GSa163_Sept23_Pausenkulturen

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Praxis: Rundschau <strong>Pausenkulturen</strong> gabe hat, Kindern neue Erfahrungsmöglichkeiten zu eröffnen, ist Pluralität unerlässlich. Schule sollte ein Ort der Begegnung sein, an dem verschiedene Lebens- und Sichtweisen zusammenkommen. Wir müssen Kinder darauf vorbereiten, dass sie ihren eigenen Weg finden. 3 RD: Ja, aber wie? Dafür braucht es doch ernst zu nehmende Inhalte. Ich kenne kein Medium, das sich besser für solche Gespräche eignet als die Bibel. Die Bibel ist ein Buch, in dem sich grundlegende menschliche Erfahrungen kristallisiert haben. Über einen nun bereits viele hundert Jahre andauernden Prozess sind sie immer wieder hin und her bewegt worden, Generationen haben sich mit ihren Erfahrungen eingeschrieben, sich daran gerieben, daran festgehalten. Das ist das Besondere an diesem Buch. GP: Ich bestreite nicht den Reichtum dieser Geschichten und ihr Potenzial in sensiblen Händen. Mich stört jedoch der beanspruchte Vorrang biblischer Texte, mal ganz abgesehen davon, dass diese eurozentrierte Sicht des Christentums nicht in unsere globale Welt passt. Ihre persönliche biografische Erfahrung darf doch nicht zur Norm werden. Für andere Menschen könnten ganz andere Zugänge hilfreich sein, um Hoffnung zu finden … GL: … zum Beispiel anspruchsvolle Kinder- und Jugendliteratur wie die „Brüder Löwenherz“ von Astrid Lindgren. RD: Finden Sie es nicht selbst etwas komisch, die „Brüder Löwenherz“ mit der Bibel zu vergleichen? Ich spüre in dieser Art Jugendliteratur immer allzu stark die „guten Absichten“ und die Anfälligkeit für Kitsch. Ich weiß nicht, ob Sie unsere Arbeit 4 wirklich verstehen. Sie lebt von der Entdeckung, in welcher Tiefe Kinder eigene Erfahrungen und Sehnsüchte in biblischen Texten wie den Psalmen entdecken und dadurch für sich selbst eine Sprache finden. GP: Gut, aber lesen Sie mal Heide Bambachs Erfahrungsbericht „Erfundene Geschichten erzählen es richtig“ 5 . Da zeigt sich, wie stark auch die Lektüre von anspruchsvoller Literatur Kinder zum Nachdenken, Sprechen und Schreiben über ihre ganz persönlichen Themen anregen kann. Menschen können dieselben Erfahrungen eben in ganz verschiedenen Situationen machen. RL: Ich fürchte, jetzt wird’s beliebig … RD: … und ihr Grundschulpädagogen solltet endlich merken, dass wir eure letzten Verbündeten im Kampf für das Eigenrecht der Kinder sind und der Religionsunterricht die letzte Oase in der Nach-PISA-Schule, die mehr und mehr ökonomisiert wird! GL: Ihr Angebot ist für mich ambivalent. Ja, es gibt ReligionspädagogInnen, die ich als Verbündete erlebe – aber es gibt auch genau das Gegenteil. Ich finde, es ist eine schwierige Einschätzung, ob man hofft, dass sich das Fach wirklich zu einer Bastion gegen die Verzweckung der Schule entwickelt, oder ob hier doch nur andere Autoritätsansprüche durchgesetzt werden. Und zudem habe ich die Sorge, dass der übrige Unterricht vielleicht noch mehr verarmt, wenn gesagt wird „dafür haben wir ja Religion“. GP: In der Tat: Die Sinnfragen der Kinder müssen schon in der Grundschule wahrgenommen und in ernsthaftem Austausch besprochen werden. Aber dass sollte möglichst anlassbezogen geschehen, und dabei müssen unterschiedliche Sichtweisen zur Sprache kommen. Hans Brügelmann Anmerkungen 1) Der vorliegende Beitrag ist eine konstruierte PRO-und-CONTRA-Diskussion, realitätsnah nacherfunden von Hans Brügelmann mit konkreten Bezügen auf einen Diskussionsabend in der OASE-Lernwerkstatt an der Universität Siegen (mit Folker Albrecht, Axel Backhaus, Ingo Baldermann, Jörg Begler, Janina Bernshausen, Hendrik Coelen, Ute Gause, Anne Höfer, Barbara Müller-Naendrup, Anna-Lena Wagener, Anne Witt). Die Rollenvertreter‘innen PRO (blau) bzw. CON (rot) Religionsunterricht entsprechen aber keinen realen Personen. 2) Heymann, H. W. (1996): Allgemeinbildung und Mathematik. Bildungstheoretische Reflexionen zum Mathematikunterricht an allgemeinbildenden Schulen. Beltz: Weinheim. Hier besonders: Stiftung kultureller Kohärenz; Verantwortungsbereitschaft; Verständigung und Kooperation; Stärkung des Schüler-Ichs. 3) Ausführlicher: Kap. 39, 1 und 2 in: Brügelmann, H. (2005): Schule verstehen und gestalten – Perspektiven der Forschung auf Probleme von Erziehung und Unterricht. Libelle: CH-Lengwil. 4) vgl. Baldermann, I. (1998): Kinder und der Sinn des Lebens – ihre Hoffnungen, Ängste, Fragen. In: Brügelmann, H. (Hrsg.) (1998): Kinder lernen anders: vor der Schule – in der Schule. Libelle: CH‐Lengwil, S. 107–127. 5) Bambach, H. (1989): Erfundene Geschichten erzählen es richtig. Lesen und Leben in der Schule. Ekkehard Faude Verlag: Konstanz (2. Aufl. 1993 Libelle: CH-Lengwil). 42 GS aktuell 163 • September 2023
aktuell … aus den Landesgruppen Bayern Vorsitzende: Gabriele Klenk https://grundschulverband-bayern.de Gespräch mit der Grundschulreferentin im Kultusministerium, MRin Maria Wilhelm Zum traditionellen Austausch zwischen Mitgliedern des Landesgruppenvorstands und der Grundschulreferentin am Staatsministerium für Unterricht und Kultus trafen sich Ende April Gabriele Klenk, Bianca Ederer und Konstanze v. Unold online mit der Ministerialrätin Maria Wilhelm. Wie jedes Mal fand in einem sehr konstruktiven, vertrauensvollen Gespräch ein Austausch über wichtige Gabriele Klenk (l.) und Konstanze v. Unold im Bayerischen Landtag Belange der Grundschule statt: Es bestand Einigkeit darüber, fachliche Aspekte der Arbeit in der Grundschule trotz der Pandemie-Auswirkungen und des Lehrkräftemangels nicht aus den Augen zu verlieren. Leseförderung, flexible Grundschule, Stärkung des Mathematikunterrichts durch Sinus- bzw. QuaMath-Schulen wurden ebenso angesprochen wie die Wichtigkeit, Heterogenität als Chance zu betrachten. Für Herbst 2023 wurde ein weiteres Gespräch angedacht. Besuch der Veranstaltung „Gute Ganztagsbildung für Grundschulkinder“ im Bayerischen Landtag der Grünen-Fraktion Am Samstag, den 06. 05. 23 kamen verschiedene Akteur:innen aus Wissenschaft und Praxis zusammen, um im Landtag einer Keynote, Podiumsdiskussionen und Workshops zum Ganztag beizuwohnen, der mit dem Rechtsanspruch auf Ganztag ab 2026 ein aktuelles bildungspolitisches Thema für uns alle darstellt. Es wurde deutlich, welches Potenzial kindgerechte, partizipative und inklusive Ganztagsbildung haben kann, legt man ihr ein pädagogisches Konzept und Leitbild zugrunde, das den Vor- und Nachmittag miteinander verzahnt und rhythmisiert, das den Kindern Autonomie, Frei- und Entscheidungsspielräume ermöglicht – getragen von multiprofessionellen Teams, Sozialarbeit, Vereinen, Verbänden und Ehrenamtlichen. Organisatorische und bürokratische Schwierigkeiten zeigen sich in der geteilten Zuständigkeit des Kultusministeriums und Sozialministeriums in Bayern. Wünschenswert wären vereinheitlichte Standards, um das Potenzial, das in der Ganztagsbildung liegt, auszuschöpfen, und um Bildungserfolg in Teilen von der sozialen Herkunft zu entkoppeln. In kurzen Pausen konnten wir uns über den jeweiligen Input austauschen und an einer Führung durch den Landtag teilnehmen. Happy Hour zu einem Beitrag aus der Grundschule aktuell „Ganztagsschule – Den ganzen Tag Schule?“ ˘ Am Mittwoch, den 14. 06. 23 stellten uns Rektorin Susanne Meyer und Konrektorin Christiane Knott ihren Artikel „Daheim in der Schule?“ zum Offenen Ganztag der Grundschule Hans-Sachs-Straße in Fürth vor. Dabei beschrieben die beiden Lehrerinnen Aspekte wie eine klar ritualisierte Tagesstruktur mitsamt selbst gewählten freien Spielzeiten, ein gemeinsames Mittagessen, vielseitige künstlerische, musische und naturwissenschaftlich-technische Angebote in Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag und die Bedeutung eines intensiven, regelmäßigen, wertschätzenden Austauschs zwischen Klassenlehrkraft und nachmittäglichem Betreuungspersonal. Teamtreffen, Mitarbeitergespräche, kurze Kommunikationswege, gemeinsam besprochene Schulentwicklungsziele gewährleisten die Qualität der Zusammenarbeit. Für die Landesgruppe: Michael Bauernschuster und Konstanze v. Unold GS aktuell 163 • September 2023 43
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