Das Magazin NR. 5/2023
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Alexandre Kantorow<br />
Im Konzert interpretieren Sie außerdem zwei<br />
Werke mit der Opuszahl 1, nämlich jene von Béla<br />
Bartók und Johannes Brahms. Was interessiert<br />
Sie an diesen Frühwerken?<br />
Ich denke, dass Komponisten in ihrer Frühphase<br />
am experimentellsten sind. Sie befinden<br />
sich immer noch auf der Suche und greifen in<br />
unterschiedlicher Weise Ideen von Komponisten<br />
aus der Vergangenheit auf. Dabei finden sie<br />
oft etwas, das ihnen immer in Erinnerung bleiben<br />
wird, weil es für sie zu diesem Zeitpunkt<br />
eben völlig neu und überraschend war. Nehmen<br />
Sie Brahms: Er stand in seinen kompositorischen<br />
Anfängen viel näher an Schumann<br />
als an den großen Beethovenschen Strukturen,<br />
auch wenn er schon in jungen Jahren von<br />
Beethoven besessen war. Bei Brahms denken<br />
wir oft an die großen Architekturen seiner Sin-<br />
fonien, aber am Anfang seines Schaffens hat<br />
er noch einen Kampf geführt, bis er schließlich<br />
sein wunderbares 1. Klavierkonzert geschrieben<br />
hat. Auch bei Bartók ist es interessant zu<br />
analysieren, wie er zu seinen großen motivischen<br />
Formen fand. In seiner Rhapsody op. 1<br />
sehen wir schön, auf welche Weise er arbeitet,<br />
wie sich eine längere Bestimmung seiner Motive<br />
anfühlt, um sich dann plötzlich zu verwandeln.<br />
Bei diesen großen Komponisten finde<br />
ich es immer spannend, wie sie sich mit ihrer<br />
Musik verwandeln. Ich sehe, wie sie wachsen.<br />
Gleichzeitig lerne ich, mit ihnen vertraut zu<br />
werden, weil man plötzlich ihre Fehler erkennt.<br />
Und auf diese Weise kann man noch mehr<br />
wertschätzen, welche unantastbaren Meisterwerke<br />
sie bis zum Ende ihres Weges geschaffen<br />
haben. Helge Birkelbach<br />
Konzerttermin<br />
Montag, 6. November <strong>2023</strong>, 20:00<br />
Alexandre Kantorow Klavier<br />
Béla Bartók Rhapsody für Klavier op. 1<br />
Franz Liszt Chasse neige S 139,12 aus: Etudes<br />
d'exécution transcendante S 139<br />
für Klavier<br />
Vallée d'Obermann (nach Senancour) S 160,6 aus:<br />
Années de pèlerinage. Suite de compositions. Première<br />
année, Suisse S 160 für Klavier<br />
Gabriel Fauré Nocturne Nr. 6 Des-Dur op. 63<br />
Johannes Brahms Sonate für Klavier Nr. 1 C-Dur op. 1<br />
Johann Sebastian Bach Chaconne aus der Partita<br />
für Violine solo Nr. 2 d-Moll BWV 1004 in einer<br />
Transkription von Johannes Brahms