GSa163_Sept23_Pausenkulturen
Pausenkulturen
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Praxis: aktuell <strong>Pausenkulturen</strong><br />
… den Landesgruppen<br />
Hessen<br />
Vorsitzender: Mario Michel<br />
mario.michel@gsvhessen.de, www.gsvhessen.de<br />
Halbherzige Ansätze nutzen<br />
– Für eine konsequente<br />
Umgestaltung von Schule<br />
In der zu Ende gehenden<br />
Legislaturperiode hatten<br />
sich CDU und Bündnis 90/<br />
Die Grünen Bildungspolitik<br />
als zentrales Thema auf die<br />
Fahnen geschrieben. Ein<br />
„Aufbruch im Wandel durch<br />
Haltung, Orientierung und<br />
Zusammenhalt“ sollte es<br />
werden – klingt gut!<br />
Antworten auf die drängenden<br />
Fragen der Zeit<br />
waren angekündigt. Die<br />
Kapitelüberschriften im<br />
Koalitionsvertrag lesen sich<br />
hoffnungsvoll:<br />
Chancen für alle durch eine<br />
verlässliche Bildungspolitik,<br />
Grundschule: Gute Bildung<br />
von Anfang an, Ganztagsschule<br />
und Ausbau der Ganztagsangebote,<br />
Entlastung<br />
für Schulen und Lehrkräfte,<br />
Begabungen entwickeln und<br />
Chancen fördern, Inklusion, …<br />
Aus Sicht des Grundschulverbandes<br />
reichen die gemachten<br />
Ansätze nicht aus. Die<br />
grundlegendste und nachhaltigste<br />
Forderung des GSV<br />
für eine zeitgemäße Schule<br />
ist im Koalitionsvertrag<br />
nicht einmal angedacht. Ein<br />
zukunftsfähiges deutsches<br />
Schulwesen braucht eine<br />
grundlegende Strukturreform.<br />
Kinder brauchen ein<br />
längeres gemeinsames Lernen,<br />
keine Selektion nach vier<br />
gemeinsamen Jahren, nach<br />
denen sie in ungleichwertige<br />
Folgesysteme aufgeteilt<br />
werden. Spielen hier doch<br />
nach wie vor soziale und<br />
sozioökonomische Hintergründe<br />
eine viel größere<br />
Rolle als die Potenziale der<br />
Kinder. Die Überwindung der<br />
Viergliedrigkeit (H, R, Gym<br />
und Fö) und die Einrichtung<br />
von inklusiven Gemeinschafts-<br />
und Langformschulen<br />
muss priorisiertes Ziel<br />
von Bildungspolitik werden,<br />
um allen Kindern und dem<br />
Förderauftrag von Schule<br />
gerecht zu werden.<br />
Bereits in der Präambel des<br />
Koalitionsvertrags steht: „Wir<br />
wollen den Zusammenhalt<br />
der Gesellschaft stärker in<br />
den Mittelpunkt rücken. …<br />
Wir fördern ein gesellschaftliches<br />
Klima, in dem gegenseitige<br />
Achtung, Rücksichtnahme<br />
und Solidarität wachsen<br />
können.“ Schule kann hierzu<br />
einen erheblichen Beitrag<br />
leisten – in einem Schulsystem,<br />
das auf Selektion<br />
und Auslese verzichtet und in<br />
dem es genügend Zeit gibt,<br />
um Begabungen zu entwickeln,<br />
Chancen zu fördern<br />
und ein demokratisches<br />
Miteinander zu leben.<br />
Bildungs- und Betreuungszeit<br />
muss ausgeweitet werden<br />
zu gebundenen Ganztagsschulen<br />
mit qualitätsvoller<br />
Personalausstattung und<br />
anregungsreichen Lernumgebungen.<br />
Um Grundschularbeit mit<br />
den aktuell sich stellenden<br />
Anforderungen (Inklusion,<br />
Integration, Superdiversität)<br />
qualitätsvoll, im Sinne der<br />
Kinder und der Gesellschaft,<br />
leisten zu können, müssen<br />
entsprechende Rahmenbedingungen<br />
gegeben sein.<br />
● Der im Koalitionsvertrag<br />
angedachte Klassenteiler 20<br />
ab der Dreizügigkeit einer<br />
Grundschule müsste grundsätzlich<br />
gelten.<br />
● Außerunterrichtlichen<br />
Tätigkeiten und der Arbeit in<br />
multiprofessionellen Teams<br />
muss durch geeignete Zeitund<br />
Arbeitsräume angemessen<br />
Rechnung getragen<br />
werden.<br />
● Teamarbeit, Unterrichtsund<br />
Schulentwicklungsarbeit,<br />
Beratungstätigkeiten,<br />
Kooperationsaufgaben<br />
müssen kalkuliert und in ein<br />
neues Arbeitszeitmodell für<br />
Lehrkräfte fließen.<br />
● Der Anstieg der außerunterrichtlichen<br />
Aufgaben<br />
muss eine Absenkung der<br />
Pflichtstunden für die Lehrkräfte<br />
zur Folge haben.<br />
● Gleichzeitig fordert der<br />
Grundschulverband eine<br />
Erhöhung der verbindlichen<br />
Unterrichtsstunden für die<br />
Kinder auf 30 Wochenunterrichtsstunden,<br />
um sowohl<br />
eine förderorientierte, auf<br />
individuelle Bedarfe gerichtete<br />
Grundschulbildung<br />
nicht nur im Bereich der<br />
Kulturtechniken zu erreichen,<br />
sondern gleichwertig auch<br />
im musisch-ästhetischen und<br />
Welterfahrungsbereich.<br />
Tatsächlich war und ist ein<br />
zentraler bildungspolitischer<br />
Aktivitätsbereich die „Stärkung<br />
der Bildungssprache<br />
Deutsch“ – sicher nicht zu<br />
Unrecht. Lesen und Schreiben<br />
sind Schlüsselqualifikationen<br />
für die Teilhabe an<br />
Gesellschaft. Die verbindliche<br />
Arbeit mit der Handreichung<br />
zum Grundwortschatz<br />
Hessen dient dem Ziel der<br />
Stärkung der Bildungssprache.<br />
Mit Ausnahme der<br />
Vorgaben zur Fehlerkorrektur<br />
stellt die Handreichung<br />
tatsächlich ein hilf- und<br />
anregungsreiches Werk für<br />
die Grundschullehrkräfte<br />
dar. Auch und besonders die<br />
Ausweitung der Stundentafel<br />
im Fach Deutsch um eine<br />
Wochenunterrichtsstunde sei<br />
hier positiv vermerkt.<br />
Mut allerdings zu wirklich<br />
grundlegenden, strukturellen<br />
und zukunftsweisenden Entscheidungen<br />
in der Bildungspolitik,<br />
die freilich nicht nur<br />
auf hessischem Boden gefällt<br />
werden dürften, fehlte und<br />
fehlt landauf und landab.<br />
Für die Landesgruppe:<br />
Pia Hölzel<br />
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GS aktuell 163 • September 2023