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<strong>07</strong>/20<strong>22</strong> Porträt · 5<br />

schaft war schon länger Thema. Die Ansprüche<br />

an eine solche Gruppierung hatten sich<br />

verändert», erinnert sich Hanspeter Kessler.<br />

Gewünscht werden weniger Politik und mehr<br />

gesellschaftliche Anlässe. Der Quartierverein<br />

Säge entspricht dem und organisiert nebst<br />

diversen Ausflügen auch eine Chlausenfeier<br />

oder regelmässige Familienpicknicks. Das<br />

Angebot stösst auf reges Interesse – während<br />

der Verein bei seiner Gründungsversammlung<br />

rund 80 Mitglieder zählt, hat sich die<br />

Zahl bis heute auf 260 erhöht. Ab 1987 präsidiert<br />

Kessler den Verein für über 30 Jahre,<br />

2018 übergibt er das Amt Marcel Dörig.<br />

In diesen rund 30 Jahren wird jede Veränderung<br />

der Mitgliederzahl, jede Versammlung<br />

und jede Tätigkeit des Quartiervereins von<br />

Kessler genaustens dokumentiert. Mittlerweile<br />

hat er die Dokumentationen in einem<br />

Buch zusammengefasst, welches – zumindest<br />

von aussen betrachtet – an ein dickes Archivbuch<br />

erinnert. Es zeigt auch: Obwohl sich der<br />

Quartierverein nach seiner Gründung mehrheitlich<br />

auf das gesellschaftliche Zusammenleben<br />

fokussiert, ist der politische Aspekt nie<br />

ganz verloren gegangen. Vor allem die starke<br />

Befahrung der Alpsteinstrasse beschäftigt<br />

die Sägler*innen seit mehreren Jahrzehnten.<br />

sperren. Schliesslich setzten wir dieses Vorhaben<br />

jedoch nicht um». Für Hanspeter Kessler<br />

ist klar: «Es muss eine Lösung gefunden<br />

werden!» Im Durchschnitt passieren pro Tag<br />

rund 20 000 Fahrzeuge die Alpsteinstrasse.<br />

Das beeinträchtigt die Lebensqualität. «Luftverschmutzung<br />

und Lärm haben stark zugenommen».<br />

Zudem sei auch die Unfallgefahr<br />

in den vergangenen vier Jahrzehnten stetig<br />

gestiegen.<br />

Kessler kennt die Zahlen der Alpsteinstrasse:<br />

Sieben Fussgängerstreifen, zwei Bahnübergänge,<br />

elf Einmündungen von Zufahrtsstrassen.<br />

Zudem habe er 55 Liegenschaften<br />

gezählt, welche einen Vorplatz oder eine<br />

Garage direkt an der Alpsteinstrasse hätten.<br />

Hinzu kämen mehrere Bushaltestellen sowie<br />

ein Fahrradstreifen, dessen Bemühungen aber<br />

aufgrund des Verkehrs für Velofahrer*innen<br />

oft zu gefährlich seien. Hanspeter Kessler ist<br />

überzeugt, eine Umfahrung würde die Strasse<br />

um die Hälfte der Fahrzeuge entlasten und<br />

die hiesige Lebensqualität erheblich erhöhen.<br />

Umso enttäuschter sei er, dass die Umfahrung<br />

Herisau vom Bundesrat erneut verschoben<br />

wurde. In den vergangenen vier Jahrzehnten<br />

hat sich Kessler im Quartierverein und in der<br />

Schützengesellschaft Säge für verschiedene<br />

Projekte engagiert. Altersbedingt möchte<br />

er jetzt kürzer treten und sich anderem widmen,<br />

etwa seinen Familienstammbaum nachtragen,<br />

den er bis ins Jahr 1555 zurückverfolgt<br />

habe. Ein sauberer Abschluss aber muss sein.<br />

So fasst er derzeit alle Dokumente der Lesegesellschaft<br />

Säge zusammen. Diese wird er<br />

dem Gemeindearchiv übergeben. Das war’s<br />

dann? Kessler schmunzelt: «Ich weiss gerne,<br />

was hier läuft – und das wird sich auch in Zukunft<br />

nicht ändern.»<br />

<br />

Helena Städler<br />

Der Wandel der Alpsteinstrasse<br />

Laut Hanspeter Kessler habe sich die Strasse<br />

in den vergangenen Jahren immer mehr zur<br />

lebensfeindlichen Fahrbahn entwickelt. «Bis<br />

in die späten 40er-Jahre war die Alpsteinstrasse<br />

Lebensraum, wo sich die Menschen<br />

frei bewegen und die Kinder spielen konnten.»<br />

Am 8. März 1957 wendet sich die Lesegesellschaft<br />

bezüglich des zunehmenden<br />

Verkehrs an den Herisauer Gemeinderat.<br />

«Damals wurde erstmals eine Umfahrungsstrasse<br />

thematisiert und verschiedene Varianten<br />

geprüft.» 1967 wird das Thema ungelöst<br />

ad acta gelegt und erst wieder aktuell,<br />

als der Quartierverein 1986 eine Petition einreicht.<br />

«Wir wollten, dass hier endlich etwas<br />

läuft und eine Lösung gesucht wird. Deshalb<br />

machten wir der Gemeinde Druck und verlangten<br />

von ihr, die Situation gemeinsam mit<br />

dem Kanton erneut zu überprüfen.» Zwischen<br />

1994 und 2006 besteht im Verein zudem die<br />

Arbeitsgruppe «Alpsteinstrasse», welche gemeinsam<br />

mit dem Kanton das Thema Umfahrung<br />

bearbeitet. Mit eigenen Aktionen versuchten<br />

die Sägler zudem auf die unhaltbare<br />

Situation aufmerksam zu machen. So wurden<br />

beispielsweise im Jahr 1994 entlang der Alpsteinstrasse<br />

tropfende Nasen aus Sperrholz<br />

aufgehängt oder die Ausstellung «Alpsteinstrasse<br />

gestern – heute – morgen» mit den<br />

Zeichnungen des Wettbewerbs von Herisauer<br />

Schulklassen. «Einmal waren wir kurz davor,<br />

die Alpsteinstrasse für einige Stunden zu<br />

Haus Blumengarten um ca. 1930: Die Strasse kann noch ohne Behinderung zu Fuss begangen werden.<br />

Das Gasthaus Hörnli um 1903: Das Verweilen auf der Alpsteinstrasse für eine Fotoaufnahme kann noch<br />

gefahrenlos erfolgen. (Bilder zVg.)

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