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BOKU Magazin 2/2023

Inhaltsverzeichnis 3 Editorial 4 Featuring Future Conference 2023: Energie der Zukunft 8 Verkehrswende 12 Kreislaufwirtschaft 16 Konsum neu denken 20 Gesellschaftlicher Wandel 24 Wissenschaftliches Porträt Gernot Stöglehner 27 Interview BauertothePeople 30 Eröffnung Wasserbaulabor 34 Lehrportfolio 36 Verkehrsseminar 40 Raumplanungslehre 42 Drei neue Masterstudien 44 COwLEARNING 46 Italienische Gäste an der PBU 48 Erster „Internationaler Tag der Schakale“ 51 Gender & Diversity 54 Splitter 56 Research Data 58 Forschung FAQ / Strategische Kooperation BOKU-Umweltbundesamt

Inhaltsverzeichnis

3 Editorial

4 Featuring Future Conference 2023:
Energie der Zukunft

8 Verkehrswende

12 Kreislaufwirtschaft

16 Konsum neu denken

20 Gesellschaftlicher Wandel

24 Wissenschaftliches Porträt
Gernot Stöglehner

27 Interview BauertothePeople

30 Eröffnung Wasserbaulabor

34 Lehrportfolio

36 Verkehrsseminar

40 Raumplanungslehre

42 Drei neue Masterstudien

44 COwLEARNING

46 Italienische Gäste an der PBU

48 Erster „Internationaler Tag
der Schakale“

51 Gender & Diversity

54 Splitter

56 Research Data

58 Forschung FAQ / Strategische
Kooperation BOKU-Umweltbundesamt

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„Sind wir eigentlich dafür da, um die<br />

Zwischenlager für Produkte zu sein?“<br />

In seiner Keynote zum Topic „Konsum neu denken“ hält Harald Welzer ein eloquentes Plädoyer<br />

dafür, Konsum eben nicht neu-, sondern wegzudenken. Denn: Innerhalb der bestehenden<br />

Zuschüttung mit Produkten könne der Sprung hinaus nicht gelingen.<br />

Von Andrea Heinz<br />

Darüber, wie wir „Konsum neu denken“<br />

könnten, will Soziologe und<br />

Sozialpsychologe Harald Welzer<br />

in seiner Keynote überhaupt<br />

nicht sprechen – vielmehr darüber, wie<br />

extrem jung unsere Konsumgesellschaft<br />

ist, und dass Narrative nicht verbal sein<br />

müssen. „Wir sind Teil eines Narrativs,<br />

das sich über die beständige Zuschüttung<br />

der Welt mit Produkten formuliert.“<br />

Eine Infrastruktur, die aus Straßen für<br />

den Individualverkehr, Tankstellen und<br />

Autohäusern besteht, ist ebenfalls eine<br />

„Erzählung über das So-Sein der Welt“.<br />

Unsere Kultur behaupte die Fiktion, dass<br />

eine permanente Steigerung nicht nur<br />

möglich, sondern notwendig sei. „Eine<br />

ganz große Geschichte, die einfach<br />

falsch ist. Jedes Kind versteht, dass in<br />

einem endlichen Universum keine endlose<br />

Steigerung möglich ist.“ Was die<br />

Folgen dieser Erzählung sind, sei spätestens<br />

jetzt überall bemerkbar, dennoch<br />

würde behauptet, sie seien durch weitere<br />

Steigerung in den Griff zu bekommen.<br />

Anschaulich beschreibt Welzer die Widersprüche<br />

unserer Gegenwart aus der<br />

Perspektive der fiktiven Nachgeborenen:<br />

Eine Gesellschaft, die Regalmeter<br />

an Literatur zur Klimakrise und Bewegungen<br />

wie Die Grünen oder Greenpeace<br />

hervorgebracht hat – und zugleich das<br />

Konzept der Kreuzfahrtreisen oder maximal<br />

klimaschädliche Luxuswägen mit<br />

bizarrer PS-Zahl und einem Hybrid-Elektromotor<br />

als Zierde.<br />

Welzer erzählt vom VW-Golf, den er gemietet<br />

und der ihn daraufhin „hunderte<br />

Kilometer permanent terrorisiert und<br />

bevormundet“ habe. Wir befänden uns in<br />

einem sozialpsychologischen Zustand, in<br />

dem die Produkte uns nicht mehr dienen,<br />

sondern wir darauf konditioniert werden,<br />

den Produkten zu dienen. Es gebe ein beständiges<br />

Anwachsen der Produktmenge<br />

bei gleichzeitiger Verringerung ihrer Lebensdauer.<br />

Mittlerweile existiert auf der<br />

Erde mehr tote als lebendige Materie, der<br />

Großteil davon aus der Nachkriegszeit.<br />

Was also tun? „Ich verrate Ihnen ein<br />

Geheimnis: Innerhalb des Bestehenden<br />

kommen wir da nicht raus.“ Es gehe nicht<br />

darum, Konsum neu-, sondern ihn wegzudenken.<br />

Die internationale Glücksforschung<br />

zeige, dass über einem gewissen<br />

Einkommensniveau das subjektive<br />

Glücksempfinden nicht mehr ansteigt.<br />

An diesem Punkt in einen gesellschaftlichen<br />

Dialog über ein gelingendes Zusammenleben<br />

einzusteigen, war aber mit<br />

der Wachstumslogik nicht kompatibel,<br />

weshalb es etwa seit den 1980ern eine<br />

beständige Produktion von Bedürfnissen<br />

gibt: Nicht nur materiellen, sondern zum<br />

Beispiel auch an Medien. So halte man<br />

die Menschen unter Vollbeschäftigung<br />

und mache sie selber zum Konsumgut,<br />

weil alle Gerätschaften dazu dienten,<br />

Daten über uns zu erheben, die, „und das<br />

ist der diabolische Witz dabei, nur dazu<br />

dienen, uns noch mehr Mist anzudrehen,<br />

als wir ohnehin schon haben“.<br />

Worum es am Ende gehe, sei das „Rausspringen“<br />

aus tradierten Erzählungen,<br />

was zur Frage führt: Sind wir eigentlich<br />

dafür da, um „die Zwischenlager für Produkte<br />

zu sein“? Die Grundidee der sozialen<br />

Marktwirtschaft, erinnert Welzer, war<br />

eine andere: Partizipationsmöglichkeiten<br />

für alle, um ein stabiles Fundament für die<br />

Demokratie zu schaffen.<br />

•<br />

Harald Welzer ist ein deutscher Soziologe und Sozialpsychologe,<br />

der zahlreiche Bücher veröffentlicht<br />

hat und heute als Publizist tätig ist. Er hat an der<br />

Universität Hannover Soziologie, Germanistik und<br />

Politikwissenschaft studiert, wo er später in Soziologie<br />

und Sozialpsychologie habilitierte. Von 2001<br />

bis 2012 war er Professor für Sozialpsychologie an<br />

der privaten Universität Witten/Herdecke. Welzer<br />

ist Mitbegründer und Direktor der gemeinnützigen<br />

Stiftung „FuturZwei. Stiftung Zukunftsfähigkeit“,<br />

die sich das Aufzeigen und Fördern alternativer<br />

Lebensstile und Wirtschaftsformen zur Aufgabe<br />

gemacht hat. Die Schwerpunkte seiner Forschung<br />

und Lehre sind Erinnerung, Gruppengewalt und<br />

kulturwissenschaftliche Klimafolgenforschung.<br />

FREEPIK/SENIVPETRO<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 2 | <strong>2023</strong><br />

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