Kommet, ihr Hirten Weihnachtliche Barockmusik mit Dorothee Oberlinger und Dorothee Mields Lange Zeit gab es in Italien den Brauch, dass Hirten zu Weihnachten aus den Bergen nach Rom zogen, um vor den Marienaltären zu musizieren und auf diese Weise dem neugeborenen Jesuskind zu huldigen – wie es ihre Vorgänger aus der biblischen Erzählung in der Weihnachtsnacht getan haben. Piffari hießen sie, diese Schäfer aus der Campagna, die auf ihrer Schalmei (Piffero) bliesen und den Dudelsack (Zampogna) spielten oder die Drehleier. Dorothee Oberlinger, bekannt Dorothee Mields als Königin der Blockflöte, die ja selbst ursprünglich ein Hirteninstrument war, hat in den italienischen Musikern der Gruppe Li Piffari e le Muse treffliche »Hirten« für ihr weihnachtliches Konzert in der Kölner Philharmonie gefunden. So bekommen die festlichen barocken Konzerte von Corelli, Vivaldi & Co. ein unnachahmliches, zünftig-pastorales Kolorit: mitreißende Weihnachtsmusik, stimmungsvoll im besten Sinne, manchmal auch anrührend, ohne kitschigen Zuckerguss. Wenn die Wahl-Kölnerin Dorothee Oberlinger etwas anpackt, dann macht sie es gründlich und mit Leidenschaft. Die Blockflötistin, Dirigentin, Professorin und Intendantin ist auch Mutter und ein Familienmensch – vielleicht hat sie deshalb so einen untrüglichen Sinn dafür, wie ein Weihnachtskonzert sich ansprechend gestalten lässt und welcher Ingredienzien es bedarf. Dorothee Oberlinger führt ein echtes Dream-Team an Musikerinnen und Musikern zusammen, ein Schauspieler ist auch dabei, und mit dieser Crew geht es ins weihnachtliche Italien, das Lieblingsland der Flötistin. Vertraute und weniger bekannte Werke erklingen, und noch eine zweite Dorothee ist mit von der Partie: die Sopranistin Dorothee Mields, deren Stimme häufig als engelsgleich und glockenhell beschrieben wird. Sie gilt als eine der führenden Barocksängerinnen unserer Zeit und singt Alessandro Scarlattis Weihnachtskantate in der Schlichtheit und Klarheit, die diese Musik verlangt, sowie das bekannte neapolitanische Weihnachtslied »Tu scendi dalle stelle«. Auch die berühmteste aller Weihnachtsmusiken darf nicht fehlen, Corellis Concerto grosso »Fatto per la Notte di Natale«. Die Musiker von Dorothee Oberlingers Ensemble 1700 sind in ihrem Element, und in der abschließenden Pastorale kommen die Piffari mit ihren rustikalen Hirteninstrumenten zum Zuge. Michael Witte steuert köstliche litera rische Leckerbissen bei und liest stim mungsvolle Texte aus Fanny Lewalds »Italienischem Bilderbuch« und aus den Kindheitserinnerungen des Sizilianers Turi Vasile vor. Der Sprecher und Schauspieler ist ein Kölner Gewächs, bekannt als Bühnendarsteller und aus Film und Fern sehen. Antonio Vivaldi kommt mit seinem virtuosen Concerto per Flautino C-Dur ins Spiel, das bei Dorothee Oberlinger so leichtfüßig und natürlich klingt. »Die Flöte ist vielleicht das älteste Musikinstrument der Menschheit«, so Dorothee Oberlinger. »Sie hat etwas Unmittelbares. Man bläst ja direkt hinein, das Instrument ist aus Holz, also aus einem Naturstoff. Die Flöte ist eine Verlängerung des Körpers und fast wie die menschliche Stimme.« Alle Beteiligten musizieren mit ansteckender Musizierfreude und bescheren den Zuhörern auch Momente des Innehaltens und der Kontemplation. »Musik kann die Ewigkeit zum Ausdruck bringen, die sich nicht in Worten beschreiben und nicht vom Intellekt erfassen lässt«, sagt Dorothee Oberlinger – und das sind vielleicht die weihnachtlichsten Momente in diesem Konzert. Dorle Ellmers Konzerttermin Montag, 25. Dezember <strong>2023</strong>, 18:00 Weihnachtliche Barockmusik aus Italien Dorothee Mields Sopran Elisabeth Wirth Blockflöte Michael Witte Erzähler Li Piffari e le Muse Fabio Rinaudo Dudelsack Stefano Buscaglia Pfeifen Rizzo Walter Schalmei, Drehleier Luca Rapazzini Violine Ensemble 1700 Dorothee Oberlinger Blockflöte und Leitung Mit Werken von Arcangelo Corelli, Fanny Lewald, Alessandro Marcello, Alfonso Maria de' Liguoris, Alessandro Scarlatti, Francisco Soto de Langa, Turi Vasile, Giovanni Antonio Guido, Antonio Vivaldi u. a. 56 <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
»Musik kann die Ewigkeit zum Ausdruck bringen.« Dorothee Oberlinger Dorothee Oberlinger <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 57