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Das Magazin NR. 5/2023

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»Die Natürlichkeit seines Gesangs<br />

macht ihn zu einem fesselnden<br />

Geschichtenerzähler.«<br />

Wer einen Eindruck von Michael Nagy bekommen<br />

möchte, dem sei die Aufnahme<br />

von Othmar Schoecks Liederzyklus »Lebendig<br />

begraben« empfohlen. Gleich das erste<br />

Lied ist wie ein Kondensat seiner subtilen<br />

und beeindruckenden Gestaltungskunst, von<br />

der feinsten Schat tierung bis hin zur vokalen<br />

Pranke. <strong>Das</strong> im Text beschworene »abscheuliche<br />

Geroll« von »Schutt und Erde« über<br />

»modernden Gebeinen« wird vom dunkelkernigen<br />

Bariton Michael Nagys in Klang<br />

übersetzt: Da grollen und poltern die Töne,<br />

knistern sinister-bedrohlich, fahren vom baritonalen<br />

Kellergeschoss auf in die prachtvoll<br />

sich entfaltende Höhe, dazwischen lyrisch<br />

fließende Phrasen, die berückend schön klingen<br />

können. Kurzum: ein prachtvoller Bariton,<br />

flexibel in Ausdruck und Dynamik, dazu<br />

ausgeglichen in allen Registern.<br />

Da ist es verwunderlich, dass er ein bisschen<br />

unter dem Radar fliegt, nicht ganz den<br />

Bekanntheitsgrad berühmter Bariton-Kollegen<br />

wie Christian Gerhaher oder Matthias<br />

Konzerttermin<br />

Montag 20.11.<strong>2023</strong>, 20:00<br />

Michael Nagy Bariton<br />

Gerold Huber Klavier<br />

Hèctor Parra Wanderwelle<br />

Fassung für Bariton und Klavier.<br />

Text von Klaus Händl<br />

Kompositionsauftrag der Kölner Philharmonie<br />

(KölnMusik) für das<br />

»non bthvn projekt« 2020 und L'Auditori Barcelona<br />

sowie Werke von Ludwig van Beethoven, Hugo<br />

Wolf und Othmar Schoeck<br />

Goerne hat. Aber irgendwie passt das auch<br />

zu seiner Art zu singen, der jeder Manierismus<br />

fehlt. Gerade diese organisch-fließende<br />

Natürlichkeit seines Gesangs macht ihn zu einem<br />

so fesselnden Geschichtenerzähler. <strong>Das</strong><br />

Geheimnis seiner feinen Gestaltungskunst<br />

liegt darin, dass wir sie gar nicht mitbekommen<br />

und sie uns dennoch auf die Stuhlkante<br />

zwingt. Die Musik scheint dabei vom Notenblatt<br />

durch ihn hindurch und aus ihm heraus<br />

zu fließen, da ist nichts »gemacht« oder<br />

kalkuliert.<br />

Geboren wurde Michael Nagy, Jahrgang<br />

1976, in Stuttgart, hat aber ungarische Wurzeln,<br />

weshalb man seinen Familien namen<br />

»Nootsch« ausspricht. In Stuttgart hat er seine<br />

musikalische Laufbahn begonnen, bei<br />

den Hymnus Chorknaben; später studierte<br />

er Gesang, Liedgestaltung und Dirigieren in<br />

Mannheim und Saarbrücken. Ausgebildet<br />

wurde er dort unter anderen vom Pianisten<br />

Irwin Gage, der sich als ehemaliger Liedbegleiter<br />

von Gesangsgrößen wie Christa<br />

Ludwig, Peter Schreier und Jessye Norman<br />

verdient gemacht hat, und dem fast schon<br />

legendären Gesangslehrer Rudolf Piernay, zu<br />

dessen Schülern illustre Namen wie Michael<br />

Volle und Bryn Terfel gehören.<br />

Nach dem Studium wurden die Komische<br />

Oper Berlin und die Oper Frankfurt zu seinen<br />

Stammhäusern, an denen er sich ein beeindruckend<br />

umfassendes Repertoire erarbeitet<br />

hat. Zu dem zählen Operetten wie »Die Fledermaus«<br />

ebenso wie die klassischen Mozart-<br />

Rollen wie Papageno aus der »Zauberflöte«,<br />

der Graf aus der »Hochzeit des Figaro« oder<br />

Don Alfonso aus »Così fan tutte« (bei den<br />

Salzburger Festspielen). Aber auch in den<br />

Musikdramen Richard Wagners fühlt er sich<br />

pudelwohl, war als Wolfram im »Tannhäuser«<br />

bereits in Bayreuth zu Gast und brillierte im<br />

Sommer als Alberich in einer »Ring«-Serie an<br />

der Wiener Staatsoper. Dazu singt er immer<br />

wieder Unbekanntes wie Dallapiccolas Oper<br />

»Il Prigioniero« oder Zeitgenössisches wie<br />

die Uraufführung von Scartazzinis »Edward<br />

II.« (an der Deutschen Oper Berlin).<br />

Michael Nagy kann mittlerweile auf eine<br />

umfangreiche Diskografie zurückblicken,<br />

die ihn nicht nur als Operngestalter, sondern<br />

auch als exzellenten Konzert- und Liedersänger<br />

zeigt, in teils viel gelobten Aufnahmen.<br />

Und wenn sein volles Sängerleben ihm einmal<br />

ein bisschen Freizeit lässt, dann hebt er<br />

gerne ab, denn Michael Nagy ist passionierter<br />

Flieger und im Besitz eines Flugscheins.<br />

Oder er verbringt Zeit mit Pferden, in deren<br />

Gesellschaft er pures Glück empfindet, wie er<br />

sagt. Und für das Publikum kann ein Recital<br />

des Baritons eben das sein: pures Glück!<br />

Bjørn Woll<br />

Gerold Huber<br />

<strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 39

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