenem März Mandelzüngli mit<br />
Rorschach-Klecksen: Die Bäckerei-Konditorei<br />
Frischknecht zeigt sich innovativ und à jour.<br />
Ich treffe mich, für einen weiteren Teil unserer<br />
kulinarischen Reise durch Herisau, mit<br />
dem Ehepaar. Eines vorweg: Dem Haus «Heimat»<br />
sieht man sein «leckeres» Innere schon<br />
von aussen an.<br />
Rita Frischknecht empfängt mich im Laden,<br />
ihren Mann, René Frischknecht, werde<br />
ich später in der Backstube treffen. 1992<br />
übernimmt das Ehepaar mit einer Angestellten<br />
das Geschäft von der Familie Schuchter.<br />
Heute sind es zehn Mitarbeitende. Generell<br />
habe sich in den vergangenen Jahren einiges<br />
verändert. In ihren ersten zwei Jahren konzentriert<br />
sich ihr Betrieb auf die rechte Haushälfte.<br />
Danach erweitert die Familie Frischknecht<br />
den Laden auf die heutige Grösse<br />
inklusiv einer kleinen Kaffeeecke. Auch das<br />
Angebot macht einen grossen Wandel durch.<br />
«Während unseren Anfangszeiten fokussierten<br />
wir uns hauptsächlich auf Brot, weniger<br />
auf Kleingebäck, Patisserie und Imbiss. Heute<br />
ist es eher umgekehrt.» Während Rita Frischknecht<br />
damals rund fünf Eingeklemmte und<br />
Cremeschnitten sowie einige Cremerölleli für<br />
den Tag vorbereitet, lebe die Bäckerei heute<br />
mehrheitlich von den Produkten aus der<br />
Vitrine. Im Jahr 2000 wird die Backstube im<br />
Untergeschoss erweitert. Doch damit ist es<br />
nicht getan. Regelmässig überrascht die Familie<br />
Frischknecht ihre Kundschaft mit neuen<br />
Kreationen. Inspiration holen sie sich dabei<br />
bei aktuellen Ereignissen und auf Reisen. «Wir<br />
bringen immer ein Rezept aus den Ferien mit.<br />
Dennoch legen wir grossen Wert auf Tradition.»<br />
Ihre hauseigene Spezialität seien ihre<br />
Erdbeertörtchen. Die Nachfrage und das Lob<br />
der Kundschaft würden sie darin bestätigen.<br />
Ernährungstrends folgen Frischknechts<br />
nur zurückhaltend, dafür setzen sie eher auf<br />
«Slow-Food». Diese Bewegung steht für gesunde<br />
Ernährung und bewusstes Geniessen<br />
regionaler Lebensmittel. So beziehe die Bäckerei<br />
ihre Zutaten grossmehrheitlich lokal.<br />
«Unsere Milch erhalten wir beispielsweise<br />
vom Bauernhof einer unseren Angestellten.<br />
Zudem geben wir unser Altbrot landwirtschaftlichen<br />
Betrieben. Wir arbeiten bewusst<br />
mit der lokalen Landwirtschaft zusammen<br />
Rita und René Frischknecht präsentieren ihre Hausspezialität: Erdbeertörtchen.<br />
Im Untergeschoss wird täglich fleissig geknetet und gebacken.<br />
und schätzen dies sehr.» Auch im Bereich der<br />
Nachhaltigkeit setzen die Frischknechts ein<br />
Zeichen. Um der Lebensmittelverschwendung<br />
entgegenzuwirken, landen übrig gebliebene<br />
Backwaren am Ende des Geschäftstages<br />
nicht im Abfall, sondern werden dem Winwin-Markt<br />
zu reduzierten Preisen abgegeben.<br />
«Wie überall, ist es auch hier ein Geben und<br />
Nehmen.»<br />
Das Arbeiten in einer Bäckerei bezeichnet<br />
Rita Frischknecht als einen sehr lebendigen<br />
Beruf. Die Familie arbeitet und lebt seit 30<br />
Jahren im gleichen Haus. Nur alleine sind sie<br />
nie. «Wir lieben es, ein volles Haus zu haben,<br />
doch manchmal kommt dadurch unser Privatleben<br />
etwas zu kurz.» Auch dass die Frischknechts<br />
gleichzeitig Ehepaar und Geschäftspartner<br />
seien, sei teilweise herausfordernd.<br />
Umso wichtiger sei eine gute Work-Life-Balance.<br />
Während René Frischknecht den Ausgleich<br />
zum Beruf im Jodelchor findet, befasst<br />
sich Rita Frischknecht gerne mit sich, der Spiritualität<br />
und der Natur. Und natürlich auch<br />
mit Kreativem innerhalb und ausserhalb ihres<br />
Betriebs. «Das Schöne an einem Kleinbetrieb<br />
ist, dass man die eigenen Ideen umsetzen<br />
kann. Es ist einfach toll, dass wir neue Rezepte<br />
ausprobieren können und uns mit unseren<br />
Kreationen ausleben können».<br />
Gegen Ende unseres Gespräches darf ich<br />
den Ort erkunden, wo all diese Kreationen<br />
und Backwaren entstehen: Die Backstube.<br />
Dafür geht es zwei Stockwerke hinunter, oder<br />
einfach dem Duft von frischem Brot nach.<br />
Unten angekommen, begrüsst mich René<br />
Frischknecht – er ist bereits seit zwei Uhr in<br />
der Früh auf den Beinen. Von ihm erhalte ich<br />
einen Einblick in sein tägliches Schaffen. Und<br />
genauso habe ich es mir in einem Bäckerei-<br />
Betrieb vorgestellt: Mehlumhüllte Hände<br />
kneten den Teig auf dem Holztisch, daneben<br />
werden mehrere Platten mit geformten Brötchen<br />
in den Ofen geschoben. Einzig die Grösse<br />
der Backstube überrascht mich. Aber wie<br />
gesagt: Das Haus ist grösser als es scheint.<br />
Und wer kann es mir verdenken: Nach meinem<br />
Besuch gehe auch ich mit einem Erdbeertörtchen<br />
nach Hause.<br />
<br />
Helena Städler<br />
(Bilder: hst)