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SCHULE<br />

COMPANIES<br />

AZUBIPORTRAITS<br />

Früher wandelte sie Torchancen um,<br />

heute begleitet sie Unternehmen<br />

beim Wandel in Richtung Nachhaltigkeit<br />

und setzt sich als Aufsichtsrätin<br />

beim HSV für mehr Diversität und Nachhaltigkeit<br />

im Fußball ein. Die Rede ist<br />

von Lena Schrum. Als gebürtiges Nordlicht<br />

kam sie 1991 in Heide zur Welt, wuchs in<br />

Dörpling auf und lernte im eigenen Garten<br />

den Fußball lieben. Nach ihrem Abitur am<br />

Werner-Heisenberg-Gymnasium studierte<br />

sie neben ihrer Sportkarriere Sportmanagement<br />

und -kommunikation und absolvierte<br />

anschließend den Master Marketingmanagement.<br />

Heute lebt sie im pulsierenden<br />

Berlin und ist Co-Founderin und Co-CEO bei<br />

der Nachhaltigkeitsplattform aware_THE-<br />

PLATFORM. An ihrer Heimat Heide vermisst<br />

sie neben Familie und Freunden am meisten<br />

die Nähe zum Meer und die Kohltage.<br />

FRÜHER ABWEHR, HEUTE OFFENSIVE<br />

Die einstige Erstbundesligistin Lena Schrum im Interview über ihre Fußballkarriere,<br />

Handlungsbedarf im Frauenfußball und ihr nachhaltiges Beratungsunternehmen<br />

TEXT Kristina Krijom | FOTO aware THE PLATFORM GmbH<br />

Lena, in jungen Jahren blickst du bereits<br />

auf eine beeindruckende Fußballkarriere<br />

zurück. Welche Momente haben sich für<br />

immer in dein Herz geschrieben?<br />

Der schönste Moment, den ich in meiner<br />

sportlichen Laufbahn erleben durfte, war<br />

der Aufstieg mit dem 1. FC Köln in die 1.<br />

Bundesliga in der Saison 2014/15. Wir<br />

hatten in den Jahren zuvor immer um den<br />

Aufstieg gekämpft, ihn aber knapp verpasst.<br />

Umso erlösender und emotionaler war der<br />

finale Aufstieg.<br />

Wann hast du begonnen, Fußball zu spielen<br />

und wieso hast du dich für eine Vereinsmitgliedschaft<br />

entschlossen?<br />

Ich habe schon sehr früh als kleines Mädchen<br />

angefangen, mit meinem älteren Bruder<br />

Thies (1,5 Jahre älter) im Garten Fußball<br />

zu spielen. Mein Bruder spielte im Verein<br />

und ich stand immer am Seitenrand und<br />

habe zugeguckt. Eines Tages hatte das Team<br />

meines Bruders zu wenig Spieler und so<br />

wurde mir ein Trikot über- und Sportschuhe<br />

angezogen. Mein erstes Fußballspiel habe<br />

ich also eher durch Zufall bestritten. Da<br />

muss ich etwa fünf Jahre alt gewesen sein.<br />

Damit war das Feuer entfacht und ich trat<br />

nach diesem Spiel dem Team meines älteren<br />

Bruders bei.<br />

Gab es einen Schlüsselmoment, der dir<br />

offenbarte, Profi werden zu wollen oder<br />

ist deine Karriere organisch gewachsen?<br />

Als kleines Mädchen habe ich nie davon<br />

geträumt, Profi-Fußballerin zu werden. Es<br />

hat sich eher organisch entwickelt. Als Kind<br />

und Jugendliche habe ich lange Zeit Fußball,<br />

Tennis und Handball parallel gespielt.<br />

Als ich dann sowohl im Handball als auch im<br />

Fußball in die Auswahlmannschaften berufen<br />

wurde, musste ich mich für eine Sportart<br />

entscheiden und entschied mich für den<br />

Fußball. Ein Schlüsselmoment in meiner<br />

sportlichen Laufbahn war Holstein Kiel. Mit<br />

meinem Wechsel in die 2. Bundesliga wechselte<br />

ich gleichzeitig in ein professionelleres<br />

Umfeld und entwickelte eine gute Basis für<br />

meine sportliche Laufbahn. Der nächste<br />

Schlüsselmoment war dann der Wechsel zum<br />

1. FC Köln. In Köln konnte ich mich durch<br />

den größeren Fokus auf den Fußball sportlich<br />

besser entfalten. Mehr Trainingseinheiten,<br />

diversere Trainingsangebote, mehr Individualisierung.<br />

Das war ein sehr wichtiger<br />

Schritt in meiner Karriere.<br />

Welche Rolle hat deine Familie bei deiner<br />

Karriere gespielt?<br />

Meine Familie spielte eine wichtige Rolle<br />

in meiner sportlichen Karriere. Zum einen<br />

führte mich mein Bruder an den Fußball<br />

heran. Zum anderen fuhren meine Eltern<br />

mich zu allen Trainingseinheiten und Meisterschaftsspielen.<br />

Hätte meine Mutter mich<br />

damals nicht viermal die Woche von Heide<br />

nach Kiel zum Training gefahren, wäre ich<br />

niemals in der Bundesliga gelandet.<br />

Was waren Highlights deiner Karriere und<br />

was Tiefpunkte?<br />

Ein Highlight war der Aufstieg mit dem 1. FC<br />

Köln in die 2. Bundesliga. Ich würde nicht<br />

von Tiefpunkten reden, weil jede Erfahrung<br />

wichtig für die weitere Entwicklung ist.<br />

Lehrreiche Momente waren zum einen der<br />

direkte Abstieg in die 2. Bundesliga mit dem<br />

1. FC Köln sowie Verletzungen im Laufe der<br />

Karriere. Doch ich bin dankbar für all diese<br />

Momente, weil sie am Ende meinen Charakter<br />

geformt haben. Der richtige Umgang mit<br />

Siegen und Niederlagen hilft mir heute im<br />

beruflichen Kontext sehr.<br />

Wie steht es um den Frauenfußball heute?<br />

Was läuft gut?<br />

Der Frauenfußball hat sich in den letzten<br />

Jahren stark weiterentwickelt. Die diesjährige<br />

EM war beeindruckend. Der Sport wird<br />

immer attraktiver – schneller, körperlicher,<br />

taktisch sowie technisch anspruchsvoller.<br />

Es macht einen riesen Spaß zuzuschauen.<br />

In Bezug auf die Rahmenbedingungen –<br />

infrastrukturell sowie monetär – hat sich<br />

auf nationaler Ebene schon sehr viel getan.<br />

„Der schönste Moment,<br />

den ich in meiner<br />

sportlichen Laufbahn<br />

erleben durfte, war der<br />

Aufstieg mit dem<br />

1. FC Köln in die<br />

1. Bundesliga in der<br />

Saison 2014/15.“<br />

„Equal Pay“ wurde im Rahmen der EM stark<br />

diskutiert. Nationen wie beispielsweise<br />

Spanien, England oder Norwegen gehören<br />

zu den Ländern, die bereits Vereinbarungen<br />

über die Lohngleichheit zwischen ihren<br />

Männer- und Frauenmannschaften getroffen<br />

haben.<br />

Wo siehst du Handlungsbedarf?<br />

Trotz der großen Fortschritte auf nationaler<br />

Ebene bleibt ein Kernproblem in Deutschland<br />

bestehen: die großen Leistungsunterschiede<br />

in der Bundesliga. Anders als in<br />

der höchsten Spielklasse der Männer gibt<br />

es bei den Frauen viele Spielerinnen, die<br />

nicht allein von ihren Einnahmen aus dem<br />

Fußball leben können. Ich habe es selbst<br />

als Spielerin erlebt – wenn man neben dem<br />

Profisport studiert und arbeitet, ist man<br />

niemals in der Lage, das volle Leistungspotenzial<br />

auszuschöpfen. Hier sind wir noch<br />

weit entfernt von Gleichberechtigung und<br />

Chancengleichheit. Auch bei den Funktionsgebäuden<br />

gibt es große Unterschiede, etwa<br />

bei den Trainingsplätzen und den Umkleideräumen.<br />

Viele Vereine haben keine Vollzeit-Angestellten<br />

oder Physiotherapeuten.<br />

Es sind diese kleinen Dinge, die geändert<br />

werden müssen, um die Chancengleichheit<br />

zu verbessern. Bei einigen Vereinen, wie<br />

zum Beispiel Wolfsburg oder Bayern, herrschen<br />

schon professionellere Bedingungen.<br />

Bei anderen, kleineren Vereinen ist noch viel<br />

Luft nach oben. Diese Ungleichheit innerhalb<br />

der Frauen-Bundesliga wäre das erste,<br />

das verändert werden müsste.<br />

Welchen Tipp gibst du aufstrebenden<br />

Sportlerinnen mit dem gleichen Traum?<br />

Glaubt an euch, arbeitet hart und sucht<br />

euch ein Umfeld, in dem ihr wachsen könnt.<br />

Heute bist du Aufsichtsrätin beim HSV.<br />

Was möchtest du in dieser Funktion<br />

bewirken?<br />

Ich möchte mit meiner Erfahrung als Profifußballerin<br />

und Gründerin einer Nachhaltigkeitsplattform<br />

dazu beitragen, die<br />

Transformation im Bereich Nachhaltigkeit<br />

und Diversität weiter voranzutreiben. Es ist<br />

mir eine besondere Freude, meine Vergangenheit<br />

und meine Gegenwart mit meiner<br />

Leidenschaft, dem Sport, zu vereinen. Der<br />

Sport steht größtenteils noch am Anfang<br />

der Entwicklung im Bereich ESG, hat aber<br />

ein enormes Potenzial, gesellschaftlichen<br />

Mehrwert zu schaffen (Anm. d. Red: ESG<br />

steht für die Berücksichtigung von Kriterien<br />

aus den Bereichen Umwelt (Environmental),<br />

Soziales (Social) und verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung (Governance)).<br />

Du bist Co-Founderin und Co-CEO bei der<br />

Nachhaltigkeitsplattform aware_THE-<br />

PLATFORM in Berlin. Worum geht es bei<br />

deiner Arbeit und inwiefern profitierst<br />

du in deiner täglichen Arbeit von deiner<br />

Fußballkarriere?<br />

Wir haben es uns zur Mission gemacht,<br />

Unternehmen eine Guidance auf ihrem Weg<br />

in die Nachhaltigkeit zu geben. aware_<br />

THE PLATFORM gibt Unternehmen, Politik,<br />

Wirtschaft und Privatpersonen einen schematischen<br />

Überblick sowie Impulse auf einer<br />

Plattform, um Transparenz und Orientierung<br />

in Sachen Nachhaltigkeit zu schaffen. Wir<br />

haben eine E-Learning Akademie ins Leben<br />

gerufen, um Mitarbeiter in den Bereichen<br />

ESG fortzubilden und sie somit zu befähigen,<br />

die Nachhaltigkeitsstrategien ihres<br />

Unternehmens umzusetzen.<br />

Was bietet deine Heimat Heide, was Berlin<br />

nicht bietet und worauf freust du dich<br />

besonders, wenn du nach Hause kommst?<br />

Ganz wichtig: Die Nähe zum Meer. Und natürlich<br />

meine Familie. Dithmarschen ist meine<br />

Heimat und ich freue mich jedes Mal, wenn<br />

ich nach Hause komme und dem Trubel der<br />

Großstadt entfliehen kann. Dieses Jahr habe<br />

ich tatsächlich das erste Mal Urlaub in der<br />

Heimat gemacht – konnte ich mir damals als<br />

Jugendliche nicht vorstellen. Früher wollte<br />

ich so schnell wie möglich raus in die weite<br />

Welt. Heutzutage genieße ich die Ruhe und<br />

die Nähe zur Natur zum Entschleunigen.<br />

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