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Das Magazin NR. 5/2023

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Frankreich<br />

auf der<br />

Spur<br />

Die Premiere des Sitkovetsky<br />

Trios ist längst überfällig –<br />

gemeinsam mit Pablo Barragan<br />

Pablo Barragan<br />

<strong>Das</strong> musikalische Erbe von Alexander Sitkovetsky ist schwergewichtig.<br />

Über mindestens fünf Generationen lässt es sich zurückverfolgen, und<br />

das in beachtlicher Vielseitigkeit. Seine Großmutter gewann 1949 sogar<br />

den renommierten Chopin-Wettbewerb. Auch die Mutter ist Pianistin,<br />

während sein Vater als Gitarrist und Gründer der sowjetischen Progressive-Rock-Band<br />

Autograph für Furore sorgte. Und dann ist da natürlich<br />

noch Onkel Dmitry, selbst ein Violinist von Weltruhm und mindestens<br />

ebenso bekannt für seine exquisiten Streicher-Arrangements zu Werken<br />

von Bartók, Beethoven, Strawinsky oder Schostakowitsch und allen voran<br />

natürlich Bachs Goldberg-Variationen. Verwandtschaft kann da leicht<br />

zur Bürde werden. Aber schon der kleine Alexander fand schnell heraus<br />

aus dem langen Schatten der Familie. Onkel Dmitry hatte für eine solide<br />

Grundausbildung gesorgt, es folgten Meisterkurse bei Yehudi Menuhin<br />

und Maxim Vengerov. <strong>Das</strong> Ausnahmetalent war nach allgemeiner Überzeugung<br />

zu einer glanzvollen Solistenlaufbahn berufen. Aber noch als<br />

Student der Yehudi Menuhin School in London entdeckte Sitkovetsky<br />

sein Faible für die Kammermusik, wobei auch die Begegnung mit seinen<br />

Kommilitonen Wu Qian (Piano) und Leonard Elschenbroich (Cello)<br />

ausschlaggebend gewesen sein dürfte. Binnen kurzer Zeit etablierte<br />

sich das Trio als eines der besten der Gattung, in seiner herausragenden<br />

Qualität vielfach bestätigt durch überschwängliches Kritikerlob und<br />

eine Fülle internationaler Auszeichnungen. Gründungsmitglied Elschenbroich<br />

wurde 2019 von dem Deutsch-Koreaner Isang Enders ersetzt. Der<br />

hohen Klangkultur des Ensembles, seiner Homogenität und differenzierten,<br />

fein aufeinander abgestimmten Artikulation tat der Wechsel indes<br />

keinen Abbruch. Umso erstaunlicher scheint es da, dass die drei bislang<br />

noch nie in der Kölner Philharmonie zu Gast waren. Eine überfällige Premiere<br />

also, zu der sich das Trio noch um den kongenialen Klarinettenvirtuosen<br />

Pablo Barragán erweitern wird.<br />

Auch der Spanier, ein weltweit gefeierter Solist, verfügt über profunde<br />

Erfahrungen als Ensemblemusiker. Erst 20-jährig wurde er Mitglied<br />

im West-Eastern Divan Orchestra unter der Leitung von Daniel Barenboim,<br />

während er in diversen Meisterkursen Technik und musikalischen<br />

Ausdruck stetig vervollkommnete. Ein Instrumentalist, der solistisch zu<br />

führen, sich aber auch jederzeit einem Gesamtklang einzufügen weiß.<br />

Im Ton weich und doch präsent und von klarer, geschliffener Prägnanz,<br />

zeigt er besondere Empfindsamkeit für den Wechsel vom Konturieren<br />

zum Kolorieren, vom Vordergrund in den Hintergrund.<br />

Im durchweg französischen Programm des Abends werden die<br />

Musiker alle Facetten ihrer Kunst ausspielen können. Debussys<br />

»Première Rhapsodie« reizt den Reichtum der Klangfarben und die<br />

spieltechnischen Möglichkeiten der Klarinette weithin aus, was Anfang<br />

des 20. Jahrhunderts zur Emanzipation der im Solo-Repertoire bis dato<br />

eher unterprevilegierten Fraktion der Holzbläser beitrug. Tiefgründiger<br />

wird es dann im weiteren Verlauf des Konzerts. Ravels Klaviertrio entstand<br />

1914 im Echo der Sturmglocken, die zur landesweiten Mobilmachung<br />

läuteten. Und Messiaens »Quatuor pour la fin du Temps« wurde mitten<br />

im 2. Weltkrieg in einem Kriegsgefangenenlager bei Görlitz komponiert<br />

und uraufgeführt. Inspiriert vom Wortlaut der biblischen Apokalypse<br />

empfand Messiaen selbst sein Werk nur als »Versuch und Stammeln,<br />

wenn man die erdrückende Größe des Themas bedenkt.« Ein Beispiel<br />

für die tiefe Demut und Bescheidenheit des Komponisten. Die vier<br />

Interpreten werden dagegen seine überragende Meisterschaft zum<br />

Ausdruck bringen. Manfred Müller<br />

Konzerttermin<br />

Dienstag, 5. Dezember <strong>2023</strong>, 20:00<br />

Pablo Barragan Klarinette<br />

Sitkovetsky Trio<br />

Alexander Sitkovetsky Violine<br />

Wu Qian Klavier<br />

Isang Enders Violoncello<br />

Claude Debussy Première Rapsodie L 116<br />

für Klarinette und Klavier<br />

Maurice Ravel Klaviertrio a-Moll<br />

Olivier Messiaen Quatuor pour la fin du Temps<br />

für Violine, Klarinette, Violoncello und Klavier<br />

<strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />

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