GSa163_Sept23_Pausenkulturen

Praxis: Rundschau Pausenkulturen
„National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention e.V.“
Was ist das? Und warum ist der
Grundschulverband Mitglied?
Das Übereinkommen über die
Rechte des Kindes, das am 20.
November 1989 von der Generalversammlung
der Vereinten Nationen verabschiedet
wurde und am 2. September
1990 völkerrechtlich in Kraft trat, zählt zu
den am meisten unterzeichneten und ratifizierten
Menschenrechtsverträgen. Alle
Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen
(UN) – außer den USA – haben das
Abkommen zwischenzeitlich ratifiziert. Es
anerkennt Kinder als Träger von
Menschenrechten und propagiert u.a. das
Prinzip des Vorrangs des Kindeswohls
und der Antidiskriminierung. Die 54
Artikel der UN-KRK lassen sich inhaltlich
in drei Gruppen gliedern: Förderung und
Entwicklung, Schutz und schließlich
Beteiligung.
Die Bedeutung der UN-KRK für
Grundschulkinder
Für die Schule ergibt sich aus der UN-
KRK u.a., dass sie jedes Kind gemäß
seiner multiplen persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten
allseitig fördern
muss. Jede Verarmung des schulischen
Bildungsangebots z. B. durch Wegfall von
sogenannten Nebenfächern oder von
Fremdsprachen vermindert die Chance,
dass jedes Kind sich in der Schule
allseitig bilden kann. Insbesondere die
Auslesemechanismen des deutschen
Schulsystems und die (statistisch hohe)
Abhängigkeit des Schulerfolgs von der
Herkunft zeigen, dass das Prinzip der
Antidiskriminierung verletzt wird. Das
Recht jedes einzelnen Kindes auf Förderung
und Entwicklung der Persönlichkeit
wird nicht ernst genug genommen.
Auch hinsichtlich der Schutzrechte sieht
es an Grundschulen in Deutschland oft
nicht gut aus. So gibt es nur selten ausgearbeitete
Schutzkonzepte. Sogar das
Recht auf Beteiligung aller Kinder (ab
Beginn der Grundschulzeit) ist in vielen
Grundschulen weder strukturell auf
Schulebene (z. B. Schulparlament), auf
Klassenebene (Klassenrat) noch individuell
als Beteiligung an der inhaltlichen
und methodischen Gestaltung
des eigenen Lernprozesses verankert.
Die meisten Grundschulkinder kennen
die Kinderrechte nicht und wissen
auch nicht, wie und wo sie ihr Recht einfordern
können.
Vergleicht man die Kinderrechte mit
den Prinzipien des Grundschulverbands,
so wird deutlich, dass es Sache des GSV
sein muss, sich für die Rechte der Kinder
einzusetzen. Und das heißt, sich auf allen
Ebenen (Bund, Land, Kommune, Einzelschule,
Klassenzimmer) und ressortübergreifend
(z. B. Bildung, Soziales, Gesundheit)
für die Rechte der Kinder und die
Verbesserung der strukturellen, materiellen
und pädagogischen Bedingungen einzusetzen.
Dabei liefert das Netzwerk zur
Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention
Austausch, Anregungen und die
Möglichkeit der politischen Intervention.
Monitoring der Umsetzung der
Kinderrechte in Deutschland
Das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
legt alle 5 Jahre dem UN-Ausschuss für
die Rechte des Kindes einen Staatenbericht
vor. Er informiert über die wichtigsten
kinderrechtlichen Entwicklungen
in Deutschland hinsichtlich aller Artikel
der UN-KRK. Zur Überwachung
der Umsetzung der Kinderrechte haben
etwa 100 Staaten eigene Institutionen
beauftragt, die jedoch dem zuständigen
Ministerium nicht unterstellt sind. In
Deutschland ist es das Deutsche Institut
für Menschenrechte e.V. in Berlin,
das für das Monitoring aller Menschenrechte
zuständig ist. Aufgabe des Deutschen
Instituts für Menschenrechte ist
hinsichtlich der UN-KRK die Verfassung
eines Parallelberichts zum Staatenbericht
für Deutschland. Die größte Schwierigkeit
hierbei ist, dass es keine geeignete
Datenlage gibt, um Indikatoren gestützt
Info
die kinderrechtliche Entwicklung in
Deutschland zu verfassen. Ein Monitoring
ist somit auf Informationen aus der
Zivilgesellschaft, aus Nichtregierungsinstitutionen
(NGOs) angewiesen, die
einen möglichst guten Einblick in die
Lage der Kinderrechte in ihrem Tätigkeitsfeld
haben. Zur institutionellen
Absicherung der Zusammenarbeit der
NGOs gründeten diese 1995 anlässlich
der ersten Staatenberichterstattung ein
Netzwerk (National Coalition Deutschland),
das am 21. Juni 2013 als Verein
mit dem Ziel institutionalisiert wurde,
die UN-Kinderrechtskonvention in der
Öffentlichkeit bekannt zu machen und
Verantwortungsträgerinnen auf allen
Ebenen „deutlich zu machen, welche
Verpflichtungen aus der UN-Kinderrechtskonvention
folgen und welche
Anstrengungen unternommen werden
müssen, um die Kinderrechte zu verwirklichen“
(Präambel der Satzung des
Vereins). Mittlerweile sind 109 NGOs
in der National Coalition Deutschland
zusammengeschlossen und arbeiten aktiv
in zwei Themennetzwerken. Der Grundschulverband
ist Mitglied der National
Coalition Deutschland und arbeitet seit
seiner Gründung im Themennetzwerk
Bildung mit. Es werden Informationen
ausgetauscht, wie die Mitglieder die Verbreitung
der Kinderrechte vorantreiben.
Einen großen Raum nimmt auch die
Identifikation von Schwachstellen bei der
Umsetzung der Kinderrechte ein. Und
schließlich mündet das Insiderwissen der
Netzwerkmitglieder in den Kreislauf der
Staatenberichterstattung.
Ursula Carle
In einem Video wird der Kreislauf anschaulich beschrieben:
https://t1p.de/Staatenberichterstattung.
Von der Mitarbeit des Grundschulverbands können Grundschulen auch praktisch profitieren,
z. B. durch Materialien, die verschiedene Mitglieder entwickelt haben und
die auf dem Kinderrechteportal gesammelt werden: https://kinderrechte-portal.de/.
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GS aktuell 163 • September 2023