Das Magazin NR. 5/2023
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Phänomenal<br />
und<br />
fulminant<br />
Jakub Józef Orliński präsentiert mit<br />
Il Pomo d’Oro Werke des 17. Jahrhunderts –<br />
mit gleich mehreren waschechten Ausgrabungen.<br />
Die aktuelle Countertenor-Szene ist so<br />
vielfältig wie nie zuvor: Franco Fagioli ist mit<br />
seinen spektakulär-exaltierten Interpretationen<br />
so etwas wie die Diva unter den hohen<br />
Männerstimmen. Philippe Jaroussky mit seinen<br />
ätherisch-schwebenden Tönen der Feinsinnige.<br />
Und Jakub Józef Orliński ist mit seinem<br />
energetischen Gesang der akrobatischathletische<br />
Vertreter. Was kein Zufall ist, denn<br />
am Anfang seiner Karriere waren die brasilianische<br />
Kampfkunst Capoeira und vor allem<br />
Breakdance in der Hip-Hop-Szene seine große<br />
Leidenschaft: »Ich war zu Anfang meines<br />
Studiums recht faul«, sagte er im Interview mit<br />
der Fachzeitschrift »Oper!«, »und das hing damit<br />
zusammen, dass ich meine Energie hauptsächlich<br />
aufs Tanzen konzentrierte. Vielleicht<br />
wäre ich Extremsportler geworden, wenn ich<br />
nicht meinen Weg zur Musik gefunden hätte.«<br />
Hat er dann aber glücklicherweise, auch wenn<br />
Konzerttermin<br />
Dienstag, 21. November <strong>2023</strong>, 20:00<br />
Jakub Józef Orliński Countertenor<br />
Il Pomo d’Oro<br />
»Beyond« –<br />
Werke von Monteverdi, Marini, Caccini,<br />
Frescobaldi, Strozzi u.a.<br />
er seine Karriere als Breakdancer weiterhin<br />
pflegt. Bei den Münchner Opernfestspielen<br />
hat er diesen Sommer in der »Semele«-<br />
Inszenierung von Klaus Guth eine Kostprobe<br />
seines tänzerischen Könnens gegeben; das<br />
Publikum war nach seiner beeindruckend<br />
akrobatischen Einlage total aus dem<br />
Häuschen. Und auch sein Gesang scheint<br />
vom energetischen Momentum des Tanzes<br />
beeinflusst, zum Beispiel die markanten<br />
Koloraturenketten, getragen von einem<br />
sagenhaft langen Atem.<br />
1990 in Warschau geboren, studierte er zunächst<br />
Gesang in seiner Heimatstadt, machte<br />
später sein Diplom als Schüler der legendären<br />
Edith Wiens an der renommierten Julliard<br />
School in New York und besuchte Meisterkurse<br />
bei Joyce DiDonato. 2018 erschien sein Debüt-<br />
Soloalbum, mit dem er die Kritik gleich reihenweise<br />
überzeugte. Von einem »sinnlichen<br />
Erlebnis« war da die Rede, einer »phänomenalen<br />
Stimmqualität« und einem »fulminanten<br />
Raritäten-Debüt«. Schon damals an seiner<br />
Seite: Die Originalklang-Experten von Il Pomo<br />
d’Oro, deren Flexibilität im Klang und atmosphärische<br />
Wandlungsfähigkeit immer wieder<br />
zu spannenden Lesarten Alter Musik führen.<br />
Mittlerweile liegen gleich mehrere gemeinsame<br />
Einspielungen vor, die neben barocken<br />
Säulenheiligen wie Georg Friedrich Händel vor<br />
allem unbekanntes Repertoire und oft auch<br />
Weltersteinspielungen enthalten. <strong>Das</strong> gilt auch<br />
für das neue Projekt des Sängers mit Il Pomo<br />
d’Oro, das Werke von Komponisten des italienischen<br />
Frühbarock in den Fokus nimmt, darunter<br />
gleich zehn Weltersteinspielungen, wie<br />
etwa die Arie »Dolcissime catene« aus Giovanni<br />
Cesare Nettis Oper »La moglie del fratello«.<br />
»Wir nehmen Sie mit auf eine Reise, die<br />
zu neuen Orten führt, jenseits der Orte, die Sie<br />
kennen«, beschreibt Jakub Jósef Orliński die<br />
Idee zu »Beyond«, so der Titel des Programms,<br />
das auch auf CD erscheint. Während Monteverdi,<br />
Cavalli und Caccini zu den auch heute<br />
noch bekannten Tonschöpfern gehören, sind<br />
Namen wie Pallavicino, Marini und Jarzębski<br />
nur noch Experten ein Begriff, wenn überhaupt.<br />
Mit Unterstützung des Musikwissenschaftlers<br />
Yannis François nimmt uns der Countertenor<br />
mit auf eine spannende Zeitreise ins Repertoire<br />
des 17. Jahrhunderts. Denn »diese Musik<br />
reicht über ihre Zeit hinaus. Sie ist noch immer<br />
lebendig, vibrierend, bewegend und unterhaltsam«,<br />
sagt Jakub Jósef Orliński voller Begeisterung.<br />
Und die möchte er im Konzert mit dem<br />
Publikum teilen. Bjørn Woll<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />
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