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AUF ´NE WELTREISE UND ZURÜCK MIT<br />
BÜRGERMEISTER OLIVER SCHMIDT-GUTZAT<br />
Oliver Schmidt-Gutzat hat die Welt<br />
gesehen – als Jurist war er viele<br />
Jahre bei internationalen Organisationen<br />
auf dem Balkan und in Afghanistan<br />
tätig. Irgendwann dann holte es<br />
ihn ein – das Heimweh! Und so verliebte<br />
er sich bei einem Heimatbesuch in die<br />
Kreisstadt Heide, denn „hier ist Leben,<br />
hier ist Charakter“, schwärmt er. Wie es<br />
dazu kam, was die Stadt auszeichnet und<br />
welche Perspektiven der Bürgermeister für<br />
die prosperierende Region sieht, erzählt er<br />
uns von ME2BE.<br />
Herr Bürgermeister, seit dreieinhalb Jahren<br />
haben Sie dieses besondere Amt in<br />
Heide inne. Aufgewachsen sind Sie im<br />
Oliver Schmidt-Gutzat, Bürgermeister der Kreisstadt Heide, über Heides Leuchtkraft bei<br />
Erneuerbaren Energien, die Rückkehr in den Norden und den Charme der Heider<br />
TEXT Sophie Blady, Kristina Krijom | FOTO Stadt Heide<br />
eineinhalb Stunden entfernten Preetz.<br />
Was verbindet Sie mit Heide?<br />
Schleswig-Holstein und die Menschen.<br />
Mit 19 Jahren verschlug es mich zunächst<br />
nach Lübeck, anschließend nach Hamburg<br />
und Saarbrücken – gefolgt von 15 Jahren<br />
auf dem Balkan und in Afghanistan.<br />
Irgendwann packte mich das Heimweh nach<br />
Schleswig-Holstein. Ich entdeckte Heide und<br />
zog – frisch mit dem Amt des Bürgermeisters<br />
betraut – hierher.<br />
Weshalb wollten Sie überhaupt Bürgermeister<br />
werden?<br />
Von Haus aus bin ich Jurist. Über die<br />
Jahre habe ich bei internationalen Organisationen<br />
viele Erfahrungen im Bereich<br />
Menschenrechte und Rechtsstaatsprinzip<br />
sammeln können. Während meiner Zeit auf<br />
dem Balkan hatte ich immer wieder mit<br />
Ministern und Bürgermeistern zu tun. Daraus<br />
resultiert mein Interesse an der Arbeit<br />
des Bürgermeisters.<br />
Was fasziniert Sie an diesem Amt und mit<br />
welchen Herausforderungen müssen Sie<br />
als Person der Öffentlichkeit umgehen?<br />
Ich finde es toll, vor Ort mitzugestalten und<br />
die Ergebnisse unmittelbar sehen zu können.<br />
Die meisten Herausforderungen entstehen<br />
aus den Anforderungen unserer Zeit:<br />
Digitalisierung, Energiewende und nicht<br />
zuletzt die Erwartungen, die die Menschen<br />
zu Recht an eine lebenswerte Stadt haben.<br />
Uns ist wichtig, den Erwartungen gerecht zu<br />
werden, die Modernisierung der Stadt voranzutreiben<br />
und die Bürgerinnen und Bürger<br />
an solchen Prozessen zu beteiligen.<br />
Welche Perspektiven bietet Heide jungen<br />
Menschen?<br />
Heide ist sehr familienfreundlich und die<br />
Landschaft äußerst ansprechend. Wir haben<br />
das Meer und die Natur in der Nähe und auch<br />
die Innenstadt ist grün. Aktuell tut sich<br />
eine ganze Menge im Bereich Erneuerbare<br />
Energien. Ich halte es für eine spannende<br />
Herausforderung, mich zu fragen, wie sieht<br />
Heide 2030, 2045 aus? Arbeitet man in der<br />
Verwaltung, kann man daran konkret mitwirken<br />
und mitgestalten – ob direkt bei der<br />
Städteplanung oder indirekter bei Veranstaltungen,<br />
im Bereich Verkehrsräume oder<br />
auch in aktuell entstehenden Bereichen.<br />
Meinen Sie damit die Pläne zur Entstehung<br />
einer Batteriefabrik der Firma Northvolt<br />
bei Heide?<br />
Genau, da sind gerade große Investitionen<br />
im Bereich der Batteriezellenfertigung für<br />
Elektroautos geplant. Natürlich auch mit<br />
dem Anspruch, umweltfreundlich zu produzieren<br />
und zu entsorgen – umweltfreundlicher<br />
als es derzeit der Fall ist. Die Herstellung<br />
von Batterien ist sehr energieintensiv.<br />
Northvolt möchte für den Großteil der benötigten<br />
Energie Windenergie nutzen und das<br />
ist es, was wir hier bieten. Wir möchten die<br />
Wertschöpfung bei uns vor Ort schaffen.<br />
Was bedeutet das konkret für die jetzigen<br />
und künftigen Bewohnerinnen und<br />
Bewohner von Heide, wenn der Bedarf an<br />
Wohnraum und Kitaplätzen steigt?<br />
In der Ansiedlung eines so großen Unternehmens<br />
bei der Stadt liegt eine große Chance<br />
für die Stadtentwicklung. Die neuen Einwohnerinnen<br />
und Einwohner verteilen sich<br />
auf die Region. Zudem eröffnet ein solch<br />
großes Unternehmen vielen die Möglichkeit,<br />
hierzubleiben, weil neue Arbeitsplätze entstehen,<br />
die vorher nicht oder wenig in der<br />
Region angeboten wurden – beispielsweise<br />
im Ingenieurbereich. So eine Ansiedlung<br />
erzeugt auch häufig Folgeansiedlungen<br />
anderer Firmen. Wir bekommen momentan<br />
fast wöchentlich Anfragen. Diese Entwicklungschancen<br />
wollen wir nutzen, am Puls<br />
der Zeit bleiben und Heide noch familienfreundlicher<br />
gestalten.<br />
Was treibt weitere Unternehmen an,<br />
sich für einen Standort bei Heide zu<br />
interessieren?<br />
Neben den Erneuerbaren Energien sind es<br />
auch die Synergien, die sich ergeben. Die<br />
meisten Anfragen sind jedoch aus dem<br />
Bereich Erneuerbare Energien. Wir als Region<br />
treffen letztlich die Auswahl.<br />
„Heides Flair und die<br />
Menschen haben es mir<br />
von Anfang an angetan.“<br />
Ist Heide als Leuchtturmstandort für<br />
Erneuerbare Energien denkbar?<br />
Tatsächlich sind wir von der Landesregierung<br />
neben weiteren Regionen als Innovationszentrum<br />
ausgerufen. Die Auszeichnung<br />
zeigt die Attraktivität unseres Standorts,<br />
sie wird unsere Bekanntheit steigern und<br />
so auch junge Menschen mit ihren Familien<br />
anziehen. Neben Windenergie sind wir ja<br />
auch in der Erforschung und Entwicklung<br />
von Wasserstoff tätig und bewerkstelligen<br />
den Umbau einer ganzen Raffinerie auf<br />
Wasserstoff und künstliches Kerosin. Der<br />
Anspruch der Firma Northvolt an die Landesregierung<br />
ist, dass man mit dem Zug<br />
unter einer Stunde von Heide nach Hamburg<br />
kommt. Gerade solch eine optimierte Anbindung<br />
macht Heide auch für junge Menschen<br />
attraktiver.<br />
Was tun Sie noch, um junge Menschen von<br />
Heide zu überzeugen?<br />
Als Arbeitgeber bieten wir als Stadt die Möglichkeit,<br />
ein- bis zweimal in der Woche vom<br />
Home Office aus zu arbeiten – auch schon<br />
vor Corona. Wir möchten pendelnden Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern die Möglichkeit<br />
geben, weniger fahren zu müssen und<br />
generell die technischen Möglichkeiten mehr<br />
zu nutzen. Im Zentrum der Stadt entsteht<br />
zudem gerade ein Co-Working-Space mit<br />
angebundenem Pop-up-Store. Junge Menschen<br />
erreichen wir auch durch unsere enge<br />
Zusammenarbeit mit der Fachhochschule<br />
Westküste – zum Beispiel wenn Abschlussarbeiten<br />
zu Themen wie Markenbildung oder<br />
Attraktivität der Innenstadt entstehen. Von<br />
der Fachhochschule werden auch Befragungen<br />
durchgeführt, die sich unter anderem<br />
der Frage widmen: Was wünschen sich junge<br />
Menschen von einer attraktiven Innenstadt?<br />
Inzwischen haben wir Studierende aus ganz<br />
Deutschland und freuen uns über einen<br />
guten Ruf.<br />
Welchen Fußabdruck möchten Sie als Bürgermeister<br />
von Heide einmal hinterlassen?<br />
Heides Flair und die Menschen haben es<br />
mir von Anfang an angetan. Ich mag auch<br />
Heides Eigenständigkeit, dass die Stadt für<br />
sich steht. Hier ist Leben, hier ist Charakter.<br />
Ich möchte für die Digitalisierung und eine<br />
bürgernahe Verwaltung stehen und wünsche<br />
mir, dass man viele Dienstleistungen auch<br />
digital nutzen kann. Ich möchte den Menschen<br />
in Heide ein gutes Leben und gute<br />
Arbeit ermöglichen. Nächstes Jahr beginnen<br />
wir mit dem Bau eines Schulzentrums für<br />
1300 Schülerinnen und Schüler. Das ist für<br />
mich wichtig: Gute Bildung, ein passendes<br />
Kitaangebot und auch die Möglichkeit, nach<br />
der Schule in der Region zu bleiben oder<br />
später zurückkommen, weil es hier genug<br />
gute Jobperspektiven gibt.<br />
Welche Unternehmen spielen in Heide eine<br />
große Rolle?<br />
Im Halbleiterbereich gibt es ein erfolgreiches<br />
Unternehmen; das gilt auch für eine Firma,<br />
die Wasserpumpen in die ganze Welt liefert.<br />
Ehemalige Studierende sind im Bereich der<br />
Produktionsüberwachung durch Kameras<br />
ebenfalls erfolgreich tätig. Vor allem das<br />
Westküstenklinikum bietet viele attraktive<br />
Arbeitsplätze und ist mit 2000 Angestellten<br />
der größte Arbeitgeber. Zusätzlich gibt es<br />
zahlreiche Handwerksbetriebe.<br />
Was macht den typischen Heidener aus?<br />
Der typische Heidener sagt von sich, dass<br />
er sehr speziell ist und ein bisschen zugeknöpft<br />
– Westküste eben. Ich muss aber<br />
sagen, dass das so gar nicht stimmt, denn<br />
die Menschen sind eigentlich wahnsinnig<br />
aufgeschlossen, aber auch direkt, wie alle<br />
Schleswig-Holsteiner. Hier gilt ein Wort und<br />
man kann sich darauf verlassen.<br />
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